© 2021 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 015/21 Grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung Rechtsrahmen und Zuständigkeiten am Beispiel eines Container- Terminals Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 015/21 Seite 2 Grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung Rechtsrahmen und Zuständigkeiten am Beispiel eines Container-Terminals Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 015/21 Abschluss der Arbeit: 9. März 2021 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 015/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Unionsrechtlicher Rechtsrahmen 4 3. Zuständigkeiten 8 4. Möglichkeiten der Einflussnahme 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 015/21 Seite 4 1. Einleitung Vorhaben im Ausland in Grenznähe zu Deutschland können auch auf die deutsche Umwelt erhebliche Auswirkungen haben. Dies betrifft nicht nur den Bau und die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken im Ausland1, sondern z.B. auch größere Infrastrukturprojekte. Gegenstand aktueller Diskussionen in der Öffentlichkeit ist der geplante Bau eines Container-Terminals in Swinemünde (Polen) nahe der deutschen Grenze auf Usedom.2 Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden zunächst ein Überblick über den unionsrechtlichen Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfungen gegeben. Anschließend werden die Behördenzuständigkeiten und die Möglichkeiten der Einflussnahme am Beispiel des geplanten Container-Terminals beleuchtet. 2. Unionsrechtlicher Rechtsrahmen Grundlagen für die grenzüberschreitende Beteiligung an Umweltprüfungen ergeben sich völkerrechtlich aus dem Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo-Konvention)3 sowie aus dem Protokoll über die strategische Umweltprüfung zum Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Raum (SEA-Protokoll).4 Den unionsrechtlichen Rechtsrahmen bilden die Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie)5 sowie die Richtlinie 2001/42/EG über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (SUP-Richtlinie).6 1 Zur grenzüberschreitenden Beteiligung der deutschen Öffentlichkeit an Umweltprüfungen und Zulassungsverfahren für kerntechnische Vorhaben im Ausland vgl. BMU, Öffentlichkeitsbeteiligungen zu kerntechnischen Einrichtungen und UVP/SUP-Verfahren. https://www.bmu.de/themen/atomenergie-strahlenschutz/nukleare-sicherheit/internationales /beteiligungsverfahren-und-uvpsup/. 2 Vgl. Sendung im Nordmagazin des NDR vom 5.11.2020. Geplanter Containerhafen in Swinemünde sorgt für Unmut . https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/nordmagazin/Geplanter-Containerhafen-in-Swinemuende-sorgtfuer -Unmut,nordmagazin79298.html. 3 Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen vom 25.2.1991 (BGBl. 2002 II S. 1406, 1407, ber. 2018 S. 199). https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger _BGBl&bk=Bundesanzeiger _BGBl&start=//*%255B@attr_id=%2527bgbl202s1406.pdf%2527%255D#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3 D%27bgbl202s1406.pdf%27%5D__1614356821392. 4 Protokoll über die strategische Umweltprüfung zum Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Raum vom 21.5.2003. https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Umweltpruefungen /sea_protokoll.pdf. 5 Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 26 vom 28.1.2012, S. 1), geändert durch die Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 (ABl. L 124 vom 25.4.2014, S. 1). https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02011L0092-20140515&from=EN. 6 Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.6.2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. L 197/30 vom 21.7.2001, S. 30). https://eur-lex.europa.eu/legal -content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32001L0042&from=DE. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 015/21 Seite 5 Nachfolgend werden die wesentlichen Bestimmungen der UVP-Richtlinie zur grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung vorgestellt. Ob ein Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, bemisst sich nach Artikel 4 Absatz 1 und 2 in Verbindung mit den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie. Projekte des Anhangs I werden grundsätzlich einer UVP-Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen. Bei Projekten des Anhangs II bestimmen die Mitgliedstaaten, ob das Projekt einer solchen UVP-Prüfung unterzogen werden muss. Der Bau eines Container-Terminals kann unter Anhang I Nummer 8 Buchstabe a (Häfen für die Binnenschifffahrt, die für Schiffe mit mehr als 1.350 t zugänglich sind) bzw. b (Seehandelshäfen, die Schiffe mit mehr als 1.350 t aufnehmen können) oder unter Anhang II Nummer 10 Buchstabe e (Bau von Häfen, die nicht durch Anhang I erfasst sind) fallen. Aufgrund der Merkmale und des Standortes des geplanten Container-Terminals in Swinemünde ist unter anderem eine Prüfung der Auswirkungen auf die in der Nähe befindlichen Natura-2000-Gebiete erforderlich.7 Im Erwägungsgrund 15 der UVP-Richtlinie heißt es: „Es ist ratsam, strengere Bestimmungen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen vorzusehen, um den Entwicklungen auf internationaler Ebene Rechnung zu tragen. Die Europäische Gemeinschaft hat am 25. Februar 1991 das Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen unterzeichnet und am 24. Juni 1997 ratifiziert.“ Artikel 7 UVP-Richtlinie enthält Bestimmungen zu einer grenzüberschreitenden Umweltprüfung . Danach übermittelt der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet das Projekt durchgeführt werden soll, dem betroffenen Mitgliedstaat, in dessen Umwelt das Projekt erhebliche Auswirkungen haben könnte, so bald wie möglich, spätestens aber zu dem Zeitpunkt, zu dem er in seinem eigenen Land die Öffentlichkeit unterrichtet, unter anderem eine Beschreibung des Projekts zusammen mit allen verfügbaren Angaben über dessen mögliche grenzüberschreitende Auswirkungen sowie Angaben über die Art der möglichen Entscheidung. Der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet das Projekt durchgeführt werden soll, räumt dem anderen Mitgliedstaat eine angemessene Frist für dessen Mitteilung ein, ob er an dem umweltbezogenen Entscheidungsverfahren teilzunehmen wünscht oder nicht. Bejahendenfalls übermittelt der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet das Projekt durchgeführt werden soll, dem betroffenen Mitgliedstaat unter anderem den Genehmigungsantrag, Angaben zu den zuständigen Behörden und Informationen über die Art möglicher Entscheidungen oder, soweit vorhanden, den Entscheidungsentwurf. Ferner haben die beteiligten Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass die erforderlichen Angaben zum Projekt und dessen Umweltauswirkungen innerhalb einer angemessenen Frist den Behörden, die in ihrem umweltbezogenen Aufgabenbereich oder in ihrer lokalen oder regionalen Zuständigkeit voraussichtlich von dem Projekt berührt sein könnten, sowie der betroffenen Öffentlichkeit im Hoheitsgebiet des möglicherweise von dem Projekt erheblich betroffenen Mitgliedstaats zur Verfügung gestellt werden. Diesen Behörden und der betroffenen Öffentlichkeit ist Gelegenheit zu 7 Zu den Fakten des Vorhabens vgl. Europäisches Parlament (2020). Petitionsausschuss. Mitteilung an die Mitglieder betreffend Petition Nr. 0225/2018. https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/PETI-CM-629728_DE.pdf. S. 3. Vgl. aus Sicht einer lokalen Bürgerinitiative Rainer Sauerwein. Bürgerinitiative Lebensraum Vorpommern e.V. Kein Container Terminal im europäischen Schutzgebiet ‚Natura 2000‘ auf Wollin. https://lebensraum-vorpommern .de/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 015/21 Seite 6 geben, der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet das Projekt durchgeführt werden soll, vor der Genehmigung des Projekts innerhalb einer angemessenen Frist ihre Stellungnahme zu den vorgelegten Angaben zuzuleiten. Zudem nehmen die beteiligten Mitgliedstaaten Konsultationen auf, die unter anderem die potenziellen grenzüberschreitenden Auswirkungen des Projekts und die Maßnahmen zum Gegenstand haben. Gemäß Artikel 2 Absatz 4 können die Mitgliedstaaten in Ausnahmefällen ein bestimmtes Projekt von den Bestimmungen der Richtlinie ausnehmen, wenn sich die Anwendung dieser Bestimmungen nachteilig auf den Zweck des Projekts auswirken würde. Diese Ausnahme steht unter der Voraussetzung, dass die Ziele der UVP-Richtlinie verwirklicht werden. Im Falle einer solchen Ausnahmeentscheidung müssen die Mitgliedstaaten gleichwohl der betroffenen Öffentlichkeit bestimmte Informationen zugänglich machen. Die Kommission ist über die Erteilung der Ausnahme zu unterrichten. Die Ausnahme gilt zudem „unbeschadet des Artikels 7“, welcher Informations - und Beteiligungspflichten im Falle grenzüberschreitender Umweltauswirkungen enthält . Artikel 7 ist damit auch in den Anwendungsfällen des Artikels 2 Absatz 4 uneingeschränkt zu beachten. Nach Auffassung der Europäischen Kommission ist Artikel 2 Absatz 4 eng auszulegen . Damit von einem Ausnahmefall die Rede sein kann, müsse der Mitgliedstaat nachweisen, dass die betreffende Gefahr (z. B. für die Stromversorgungssicherheit) bei vernünftiger Betrachtung wahrscheinlich und das geplante Projekt hinreichend dringlich ist.8 Ebenfalls unbeschadet des Artikels 7 und unter der Voraussetzung, dass die Ziele der UVP-Richtlinie verwirklicht werden, können die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 2 Absatz 5 ein Projekt, das durch einen besonderen einzelstaatlichen Gesetzgebungsakt zugelassen wird, von den Bestimmungen der UVP-Richtlinie, die sich auf die Beteiligung der Öffentlichkeit beziehen, ausnehmen . Diese Anwendungsbereichsausnahme wurde im Zuge der Änderung der UVP-Richtlinie neu gefasst. Sie greift ihrem Wortlaut nach nicht mehr umfassend, sondern nur noch in Bezug auf solche Bestimmungen, die Vorgaben zur Öffentlichkeitsbeteiligung enthalten.9 In den Erwägungsgründen der Änderungsrichtlinie heißt es: „Bei Projekten, die durch einen besonderen einzelstaatlichen Gesetzgebungsakt genehmigt werden, sollten die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass die Ziele dieser Richtlinie im Hinblick auf die Beteiligung der Öffentlichkeit im Gesetzgebungsverfahren erreicht werden .“10 8 Bekanntmachung der Kommission, Leitfaden zur Anwendung der Ausnahmen im Rahmen der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in ihrer durch die Richtlinie 2014/52/EU geänderten Fassung) - Artikel 1 Absatz 3, Artikel 2 Absätze 4 und 5, ABl.EU 2019 Nr. C 386/12. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52019XC1114(02)&from=EN. Pkt. 5. 9 Zur Neufassung der Anwendungsbeschränkung in der UVP-Richtlinie vgl. auch Fachbereich Europa (PE 6), Ausarbeitung „Zum Entwurf eines Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetzes und seiner Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht “, PE 6 - 3000 - 106/19. https://www.bundestag.de/resource /blob/686198/6a8af674c7eb32475442306c68490a94/PE-6-106-19-pdf-data.pdf. S. 16 f. 10 Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 (ABl. L 124 vom 25.4.2014, S. 1) https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:JOL_2014_124_R_0001. Siehe Erwägungsgrund Nr. 24. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 015/21 Seite 7 Nach Auffassung der Europäischen Kommission11 sind alle Verpflichtungen, die nicht die Beteiligung der Öffentlichkeit, sondern die Information der Öffentlichkeit und die Anhörung von Umweltbehörden oder regionalen/lokalen Behörden betreffen, auch im Falle eines einzelstaatlichen Gesetzgebungsaktes einzuhalten.12 Ebenso bliebe die Verpflichtung des Mitgliedstaats zur Durchführung einer grenzüberschreitenden Konsultation unberührt.13 Um die Realisierung unter anderem des Vorhabens in Swinemünde (Container-Terminal) zu vereinfachen , hat die polnische Regierung Ende Juni 2019 die Gesetzesvorlage für ein Sondergesetz (specustawa) angenommen.14 Ungeachtet der Frage, ob dieses Sondergesetz über Investitionen in den Bau externer Häfen vom 9. August 201915 überhaupt einen besonderen einzelstaatlichen Gesetzgebungsakt im Sinne des Artikels 2 Absatz 5 der UVP-Richtlinie darstellt, entbindet es die Republik Polen jedenfalls nicht von der Durchführung einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung nach den Bestimmungen der UVP-Richtlinie.16 Im deutschen Recht findet die UVP-Richtlinie ihre Umsetzung in dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG),17 dessen Teil 5 (§§ 54 – 64) Vorschriften zu grenzüberschreitenden Umweltprüfungen enthält. Seit 2007 konkretisiert eine Deutsch-Polnische UVP-Vereinbarung den Bereich der grenzüberschreitenden Beteiligungen bei Umweltprüfungen (im Folgenden: DP UVPV).18 Diese Vereinbarung wurde zuletzt im Jahr 2018 erneuert.19 Das deutsche Vertragsgesetz datiert vom 4. Juli 11 Bekanntmachung der Kommission, aaO (Fn. 10). Pkt. 4.2. 12 Ausführlich zur Reichweite des Art. 2 Abs. 5 UVP-RL n.F. vgl. Ausarbeitung PE 6 - 3000 - 106/19, S. 17 ff. (Fn. 10). 13 Bekanntmachung der Kommission, aaO (Fn. 10). Pkt. 4.1. 14 Repetzki, Beatrice (2019). GTAI. Polen startet Großprojekt für einen Zentralhafen. https://www.gtai.de/gtaide /trade/branchen/branchenbericht/polen/polen-startet-grossprojekt-fuer-einen-zentralhafen-115492. 15 Abrufbar unter: http://orka.sejm.gov.pl/proc8.nsf/ustawy/3605_u.htm. 16 Vgl. bereits zu Art. 1 Abs. 4 a.F. der UVP-Richtlinie EuGH, C-411/2017 (Inter-Environnement Wallonie ASBL u.a.), Urteil vom 29.7.2019, Rn. 103 ff. Danach gilt die Ausnahme eines Projekts vom Geltungsbereich der UVP-Richtlinie u.a. unter der Voraussetzung, dass das Projekt durch einen besonderen Gesetzgebungsakt genehmigt wird, der die gleichen Merkmale wie eine Genehmigung aufweist. Der Gesetzgebungsakt muss erkennen lassen, dass die Zwecke der UVP-Richtlinie bei dem betreffenden Projekt erreicht wurden. 17 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.2.2010 (BGBl. I S. 94), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 3.12.2020 (BGBl. I S. 2694) geändert worden ist. https://www.gesetze-im-internet.de/uvpg/UVPG.pdf. 18 Sander, Andrea; Adamowicz, Joanna (2013). Grenzüberschreitende Umweltprüfung zwischen Deutschland und Polen. UPR 2013, Heft 2, 61 (61). 19 Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen über Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen im grenzüberschreitenden Rahmen. https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger _BGBl&start=//*[@attr_id=%27bgbl219s0671.pdf%27]#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl219s067 1.pdf%27%5D__1614342415827. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 015/21 Seite 8 2019.20 Die Vereinbarung trat am 21. Februar 2021 in Kraft, nachdem alle formellen Schritte zwischen beiden Regierungen abgeschlossen wurden.21 3. Zuständigkeiten § 58 UVPG regelt die grenzüberschreitende Behördenbeteiligung bei ausländischen Vorhaben. In Absatz 5 heißt es: „Zuständig ist die Behörde, die für ein gleichartiges Vorhaben in Deutschland zuständig wäre. Sind mehrere Behörden zuständig, so verständigen sie sich unverzüglich auf eine federführende Behörde. […].“ Nach § 6 Wasserverkehrs- und Hafensicherheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (WVHaSiG M- V)22 ist für den Bau eines Hafens eine wasserverkehrsrechtliche Genehmigung erforderlich. Die Vorhaben sind durch den Vorhabenträger der zuständigen Wasserverkehrsbehörde anzuzeigen. Gemäß § 11 Absatz 1 Nummer 3 WVHaSiG M-V ist das für Verkehr zuständige Ministerium zuständig für die Entgegennahme der Anzeige sowie Genehmigungserteilung für die Errichtung und den Betrieb eines Hafens, der dem Güterumschlag dient.23 Im Zusammenhang mit der Genehmigung eines Container-Terminals wäre somit das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern zuständig .24 Von dem Vorhaben berührt und daher zu beteiligen sein dürften darüber hinaus das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern als Fachbehörde für Naturschutz sowie der Landrat des Landkreises Vorpommern-Greifswald als untere Naturschutzbehörde. Die Staat- 20 Gesetz zu der Vereinbarung vom 10.10.2018 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen über Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen im grenzüberschreitenden Rahmen (Vertragsgesetz zur Deutsch-Polnischen Vereinbarung über Umweltprüfungen) vom 4.7.2019 (BGBl 2019 Teil II Nr. 13, S. 671). 21 Sejm of the Republic of Poland (2021). Journal of Laws 2021 item 331. https://translate.google.de/translate ?hl=de&sl=pl&u=https://isap.sejm.gov.pl/isap.nsf/DocDetails.xsp%3Fid%3DWDU20210000331&prev=search &pto=aue. 22 Gesetz über die Nutzung der Gewässer für den Verkehr und die Sicherheit in den Häfen (Wasserverkehrs- und Hafensicherheitsgesetz - WVHaSiG M-V) vom 10.7.2008 (GVOBl. M-V 2008, S. 296). http://www.landesrechtmv .de/jportal/portal/page/bsmvprod.psml;jsessionid=C5AAE5418CCF1C15BB40004885B40C1D.jp16?showdoccase =1&st=null&doc.id=jlr-WVHfSiGMVrahmen&doc.part=X&doc.origin=bs. 23 Vgl. Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Genehmigung von Häfen, Anlege- oder Umschlagstelle sowie von Fährverkehren. https://www.regierung-mv.de/Landesregierung /em/Infrastruktur/Seeverkehr/Genehmigung-von-H%C3%A4fen/. 24 Vgl. z.B. die Zuständigkeit des Ministeriums für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern für das Bauvorhaben Inselhafen Prerow. Informationen abrufbar auf der Seite des UVP-Verbundes – Umweltverträglichkeitsprüfungen der Länder. https://www.uvp-verbund.de/trefferanzeige?docuuid=E36DA633-2561-44D7- AEB0-516543F016D4&plugid=/ingrid-group:ige-iplug-mv&docid=E36DA633-2561-44D7-AEB0-516543F016D4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 015/21 Seite 9 lichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt sind gemäß § 5 des Naturschutzausführungsgesetzes M-V25 unter anderem zuständig für die naturschutzrechtlichen Entscheidungen im Bereich der Küstengewässer sowie das Management in den Gebieten des europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“. Die Landräte und Oberbürgermeister der kreisfreien Städte sind für den Vollzug der naturschutzrechtlichen Vorschriften zuständig, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Landkreise und die kreisfreien Städte nehmen die Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis wahr.26 Da diese Zuständigkeiten der polnischen Seite zu Verfahrensbeginn unbekannt sein können, erfolgt die Benachrichtigung über das Vorhaben gemäß Artikel 3 Absatz 3 Nummer 2 der DP UVPV gleichzeitig an das für Angelegenheiten des Umweltschutzes zuständige Landesministerium, in dessen Gebiet das geplante Projekt erhebliche grenzüberschreitende Umweltauswirkungen haben kann, und das Bundesumweltministerium, die die Unterlagen an die zuständige Behörde auf Landes- oder Bundesebene weiterleiten. Auf Bundesebene ist zudem das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) als Espoo-Kontaktstelle für die Kontaktaufnahme ausländischer Behörden zuständig , die auf der Suche nach geeigneten deutschen Behörden als Ansprechpartner für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sind.27 4. Möglichkeiten der Einflussnahme Nach einer aktuellen Information der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern habe das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung über den Bund, aber auch unmittelbar an die Wojewodschaft Westpommern gerichtet, darum gebeten, über das Projekt des Container-Terminals in Swinemünde informiert zu werden und Unterlagen dazu zu erhalten. Dies entspricht dem in § 58 Absatz 4 UVPG vorgesehenen Vorgehen für die Konstellation, dass die zuständige deutsche Behörde nicht im Wege einer Benachrichtigung des anderen Staates, sondern auf andere Weise Kenntnis von einem geplanten ausländischen Vorhaben erhält, welches erhebliche Umweltauswirkungen in Deutschland haben kann. Sobald die angeforderten Informationen und Unterlagen vorliegen, werde die Landesregierung prüfen, ob sie die polnische Seite bittet, im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfungen im Zusammenhang mit den konkreten Genehmigungsverfahren einbezogen zu werden.28 25 Gesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Ausführung des Bundesnaturschutzgesetzes (Naturschutzausführungsgesetz - NatSchAG M-V) vom 23.2.2010 (GVOBl. M-V 2010, S. 66). http://www.landesrecht-mv.de/jportal/portal /page/bsmvprod.psml?showdoccase=1&st=lr&doc.id=jlr-NatSchAGMVrahmen&doc.part=X&doc.origin=bs. 26 Übertragener Wirkungskreis bedeutet, dass den Landkreisen durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Rechtsverordnung öffentliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden können, vgl. § 90 Abs. 1 der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Kommunalverfassung - KV M-V) vom 13.7.2011 (GVOBl. M-V 2011, S. 777). http://www.landesrecht-mv.de/jportal/portal/page/bsmvprod.psml?showdoccase =1&st=lr&doc.id=jlr-KVMV2011rahmen&doc.part=X&doc.origin=bs. 27 UNECE. Convention on Environmental Impact Assessment (EIA) in a Transboundary Context. Points of Contact regarding Notification. https://unece.org/fileadmin/DAM/env/eia/points_of_contact.htm. 28 Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Antwort auf die Kleine Anfrage „Tiefseeterminal“, Drucksache 7/5683 vom 20.01.2021, S. 2. http://www.dokumentation.landtag-mv.de/parldok/dokument/47656/tiefseeterminal.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 015/21 Seite 10 Im Falle einer Teilnahme an dem umweltbezogenen Entscheidungsverfahren gelten die vorgenannten Bestimmungen des Artikels 7 der UVP-Richtlinie. Wird von dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet das Projekt durchgeführt werden soll, eine Entscheidung zugunsten einer Genehmigung getroffen, so informiert die ausländische Behörde unter anderem über die gemäß den Artikel 5-7 erhaltenen Informationen sowie der Art und Weise, wie diese einbezogen wurden oder wie ihnen anderweitig Rechnung getragen wurde. Dies gilt insbesondere für die Stellungnahmen der betroffenen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 7 (vgl. Artikel 9 der UVP-Richtlinie). Näheres zu den einzelnen Verfahrensschritten (bzgl. Fristen, Informationsaustausch, Konsultationen etc.) sind der Deutsch-Polnischen UVP-Vereinbarung zu entnehmen. Hinsichtlich der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten regelt Artikel 23 Absatz 1 dieser Vereinbarung: „Ungeklärte Fragen über die Auslegung oder Anwendung dieser Vereinbarung werden der Arbeitsgruppe für Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen im grenzüberschreitenden Rahmen, die durch die Deutsch-Polnische Kommission für die nachbarschaftliche Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes berufen wurde und die auf der Grundlage des Abkommens von 1994 tätig ist, zur Klärung vorgelegt. Ist eine Klärung nicht zu erzielen, werden die ungeklärten Fragen dieser Kommission vorgelegt .“ Im Fall von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung der Vereinbarung verweist Artikel 23 Absatz 2 auf die Streitschlichtungsregelung des Artikels 15 des Espoo-Übereinkommens. Danach sollen die betroffenen Vertragsparteien insbesondere versuchen , einen Streit im Verhandlungswege oder unter Rückgriff auf eine andere, für die Streitparteien annehmbare Streitbeilegungsmethode beizulegen. ***