© 2017 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 017/17 Privatschulen im voruniversitären (allgemeinbildenden) Bildungsbereich in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 017/17 Seite 2 Privatschulen im voruniversitären (allgemeinbildenden) Bildungsbereich in Deutschland Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 017/17 Abschluss der Arbeit: 2.5.2017 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 017/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Hochschulzugangsvoraussetzung 4 2. Anzahl der Privatschulen in Deutschland/ Anteil an Gymnasien 4 3. Rechtsstellung privater Schulen (im voruniversitären Bildungswesen) und Genehmigungsvoraussetzungen 4 4. Finanzierung der Privatschulen/staatliche Finanzhilfe für die Ersatzschulen und steuerliche Förderung 5 5. Einnahmen und Ausgaben 6 6. Quellen 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 017/17 Seite 4 1. Hochschulzugangsvoraussetzung Als voruniversitäre Bildung, die den Zugang zur Universität ermöglicht, kann in Deutschlandgrundsätzlich der Schulbesuch einer allgemeinbildenden Schule, der zur Erlangung der allgemeinen oder fachgebundenen Hochschulreife (=Abitur; =Hochschulzugangsberechtigung) führt, gelten . Diese ist im Wesentlichen die Voraussetzung zur Immatrikulation an einer deutschen Universität - auch wenn daneben weitere Zugangsmöglichkeiten wie vorangehende nachzuweisende Berufstätigkeit u.a. vorgesehen sind. In Deutschland ist das Abitur der Abschluss an der Schulart Gymnasium. Die Hochschulreifekann darüber hinaus auch an der gymnasialen Oberstufe an Gemeinschaftsschulen/Gesamtschulen oder (dann zumeist fachgebunden) an Fachoberschulen, Fachgymnasien oder einigen Berufsfachschulen erworben werden. 2. Anzahl der Privatschulen in Deutschland/ Anteil an Gymnasien Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es im Schuljahr 2015/16 gut 5.800 Privatschulen (Ersatzschulen) in Deutschland, davon sind gut 3.600 allgemeinbildende Schulen (knapp 2.200 sind berufsbildende Schulen). Entsprechend sind 11 Prozent aller allgemeinbildenden Schulen Deutschlands Privatschulen. Sie werden von gut 740.000 SchülerInnen besucht - das entspricht ca. 9 Prozent aller SchülerInnen an allgemeinbildenden Schulen. Die Unterscheide zwischen den Bundesländern sind aber zum Teil groß. Das Gymnasium wird insgesamt am stärksten frequentiert. 3. Rechtsstellung privater Schulen (im voruniversitären Bildungswesen) und Genehmigungsvoraussetzungen Gemäß Art. 7 Abs. 1 Grundgesetz steht das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates. Dabei gewährleistet Art. 7 Abs. 4 Satz 1„[d]as Recht zur Errichtung von privaten Schulen“. Bei Privatschulen wird in Deutschland grundsätzlich zwischen Ersatzschulen und Ergänzungsschulen unterschieden. Eine Privatschule kann dann Ersatzschule sein, wenn sie Bildungsgänge oder Abschlüsse anbietet , die so oder vergleichbar auch an staatlichen Schulen angeboten werden oder vorgesehen sind. Sie „ersetzen“ eine staatliche Schule. An ihnen kann die gesetzliche Schulpflicht erfüllt werden. Ersatzschulen stehen unter der Rechtsaufsicht des Staates und dürfen wie das Grundgesetz formuliert, „in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht [fördern].“ Zudem muss die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert sein (vgl. Art. 7 Abs. 4, Satz 3 und 4 GG). Entsprechend gilt, dass als Genehmigungsvoraussetzung die Grundsätze der für die entsprechende öffentliche Schule geltenden Prüfungs- und Versetzungsordnungen einzuhalten sind, dass Klassen- oder Kursgliederung, Schülerhöchstzahlen je Klasse, Schüler-Lehrer-Relationen , Ferienordnung angepasst sind und die an der Ersatzschule tätigen LehrerInnen in ihrer fachlichen , pädagogischen und unterrichtspraktischen Vor- und Ausbildung über die für die Schulart erforderliche Eignung verfügen müssen. Dabei muss die Schule grundsätzlich allen SchülerInnen ohne Rücksicht auf ihre finanziellen Verhältnisse offenstehen, was überhöhte Schulgelder ausschließen soll oder Stipendiensysteme erfordert. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 017/17 Seite 5 Unter Berücksichtigung der Wertordnung der Verfassung haben dabei Privatschulen das Recht, in den Unterrichtsmethoden von denen öffentlicher Schulen abzuweichen und eigene z.B. religiöse- /weltanschaulich-geprägte oder pädagogische Erziehungszeile zu verfolgen. Auch die meisten (Privat-)Schulgesetze der Länder formulieren dies explizit. Es gibt keine strikte Bindung an die von der jeweiligen Schulverwaltung erlassenen Lehrpläne und Stundentafeln, die Auswahl der Schulbücher (und des Lehrpersonals sowie der Schülerschaft unter den vorangehend erläuterten Voraussetzungen) ist frei. In den meisten Bundesländern wird zwischen „anerkannten“ und „genehmigten“ Ersatzschulen unterschieden. Anerkannte Ersatzschulen können staatliche Abschlüsse wie das Abitur selbst vergeben. SchülerInnen genehmigter Ersatzschulen können ihre Abschlüsse in externen Prüfungen an staatlichen Schulen erwerben. Grundsätzlich muss jede Ersatzschule vom Staat genehmigt werden und im Betrieb stehen sie unter Aufsicht der Schulbehörden, die beurteilen, ob die Genehmigungsvoraussetzungen eingehalten werden. Ergänzungsschulen sind hingegen Schulen in privater Trägerschaft, die außerhalb des allgemeinen Schulaufbaus eines Bundeslandes stehen und deren Einrichtung den staatlichen Behörden lediglich angezeigt werden muss. An ihnen kann die Schulpflicht nicht erfüllt werden (einzelne Bundesländer sehen jedoch Ausnahmen vor). Ergänzungsschulen spielen im allgemeinbildenden Schulbereich aber eher eine marginale Rolle (eher im berufsbildenden). 4. Finanzierung der Privatschulen/ staatliche Finanzhilfe für die Ersatzschulen und steuerliche Förderung Ergänzungsschulen erhalten im Allgemeinen keine finanzielle Förderung des Staates. Sie finanzieren sich in der Regel ausschließlich über Schulgeld bzw. Kursgebühren. Die Finanzierung der Ersatzschulen erfolgt auf der Grundlage einer öffentlichen Teil-Finanzierung - hinzukommen differenzierte Beiträge der Eltern und zum Teil Beiträge der Träger. Der staatliche Finanzausgleich ist in den Bundesländern sehr unterschiedlich geregelt. Die Einzelheiten regeln die Länder in eigenen Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften. Danach erhalten die Ersatzschulen eine staatliche Regelbeihilfe zu den laufenden Kosten des Schulbetriebs entweder nach dem Bedarfs- oder Defizitdeckungsverfahren oder aber zumeist nach dem Pauschalverfahren – manche Länder kombinieren auch beide Verfahren. Verallgemeinert erhalten Ersatzschulen pro Schüler so einen staatlichen Zu-schuss, der im Durchschnitt der Bundesländer bei ca. zwei Dritteln der Kosten liegt, die der Schüler an einer staatlichen Schule verursachen würde. In der Regel wird der staatliche Finanzausgleich frühestens drei Jahre nach der Gründung der Ersatzschule wirksam. Einige Länder stellen über die Regelbeihilfe hinaus zusätzliche Leistungen bereit: die Gewährung der Lernmittelfreiheit für SchülerInnen von Ersatzschulen oder einen Zuschuss an den Schulträger zum Ausgleich der ihm durch die Lernmittelfreiheit entstehenden Aufwendungen oder die Erstattung der Schülerbeförderungskosten. Teilweise können auch beamtete LehrerInnen zur Tätigkeit an Ersatzschulen beurlaubt oder diesen zugewiesen werden; die Zeiten der Beurlaubung oder Zuweisung werden dann auf die Dienstzeit angerechnet. Viele Länder stellen darüber hinaus Zuschüsse zu den Kosten von Schulbaumaßnahmen bereit. Ein Bundes-land beteiligt sich an diesen Aufwendungen in Form eines pauschalierten Investitionskosten-anteils je Schüler In. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 017/17 Seite 6 Nach Informationen des Verbandes der Privatschulen darf in einigen Bundesländern gar kein Schulgeld erhoben werden, so dass dort von den Eltern lediglich freiwillige Beiträge an einen Förderverein gezahlt werden. Sofern es sich bei den privaten Schulträgern um gemeinnützige Körperschaften handelt, sind diese zudem von der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuer und der Grundsteuer befreit. Die Eltern können gezahltes Schulgeld teilweise steuerlich absetzen: 30 Prozent des Schulgeldes bis höchstens 5.000 Euro können als Sonderausgaben bei der Einkommensteuer geltend gemacht werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG). 5. Einnahmen und Ausgaben Zu den Einnahmen und Ausgaben der Schulen in privater Trägerschaft liegen keine regelmäßigen Erhebungen vor. Das Statistische Bundesamt hat 2016 Daten für das Berichtsjahr 2013 vorgelegt. Danach sind 2013 6 Milliarden Euro im Bereich der allgemeinbildenden Schulen in privater Trägerschaft aufgewendet worden (7,4 Milliarden Euro inklusive der beruflichen Schulen). Nach Angaben der Schulen stammen davon rund drei Viertel aus dem öffentlichen Bereich (ca. 5600 Euro pro Schüler, mit starken Unterschieden zwischen den Bundesländern und den Schularten), ein Viertel der Gesamteinnahmen entfällt auf private Mittel. Der Großteil der öffentlichen Drei-Viertel -Finanzierung kommt dabei von den Ländern (68 Prozent), ein kleiner Teil von den Kommunen (4 Prozent). Die Ausgaben für einen Schüler an einer allgemeinbildenden Schule in freier Trägerschaft beliefen sich im Jahr 2013 auf 8.200 Euro; an Gymnasien waren es 7.100 Euro (an öffentlichen Gymnasien sind es im Durchschnitt 7500 Euro). Eltern zahlten durchschnittlich 1100 Euro und die Träger 900 Euro je Schüler pro Jahr. 6. Quellen Statistisches Bundesamt (2016). Finanzen der Schulen. Schulen in freier Trägerschaft und Schulen des Gesundheitswesens 2013. Erschienen am 24.8.2016. Wiesbaden. Weiß, Manfred (2011). Allgemeinbildende Privatschulen in Deutschland. Bereicherung oder Gefährdung des öffentlichen Schulwesens? Hrsg. vom Netzwerk Bildung der FES. Berlin. (Prof. Dr. Manfred Weiß, Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) in Frankfurt ). Verband deutscher Privatschulverbände e.V. Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft http://www.privatschulen.de/images/stories/PDF/2017/VDP_Privatschulstatistik_Schuljahr _15_16_Grafiken.pdf (auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes) [Stand 1.5.17]. Lohnsteuer kompakt. Schulgeld. Internetseite: https://www.lohnsteuer-kompakt .de/texte/2016/185/schulgeld [Stand 21.4.17]. ; Einkommenssteuergesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__10.html [Stand 1.5.17]. ***