© 2017 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 008/17 Zu den Roten Listen gefährdeter Tiere Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 008/17 Seite 2 Zu den Roten Listen gefährdeter Tiere Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 008/17 Abschluss der Arbeit: 15.02.2017 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 008/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Rote Listen gefährdeter Tiere 4 2. Zur Weiterentwicklung der bundesweiten Roten Liste der gefährdeten Tiere in Deutschland 5 3. Zur Etablierung einer Art in der Roten Liste gefährdeter Tiere in Deutschland 6 4. Die Rote Liste gefährdeter Tiere in der EU 8 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 008/17 Seite 4 1. Rote Listen gefährdeter Tiere Rote Listen gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze haben das Ziel - die Öffentlichkeit über die Gefährdungssituation der Arten zu informieren, - ein Gutachten zur Argumentationshilfe für raum- und umweltrelevante Planungen anzubieten , - notwendigen Handlungs- und Forschungsbedarf im Bereich des Naturschutzes aufzuzeigen , - eine Datenquelle für gesetzgeberische Maßnahmen und die Erstellung von Roten Listen auf anderen Ebenen (international) bereitzustellen, und - dienen nicht zuletzt der Überprüfung des Erfüllungsgrades der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt.1 Rote Listen gefährdeter Tiere existieren sowohl auf nationaler Ebene wie auf EU-Ebene. Einsehbar ist die Europäische Liste unter: http://ec.europa.eu/environment/nature/conservation/species/redlist/index_en.htm [zuletzt abgerufen am 14. Februar 2017]. In Deutschland sind vor allem die Roten Listen des Bundes und der Bundesländer von Bedeutung . Zuständig ist das Bundesamt für Naturschutz (BfN), das die Roten Listen der gefährdeten Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands basierend auf wissenschaftlichen Fachgutachten alle 10 Jahre herausgibt. Die aktuelle Ausgabe stammt aus dem Jahr 2009: https://www.bfn.de/0304_rotelisten_pdm.html [zuletzt abgerufen am 14. Februar 2017]. Die Roten Listen müssen regelmäßig überprüft und fortgeschrieben werden. Hierzu bemerkt das BfN: „Um die Faktoren zu analysieren, welche die Effektivität des Erstellungsprozesses für Rote Listen beeinflussen, hat das Bundesamt für Naturschutz (BfN) im Rahmen des Projektes ´Erstellung der Roten Listen 2020 – Vorbereitungsphase (2011-2015)` eine detaillierte Potential,- Struktur - und Bedarfsanalyse bei der Freien Universität Berlin in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieser aktuellen Studie sollen als Basis dienen, um den Rote-Liste-Erstellungsprozess zu optimieren und Ansätze zu entwickeln, wie die erkannten Defizite behoben werden können.“2 Eine Projektseite unter Angabe von Ansprechpartnern zu verschiedenen Teilbereichen ist im Internet abrufbar unter: http://rotelisten2020.bgbm.org/ [zuletzt abgerufen am 14. Februar 2017]. 1 Diese Informationen sind im Internet abrufbar unter: https://www.bfn.de/0322_rote_liste.html [zuletzt abgerufen am 25. Februar 2017]. 2 Ebd. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 008/17 Seite 5 Der Biber (Castor fiber) wird in der Deutschen Roten Liste derzeit als gefährdetes Tier (Stufe 3) geführt. Je nach Bundesland kann es zu Abweichungen kommen.3 2. Zur Weiterentwicklung der bundesweiten Roten Liste der gefährdeten Tiere in Deutschland Eine ausführliche Darstellung der Notwendigkeit und Methodik der Fortschreibung der Roten Liste gefährdeter Tiere findet sich auf den Internetseiten des BfNs.4 Zentral ist dabei die Gefährdungsanalyse der einzelnen Arten. Diese Analyse lässt sich in 1. Aktuelle Bestandssituation, 2. Langfristiger Bestandstrend, 3. Kurzfristiger Bestandstrend und 4. Risikofaktoren einteilen. Hierbei wird folgende Kategorisierung vorgenommen: „Grundvoraussetzung der Gefährdungsanalyse ist die aufwändige Sammlung und Aufbereitung der Daten aus dem gesamten Bezugsraum durch die Experten. Anhand dieser Parameter werden die Kriterien Bestandssituation, lang- und kurzfristiger Bestandstrend sowie Risikofaktoren mittels zugehöriger Kriterienklassen eingeschätzt. In einem weiteren Schritt wird anhand des Kriteriensystems jede Art in eine der Rote Liste Kategorien eingestuft.“5 3 Quelle: http://www.wwf.de/themen-projekte/artenlexikon/biber/ [zuletzt abgerufen am 15. Februar 2017]. 4 Ebd. 5 Quelle: https://www.bfn.de/0322_fortent.html [zuletzt abgerufen am 25. Februar 2017], zur Methodik siehe auch: Ludwig, G.; Haupt, H.; Gruttke, H. & Binot-Hafke, M. (2009): Methodik der Gefährdungsanalyse für Rote Listen. – In: Haupt, H.; Ludwig, G.; Gruttke, H.; Binot-Hafke, M.; Otto, C. & Pauly, A. (Bearb.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 1: Wirbeltiere. – Münster (Landwirtschaftsverlag). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (1): 19-71. Im Internet abrufbar unter: https://www.bfn.de/fileadmin /MDB/documents/themen/roteliste/Methodik_2009.pdf [zuletzt abgerufen am 14. Februar 2017]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 008/17 Seite 6 3. Zur Etablierung einer Art in der Roten Liste gefährdeter Tiere in Deutschland Zu den Etablierungskriterien für die Berücksichtigung in der Roten Liste schreibt Ludwig et al. in einer Publikation zur „Methodik der Gefährdungsanalyse für Rote Listen“6: „Alle im Bezugsraum Deutschland einheimischen oder fest eingebürgerten Arten sollen für die Roten Listen berücksichtigt werden. In der Neuzeit, das heißt nach 1492 nach Deutschland gelangte Arten werden berücksichtigt, wenn sie die folgenden Etablierungskriterien erfüllen: Bei Hinweisen darauf, dass Arten nach 1492 in den Bezugsraum gelangt sind, ist ihre Etablierung zu prüfen, andernfalls wird eine Etablierung als gegeben angenommen. Arten gelten als im Bezugsraum etabliert, wenn sie das Zeitkriterium und das populationsbiologische Kriterium erfüllen : Zeit: • Überleben der Art im Bezugsraum über mindestens 25 Jahre oder • eine geringere Zeitspanne, wenn diese (in Verbindung mit der Biologie der Art) ein weiteres Überleben im Bezugsraum gewährleistet oder • Ausbreitung über klimatisch unterschiedliche Gebiete, die in kürzerer Zeitspanne die klimatische Bandbreite einer Region repräsentieren (Ersatz von Zeit durch Raum) und Populationsbiologie: • Bildung selbständig vermehrungsfähiger Einheiten in zweimaliger Folge und für lokale Populationen gilt zusätzlich • mehrfaches Entstehen neuer Teilpopulationen ohne Hilfe des Menschen aus der zuerst angelangten Population außerhalb des Nahverbreitungsradius.“7 6 Ludwig, G.; Haupt, H.; Gruttke, H. & Binot-Hafke, M. (2009): Methodik der Gefährdungsanalyse für Rote Listen. – In: Haupt, H.; Ludwig, G.; Gruttke, H.; Binot-Hafke, M.; Otto, C. & Pauly, A. (Bearb.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 1: Wirbeltiere. – Münster (Landwirtschaftsverlag). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (1): 19-71. Im Internet abrufbar unter: https://www.bfn.de/fileadmin /MDB/documents/themen/roteliste/Methodik_2009.pdf [zuletzt abgerufen am 14. Februar 2017]. 7 Ebd., Seite 27 ff Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 008/17 Seite 7 Generell ist auch eine Herabstufung möglich. Die Bedingungen hierfür werden in der Publikation von Ludwig et al. genannt8: „Wie bereits […] ausgeführt, dient die Bezugnahme auf den Zeitraum bis etwa 1850 lediglich der Dokumentation der seither eingetretenen Entwicklung. Es ist und war nicht das Ziel Roter Listen, Arten erst dann als ungefährdet zu betrachten, wenn sie dieses historische Bestandsniveau wieder erreicht haben. Arten, die aufgrund früherer Rückgänge in eine der Gefährdungskategorien 1 bis 3 oder in die Kategorie V eingestuft wurden, werden in bestimmten Fällen um jeweils eine Kategorie (bis zur Kategorie „Ungefährdet“) herabgestuft […]. Hier kann zwischen kurzfristig und eher mittelfristig erreichbaren Umstufungen unterschieden werden. Kurzfristig erreichbare Umstufungen: • Haben sich die Bestände einer Art nach früheren Rückgängen stabilisiert und sind sie über mindestens die letzten 10 Jahre gesichert auf einem stabilen Niveau (kurzfristiger Trend „=“), so wird die Art um eine Kategorie herabgestuft. Eine Ausnahme bilden lediglich extrem seltene Arten , deren langfristiger Rückgang noch als sehr stark anzusehen ist. • Findet im weiteren Verlauf eine Bestandserholung statt, wird also der kurzfristige Trend als positiv (Symbol „↑“) eingeschätzt, so erfolgt eine weitere Herabstufung um eine Kategorie. Eher mittelfristig erreichbare Umstufungen: • Sofern sich aufgrund der Bestandserholung einer Art auch deren Häufigkeitsklasse ändert […], erfolgt in diesen Fällen ebenfalls eine Herabstufung um eine Kategorie. • Sofern die Bestände einer Art nach früheren Rückgängen lange stabil bleiben, hat dies Einfluss auf den langfristigen Trend: Er muss dann als weniger negativ gesehen werden, da sich der historische Rückgang auf einen immer längeren Zeitraum verteilt. Wenn sich in solchen Fällen die Rückgangsklasse verändert (beispielsweise von „<<“ nach „<“), erfolgt meist eine Herabstufung. Durch diese Mechanismen, die über die Struktur des Einstufungsschemas operationalisiert werden, können Arten die Rote Liste also wieder verlassen, wenn sie sich erholt oder stabilisiert haben. Das Wiedererreichen eines historischen Bestandes ist hierfür keine notwendige Bedingung.9 Die Annahme, Rote Listen würden die Arten trotz nicht wieder herstellbarer historischer Zustände „bis in alle Ewigkeit“ in den Gefährdungskategorien festhalten, trifft folglich nicht zu. Allerdings werden dramatische historische Rückgänge von Arten in der Regel weiterhin in der Roten Liste dokumentiert, wenn sie gegenwärtig nur gestoppt wurden. In Übereinstimmung mit 8 Ebd, Seite 52. 9 Fettung durch den Autor der Dokumentation. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 008/17 Seite 8 den Grundsätzen des Bundesnaturschutzgesetzes betrachtet die Rote Liste somit die gesamte historisch gewachsene Artenvielfalt, passt sich aber auch den veränderlichen Bedingungen wie Landschaftsgeschichte und Klima an.“10 4. Die Rote Liste gefährdeter Tiere in der EU Die Europäische Rote Liste wird vom Species Programme, der Species Survival Commission und dem European Regional Office der International Union for Conservation of Nature11 zusammengetragen . Derzeit sind 9735 Spezies in der Europäischen Roten Liste erfasst. Die Methoden zur Erhebung der Daten werden auf den Internetseiten der Europäischen Kommission detailliert beschrieben.12 Ein Bericht zur Datenerhebung für Säugetiere ist im Internet verfügbar und stammt aus dem Jahr 2007: Temple, H.J. and Terry, A. (Compilers). 2007. The Status and Distribution of European Mammals. Luxembourg: Office for Official Publications of the European Communities. viii + 48pp, 210 x 297 mm.13 Hierin sowie im aktuellen Eintrag der elektronischen Europäischen Roten Liste (2016-3)14 ist der Biber (Castor fiber) als nicht gefährdet (Least concerned, LC) verzeichnet. *** 10 Ebd., Seite 52. 11 Quelle: Weitere Informationen sind abrufbar: https://www.iucn.org/about [zuletzt abgerufen am 15. Februar 2017]. 12 Quelle: http://ec.europa.eu/environment/nature/conservation/species/redlist/process/methods/mammals.htm [zuletzt abgerufen am 14. Februar 2017]. 13 Quelle: http://ec.europa.eu/environment/nature/conservation/species/redlist/downloads/European _mammals.pdf [zuletzt abgerufen am 14. Februar 2017]. 14 Quelle: http://www.iucnredlist.org/search [zuletzt abgerufen am 14. Februar 2017].