Deutscher Bundestag Lärmschutzmaßnahmen an Eisenbahnstrecken Zum Anwendungsbereich der 16. BImSchV Sachstand Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 343-10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 343-10 Seite 2 Lärmschutzmaßnahmen an Eisenbahnstrecken Zum Anwendungsbereich der 16. BImSchV Verfasser: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 343-10 Abschluss der Arbeit: 9. März 2011 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 343-10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Lärmvorsorgemaßnahmen 4 2.1. § 41 Bundes-Immissionsschutzgesetz 5 2.2. Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) 5 2.2.1. Voraussetzungen nach § 1 Absatz 1 16. BImSchV 5 2.2.1.1. „Wesentlichkeit“ der Änderung im Sinnes des § 1 Absatz 2 der 16. BImSchV 5 2.2.1.2. Schädlichkeit der Geräusche 6 2.2.1.3. Bauliche Änderung 6 2.2.2. Anwendungsbereich des § 1 Absatz 1 / Rechtsprechung 6 2.2.2.1. „Gesamtplanung“ 7 2.2.2.2. „Streckengesamtschau“ 7 2.2.3. Zwischenergebnis 8 2.3. Gebotene Maßnahmen 8 3. Lärmsanierungsmaßnahmen 8 4. Fazit 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 343-10 Seite 4 1. Einleitung Heutzutage kommt es häufig vor, dass Eisenbahnstrecken ausgebaut werden, um dem steigenden Schienenverkehr im Zusammenhang mit der Ansiedlung eines verkehrsintensiven Unternehmens gerecht zu werden. Hierbei taucht nicht selten die Fragestellung auf, ob Anwohner der Eisenbahn- Ausbaustrecke Ansprüche auf Lärmschutzmaßnahmen geltend machen können. Unproblematisch ist dies, wenn es sich um einen Neubau oder um eine wesentliche bauliche Änderung der Eisenbahnstrecke handelt. Dann begründen die §§ 41 ff Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)1 in Verbindung mit der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV)2 einen Rechtsanspruch auf Schutz vor Verkehrslärm zur Vorsorge gegen den aufgrund der Baumaßnahme künftig zu erwartenden Verkehrslärm . Anders stellt es sich jedoch dar, wenn nur auf bestimmten Abschnitten der Ausbaustrecke wesentliche bauliche Maßnahmen erfolgen, welche aber auf andere Abschnitte „ausstrahlen“. Fraglich ist, ob die Bewohner eines Ortes, der in einem Streckenabschnitt liegt, in dem keine baulichen Änderungen erfolgen, ebenfalls Maßnahmen des höherwertigen Standards der Lärmvorsorge nach der 16. BImSchV geltend machen können mit der Begründung, der dichtere Zugverkehr auch auf diesem Abschnitt sei unmittelbare Folge der Baumaßnahmen auf den anderen Abschnitten . Ein Beispiel wäre die Strecke Oldenburg-Wilhelmshaven3, welche im Zusammenhang mit dem Aufbau des JadeWeserPorts4 steht. Der Bau des Container-Tiefwasserhafens wird das Aufkommen an Güterzügen erheblich steigern, so dass die Absicht besteht, die Strecke durchgehend zweigleisig auszubauen und zu elektrifizieren. 2. Lärmvorsorgemaßnahmen Die Bewohner des Ortes, der an einer Ausbaustrecke liegt, haben einen Anspruch auf Lärmvorsorgemaßnahmen (Lärmschutz beim Bau und wesentlicher Änderung von Schienenwegen), falls die Voraussetzungen der §§ 41, 42 BImSchG in Verbindung mit der 16. BImSchV vorliegen. 1 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge, in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S.3830), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 11. August 2010 (BGBl. I S.1163). 2 Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 12. Juni 1990 (BGBl. I S.1036), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19. September 2006 (BGBl. I S.2146). 3 im Internet abrufbar unter: http://www.strassenbau.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=21073&article_id=89396&_psmand=135 (Stand: 9. März 2011). 4 im Internet abrufbar unter: http://www.mw.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=5530&article_id=15573&_psmand=18 (Stand: 9. März 2011). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 343-10 Seite 5 2.1. § 41 Bundes-Immissionsschutzgesetz § 41 BImSchG legt fest, dass „bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sowie von Eisenbahnen (…) sicherzustellen ist, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.“ § 41 BImSchG betrifft allein die Verkehrsgeräusche, die durch die Nutzung des Verkehrsweges entstehen, der gebaut oder geändert wird5; nicht erfasst werden Geräusche, die die Folge der baulichen Änderungen an anderen Verkehrswegen sind6. Als „geänderter Verkehrsweg“ gilt dabei der Bereich des Verkehrsweges, in dem ein erheblicher Eingriff durchgeführt wird7. Die mittelbare Erhöhung des Verkehrslärms an anderen, insbesondere benachbarten Strecken, sei es durch eine übergreifende Verkehrsausweitung oder durch eine Verkehrsverlagerung, wird als unerheblich eingestuft8. 2.2. Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) 2.2.1. Voraussetzungen nach § 1 Absatz 1 16. BImSchV Obwohl § 41 BImSchG unmittelbar geltendes Recht darstellt, wurde er gemäß § 43 BImSchG durch die 16. BImSchV konkretisiert. Die 16. BImSchV gilt gemäß ihres § 1 Absatz 1 für „den Bau oder die wesentliche Änderung von öffentlichen Straßen sowie von Schienenwegen der Eisenbahnen und Straßenbahnen“. Wann eine „wesentliche Änderung“ vorliegt, bestimmt § 1 Absatz 2 16. BImSchV. 2.2.1.1. „Wesentlichkeit“ der Änderung im Sinnes des § 1 Absatz 2 der 16. BImSchV Die Änderung ist „wesentlich“, wenn - ein durchgehendes Gleis hinzugefügt wird (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 der 16. BIm- SchV), - durch einen erheblichen baulichen Eingriff die Geräusche um 3dB (A) erhöht werden (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Alt. 1 der 16. BImSchV), - durch einen baulichen Eingriff der von dem Verkehrsweg ausgehende Verkehrslärm auf mindestens 70dB(A) tags oder 60dB(A) nachts erhöht wird (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Alt. 2 der 16. BImSchV), dabei ist es unerheblich, um wie viel der Lärm erhöht wird. 5 Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 2. August 2006 - 9 B 9.06, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2006, S. 1290-1291. 6 BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 – 4 A 6.04. 7 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Urteil vom 5. März 1996 – 20 B 92.1055, NVwZ, Rechtsprechungsreport 1997, S. 159-165. 8 Hans Alexander, Aktuelle Fragen des Verkehrslärmschutzes unter besonderer Berücksichtigung der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), NVwZ 1991, S. 318, 319. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 343-10 Seite 6 2.2.1.2. Schädlichkeit der Geräusche Zur Frage, wann Verkehrsgeräusche die Schädlichkeitsschwelle überschreiten, wurden in § 2 der 16. BImSchV Immissionsgrenzwerte für den Tag (6-22 Uhr) und die Nacht (22-6 Uhr) festgelegt, die der relevante Beurteilungspegel nicht überschreiten darf. Die Grenzwerte fallen unterschiedlich aus, je nachdem welche Schutzkategorien betroffen sind9. Der Beurteilungspegel des neuen oder geänderten Verkehrswegs ist gemäß § 3 Satz 1 der 16. BImSchV für Schienenwege nach Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV10 in Verbindung mit der Richtlinie Schall 0311 zu berechnen12. 2.2.1.3. Bauliche Änderung Voraussetzung der Anwendung der 16. BImSchV ist also in jedem Fall eine bauliche Änderung, also eine „bauliche Erweiterung“ oder ein „baulicher Eingriff“13. Keine „Änderung“ im Sinne des § 1 Absatz 2 der 16. BImSchV liegt beispielsweise vor bei schleichender Steigerung des Verkehrslärms durch die Zunahme des Verkehrs14. Weiterhin muss die „Änderung“ in die Substanz des Verkehrsweges - bei Eisenbahnen Gleisanlagen mit Unter- und Überbau, einschließlich der Oberleitung15 - eingreifen und die „vorausgesetzte oder planerisch gewollte Leistungsfähigkeit“ des Verkehrsweges erhöhen16. 2.2.2. Anwendungsbereich des § 1 Absatz 1 / Rechtsprechung Die 16. BImSchV findet somit ihrem Wortlaut nach nur Anwendung, wenn es sich um Neu- oder Ausbaumaßnahmen an Schienenwegen der Eisenbahnen handelt. Sofern an einem Teilabschnitt einer Eisenbahn-Ausbaustrecke kein baulicher Eingriff vorliegt, bestünde somit für die Bewohner kein gesetzlicher Anspruch auf Lärmvorsorgemaßnahmen des Standards der 16. BImSchV. Allerdings hat die Rechtsprechung untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen der wesentlichen Änderung des Lärmpegels in dem entsprechenden Streckenabschnitt und dem geplanten 9 Hans D. Jarass, Kommentar zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, 8. Auflage 2010, § 41 Rn. 32. 10 BGBl. I 1990, 1045 – 1052, im Internet abrufbar unter: http://www.gesetze-iminternet .de/bimschv_16/anlage_2_9.html (Stand: 9. März 2011). 11 im Internet abrufbar unter: http://www.iazd.uni-hannover.de/~windelberg/search/laerm/s043.pdf (Stand: 9. März2011). 12 Jarass (s. o. Fn. 9) § 41 Rn. 34. 13 Jarass (s. o. Fn. 9) § 41 Rn. 19. 14 BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 – 4 A 18.04, Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 123, S. 152-159. 15 BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2002 – 9 A 22.01, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55. 16 BVerwG, Entscheidung vom 9. Februar 1995 – 4 C 26.93, BVerwGE 97, S. 367-376, NVwZ 1995, S. 907-909. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 343-10 Seite 7 Gesamtvorhaben – beispielsweise dem Aufbau des JadeWeserPorts (s. o.) und dessen Verkehrsanbindung – besteht. 2.2.2.1. „Gesamtplanung“ Das Bundesverwaltungsgerichts hat in seiner Entscheidung im November 200517 bestimmt, dass ausnahmsweise auf die gesamte Strecke abzustellen sei, wenn durch ein Gesamtkonzept eine längere Strecke insgesamt geändert oder angepasst werden soll. Für Planungen, die auf einem einheitlichen Gesamtkonzept beruhen, sei typisch, dass die Reihenfolge ihrer Zulassung und Verwirklichung nicht strikt vorgegeben ist. Entscheidend für die Zurechnung sei nicht die zeitliche Reihenfolge der Zulassungsakte, sondern eine konzeptionelle Verknüpfung dergestalt, dass ohne das eine Vorhaben das andere nicht geplant und verwirklicht würde. Bei einer am Gleichheitssatz orientierten Auslegung dürfe die Zuerkennung von Ansprüchen auf Lärmschutz nicht von der jeweiligen Abschnittsbildung abhängig gemacht werden 18. 2.2.2.2. „Streckengesamtschau“ Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil vom 5. März 199619 festgelegt, dass „Ansprüche auf Lärmschutz nach §§ 41, 42 BImSchG in Verbindung mit § 1 Absatz 2 Nummer 2 und Satz 2 der 16. BImSchV in der Regel nur im räumlichen Bereich des erheblichen baulichen Eingriffs bestehen, soweit (…) die vorgesehenen Lärmerhöhungen eintreten“. Allerdings hält es der Senat für denkbar, dass „sich die Ausstrahlung erheblicher baulicher Eingriffe – im Sinne der Bewirkung von Lärmschutzansprüchen – ausnahmsweise über die jeweiligen Einwirkungsbereiche hinaus auf die gesamte Strecke (als verkehrswirksamer Abschnitt) erweitert, und zwar, wenn durch ein Gesamtkonzept eine längere Strecke insgesamt verändert oder angepasst werden soll, um die Streckenkapazität zu erhöhen, den Betrieb zu beschleunigen oder zu optimieren. Dann erweitert sich der in § 1 Absatz 2 Nummer 2 der 16. BImSchV bezeichnete „zu verändernde Verkehrsweg“ über die einzelne Baumaßnahme hinaus auf einen größeren verkehrswirksamen Abschnitt, welcher für eine etwaige Gesamtbeurteilung maßgeblich wäre“. Von einer derartigen Gesamtbaumaßnahme könne aber nur gesprochen werden, wenn die Einzelmaßnahmen so einheitlich konzipiert oder so dicht lokalisiert sind, dass der Eindruck entstehe, die Strecke werde einheitlich ausgebaut und es handele sich nicht um einzelne isolierte Baumaßnahmen. Diese Erwägungen werden durch das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. Juni 200020 bestätigt. 17 BVerwG, Urteil vom 23. November 2005 – 9 A 28.04, BVerwGE 124, S. 334, 341. 18 BVerwG (s. o. Fn. 17). 19 BayVGH (s. o. Fn. 7). 20 Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (NdsOVG), Urteil vom 21. Juni 2000 – 7 K 3716/98, NVwZ 2001, S. 99-101. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 343-10 Seite 8 2.2.3. Zwischenergebnis Bezogen auf den JadeWeserPort (s. o.) ist zu beachten, dass ohne den Mehrverkehr aus der Anbindung des Container-Tiefwasserhafens keine Notwendigkeit für den Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke Oldenburg-Wilhelmshaven bestünde. Somit könnte eine wesentliche Änderung des Lärmpegels infolge von Baumaßnahmen aufgrund des Mehrverkehrs aus der neuen Anbindung zu bejahen sein. Folglich wäre in der weiteren Planung auf der gesamten Ausbaustrecke (einschließlich des eigentlich nicht betroffenen Abschnitts) der Standard der Lärmvorsorge nach der 16. BImSchV vorzunehmen. Den Bewohnern stünde somit ein Anspruch auf Lärmvorsorgemaßnahmen zu, wenn man aus vorgenannten Gründen den Anwendungsbereich des § 1 Absatz 1 der 16. BImSchV über den Wortlaut hinaus auf die „Gesamtstrecke“ ausdehnen würde. 2.3. Gebotene Maßnahmen Bei den aktiven Lärmschutzmaßnahmen wird an der Entstehungsquelle angesetzt, an Bahnanlagen durch die Errichtung von Lärmschutzwänden oder – wällen. Hierbei dürfen die Kosten der Maßnahmen jedoch nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen, § 41 Absatz 2 BImSchG21. Bei den passiven Lärmschutzmaßnahmen wird hingegen an der Einwirkungsquelle angesetzt, an baulichen Anlagen durch den Einbau von Schallschutzfenstern und Lüftungseinrichtungen. Diese Ansprüche sind „dem Grunde nach“ darzustellen sowie die Ansprüche auf Kostenersatz für passive Schutzmaßnahmen und eventuell auf sonstige Entschädigung22. Art und Umfang der zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche notwendigen Schallschutzmaßnahmen für schutzbedürftige Räume in baulichen Anlagen werden durch die Verkehrswege - Schallschutzmaßnahmenverordnung (24. BImSchV) festgelegt23. 3. Lärmsanierungsmaßnahmen Würde die 16. BImSchV keine Anwendung finden, wären die Bewohner auf Lärmsanierungsmaßnahmen (Lärmschutzmaßnahmen an bestehenden, baulich nicht zu verändernden Schienenwegen ) angewiesen, welche nur auf freiwilliger Basis mit Bundeshaushaltsmitteln erfolgen können. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) hat erstmals ab dem Haushaltsjahr 1999 jährlich einen Betrag in Höhe von 100 Millionen DM bzw. 51 Millionen Euro für ein Programm „Maßnahmen zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen des Bundes“ in den Bundehaushalt eingestellt. Seit 2007 stehen hierfür im Bundeshaushalt 100 Millionen Euro zur Verfügung. Damit hat die Bunderegierung den Einstieg in den Lärmschutz auch an bestehenden Schienenwegen erreicht, wobei jedoch vorrangig Lärmschutzmaßnahmen für „Härte- 21 Jarass (s. o. Fn. 9) §41 Rn. 49. 22 Jarass (s. o. Fn. 9) §42 Rn.23. 23 Vierundzwanzigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 24. Februar 1997 (BGBl. I. S.172, 1253), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 23. September 1997 (BGBl. I S. 2329). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 – 343-10 Seite 9 fälle“ durchgeführt werden sollen. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn (DB) AG ist eine Gesamtkonzeption für die Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes entwickelt worden24. Die Voraussetzungen für den Einsatz von Bundeshaushaltsmitteln für Lärmsanierungsmaßnahmen ist eine Überschreitung der Lärmsanierungswerte. Diese sind im Gegensatz zu den Immissionswerten bei der Lärmvorsorge nicht so anspruchsvoll. Die Immissionsgrenzwerte der Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes (VLärmSchR 97)25 können auch für die Lärmsanierung beim Schienenverkehr herangezogen werden26. 4. Fazit Die 16. BImSchV findet ihrem Wortlaut nach nur Anwendung, wenn es sich um Neu- oder Ausbaumaßnahmen an Schienenwegen der Eisenbahnen handelt, § 1 Absatz 1 der 16. BImSchV. Sofern an einem Teilabschnitt einer Eisenbahnstrecke kein baulicher Eingriff vorliegt, besteht folglich kein gesetzlicher Anspruch der Bewohner auf Lärmvorsorgemaßnahmen des Standards der 16. BImSchV. Jedoch kann bei der „Änderung des Verkehrsweges“ gemäß § 1 Absatz 1 der 16. BImSchV unter dem Gesichtspunkt des „Gesamtkonzepts“ (s. o.) ausnahmsweise auf die Gesamtstrecke abzustellen sein. In diesem Fall wären die durch bauliche Maßnahmen an anderen Teilstrecken verursachten Lärmerhöhungen der gesamten Strecke zuzurechnen und somit für die Gesamtstrecke Lärmvorsorgemaßnahmen nach der 16. BImSchV vorzunehmen. Sollte sich herausstellen, dass die 16. BImSchV nicht anwendbar ist, sind die Bewohner auf Lärmsanierungsmaßnahmen angewiesen, welche auf freiwilliger Basis mit Bundeshaushaltsmitteln erfolgen. 24 http://www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Artikel/StB-LA/laermvorsorge%20und%20laermsanierung.html (Stand: 9. März 2011). 25 VLärmSchR 97, S.26 f. Nr. 37. 26 http://www.umweltbundesamt.de/laermprobleme/hauptlaermquellen/schienenverkehrslaerm.html (Stand: 9. März 2011).