Lücken im Schutz von Berufsgeheimnisträgern (§ 53 StPO) vor staatlichen Eingriffen - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 7 - 328/06 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Lücken im Schutz von Berufsgeheimnisträgern im Strafprozeß Ausarbeitung WD 7 - 328/06 Abschluss der Arbeit: Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Hinweise auf interne oder externe Unterstützung bei der Recherche bzw. Abfassung des Textes Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - Zusammenfassung - Der Schutz der so genannten Berufsgeheimnisträger1, genauer derjenigen, die § 53 StPO2 explizit benennt, ist im System der Ermittlungsmaßnahmen im Strafverfahren nur vereinzelt explizit verankert. Manche Ermächtigungsnormen zur Strafverfolgung enthalten explizite Regelungen, wie die Berufsgruppen, denen nach § 53 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, vor bestimmten Maßnahmen zu schützen sind, manche wiederum, die das geschützte Vertrauensverhältnis ebenso tangieren können, enthalten diese dagegen nicht. Besondern auffällig ist der fehlende Schutz bei heimlichen Ermittlungsmaßnahmen. Manche Berufsgruppen werden dabei, sofern Schutzregeln enthalten sind, zudem explizit stärker geschützt als andere. Die Berufsgruppe der Strafverteidiger erhält hierbei, bedingt durch das besondere Recht der Verteidigung aus § 148 StPO eine Sonderstellung, was den Schutz des konkreten Verteidigungsverhältnisses angeht. Im Hinblick auf sonstige Möglichkeiten der Überwachung von Berufsgeheimnisträgern, etwa im Recht der Gefahrenabwehr, bestehen weitgehend keinerlei gesonderte Schutznormen . Vereinzelt weisen aber Normen des Polizeirechts der einzelnen Länder Schutzbestimmungen auf. Um diese Situation im Hinblick auf den nur partiellen Schutz der Berufsgeheimnisträger zu bereinigen, hat das Bundesjustizministerium im November 2006 einen ausgearbeiteten Gesetzesvorschlag vorgelegt, der an ein Gutachten des Arbeitskreises Strafprozessrecht und Polizeirecht (ASP) aus dem Jahr 2002 anknüpft. Schon dieses Gutachten war durch die damalige Justizministerin Däubler-Gmelin initiiert worden, um den Schutz der Berufsgeheimnisträger aus § 53 StPO jedenfalls vor strafprozessualen Ermittlungsbefugnissen zu verstärken und dabei auch zu harmonisieren. Dieser Gesetzesentwurf sieht mit dem neuen § 53b StPO eine Generalnorm vor, die in Bezug auf die Berufsgruppen aus § 53 I S. 1 Nr. 1, 2 und 4 StPO sämtliche strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen für unzulässig erklärt, insofern also ein Beweiserhebungsverbot formuliert, sofern durch sie voraussichtlich Erkenntnisse gewonnen würden, über die die betroffene Person das Zeugnis verweigern dürfte. Dennoch erlangte Kenntnisse dürften bei diesen Gruppen nicht verwertet werden. In Bezug auf die anderen Gruppen des § 53 I soll dagegen kein generelles Erhebungsverbot greifen, vielmehr wird eine Abwägungsklausel implementiert, nach der Maßnahmen gegen diese Gruppen unter Bezug auf Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte entweder zu unterlassen oder zu beschränken seien. Ebenso soll es sich mit der Verwertung von Erkenntnissen verhalten. 1 Zu beachten ist, dass es sich bei den Gruppen des § 53 StPO zwar auch um Berufsgeheimnisträger handelt, ihr Zeugnisverweigerungsrecht sich aber nicht nur auf Geheimnisse sondern auf sämtliche Informationen aus dem Vertrauensverhältnis bezieht, also auch auf nicht geheime Informationen. Zum Begriff vgl. aber noch unten die Einleitung. 2 Insofern geht § 203 StGB weiter. Hier werden mehr Berufsgruppen genannt, die dann aber explizit nur Geheimnisse i.S.d. § 203 StGB nicht verraten dürfen. Vgl. dazu aber noch unten. Inhalt 1. Einleitung 5 1.1. Verfassungsrechtlicher Hintergrund 5 1.2. Begriffsprobleme 6 1.3. „Lücken“ im Schutz 6 1.4. Aktueller Referentenentwurf 7 2. Schutzrechte für Berufsgeheimnisträger 8 2.1. Schutzrechte vor strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen 8 2.1.1. Schutzrechte innerhalb der StPO 8 2.1.1.1. §§ 53, 53a – Zeugnisverweigerungsrechte 8 2.1.1.1.1. personelle Begrenzung 9 2.1.1.1.2. Thematische Begrenzung 9 2.1.1.1.3. Immanente Einschränkungen - Entbindung 9 2.1.1.1.4. Hilfspersonen 10 2.1.1.1.5. Praktische Folge des Rechts 10 2.1.1.2. § 252 StPO 10 2.1.1.3. Ausstrahlungswirkung des § 53 StPO 11 2.1.1.4. § 97 Beschlagnahmefreiheit 11 2.1.1.4.1. Kollusion- oder Verstrickung mit der Anlasstat 12 2.1.1.4.2. Praktische Folge 13 2.1.1.4.3. Geltung auch für § 108 14 2.1.1.5. § 81c III S. 1 StPO 14 2.1.1.6. § 148 StPO – Verteidiger/Beschuldigter 15 2.1.1.7. § 98a StPO Rasterfahndung 16 2.1.1.8. § 99 StPO Postbeschlagnahme 16 2.1.1.9. § 100a StPO 17 2.1.1.10. § 100f StPO - Observation, Abhören, etc. 19 2.1.1.11. § 100c VI S. 1 StPO – akustische Wohnraumüberwachung 19 2.1.1.12. § 100 h II Telekommunikationsdaten 20 2.1.1.13. Sonstige Maßnahmen nach der StPO 21 2.1.2. Schutzrechte vor strafprozessualen Maßnahmen außerhalb der StPO 21 2.1.2.1. Zeugnisverweigerungsrechte unmittelbar aus der Verfassung 21 2.1.2.2. EMRK 22 2.1.3. Schutz vor sonstigen Ermittlungsmaßnahmen 23 2.1.4. Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung 23 2.1.4.1. § 139 II, III StGB 23 2.1.4.2. Geheimnisverrat nach § 203 StGB 23 2.1.5. Schutzrechte in anderen Verfahrensarten 23 2.2. Schutzrechte vor sonstigen Überwachungsmaßnahmen 24 2.2.1. Bundesgesetzliche Regelungen 24 2.2.2. Polizeirecht der Länder 24 3. Lücken im Schutz vor dem Hintergrund des § 53 StPO 25 4. Gleichmäßiger Schutz der Berufsgeheimnisträger 26 5. Entwurf des BMJ aus 2006 26 5.1. ASP-Entwurf 27 5.2. BMJ-Entwurf 27 5.3. Fazit 28 6. Literaturverzeichnis 29 - 5 - 1. Einleitung 1.1. Verfassungsrechtlicher Hintergrund Auf die Entscheidung des BVerfG aus dem März 2004, die zahlreiche Regelungen zum so genannten großen Lauschangriff für verfassungswidrig erklärte, darunter § 100c III StPO, und dem Gesetzgeber eine Frist von einem Jahr auferlegte, eine neue Regelung zu schaffen, erließ der Bundestag mit Wirkung zum 01.07.2005 neue Vorschriften zur akustischen Wohnraumüberwachung. Probleme in diesem Zusammenhang, aber auch in dem mit anderen so genannten heimlichen Ermittlungsmaßnahmen ergaben sich immer wieder, wenn diese sich gegen Berufsgeheimnisträger i.S.d. § 53 StPO richteten .3 Denn diesen wird im allgemeinen Interesse der Gesellschaft4 und im besonderen Interesse der beteiligten Berufsgeheimnisträger5 und ihrer Mandanten, Klienten oder Patienten das verfassungsrechtlich verbürgte Recht zugestanden6, Informationen aus dem Vertrauensverhältnis nicht zu offenbaren. Grundrechtlich abgesichert ist dieser Schutz explizit bei Abgeordneten des Deutschen Bundestags durch Art. 47 GG, der diese etwa berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern.7 Soweit dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist bei Ihnen auch die Beschlagnahme von Schriftstücken unzulässig. Ansonsten schützt § 53 StPO, wie generell die StPO als „angewandtes Verfassungsrecht“8 die Berufsausübung etwa der Ärzte und Anwälte nach Art. 12 GG. Mit dem Schutz des diesen Berufsverhältnissen zugrunde liegenden Vertrauensverhältnisses wird auch die Berufsausübung selbst geschützt, der Erfolg der beruflichen Tätigkeit im Interesse des einzelnen Grundrechtsträgers und im Interesse der Allgemeinheit sichergestellt. Insofern jedenfalls dient § 53 StPO auch Allgemeininteressen. Ferner geschützt werden die Religionsausübung , Art. 4 GG und die Pressefreiheit nach Art. 5 GG.9 Mit dem Schutz der privaten und persönlichen Geheimnisse und Informationen seitens der beteiligten Patienten, Klienten und Mandanten dient § 53 StPO auch dem Schutz der Persönlichkeitsrechte 3 Vgl. dazu grundlegend die Übersicht bei Alexander Möller, Zeugnisverweigerungsrechte und heimliche Ermittlungsmaßnahmen im Strafprozessrecht – Zur Situation de lege lata, in: Jürgen Wolter /Wolf-Rüdiger Schenke (Hg.) Zeugnisverweigerungsrechte bei (verdeckten) Ermittlungsmaßnahmen , Berlin 2002, S. 325ff. 4 LR-Dahs, § 53, Rn 1, m.w.N. 5 Vgl. etwa Pfeiffer, StPO-Komm., § 53, Rn 1, „in erster Linie das Vertrauensverhältnis“. 6 Vgl. etwa SK-Rogall, vor § 48 StPO, Rn 152. 7 Für diese hat § 53 I S. 1 Nr. 4 damit nur noch deklaratorische Bedeutung, so LR-Dahs, § 53, Rn 41. 8 BVerfGE 32, S. 373, 383; BGHSt 19, S. 325, 330. 9 Vgl. zur Pressefreiheit etwa BVerfGE 36, 193, 204; BVerfG NStZ 1982, S. 253. - 6 - aus Art. 2 I GG i.V.m. Art. 1 I GG. § 53 StPO wird daher auch als einfachgesetzliche Konkretisierung des Schutzes aus den genannten Grundrechten angesehen.10 1.2. Begriffsprobleme Wenn im folgenden davon die Rede ist, § 53 schütze Berufsgeheimnisträger, so ist dies ein durchaus ungenauer Begriff, weil es bei ihrem Wissen, über das sie nach § 53 StPO das Zeugnis verweigern dürfen, nicht etwa nur um Geheimnisse im Sinne des § 203 StGB geht11, der den Geheimnisverrat durch den jeweiligen Berufsangehörigen unter Strafe stellt. Der § 203 StGB ist in seinem Anwendungsbereich auch wesentlich weiter gefasst als § 53 StPO. Er erfasst mehr Berufsgruppen als jene, die nach § 53 StPO das Zeugnis verweigern dürfen, weil sich hier, bei dem Telos des § 53, historisch gewachsene Berufsverhältnisse herausgebildet haben, die als klassisch vertrauensvoll gelten und die auch im Interesse der Allgemeinheit als solche zu schützen sind.12 Über schützenswerte Geheimnisse, die nicht verraten werden dürfen, verfügen jedoch mehr Berufsgruppen. Sie alle diesbezüglich vor dem Zwang zum Zeugnis zu beschützen, bedrohte indes die Strafrechtspflege, weshalb man den Bereich des § 53 StPO nicht weiter auf andere Berufsgruppen ausgedehnt hat.13 Erfasst sind daher von dem Recht zur Zeugnisverweigerung auch solche Informationen, die den Begriff des Geheimnisses nicht erfüllen; entscheidend ist vielmehr all das, was im Vertrauensverhältnis an Wissen weiter gegeben wurde. Sinngemäß treffender ist es daher, von Berufsinformationsträgern und ihrem Schutz zu sprechen. Allerdings hat sich auch im Kontext des § 53 der Begriff vom Berufsgeheimnisträger eingebürgert, daher wird er folgend verwendet. 1.3. „Lücken“14 im Schutz Um das den Berufen zugrunde liegende Vertrauensverhältnis zu schützen, werden durch § 53 StPO die Angehörige der Berufsgruppen, sofern sie als Zeugen vernommen werden, von ihrer Pflicht zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Aussage entlas- 10 Vgl. SK-Rogall, vor § 48, Rn 145. 11 Geheimnisse in diesem Sinn sind Tatsachen, die nur einem beschränkten Personenkreis bekannt sind und an deren Geheimhaltung derjenige, den sie betreffen, ein von seinem Standpunkt aus sachlich begründetes Interesse hat oder bei eigener Kenntnis der Tatsache haben würde. Vgl. Sch/Sch- Lenckner, § 203, Rn 5, m.w.N. 12 Zu dem schon angedeuteten Streit, ob die Norm eher Individual- oder Gemeinschaftsinteresse schütze , ein Streit freilich um des Kaisers Bart, vgl. etwa SK-Rogall, vor § 48 StPO, Rn 144ff. 13 Weil diese mithin in Strafverfahren nicht das Zeugnis verweigern dürfen, löst man die strafprozessual bestehende Pflicht zur Aussage den Tatbestand ausschließend in einer Befugnis nach § 203 I StGB auf, das eventuell bestehende Geheimnis zu offenbaren. Eine Strafbarkeit ist daher immer dann ausgeschlossen, wenn die Person das Geheimnis aufgrund ihrer Zeugenpflichten verraten musste. Ähnlich verhält es sich mit den Aussagenden, die von ihrer Schweigepflicht entbunden sind, auch diese offenbaren ein möglicher Weise bestehendes Geheimnis befugt. 14 Der Begriff der Gesetzeslücke wird hier untechnisch verstanden. Eine rechtstheoretisch echte Gesetzeslücke , die etwa eine zulässige Analogie ermöglichte, kann insofern nicht behauptet werden, als diese durch den Gesetzgeber bewusst gelassen wurde, der sich der Problematik bei Erlass der jeweiligen Befugnisnormen sicher gewesen sein dürfte. - 7 - tet, was in sämtlichen Verfahrensstadien - Ermittlungs-, Zwischen und Hauptverfahren - gilt. Allerdings bezieht sich § 53 StPO nur auf eine offene Vernehmungssituation. Das Recht, das Zeugnis zum Schutze des Vertrauensverhältnisses zu verweigern, kann indes dadurch umgangen werden, indem die Informationen auf anderem Wege als durch die Befragung gewonnen werden, etwa durch heimliche Ermittlungsmaßnahmen wie durch das Abhören der Gespräche, des Telefons, der Wohnung, der Büroräume des Berufsträgers oder durch die Beschlagnahme von Schriftstücken. Um dies zu verhindern, sieht die StPO in bestimmten Normen explizite Einschränkungen der Ermittlungsbefugnisse vor, etwa in den §§ 97 (Beschlagnahme), 98b I S. 7 (Rasterfahndung), 100c VI S. 1 (akustische Wohnraumüberwachung) oder 100h II (Abfrage von Telekommunikationsdaten ) StPO und auch in § 252 StPO (Zeugnisverweigerung in der Hauptverhandlung). Dieser Schutz ist indes in zahlreichen, insbesondere den Normen, die heimliche Ermittlungsmaßnahmen zulassen, nicht vorgesehen. So sind die sonstige Überwachung und Observation der betroffenen Berufsgruppen des § 53 StPO nach § 100f StPO ebenso möglich wie die Überwachung ihrer Telekommunikation (§ 100a StPO) oder die Beschlagnahme ihrer Post (§ 99 StPO), ohne dass das Gesetz insoweit explizite Einschränkungen zu ihrem Schutze und dem ihrer Vertrauensverhältnisse enthielte. Diese werden teilweise aus anderen Normen hergeleitet oder in der strafprozessualen Literatur unter Berufung auf übergeordnete Rechtssätze behauptet. Darauf gehen die folgenden Ausführungen zu den einzelnen Normen teilweise ein. Eine gesetzliche Regelung aber, die den Schutz generell ausdehnte und mit den bereits bestehenden Schutzregeln in Einklang brächte, fehlt indes bis heute. 1.4. Aktueller Referentenentwurf Im November vergangenen Jahres kündigte Justizministerin Zypries auch aus diesem Grund einen Gesetzentwurf an, der den Schutz der in § 53 benannten Berufsgruppen und ihrer Vertrauensverhältnisse stärken und einheitlich regeln solle.15 Insofern sieht ein Referentenentwurf des BMJ in einem neu zu schaffenden § 53b StPO einen besonderen Schutz von Seelsorgern, Strafverteidigern und Abgeordneten durch „umfassende Erhebungs - und Verwertungsverbote bei allen Ermittlungsmaßnahmen“ vor, mit ihrer besonderen verfassungsrechtlichen Stellung begründet wird.16 15 Vgl. dazu auch die Pressemitteilung des BMJ vom 08.11.2006, einzusehen über die Homepage des BMJ. In dieser Erklärung wird durch das BMJ selbst festgestellt, dass es derzeit nur vereinzelte, teilweise Wertungswidersprüche auslösende Regelungen gebe, die bei der Anwendung verdeckter Ermittlungsmaßnahmen zeugnisverweigerungsberechtigte Berufsgeheimnisträger i.S.d. § 53 StPO schützten. Diesen Widersprüchen solle abgeholfen werden. 16 Vgl. die Pressemitteilung unter dem Abschnitt 2, den Anhang und die Ausführungen zum Entwurf am Ende der Ausarbeitung. - 8 - Daneben soll auch der Schutz von Ärzten, Rechtsanwälten, Journalisten und den weiteren Berufsgeheimnisträgern des § 53 verbessert werden, indes nicht so intensiv wie der der oben erwähnten Seelsorger, Verteidiger und Abgeordnete.17 Dies entspricht teilweise bereits bestehender, sogleich zu erläuternder Gesetzeslage, nach der bestimmte der in § 53 StPO genannten Berufsgruppen einen stärkeren Schutz genießen als andere. Der Entwurf wird am Ende noch kurz näher erläutert. 2. Schutzrechte für Berufsgeheimnisträger 2.1. Schutzrechte vor strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen Schutzregeln vor strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen meinen Schutznormen, die speziell vor staatlichen Eingriffen schützen, die zum repressiven Zweck der Verfolgung von Straftaten in sämtlichen Verfahrensstadien eines Strafverfahrens vorgenommen werden können, d.h. insbesondere schon im Ermittlungsverfahren, wenn gegen einen Beschuldigten nur ein Anfangsverdacht einer Straftat besteht, aber auch im Hauptverfahren vor dem Strafgericht, wenn sich der Verdacht schon so erhärtet hat, dass gegen den Beschuldigten dann Anklage durch die Staatsanwaltschaft erhoben wird. Folgend werden zuerst Schutzregeln vor solchen Maßnahmen erörtert. Diese lassen sich zum einen innerhalb der StPO finden, zum anderen aber auch in anderen Gesetzen, teilweise wird auch über Schutzrechte unmittelbar aus der Verfassung nachgedacht. 2.1.1. Schutzrechte innerhalb der StPO Zuerst werden die Schutzregeln innerhalb der StPO beleuchtet, die den Schwerpunkt der Diskussion bilden. 2.1.1.1. §§ 53, 53a – Zeugnisverweigerungsrechte Als zentrale Schutznorm der Berufsgeheimnisträger im gesamten Strafverfahren gelten die §§ 53 und 53a flankiert von einem korrespondierenden Beschlagnahmeverbot in § 97. Beide Normen erlangen freilich nur unmittelbare Geltung bei offenen Ermittlungsmaßnahmen , bei denen die Behörden den Betroffenen auch als solche unmittelbar ge-genübertreten. Die §§ 53, 53a gewähren für die genannten Berufsgeheimnisträger hierbei Zeugnisverweigerungsrechte, die bei Zeugenvernehmungen in allen Verfahrenslagen gelten. Teilweise wird auch in anderen Verfahrensvorschriften auf sie Bezug ge- 17 Vgl. a.a.O., Pressemitteilung, Entwurf und am Ende der Ausarbeitung. - 9 - nommen oder gelten diese Rechte sinngemäß, etwa in der ZPO oder der Abgabenordnung (AO), worauf unten noch kurz eingegangen wird. 2.1.1.1.1. Personelle Begrenzung18 Zur Verweigerung des Zeugnisses sind hiernach berechtigt Geistliche nach Abs. 1 Nr. 1, Verteidiger nach Abs. 1 Nr. 2, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Ärzte und die sonstigen in Abs. 1 Nr. 3 genannten Gruppen, ferner Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes nach Abs. 1 Nr. 3a, Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit nach Abs. 1 Nr. 3b, Mitglieder des Bundestages oder eines Landtages nach Abs. 1 Nr. 419 und Personen , die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen oder Filmberichten berufsmäßig mitwirken nach Abs. 1 Nr. 5. 2.1.1.1.2. Thematische Begrenzung Die Berechtigung, das Zeugnis zu verweigern, trifft für die Berufsgruppen in Nr. 1 bis Nr. 3 b auf dasjenige zu, was ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft anvertraut wurde oder was ihnen bekannt geworden ist.20 Die Mitglieder der gewählten Organe dürfen das Zeugnis über Personen verweigern, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglied dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben sowie über diese Tatsachen selbst. Die in Nr. 5 genannten Personen dürfen das Zeugnis verweigern über die Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, über deren Inhalt und über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand berufsbezogener Wahrnehmungen. Allerdings muss es sich dabei um Beiträge für den redaktionellen Teil handeln. 2.1.1.1.3. Immanente Einschränkungen - Entbindung Die in den Nr. 2 bis 3 b genannten Gruppen dürfen das Zeugnis nach § 53 II nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden wurden. Da die in Nr. 1 genannten Geistlichen hier ausgenommen sind, ist argumentum e 18 Wie schon erwähnt, sind die hier genannten Berufsgruppen abschließend erfasst. Über den dort genannten Kreis hinaus sollen keine weiteren Berufsgruppen von einem Recht zur Zeugnisverweigerung Gebrauch machen können. Dies beruht auf einer Abwägung des gesamtgesellschaftlichen Interesses an dem Schutz von historisch gewachsenen Berufsbildern und den mit ihnen zusammenhängenden Vertrauensverhältnissen mit der ebenfalls im gesellschaftlichen Interesse liegenden so genannten Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege, die freilich durch umfassende Zeugnisverweigerungsrechte eingeschränkt wird. Um diese Einschränkungen der Strafrechtspflege nicht weiter auszudehnen , gelten für die Erweiterung der Berufsgruppen enge Grenzen, die auch der Gesetzgeber beachten muss, der an einer Ausdehnung freilich nicht gehindert wäre. 19 Mit zweiter Kammer meint die Nr. 4 nicht den Bundesrat, sondern Kammern wie die Mitglieder des früheren Bayerischen Senats. Vgl. LR-Dahs, § 53, Rn 41. 20 Dass es auch hierbei nicht nur um Geheimnisse i.S.d. § 203 StGB geht, wurde oben schon gesagt. - 10 - contrario zu schließen, dass sie auch dann das Zeugnis verweigern dürfen, wenn sie von der Vertrauen in Anspruch nehmenden Person entbunden wurden.21 Gleiches gilt für die in Nr. 5 genannten Personen, allerdings mit der Einschränkung des Abs. 2, Satz 2. Hiernach entfällt das Recht zur Zeugnisverweigerung für diese Gruppe über den Inhalt der selbst erarbeiteten Materialien und den Gegenstand der entsprechenden berufsbezogenen Wahrnehmung, wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll und wenn Gegenstand des Untersuchung eine der in Abs. 2 Nr. 1 bis 3 genannten Taten ist, wenn sonst die Ermittlungen des Aufenthaltsort des Beschuldigten oder die Erforschung des Sachverhalts wesentlich erschwert würden. Auch dann aber bleibt nach Abs. 2 Satz 3 noch ein Recht zur Aussageverweigerung, wenn diese zur Offenbarung der Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen oder der ihm im Hinblick auf die Tätigkeit nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 gemachten Mitteilung oder deren Inhalts führen würde . 2.1.1.1.4. Hilfspersonen § 53 a erweitert diesen Schutz für so genannte Hilfspersonen, die Berufshelfer der in § 53 Nr. 1 bis 4 genannten Berufsgruppen. Hierbei ist die Entscheidung über das Recht der Berufshelfer, das Zeugnis zu verweigern, in die Hände der in den Nr. 1 bis 4 genannten Personen gelegt. 2.1.1.1.5. Praktische Folge des Rechts Unmittelbare praktische Folge dieses Rechtes ist in erster Linie, dass die Zeugen, die sich auf ein bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht berufen und von der Pflicht zum Schweigen nicht entbunden sind, dagegen von ihrer Zeugenpflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Aussage22 entbunden sind und daher auch nicht mit den sonst vorgesehenen Zwangsmitteln nach § 70 StPO zu einer Aussage gezwungen werden dürfen . 2.1.1.2. § 252 StPO Ergänzend zu den Zeugnisverweigerungsrechten der §§ 52ff. StPO regelt § 252, dass protokollierte Aussagen von verweigerungsberechtigten Zeugen, die vor der Hauptverhandlung vernommen wurden, hier aussagten und sich dann erst innerhalb der Hauptverhandlung auf ihr Recht zur Zeugnisverweigerung berufen, nicht verlesen werden 21 Dies hängt auch mit ihrer Rolle innerhalb der Kirchen zusammen, die – etwa die kath. Kirche – den Geistlichen die Pflicht auferlegt zu schweigen, selbst wenn der einzelne darauf keinen Wert legt. Vgl. LR-Dahs, § 53, Rn 21, 22. 22 Vgl. dazu K/M-G, vor § 48, Rn 5. Die StPO schaffe diese Pflicht nicht, sondern setze sie als staatsbürgerliche Pflicht voraus. BVerfGE 49, 280, 284. - 11 - dürfen. Dies gilt auch für die Aussagen von Berufsgeheimnisträgern, sofern sie zu dem Zeitpunkt der Aussage bereits unter den Schutz des § 53 fielen, die Eigenschaft als Berufsgeheimnisträger also nicht erst im Nachhinein entstand23. Gleiches gilt freilich für die Vernehmung derjenigen Vernehmungsbeamten, die die Aussagen der Zeugen wiedergeben könnten. Deren Vernehmung ist, um wiederum den Schutz des § 252 nicht zu umgehen, ebenfalls verboten. Eine (strittige) Ausnahme wird allerdings für Richter gemacht, die die fraglichen Zeugen richterlich vernommen und ordnungsgemäß belehrt haben, nicht aber für andere Vernehmungsbeamte.24 2.1.1.3. Ausstrahlungswirkung des § 53 StPO Im Hinblick auf sämtliche andere, folgend zu erläuternde Rechte der StPO, die auf das des § 53 StPO Bezug nehmen, gilt generell: Das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses oder ähnliche Rechte, etwa die Beschränkung der Beschlagnahmebefugnis aus den §§ 94, 97 reichen nur soweit, wie thematisch-gegenständlich das Recht zur Zeugnisverweigerung nach § 53 StPO reicht. Das gilt dann insbesondere für die Beschränkungen der Rechte der Beschlagnahme, aber auch, soweit hier explizit Einschränkungen erfolgen , für die der Maßnahmen zur heimlichen Ermittlung, etwa der Telekommunikationsüberwachung nach §§ 100a ff. oder auch der akustischen Wohnraumüberwachung aus § 100c. 2.1.1.4. § 97 Beschlagnahmefreiheit Um den Schutz des Berufsgeheimnisses und den des es bedingenden Vertrauensverhältnisses zu gewährleisten, sollte freilich verhindert werden, dass das Recht zur Zeugnisverweigerung dadurch umgangen wird, dass man staatlicherseits auf Informationen anders als durch Befragung zugreifen kann. Sonst liefe das Recht gleichsam leer25, was auch und insbesondere für die heimlichen Ermittlungsmaßnahmen noch zu beachten sein wird. 23 Was sich freilich auch unmittelbar aus § 53 ergibt, denn dann ist ihnen die fragliche Information auch nicht in ihrer Eigenschaft als Berufsgeheimnisträger eröffnet worden, weil diese nicht abstrakt besteht, sich vielmehr erst aus dem konkreten Vertrauensverhältnis ergibt. Vgl. dazu auch K/M-G, § 252, Rn 3; OLG Dresden NStZ-RR 1997, 238. 24 Vgl. die Nachweise bei K/M-G, § 252, Rn 13, 14; und neuerdings wieder BGHSt 45, 342, 345. 25 Vgl. so etwa Roxin, Strafverfahrensrecht, 23. Aufl., S. 244; Karl-Heinz Groß, Verteidiger, Abgeordnete und Journalisten als verbotene unfreiwillige Medien zur strafprozessualen Aufklärung, in: StV 1996, S. 559ff. - 12 - Daher können Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, nur nach den §§ 94 I, II, 98 StPO beschlagnahmt werden, wenn sie nicht nach § 97 der Beschlagnahmefreiheit unterliegen. Dies gilt nach § 97 I StPO für die schriftlichen Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und den Personen, die nach § 53 I S. 1 Nr. 1 bis Nr. 3b das Zeugnis verweigern dürfen, für Aufzeichnungen, die die genannten Personen über die ihnen vom Beschuldigten anvertrauten Miteilungen oder über andere Umstände gemacht haben, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt und für andere Gegenstände einschließlich ärztlicher Untersuchungsbefunde, auf die sich das Zeugnisverweigerungs-Recht der Genannten erstreckt.26 Für die Abgeordneten gilt insoweit § 97 Abs. 3, der die Beschlagnahme von Schriftstücken untersagt, soweit eben das Zeugnisverweigerungsrecht reicht, für die in § 53 I Nr. 5 genannten Personen gilt § 97 V. Hiernach ist die Beschlagnahme von Schriftstücken, deren Thematik unter das Zeugnisverweigerungsrecht fällt, und ähnlichem unzulässig. Folgende gruppenspezifische Unterschiede werden gemacht: Für die Gruppen der Nr. 1 bis 3b und Nr. 5 gilt die Beschlagnahmefreiheit nur, sofern sich die Gegenstände in deren oder in dem Gewahrsam der in Frage kommenden Personen 27, Behörden, Anstalten oder anderen Institutionen befinden. Für die Abgeordneten aus Nr. 4 gilt diese Einschränkung nicht28. 2.1.1.4.1. Kollusion- oder Verstrickung mit der Anlasstat Ferner gilt für die Gruppen aus den Nr. 1 bis 3b die für meist so genannten Kollusions - oder Verstrickungsfälle gedachte Einschränkung, dass sie nicht der Teilnahme an der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat, einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig sind. Gleiches gilt, wenn es sich um zu beschlagnahmende Gegenstände handelt, die durch eine Straftat hervorgebracht oder zur Begehung einer Straftat gebraucht oder bestimmt sind oder die aus einer Straftat herrühren. Diese Einschränkung gilt für Abgeordnete nicht, für die in Nr. 5 genannten Personen mit der einschränkenden Maßgabe, dass auch dann, wenn ein Verdacht gegen den Zeugen besteht, die Beschlagnahme nur dann zulässig sein soll, wenn sie unter Berücksichtigung der Grundrechte aus Art. 5 I S. 2 GG nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht 26 Dass damit Mitteilungen Dritter nicht erfasst sind, ist eine Ungereimtheit, die wie so viele diverse Ungereimtheiten hier nicht näher diskutiert werden können. Vgl. aber zu diesem speziellen Problem etwa LR-Schäfer, § 97, Rn 3, 3a. 27 Anders nur beim Verteidiger, für den nach § 148 StPO auch gilt, dass entsprechende Schriftstücke auch dann nicht der Beschlagnahme unterliegen, wenn sie noch nicht in dessen Gewahrsam sind. (vgl. m.w.N. K/M-G, § 97, Rn 37). 28 Dies ist aber umstritten. - 13 - und ferner die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Insofern greift hier zugunsten der Pressefreiheit eine Abwägungsklausel ein, wie sie inzwischen, in dem Referentenentwurf des BMJ, auch für andere Normen angedacht wird.29 Auch für den Fall, dass der geschützte Zeuge selbst im Verdacht einer Verstrickung mit der Anlasstat steht, soll sein Recht zur Zeugnisverweigerung nur umgangen werden können, wenn dies mit dem - ansonsten freilich immer anzuwendenden - Verhältnismäßigkeitsprinzip vereinbar ist. Diese Schrankenschranke hat der Gesetzgeber aber nur für die Pressefreiheit vorgesehen , für die bei den in Nr. 1 bis 3b genannten Gruppen relevanten Grundrechte der Art. 1 I i.V.m. 2 I GG, Art. 4 GG und Art. 12 GG hat er eine solche Einschränkung nicht gemacht. Eine ausnahmsweise Beschlagnahme bei den einer Vertsrickung verdächtigen Abgeordneten ist dagegen nicht möglich, argumentum e contrario aus § 97 Abs. 2 S. 3 und Abs. V S. 2. Dies deshalb, weil diese Personen Immunität genießen und hier erst Ermittlungen möglich sind, nachdem diese formal aufgehoben wurde, was indes die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens voraussetzt. Bloße Verdachtsmomente reichen hier nicht hin.30 Entsprechend denkt auch der Referentenentwurf des BMJ nun stellenweise folgende Veränderung der Ausnahmeregelung an, dass auch im Fall des Verdachts eines Zeugen Beschlagnahmen nur dann möglich sein sollen, wenn hier auch bei den in Nr. 1 bis 3b und Nr. 5 genannten Personen das Ermittlungsverfahren offiziell eingeleitet wurde.31 2.1.1.4.2. Praktische Folge Ergänzend zu § 97 gilt nach § 95 II StPO, dass Personen, die nach §§ 53, 53a das Zeugnis verweigern dürfen, nicht mit den sonst zulässigen Zwangsmitteln nach § 70 StPO dazu gezwungen werden dürfen, beschlagnahmefreie Gegenstände herauszugeben . 29 Vgl. dazu noch weiter unten die Erläuterungen zum Referentenentwurf. 30 So auch KK-Nack, § 97, Rn 26. 31 Vgl. dazu noch weiter unten die Erläuterungen zum Referentenentwurf. - 14 - 2.1.1.4.3. Geltung auch für § 108 § 97 gilt auch für die einstweilige Beschlagnahme nach § 108 I, wenn im Rahmen einer Untersuchung Gegenstände in Wohnungen32 oder bei Personen gefunden werden, so genannte Zufallsfunde, die in einem anderen Verfahren Bedeutung erlangen könnten. 2.1.1.5. § 81c III S. 1 StPO Teilweise vertreten wird, dass für zeugnisverweigerungsberechtigte Personen auch aus §§ 53, 53a StPO das Untersuchungsverbot des § 81 c III S. 1 StPO gelten soll33, was allerdings praktisch kaum relevant ist. Für zeugnisverweigerungsberechtigte Personen nach § 52 wird dies ohne weiteres anerkannt. Für die aus § 53 aber nicht. Zum einen wird systematisch argumentiert, die Sätze 2 und 3 des § 81c III zeigten, dass dieser nur für die zeugnisverweigerungsberechtigten Personen aus § 52 gelten könne.34 Zum anderen wird vertreten, dass § 81c III keinen praktischen Anwendungsfall aufweise und damit schon seinem Sinn nach nicht greifen könne.35 Das Recht des § 81c III bezieht sich auf die Verweigerung von Untersuchungen am Körper, so § 81 c I. Zulässig sind nach § 81c II unter bestimmten Voraussetzungen aber auch Blutentnahmen. Zwecke der Untersuchung sind die Feststellung von Spuren und Tatfolgen. Dazu dürfen auch die Körperöffnungen untersucht werden.36 Dass nun aber auch Berufsgeheimnisträger solchen Maßnahmen unterzogen werden sollten, um nach ihnen anvertrauten Spuren am Körper zu suchen, dürfte nahezu ausgeschlossen, praktisch jedenfalls äußerst selten sein. Denn dass sich an ihrem Körper anvertraute Spuren oder Folgen der Tat befinden sollen, ist nahezu ausgeschlossen.37 Anders verhält es sich freilich bei Angehörigen, bei denen Tatspuren etwa nach Gewalttaten zu finden sein 32 Einer Wohnungsdurchsuchung oder einer Durchsuchung der Person eines Zeugnisverweigerungsberechtigten nach §§ 103, 104 StPO steht diese Eigenschaft nicht entgegen. Sie darf nur nicht zum Zwecke eines nach § 97 StPO beschlagnahmefreien Gegenstandes angeordnet werden. Vgl. etwa K/M-G, § 103, Rn 7. 33 Vgl. K/M-G, § 81c, Rn 23, m.w.N., der dies ablehnt; vgl. auch SK-Rogall, § 81c, Rn 149 m.w.N., der ein solches Recht schon nach dem sinnfälligen Anwendungsbereich der Norm ebenfalls ablehnt; ausdrücklich für ein Verweigerungsrecht auch für den Fall der §§ 53, 53a StPO sind dagegen Suffa, Das Untersuchungsverweigerungsrecht aus § 81c III StPO als Beweiserhebungsverbot, 2003, S. 33ff., 55ff., und Eberhard Schmidt, Nachtrag zum Teil II des Lehrkommentars zur Strafprozessordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz von 1957, S. 11. 34 So etwa AK-Wassermann, § 81c, Rn 15; Rüping, Strafverfahren, Rn 270; Schlüchter, Strafverfahren , Rn 197.1 (Fn 101). 35 So etwa SK-Rogall, a.a.O.; LR-Dahs, § 81c, Rn 37. 36 Vgl. zu den Einzelheiten etwa K/M–G, § 81 c, Rn 16. 37 Vgl. aber Suffa, a.a.O., S. 39ff. - 15 - können, für die § 81 c III S. 1 daher unstreitig gilt. Allerdings zeigt Suffa überzeugend auf, dass hier in - dann absoluten - Ausnahmefällen auch § 81c III StPO greifen kann.38 2.1.1.6. § 148 StPO – Verteidiger/Beschuldigter Für die in § 53 ebenfalls erwähnte Fallgruppe der Verteidiger gewährt § 148 StPO, insoweit es um den Schutz seines Vertrauensverhältnisses zu seinem Mandanten, dem Beschuldigten, vor strafprozessualen Ermittlungen geht, ein weitergehendes Recht. Nach § 148 I StPO ist dem Beschuldigten grundsätzlich das Recht zu gewähren, mit seinem Verteidiger schriftlichen und mündlichen Verkehr zu haben. Damit ist insbesondere der unüberwachte Verkehr gemeint.39 Dieser ist von jeder Behinderung und Erschwernis freigestellt.40 Entsprechend gilt für diesen auch das Verbot der Telefonüberwachung nach § 100a StPO41, gleiches gilt, teilweise freilich schon nach § 97, für die Beschlagnahme von Schriftstücken.42 § 148 StPO erweitert den Schutz der Schriftstücke aber auf jene, die sich noch nicht im Gewahrsam des Verteidigers befinden, so dass etwa auch die Postbeschlagnahme nach § 99 StPO nicht zulässig ist. Von der Überwachung ausgenommen sind hierbei aber nur diejenigen Gespräche zwischen dem Verteidiger und seinem Beschuldigten im konkreten Anlassverfahren. Ansonsten darf der Rechtsanwalt abgehört werden, auch andere Gespräche mit anderen Beschuldigten, wobei der Inhalt dieser Gespräche dann einem Verwertungsverbot unterliegt.43 Dieser Schutz ist – allerdings eingeschränkt44 - auch dann noch zu gewähren, wenn der Verteidiger einer Hehlerei, Begünstigung oder Strafvereitelung verdächtig ist. Nicht mehr indes, wenn er einer echten Teilnahme an der Anlasstat verdächtigt wird. Er gilt im ersten Fall solange, bis er als Verteidiger nach § 138a ff. StPO förmlich ausgeschlossen wird. Dies kann dann freilich aus denselben Gründen der Beteiligung erfolgen, vgl. § 138a I Nr. 1, 3 StPO. 38 Suffa, a.a.O., S. 40, 41. 39 Vgl. etwa BGHSt 33, 347, 349. 40 BGHSt 27, 260, 262. 41 K/M-G, § 148, Rn 2; § 110a, Rn 13; BGHSt 33, 347 = JR 1987, S. 75 m. Anm. Rieß. 42 K/M-G, § 97, Rn 37. 43 K/M-G, § 100a, Rn 13; Rieß, JR 1987, 77. 44 So soll die Beschlagnahmefreiheit aus § 97 StPO dann nicht mehr gelten, weil § 97 II Satz 3 insoweit dann selbst die Beschlagnahme zulässt. Allerdings werden hier bereits gewichtige Anhaltspunkte für eine Beteiligung verlangt. So in BGH NJW 1973, S. 2035. Vgl. auch K/M-G, § 97, Rn 38; BGHSt 33, 347, 351ff. Dies ist insgesamt aber umstritten. Das Verbot der Telefonüberwachung nach § 100a StPO soll indes auch für den Fall des Beteiligungsverdachts weiterhin, d.h. bis zu einem förmlichen Ausschluss als Verteidiger gelten. Vgl. dazu K/M-G, § 100a, Rn 13, m.w.N. - 16 - Schließlich gilt in Verfahren nach § 129a StGB die Einschränkung der Verteidigerrechte nach § 148 II StPO. 2.1.1.7. § 98a StPO Rasterfahndung Die Problematik des Datenabgleichs nach § 98a ist mit der des § 81c III vergleichbar. Ob und inwieweit Berufsgeheimnisträger im Hinblick auf die ihnen anvertrauten Kenntnisse bei dem Datenabgleich zu schützen sind, scheint ein praktisch schwer erdenklicher Fall zu sein. Über § 98b Abs. 1 Satz 7 gilt zudem § 97 StPO entsprechend auch für die Maßnahmen nach § 98a, mithin auch der Schutz der Berufsgeheimnisträger.45 2.1.1.8. § 99 StPO Postbeschlagnahme Im Gegensatz zum Beschlagnahmeverbot des § 97 StPO für Gegenstände, die sich im Gewahrsam der Berufsgeheimnisträger befinden, erlaubt § 99 StPO die Beschlagnahme von Post, die sich noch nicht in deren Gewahrsam, sondern gleichsam noch „auf der Post“ befindet. Der Zugriff von Ermittlungsbehörden auf dem Postwege ist daher zulässig , auch wenn es sich um Informationen handelt, die einem Zeugnisverweigerungsrecht unterliegen. Die Möglichkeit der Postbeschlagnahme auch bei Dritten, also auch bei Berufsgeheimnisträgern eröffnet § 99 Satz 2 StPO. Hiernach ist eine Beschlagnahme von Post und Telegrammen zulässig, wenn aus Tatsachen zu schließen ist, dass sie von dem Beschuldigten herrühren oder für ihn bestimmt sind. Als Ausnahme ist bislang nur der eben geschilderte Schutz der Post des Verteidigers aus § 148 StPO anerkannt.46 Für sich allein aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergebende Grenzen bei der Beschlagnahme von Post von und an Abgeordnete und Journalisten tritt Groß47, für die bei Abgeordneten etwa Amelung ein, der sich insoweit auf § 97 III stützt.48 45 Vgl. dazu auch Edda Weßlau, Die Berücksichtigung von Zeugnisverweigerungsrechten bei Maßnahmen nach den §§ 98a, 99, 110a StPO, in: Wolter/Schenke, a.a.O., S. 39ff. 46 Vgl. etwa K/M-G, § 99, Rn 12a, wobei auch hier wieder die Einschränkung des Tatverdachts der Beteiligung gilt. 47 Vgl. denselben, a.a.O., StV 1996, S. 565. 48 AK-Amelung, § 99, Rn 9 - 17 - 2.1.1.9. § 100a StPO Nicht expressis verbis geregelt und immer wieder Gegenstand von Streitigkeiten ist die Frage, inwieweit die Telekommunikation von Berufsgeheimnisträgern überwacht werden darf.49 Hier herrscht insoweit nur die geschilderte Einigkeit, dass dies bei Verteidigern mit Blick auf § 148 StPO nicht geschehen darf. Insoweit bei einer an sich zulässigen Überwachung des Rechtsanwalts50 nach § 100a Informationen gewonnen werden , die unmittelbar ein Verteidigungsverhältnis betreffen, wird ein Verwertungsverbot angenommen.51 Eine Ausnahme soll indes für den Fall gelten, dass der Verteidiger einer echten Teilnahme an der Anlasstat verdächtig ist.52 Erst dann liegen auch in seiner Person die Anforderungen des § 100a StPO vor. Das Verwertungsverbot bleibt aber bestehen , wenn dieser nur einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist. Anderes ließe sich nur über eine entsprechende Anwendung der Kollusionsregel des § 97 II S. 3 StPO ermöglichen, die aber nicht greife.53 Insoweit endet der Schutz erst mit seinem offiziellen Ausschluss als Verteidiger gemäß § 138a StPO. Ansonsten dürfen jedenfalls mangels gesetzlicher Beschränkungen uneingeschränkt auch die Telefone von Personen abgehört werden, die nach den §§ 52ff. das Zeugnis verweigern dürfen.54 Dagegen richten sich insbesondere in Bezug auf Geheimnisträger nach §§ 53, 53a Stimmen in der Literatur.55 Im Hinblick auf Abgeordnete des Deutschen Bundestages lässt sich in Art. 47 GG nur das Verbot der Beschlagnahme und die Zeugnisverweigerung finden, das Überwachen der Telekommunikation ist allein dadurch nicht ausgeschlossen. Nach Nack soll indes die Telefonüberwachung bei Abgeordneten nur zulässig sein, wenn sie selbst Beschuldigte sind.56 Beachtet man jedoch den Sinn des § 97, der vor allem darin besteht, das Zeugnisverweigerungsrecht nicht zu umgehen57, ist fraglich, ob man dessen Einschränkung nicht 49 Vgl. dazu Groß, a.a.O., StV 1996, S. 563. 50 Vgl. aber EGMR StV 1998, S. 683, m. Anm. Kühne, a.a.O., S. 686. 51 BGHSt 33, 347, 350; bestätigt durch BGH NStZ 1989, S. 30. 52 BGHSt 33, 347, 351ff. m. Anm. Welp, NStZ 1986, S. 294 und Rieß, JR 1987, S. 77; KK-Nack, § 100a, Rn 30; a.A. aber K/M-G, § 100a, Rn 13; SK-Rudolphi, § 100a, Rn 19. 53 Eine analoge Anwendung der Kollusionsregeln aus § 97 II S. 3 sei nicht möglich, weil es an einer vergleichbaren Sachlage fehle. So BGHSt 33, 347, 350. § 97 treffe nur den schriftlichen Verkehr, § 148 schütze aber den mündlichen Verkehr, der durch § 100a betroffen ist, absolut. Die Ausnahmen des § 97 seien daher nicht zu übertragen. 54 LG Frankfurt NJW 1996, 1008 zu Angehörigen der Presse. Eine Überwachung sei zulässig, weil § 100a keine speziellen Schutzvorschriften vorsehe. 55 KK-Nack, § 100a, Rn 31; Kühne StV 1998, S. 686 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR. 56 KK-Nack, § 100a, Rn 32; anders aber beispielsweise und unter Bezugnahme auf Art. 47 GG Groß, a.a.O., StV 1996, S. 563. 57 Von Dünnebier ist der Satz überliefert: Denn was der Mund nicht zu offenbaren braucht, darf auch der Hand nicht entrissen werden. Zitiert nach LR-Schäfer, § 97, Rn 1. - 18 - auch auf § 100a StPO übertragen muß. Hier gibt es daher in der Literatur Vorschläge, die Beschränkungen des § 97 analog auch auf die Befugnisse nach § 100a StPO auszuweiten .58 Dagegen wird jedoch eingewendet, dass es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle, also an einer Voraussetzung einer Analogie, weil der Gesetzgeber den § 100a StPO in Kenntnis der Schutzlücke stets unverändert gelassen habe.59 Aus der neueren Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 I, II EMRK wird abgeleitet, dass § 100a StPO als Ermächtigungsgrundlage zum Abhören von Rechtsanwälten nicht ausreiche , diese Norm vielmehr mit Blick auf Art. 8 I EMRK die Voraussetzungen für einen Eingriff präziser regeln müsse.60 Neuerdings wird indes auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum so genannten Großen Lauschangriff61 und zu der partiellen Verfassungswidrigkeit der akustischen (repressiven) Wohnraumüberwachung gefolgert, dass nicht nur die akustische Wohnraumüberwachung bei bestimmten Berufsgeheimnisträgern unzulässig sei62, für deren Schutz der Gesetzgeber schon vor der Entscheidung ein Verbot der Überwachung in § 100d III StPO normiert hatte, sondern auch die Überwachung der Telekommunikation nach § 100a StPO.63 In der Tat scheint es vor dem Hintergrund der Ratio des § 53 widersprüchlich, das Abhören der Gespräche in der Wohnung zu verbieten , das Abhören der Gespräche am Telefon aber zu erlauben.64 Dies, wie auch sonst alles gilt freilich nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes , was regelmäßig erfordert, dass das Interesse an der Strafverfolgung das verfassungsrechtlich geschützte Interesse an dem Vertrauensschutz überwiege, was, wenn es daran fehlt, im Einzelfall die Anordnung rechtswidrig werden lassen kann.65 58 KK-Nack, § 100a, Rn 31; Rudolphi, FS für Schaffstein, S. 433, 445. 59 So Karl-Heinz Groß, a.a.O., StV 1996, S. 563, 564. 60 Vgl. zum ganzen EGMR StV 1998, S. 683, m. Anm. Kühne a.a.O., S. 686, der insoweit eine neue Regelung auch für das Abhören von Rechtsanwälten für erforderlich hält. 61 BVerfG NJW 2004, S. 999ff. 62 BVerfG NJW 2004, S. 1006, wobei der Verfassungsgericht gleichsam im Rahmen eines obiter dictums sogleich die Einschränkung macht, dass offen bleiben könne, ob das absolute Erhebungsverbot alle Berufsgruppen des § 53 erfassen müsse, der Gesetzgeber aber nicht gehindert sei, bestimmte Vertrauensverhältnisse einem besonderen Schutz zu unterstellen. Vgl. a.a.O., S. 1006. 63 So wohl Leutheusser-Schnarrenberger, Verfassungsrechtliche Schranken des Großen Lauschangriffs , in: DuD 2005, S. 323ff.; kritisch dazu aber explizit der Referentenentwurf des BMJ in seiner Begründung, unter: Allgemeines, S. 46. 64 Insofern ließe sich allenfalls das gerne gebräuchliche Argument heranziehen, dass auch bei der Hörfalle und ähnlichen Institutionen immer wieder genannt wird, dass man sich, sobald man telefoniere, eben nicht mehr im Rahmen der absoluten Privatsphäre bewege, sondern sich mit seiner Kommunikation gleichsam entäußere und in den quasi-öffentlichen Raum des öffentlichen Fernsprechnetzes begebe. Hierbei ende dann auch der absolute Anspruch, dass niemand mithöre. 65 Vgl. etwa Groß, a.a.O., StV 1996, S. 563, nach dem es ansonsten Einschränkungen des § 100a zugunsten der Berufsgeheimnisträger nach § 53 nicht gebe. Groß weist aber zugleich darauf hin, dass - 19 - 2.1.1.10. § 100f StPO - Observation, Abhören, etc. Nach § 100f I dürfen außerhalb von Wohnungen folgende technische Mittel eingesetzt werden: Bildaufnahmen und sonstige besondere für Observationszwecke bestimmte technische Mittel zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Aufenthaltsermittlung des Beschuldigten, wie etwa Alarmkoffer, Bewegungsmelder, Nachtsichtgeräte und Peilsender 66 oder die Videoobservation67. Nach den Voraussetzungen des Abs. II darf das außerhalb von Wohnungen nichtöffentliche gesprochene Wort abgehört und aufgezeichnet werden. Diese Maßnahmen dürfen sich in Ausnahmefällen nach Abs. III auch gegen andere Personen als den Beschuldigten richten, also auch gegen die Berufsgeheimnisträger aus § 53. Einschränkungen sind hierbei nicht vorgesehen. Insofern gelten hier wiederum die schon genannten Rechte der Verteidiger nach § 148 StPO. Auch außerhalb der Wohnräume dürfen daher Verteidigergespräche etwa auf dem Gerichtsflur oder in der Haftzelle nicht abgehört werden.68 Auch bei verstrickten Verteidigern sollen im Hinblick auf § 148 StPO Ausnahmen hier wie bei der Überwachung der Telekommunikation nach § 100a StPO erst dann zulässig sein, wenn es sich um einen erhärteten Beteiligungsverdacht handelt.69 Welche Regeln hier für die Überwachung von anderen Berufsgruppen des § 53 gelten sollen, ist im Einzelnen streitig und nicht normiert. Teilweise wird überlegt, die Einschränkung der akustischen Wohnraumüberwachung auch auf die Überwachung nach § 100f auszudehnen70. 2.1.1.11. § 100c VI S. 1 StPO – akustische Wohnraumüberwachung Der damaligen verbliebenen Sensibilität für den Grundrechtsschutz dürfte es zu verdanken gewesen sein, dass der Gesetzgeber schon zur Regelung des so genannten Großen Lauschangriffs mit § 100d III eine Vorschrift erlassen hatte, die das repressive Abhören der Räume von Berufsgeheimnisträgern als Beweiserhebungsverbot absolut aus- die Grenze der Verhältnismäßigkeit nicht ausreiche und fordert daher eine gesetzliche Regelung, die auch Abgeordnete und Journalisten schützt. 66 Vgl. K/M-G, § 100c a.F., Rn 2; Hilger NStZ 1992, S. 461, Fn 89. 67 BGH StV 1998, S. 169. 68 Vgl. KK-Nack, § 100c a.F., Rn 30. 69 So KK-Nack, § 100c a.F., Rn 27, mit Bezug auf BGHSt 33, 347, 351, wo der mündliche Verkehr mit dem Verteidiger dem absoluten Schutz des § 148 StPO unterstellt wird. 70 Vgl. KK-Nack, § 100c a.F., Rn 31, 32, 33. - 20 - geschlossen hat.71 Diese Regelung ist durch das Verfassungsgericht auch nicht bemängelt und daher wortgleich in § 100c IV übernommen worden. Ausnahmen galten und gelten wiederum nur für den Fall der Verstrickung des Geheimnisträgers, also für den Fall, dass der Berufsgeheimnisträger einer Beteiligung oder einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist.72 Ferner ist der Schutz der Berufsgehilfen aus § 53a StPO nach § 100c VI S. 2 eingeschränkt und unter eine Abwägungsklausel gestellt .73 2.1.1.12. § 100 h II74 Telekommunikationsdaten In § 100h II StPO ist die Befugnis zur Abfrage von Telekommunikationsverbindungsdaten nach § 100g I StPO im Hinblick auf diejenigen der Berufsgeheimnisträger aus § 53 I S. 1 Nr. 1, 2 und 4 eingeschränkt, soweit das Recht zur Zeugnisverweigerung reicht. Gemeint sind Verbindungsdaten nach § 100g III StPO. Unzulässig ist in den genannten Fällen des § 53 die Abfrage der Verbindungen, die von dem oder zu dem zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten hergestellt wurden. Diese Abfrage könnte also Informationen darüber betreffen, wann ein Beschuldigter von welchem Apparat aus einen Berufsgeheimnisträger angerufen hat. Insofern kommt diesen Anrufen im Rahmen der Ermittlungen allenfalls Indizwirkung zu. In Fällen, in denen die Daten dennoch, entgegen dem Erhebungsverbot, erlangt wurden, ist ihre Verwertung nach Abs. II Satz 1 2. HS ausdrücklich unzulässig. Als Ausnahme vom Schutz gelten wiederum nach § 100h II Satz 2 Fälle, in denen die zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten einer Teilnahme oder einer Begünstigung , Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig sind.75 Auffällt, dass hier explizit nur die Berufsgruppen der Verteidiger, der Geistlichen und der Abgeordneten geschützt sind. Insofern irritiert die Beschränkung und die Differenz zu § 100a StPO, der insoweit 71 Vgl. die Nachweise bei KK-Nack, § 100c, Rn 23; ursprünglich seien nur Verteidiger, Geistliche und Abgeordnete vom Schutz erfasst, diese auch nicht ausdrücklich erwähnt worden, weil sich deren Schutz ohnehin aus der Verfassung ergebe. Auf Empfehlung des Rechtsausschusses seien dann sämtliche Berufsgruppen und auch die Personengruppen der §§ 52 und 53a aufgenommen worden. 72 Insofern entstünde ein Widerspruch, wenn einerseits die Telefonüberwachung des Anwalts nur für den Fall eines erhärteten Beteiligungsverdachts an der Tat entgegen § 148 zulässig sein soll, eine akustische Überwachung seiner Büroräume dagegen schon bei einem bloßen Hehlereiverdacht. Daher muß wiederum § 148 für den Verteidiger die Wohnraumüberwachung auch bei anderweitigem Verstrickungsverdacht ausschließen. Ein Widerspruch besteht insofern aber auch schon im Vergleich zur Beschlagnahme nach § 97. Hier soll auch der Verdacht der Hehlerei, Begünstigung oder Strafvereitelung zur Beschlagnahme von Schriftstücken auch entgegen § 148 StPO ausreichen. Vgl. etwa K/M-G, § 97, Rn 38; BGHSt 33, 347, 351ff. m.w.N. 73 Kritisch dazu Momsen ZRP 1998, S. 461; Duttge JZ 1999, S. 263. 74 Die Norm hat Gültigkeit bis zum 31.12.2007. 75 Für den Verteidiger muss indes wieder die Sonderregel des § 148 StPO gelten. - 21 - zwar viel weitergehende Möglichkeiten der Überwachung eröffnet, gleichwohl überhaupt keine ausdrücklichen Einschränkungen enthält.76 2.1.1.13. Sonstige Maßnahmen nach der StPO Für sonstige Ermittlungsmaßnahmen gelten keinerlei explizite Einschränkungen. Insofern sind etwa Maßnahmen nach §§ 111 (Kontrollstellen), 163b (Identitätsfeststellung), 163d-f (Datenspeicherung, Ausschreibung zur Beobachtung, Anordnung der Beobachtung ), oder Standardmaßnahmen nach den §§ 160, 163 StPO unbeschränkt auch gegen Berufsgeheimnisträger als Zeugen möglich. Der Einsatz von V-Leuten steht indes spätestens seit der Entscheidung des BVerfG zur Befragung von Angehörigen, die nach § 52 das Zeugnis verweigern dürfen, unter dem Verdacht der Unzulässigkeit77, jedenfalls, sofern gezielt gefragt wird, um das Zeugnisverweigerungsrecht zu umgehen. Dann sei ein Verstoß gegen das Prinzip des fairen Verfahrens gegeben, weil der in verschiedenen Vorschriften des Strafverfahrensrechts garantierte Schutz eines Angehörigenverhältnisses in seinem Kernbestand zu den rechtsstaatlich unverzichtbaren Erfordernissen eines fairen Verfahrens zähle.78 Dies könnte, was das BVerfG aber offen gelassen hat, dann ein Verwertungsverbot zur Folge haben, mit der praktischen Folge eines Verbots der Vernehmung des V-Mannes, jedenfalls aber eines Verbots der Verwertung dessen, was er über das Gespräch mit dem Angehörigen nach § 52 besprochen hat79. Gleiches kann freilich auch für eine Umgehung des Zeugnisverweigerungsrechtes nach § 53 StPO gelten . Im Hinblick auf Erkenntnisse, die ein V-Mann ohne gezielte Umgehung der Zeugnisverweigerungsrechte erlangt, bestehen indes keine Bedenken.80 2.1.2. Schutzrechte vor strafprozessualen Maßnahmen außerhalb der StPO 2.1.2.1. Zeugnisverweigerungsrechte unmittelbar aus der Verfassung Verfassungsunmittelbar gewährt, wie bereits ausgeführt, Art. 47 GG den Abgeordneten des Deutschen Bundestages ein umfassendes Verweigerungsrecht, was einfachgesetzlich seinen geschilderten Niederschlag gefunden hat. 76 So gesehen auch durch das BMJ, vgl. etwa die Begründung zum Referentenentwurf und schon der Auftrag der früheren Justizministerin Däubler-Gmelin für ein entsprechendes Gutachten, in Wolter /Schenke, Zeugnisverweigerungsrechte bei (verdeckten) Ermittlungsmaßnahmen, Berlin 2002, S. V. 77 Vgl. BVerfG NStZ 2000, S. 489f., m. zust. Anm. Rogall, a.a.O., S. 490ff. 78 BVerfG, a.a.O., S. 490. 79 Vgl. BVerfG, a.a.O., S. 490. 80 Vgl. BVerfG, a.a.O., und auch die Anm. von Rogall, a.a.O. - 22 - Sonstige verfassungsunmittelbare Rechte sind streitig, vom Verfassungsgericht aber schon angenommen worden.81 Allerdings, so das Bundesverfassungsgericht, im Hinblick auf die schon geschilderte klare Begrenzung der Gruppen aus § 53 StPO und eben mit Rücksicht auf die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege nur in geringem Maß.82 Es hat eine Erweiterung des Personenkreises der Berufsangehörigen des § 53 daher auch nur im Einzelfall zugelassen, eine generelle Ausdehnung auf Berufsgruppen qua Verfassung aber für nicht erforderlich gehalten. So soll sich aus Art. 5 I S. 2 GG einzelfallbezogen ein Zeugnisverweigerungsrecht der Presseangehörigen ergeben können.83 Aus Artt. 1, 2 I GG sollten Zeugnisverweigerungsrechte für Angehörige der sozialen Berufe herleitbar sein.84 Diese Entwicklung verfassungsunmittelbarer Rechte hat vor allem eine methodische Kritik erfahren85, relevant für die hier aufgeworfene Fragestellung ist die Rechtsprechung aber nicht. Einfachgesetzlich regelt § 43 DRiG, gleichsam berufsgruppenerweiternd, für den Inhalt richterlicher Beratungen auch ein Zeugnisverweigerungsrecht, das aber kaum praktische Relevanz haben dürfte. Gleiches gilt nach Art. 38 GG für das Wahlgeheimnis und für entsprechende Vorschriften der Länderverfassungen86. 2.1.2.2. EMRK Auch die EMRK enthält keine expliziten Regelungen zum Schutz von Berufsgeheimnisträgern insbesondere in Strafverfahren. Insofern wäre allenfalls über Art. 6 I und III c EMRK wieder auf das Recht des Beschuldigten auf eine unüberwachte Verteidigung zurückzukommen. Neuerdings ist aufgrund der erwähnten Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 I, II EMRK aber das Recht auf Privatsphäre auch bei Anwälten in der Diskussion , dass sich aufgrund dieses Artikels das Erfordernis einer klaren nationalstaatlichen Regelung zur Überwachung von Kanzleien stelle. Dem werde § 100a StPO womöglich nicht gerecht.87 81 Vgl. SK-Rogall, vor § 48, Rn 152ff.; vgl. auch die Übersicht bei Baier, Strafprozessuale Zeugnisverweigerungsrechte außerhalb der StPO, S. 197ff. 82 Vgl. BVerfGE 33, 374, 375, 383. 83 BVerfGE 25, 296, 305; 38, 103, 105. 84 BVerfGE 36, 193, 211. 85 Vgl. die Nachweise bei SK-Rogall, vor § 48, Rn 153, 154. 86 Vgl. dazu die Nach- und Verweise bei K/M-G, vor § 48, Rn 9. 87 Vgl. EGMR StV 1998, S. 683, m. Anm. Kühne, a.a.O., S. 686 und dazu auch den Passus bei Würtenberger /Schenke, Der Schutz von Vertrauensverhältnissen im Polizeirecht der Länder, in: Wolter /Schenke (Hg.), Zeugnisverweigerungsrechte bei (verdeckten) Ermittlungsmaßnahmen, Berlin 2002, S. 303ff., 303. - 23 - 2.1.3. Schutz vor sonstigen Ermittlungsmaßnahmen Als sonstige Ermittlungsmaßnahmen kommen etwa Anfragen nach § 12 FAG88 oder nach §§ 12, 21ff. des Gesetzes über die Bundespolizei (BPolG) als originär der Strafverfolgung dienende Maßnahmen in Betracht. Insofern sieht lediglich § 22 III BPolG eine Beschränkung des Fragerechtes im Hinblick auf die Rechte des § 53 StPO vor. Ebenfalls kommen Überwachungsmaßnahmen nach § 18 I, III S. 1 und 3 BKAG oder dem Gesetz zu Artikel 10 (G-10) in Betracht, deren Ergebnisse unter den entsprechenden Voraussetzungen auch für die Verfolgung von Straftaten verwendet werden können. Beschränkungen im Hinblick auf Berufsgeheimnisträger finden sich auch hier keine. 2.1.4. Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung 2.1.4.1. § 139 II, III StGB Daneben regelt etwa § 139 II, III StGB Fälle, in denen Informationsträger Kenntnisse, die andere nach § 138 StGB an Behörden weiter geben müssten, verschweigen dürfen, ohne dafür im Sinne des § 138 StGB strafrechtlich belangt werden zu können. § 139 II StGB nimmt Geistliche von der Aussagepflicht komplett aus. § 139 III nimmt insofern Rechtsanwälte, Verteidiger und Ärzte von der Pflicht zur Anzeige aus, wenn sie sich ernsthaft bemühen, den Mandanten oder Patienten von einer geplanten Tat des § 138 StGB abzuhalten. Hier besteht dann, selbst wenn das Bemühen erfolglos bleibt, keine Pflicht zur Anzeige. Die Ausnahmen sind in § 139 III Nr. 1 bis 3 geregelt. 2.1.4.2. Geheimnisverrat nach § 203 StGB Im Hinblick auf den möglichen Geheimnisverrat nach § 203 StGB, sofern die offenbarten Informationen denn den Geheimnisbegriff des § 203 I StGB erfüllen, wirkt zum einen die Entbindung durch den Beschuldigten als Befugnis zur Offenbarung und damit bereits als den Tatbestand ausschließend89, zum anderen aber auch das Fehlen des Verweigerungsrechts nach § 53.90 2.1.5. Schutzrechte in anderen Verfahrensarten Im Recht der Ordnungswidrigkeiten gelten die Ermittlungsbefugnisse der StPO teilweise , freilich unter Einschränkung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, analog, vgl. dazu 88 Vgl. die Entscheidung des LG Frankfurt/Main, NJW 1996, S. 1008f. hierzu. Einschränkungen der Befugnis im Hinblick auf Berufsgeheimnisträger bestünden keine, so das LG Frankfurt. 89 Vgl. Sch/Sch-Lenckner, § 203, Rn 22ff. 90 Sch/Sch-Lenckner, a.a.O. - 24 - § 46 I, II OWiG. Entsprechend gelten hier auch die Einschränkungen des § 53 und die oben genannten, soweit überhaupt entsprechende Ermittlungsbefugnisse gegeben sind; vgl. § 46 II OWiG. Im Zivilprozess gewährt § 383 ZPO teilweise ähnliche Zeugnisverweigerungsrechte wie die aus § 53 StPO aus beruflichen Gründen. Für die Finanzgerichtsbarkeit kennt §§ 84 I FGO, der auf die Abgabenordnung verweist, und im Steuerrecht § 102 AO Rechte der Zeugnisverweigerung aus beruflichen Gründen. Gleiches regelt § 35 III SGB I für die Sozialgerichtsbarkeit. Im allgemeinen Verwaltungsverfahren verweist § 65 II BVerwVfG auf § 383 ZPO, für die Verwaltungsgerichtsordnung verweist § 98 VwGO für die Beweisaufnahme auf die Vorschriften der ZPO. 2.2. Schutzrechte vor sonstigen Überwachungsmaßnahmen 2.2.1. Bundesgesetzliche Regelungen Als sonstige, nicht der Strafverfolgung dienende Maßnahmen, die die Berufsgeheimnisträger aus § 53 StPO betreffen können, kommen etwa Maßnahmen nach dem BND- Gesetz, nach § 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes oder nach dem Gesetz über den MAD in Betracht. Insofern sind hier Schutznormen für die Berufsgeheimnisträger, die bestimmte Maßnahmen verhindern oder einschränken, nicht gegeben. 2.2.2. Polizeirecht der Länder Als sonstige Überwachungsmaßnahmen kommen vor allem Befugnisse der Polizeien der Länder in Betracht. Insofern ist indes keinerlei Gesetzgebungskompetenz des Bundes gegeben. Eine Übersicht über die Schutzrechte für Berufsgeheimnisträger im Polizeirecht der Länder, die jedenfalls in der polizeirechtlichen Literatur91, wohl auch in der Wahrnehmung des polizeirechtlichen Kontextes insgesamt keine Rolle spielen92, bieten in Folge der Ausarbeitungen des genannten ASP etwa Christoph Gusy93, Josef Ruthig94 und Thomas Würtenberger gemeinsam mit Ralf Schenke95 an. Schutzregelungen für Berufsgeheimnisträger finden sich hier, in den Ermächtigungsnormen der Länderpolizeigesetze , vor allem bei den Regeln der Befragung und der Vorladung96 und vereinzelt 91 So Würtenberger/Ralf Schenke, Der Schutz von Vertrauensverhältnissen im Polizeirecht der Länder , in: Wolter/Schenke, a.a.O., S. 303ff. 92 Vgl. die Kritik des BVerfG in BVerfGE 100, S. 313ff. 93 Ders., Der Schutz von Vertrauensverhältnissen im Polizeirecht unter besonderer Berücksichtigung der Zeugnisverweigerungsrechte, in: Wolter/Schenke, a.a.O., S. 135ff, 149ff. 94 Ders., Der Schutz von Vertrauensverhältnissen im Polizeirecht, in: Wolter/Schenke, a.a.O., S. 247ff. 95 Würtenberger/Schenke, Der Schutz von Vertrauensverhältnissen im Polizeirecht der Länder, in: Wolter/Schenke, a.a.O., S. 303ff. 96 Nachweise bei Gusy, a.a.O., S. 140ff., m.w.N. - 25 - auch bei der heimlichen Informationserhebung97, wobei hier teilweise auf § 53 StPO explizit Bezug genommen wird.98 Eine stärkere Beachtung der Schutzrechte der Berufsgeheimnisträger auch bei der Ausgestaltung und Umsetzung präventiver Eingriffsbefugnisse mahnt neuerdings das Bundesverfassungsgericht an.99 Ebenso lassen sich Judikate der Landesverfassungsgerichte finden, die gleiches tun.100 3. Lücken im Schutz vor dem Hintergrund des § 53 StPO Ob in der Gemengelage der genannten Normen dann de lege lata Schutzlücken bestehen , ist eine Wertungsfrage de lege ferenda, der sich der Wissenschaftliche Dienst enthält , weil es darauf zumindest keine wertfrei-objektive, sondern nur eine politischmoralisch wertende Antwort gibt. Vor dem Hintergrund der oben schon angesprochenen rechtstheoretischen Frage nach Lücken muss konstatiert werden, dass der Gesetzgeber sich wohl des fehlenden gesonderten Schutzes der Berufsgeheimnisträger weitgehend bewusst war, er diesen fehlenden Schutz aber zumindest hingenommen, eventuell auch so gewollt hat. Zu prüfen wäre das freilich in jedem Einzelfall. Konstatiert werden können allenfalls Abstufungen, hier und da auch Widersprüchlichkeiten im Schutz, wobei es für jeden Widerspruch prima facie auch meist Erklärungen gibt. Bemerkenswert ist etwa der Schutz des § 100h II für die dort genannten Gruppen vor der Abfrage von Telekommunikationsdaten im Vergleich zu der den Ermittlungsbehörden ansonsten schrankenlos gewährten Befugnis zur Überwachung der Telekommunikation nach § 100a StPO. Die Lückenfrage ließe sich im übrigen nicht nur in Bezug auf die Befugnisse der Ermittlungs - und Überwachungsbehörden stellen, sondern etwa auch auf den illustren Kreis der Berufe übertragen, womit zu fragen wäre, ob nicht weitere Berufsgruppen von § 53 erfasst werden sollten. Die Grünen haben daneben auch eine thematische Schutzlücke im Bereich der Presseangehörigen entdeckt und schon vor längerer Zeit einen entsprechenden Gesetzesentwurf verfasst.101 97 Nachweise bei Gusy, a.a.O., S. 144ff. 98 Nachweise bei Gusy, Verfassungsfragen bei Zeugnisverweigerungsrechten im Polizeirecht, in: Wolter /Schenke, a.a.O., S. 149ff., 152f. 99 BVerfGE 100, 313ff., 358, 365, 367, 386ff., 398. 100 Vgl. die Nachweise bei Würtenberger/Schenke, a.a.O., S. 303, in Fn 2. 101 Ebenso der Bundesrat, vgl. zu den beiden Entwürfen in LR-Dahs, § 53, Einleitung, Stichwort: Geplante Änderungen. - 26 - 4. Gleichmäßiger Schutz der Berufsgeheimnisträger Dadurch, dass der Schutz der Berufsgruppen aus § 53 sonst in Einzelbefugnissen kaum explizit erwähnt wird, lässt sich ein Ungleichgewicht im Schutz normativ nur im Hinblick auf § 100h II feststellen, der die Geistlichen, die Verteidiger und die Abgeordneten heraushebt.102 Diese Ungleichbehandlung ließe sich verfassungsrechtlich so begründen , dass sich der verstärkte Schutz der Berufsgruppe der Verteidiger, der Geistlichen und der Abgeordneten aus den Grundrechten und den bedeutenden Funktionen dieser Berufsgruppen ergebe, wobei der Verteidiger noch die geschilderte, über das Recht des § 148 StPO vermittelte Sonderrolle einnimmt. Letzteres wird gerne mit der fundamentalen Bedeutung der Strafverteidigung für den Rechtsstaat und seine Strafrechtspflege begründet.103 Dagegen ließe sich aber mit gleichem Recht auch auf die herausgehobene Stellung der Presse verweisen, die durch Art. 5 GG geschützt wird, und die eine bedeutende Kontrollfunktion in der Demokratie wahrnehme.104 Dem hat sich aber z.B. der Referentenentwurf des BMJ nicht angeschlossen. Auch in diesem wird, insoweit unter Bezug auf das Bundesverfassungsgericht105 und dessen Ausführungen zur betroffenen Menschenwürde, nur dem Verhältnis zwischen Beschuldigten und Verteidiger und dem zwischen Seelsorger und der betroffenen Person eine herausragende Stellung zugesprochen, die aus Sicht des BMJ ein umfassendes Erhebungs- und Verwertungsverbot in diesen Fällen begründe.106 Gleiches solle für das BMJ mit Blick auf Art. 47 GG nur noch für Abgeordnete gelten. Für alle anderen Berufsgeheimnisträger wird der Schutz schwächer ausgestaltet. 5. Entwurf des BMJ aus 2006 Auf den Vorschlag des Arbeitskreises Strafprozessrecht und Polizeirecht (ASP) bei dem Mannheimer Institut für deutsches und europäisches Strafprozessrecht und Polizeirecht (ISP) zu einer einheitlichen Gesetzgebung zugunsten des Schutzes der Vertrauensverhältnisse der in § 53 genannten Berufsgruppen aus dem Jahr 2002107, der auf ei- 102 Inwiefern hier praktische Ungleichbehandlungen, d.h. in der Praxis der Strafverfolgungsbehörden und ihrer Maßnahmen erkennbar sind, ist wohl nicht festzustellen. 103 Eine weitere Ausnahme gilt aufgrund der Immunitätsregeln freilich für die Abgeordneten und ihren Schutz auch bei Verstrickungsverdacht. 104 Vgl. so etwa eindringlich Karl-Heinz Groß, a.a.O., StV 1996, S. 560, 561. 105 BVerfGE 109 279ff. 106 Vgl. Begründung des Entwurfs unter: Allgemeines, S. 54. 107 Vgl. Wolter/Schenke, Zeugnisverweigerungsrechte bei (verdeckten) Ermittlungsmaßnahmen, 2002, S. 3ff. - 27 - nen Auftrag der damaligen BM´in der Justiz Däubler-Gmelin hin erarbeitet wurde, hat das BMJ inzwischen im November 2006 einen Referentenentwurf zum verbesserten Schutz der Berufsgeheimnisträger vor heimlichen Ermittlungsmaßnahmen erarbeitet und dem Kabinett vorgelegt. 5.1. ASP-Entwurf Dieser weicht von den Vorschlägen des beauftragten Arbeitskreises indes in einigen Punkten ab. Der Arbeitskreis hatte 2002 vorgeschlagen, einen § 53b StPO zu verabschieden , der die Berufsgruppen des § 53 I S. 1 Nr. 2, 4 und 5 im Hinblick auf Ermittlungsmaßnahmen nach den §§ 99, 100a, 100c, 100g, 110a, 163b, 163d bis 163f absolut schützt.108 Diesbezüglich sollten die genannten heimlichen wie offenen Ermittlungsmaßnahmen ausgeschlossen sein, also Beweiserhebungsverbote gelten.109 Gleichwohl erlangte Erkenntnisse sollten nicht zu Lasten des Beschuldigten110 verwertet werden können. Zugunsten der anderen Berufsgruppen aus § 53 I S. 1 Nr. 1, 3 bis 3b und zugunsten der Berufshelfer aus § 53a sollten Erkenntnisse, die aus einer der oben bezeichneten Maßnahmen gewonnen wurden, nicht zu Lasten des Beschuldigten verwertbar sein. Eingeschränkt werden sollte dieser Schutz, wie bislang partiell und, wie gezeigt, nicht einheitlich gehandhabt, nur bei Kollusionsverdacht. 5.2. BMJ-Entwurf Daran orientiert, aber den Schutz nicht in der breiten Form umsetzen will der neue Entwurf des BMJ von 2006.111 Dieser will die Berufsgruppen der § 53 I S. 1 Nr. 1, 2 und 4 StPO (Geistliche, Verteidiger und Abgeordnete) von allen strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen ausnehmen, wenn durch sie voraussichtlich Erkenntnisse erlangt würden, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte. Unter dieser Einschränkung gilt gleichsam ein Beweiserhe- 108 Insofern zeigt sich auch hier, dass den Angehörigen der Presse ein größerer Schutz als den Geistlichen eingeräumt wird. 109 Vgl. E zu § 53b, Wolter/Schenke (Hg.), a.a.O., S. 3. 110 Insofern fällt die Neuerung ins Auge, dass zugunsten des Beschuldigten die gewonnenen Erkenntisse , e contrario argumentiert, verwertbar seien. 111 Vgl. den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG, S. 9ff. - 28 - bungsverbot. Dennoch erlangte Kenntnisse dürfen im Strafverfahren nicht verwertet werden.112 Für die Gruppen der Nr. 3 bis 3b und 5 (Anwälte, Ärzte, Therapeuten, Beratende und Journalisten) des § 53 I S. 1 soll nach dem BMJ-Entwurf kein generelles Verwertungsverbot Platz greifen, sondern nur eine Abwägungsklausel. Maßnahmen gegen diese Personen seien unter Bezug auf Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte entweder zu unterlassen oder zu beschränken. Ebenso soll es sich mit der Verwertung von Erkenntnissen verhalten. Diese Gedanken seien auf die Berufshelfer aus § 53a entsprechend anzuwenden. Der Entwurf enthält in seinen Kollusionsregeln eine Neuerung parat, dass die Regeln nicht anzuwenden seien, wenn gegen die Zeugnisverweigerungsberechtigte Person explizit und formell ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beteiligung, der Begünstigung, der Strafvereitelung oder Hehlerei eingeleitet sei. Unberührt blieben die weitergehenden Schutzregelungen der Normen der §§ 97, 100c Abs. 6, wobei § 97 freilich der veränderten Rechtslage des § 53b angepasst wird. 5.3. Fazit Abschließend lässt sich daher sagen, dass der neue Entwurf des § 53b, den das BMJ vorgelegt hat, einem rechtspolitischen Bedürfnis nach einer kohärenten und umfassenden Schutzregelung der Berufsgruppen des § 53 StPO in einer Weise Rechnung trägt, wie man ihn, zumindest für den Bereich der Strafverfolgung, bislang durchaus vermissen konnte. Beurteilungen darüber, wie intensiv der Schutz auszugestalten sei, welche Berufsgruppen im Einzelnen hiervon wie stark erfasst werden müssten, sind nicht Gegenstand dieser Ausarbeitung. 112 Also auch nicht, wie es der ASP-E zuließe, zugunsten des Beschuldigten oder Angeklagten. - 29 - 6. Literaturverzeichnis - Kommentare - Karlsruher Kommentar zur StPO, 4. Auflage, München 1999 (zitiert: KK-Bearbeiter, ) - Kleinknecht/Meyer Goßner, Kommentar zur StPO, 45. Aufl., München 2001 (zitiert: K/M-G, ) - Löwe-Rosenberg, Kommentar zur StPO, § 53, 25. Aufl. (Stand 1998), Berlin/New- York (zitiert: LR-Dahs) - Pfeiffer, Kommentar zur StPO, 3. Aufl. München 2001 - Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 26. Aufl. München 2001 (zitiert Sch/Sch- Bearbeiter, ) - Systematischer Kommentar zur StPO, vor § 48, § 53, 41. Lieferung, Stand Dezember 2004 (zitiert: SK-Bearbeiter, ) - Monographien - Baier Helmut, Strafprozessuale Zeugnisverweigerungsrechte außerhalb der Strafprozeßordnung als Ergänzung der §§ 52ff. StPO, Frankfurt/Main u.a. 1996. - Roxin, Claus, Strafverfahrensrecht, 23. Aufl., München 1993. - Suffa, Beatrix, Das Untersuchungsverweigerungsrecht aus § 81c Abs. 3 StPO als Beweiserhebungsverbot , Frankfurt/Main u.a. 2003. - Sammelband - Jürgen Wolter/Wolf-Rüdiger Schenke (Hg.), Zeugnisverweigerungsrechte bei (verdeckten ) Ermittlungsmaßnahmen, Berlin 2002. - Aufsätze - 30 - - Groß, Karl-Heinz, Abgeordnete und Journalisten als verbotene unfreiwillige Medien zur strafprozessualen Aufklärung, in: Strafverteidiger 1996, S. 559ff. - Gusy, Christoph, Der Schutz von Vertrauensverhältnissen im Polizeirecht unter besonderer Berücksichtigung der Zeugnisverweigerungsrechte, in: Wolter/Schenke, a.a.O., S. 135ff. - ders., Verfassungsfragen bei Zeugnisverweigerungsrechten im Polizeirecht, in: Wolter /Schenke, a.a.O., S. 149ff. - Weßlau, Edda, Die Berücksichtigung von Zeugnisverweigerungsrechten bei Maßnahmen nach den §§ 98a, 99, 110a StPO, in: Wolter/Schenke, a.a.O., S. 39ff. - Würtenberger, Thomas/Schenke, Ralf, Der Schutz von Vertrauensverhältnissen im Polizeirecht der Länder, in: Wolter/Schenke, a.a.O., S. 303ff. - Zöller, Mark Alexander, Zeugnisverweigerungsrechte und heimliche Ermittlungsmaßnahmen im Strafprozessrecht – Zur Situation de lege lata, in: Wolter/Schenke, a.a.O., S. 325ff.