Die Rechtsproblematik in Hinblick auf Namensrechte an einer Internet-Domain - Ausarbeitung - © 2006 Deutscher Bundestag WD 7 - 303/06 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Rechtmäßigkeit einer Vermittlungsgebühr für den Verkauf einer Internet-Domain Sachstand WD 7 - 303/06 Abschluss der Arbeit: 30. November 2006 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. Inhalt 1. Verfahren zur Registrierung von .de-Domains 3 2. Stellung der DENIC bei Domainstreitigkeiten 3 3. Rechtmäßigkeit des Verkaufs einer Domain und die Möglichkeit die Rechte an einer Domain im Weg einer Klage geltend zu machen 4 3.1. Domainbezeichnung als „Namen“ im Sinne von § 12 BGB 4 3.2. Geltendmachung eines „besseren Rechts“ unter Durchbrechung des Prioritätsprinzips 5 3.3. Rechtswidrigkeit von „Domain-Grabbing“ 6 3.4. Fazit 7 - 3 - 1. Verfahren zur Registrierung von .de-Domains Da im Internet jede Domain nur einmal registriert werden kann - sonst wäre die eindeutige Zuordnung zu den IP-Adressen nicht mehr gegeben -, braucht jede Top Level Domain eine zentrale Registrierungsstelle, bei der alle Daten zentral zusammenlaufen. Die Top Level Domains (TLDs) sind die höchste Hierarchiestufe im internationalen Domain Name System. Man unterscheidet dabei zwischen allgemeinen oder generischen TLDs (gTLDs) wie beispielsweise .com, .net und .org und länderbezogenen TLDs (den ccTLDs für country code) wie .de (für Deutschland) oder .ch (für die Schweiz). Die DENIC (der Name leitet sich von DEutsches Network Information Center ab) Domain Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft eG ist die Registrierungsstelle für Domains unterhalb der Top Level Domain .de, d. h. sie verwaltet alle Domains mit der Endung .de. Die DENIC ermöglicht damit die Nutzung einer Ressource, die für die Funktion des Internets von hervorgehobener Bedeutung ist. Die DENIC ist eine eingetragene Genossenschaft , die 1997 gegründet wurde und ihren Sitz in Frankfurt am Main hat. Mitglied der DENIC kann jeder werden, der für Dritte Domains unterhalb von .de. Die DENIC arbeitet auf einer not-for-profit-Basis und erfüllt ihre Aufgaben nach den anerkannten internationalen Richtlinien für die Domainverwaltung zum Nutzen der gesamten deutschen Internet Gemeinschaft. Diese Verwaltung ist in hohem Maße technisch geprägt und besteht im Wesentlichen aus drei Aufgabenbereichen: dem automatischen elektronischen Registrierungssystem, dem Betrieb der Domain-Datenbank und dem Nameserverdienst für die .de-Zone. In den DENIC-Datenbanken ist folglich eingetragen, welche Domains schon registriert sind, wer der Domaininhaber ist und nicht zuletzt, auf welchem Rechner die entsprechenden Dienste zu finden sind, die mit der Domain verknüpft sind. Die wichtigsten Daten über die Domain und den Inhaber sowie die weiteren Ansprechpartner in administrativer und technischer Hinsicht sind über eine öffentliche Auskunftsmöglichkeit, die „whois-Abfrage“, allgemein zugänglich. Die Informationen über die den .de-Domains zugehörigen Rechneradressen werden auf so genannten Nameservern rund um die Uhr im Internet weltweit verfügbar gemacht. Denn nur so können die Dienste wie E-Mail oder Webauftritt auch tatsächlich von überall her erreicht und genutzt werden. 2. Stellung der DENIC bei Domainstreitigkeiten Die Anzahl der Domainstreitigkeiten ist, gemessen an der Gesamtzahl der registrierten .de-Domains, sehr gering und bewegt sich im unteren einstelligen Promillebereich. Das bedeutet jedoch nicht, dass es nicht zu Problemen kommen kann, denn genau wie die reale Welt ist auch das Internet kein "streitfreier" Raum. Ebenso wenig ist es ein "rechtsfreier" Raum: Mit den gleichen Gesetzen und Regeln, mit denen Namenskonflik- - 4 - te außerhalb des Internets entschieden werden, werden auch die Domainstreitigkeiten gelöst. Die DENIC hält sich aus Streitigkeiten um Domains jedoch vorwiegend heraus. Eine inhaltliche oder rechtliche Prüfung von Domains durch die DENIC findet nicht statt, da die Verantwortung für etwaige Rechtsverletzungen allein beim jeweiligen Domaininhaber liegt. Diese Rechtsauffassung hat im Mai 2001 auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung in Sachen „ambiente.de“1 ausdrücklich bestätigt. Erst wenn die Auseinandersetzung um eine Domain endgültig abgeschlossen ist, insbesondere durch ein rechtskräftiges Hauptsacheurteil gegen den Domaininhaber, greift die DENIC ein. Nur für den Fall, dass ein Rechtsverstoß offensichtlich und für jedermann erkennbar ist, haftet auch die Domainvergabestelle, die DENIC Genossenschaft. Mit Hilfe des DISPUTE-Eintrags wird aber dem Anspruchssteller, der sich durch eine Domain in seinen Rechten verletzt fühlt, eine wertvolle Hilfe durch die DENIC geboten. Dieser Eintrag macht es dem Domaininhaber unmöglich, die streitbefangene Domain auf einen Dritten zu übertragen. Außerdem wird der DISPUTE-Inhaber automatisch neuer Domaininhaber, wenn der bisherige Inhaber die Domain aufgibt. Außerdem ist es durch die „whois-Abfrage“ möglich herauszufinden, wer Inhaber einer Domain und damit der richtige Adressat im Falle einer Rechtsverletzung ist. 3. Rechtmäßigkeit des Verkaufs einer Domain und die Möglichkeit die Rechte an einer Domain im Weg einer Klage geltend zu machen Die DENIC registriert die Domains nach dem Prioritätsprinzip: "First come, first served ". Für einen Bewerber einer Domain dessen gewünschte Domain bereits vergeben ist besteht zunächst die Möglichkeit, eine andere Bezeichnung für die Domain zu verwenden oder sich beim Domaininhaber, den man über die „whois Datenbenk“ herausfinden kann, zu erkundigen, ob und ggf. unter welchen Bedingungen er die Domain überträgt. Unter Umständen können einem Bewerber auch zivilrechtliche Ansprüche gegen den Domain-Inhaber zustehen. Vorraussetzung ist jedoch, dass die zivilrechtlichen Institute auf Internet-Domains übertragbar sind. 3.1. Domainbezeichnung als „Namen“ im Sinne von § 12 BGB2 Fraglich ist ob es bei einer Domainbezeichnung um einen „Namen“ im Sinne des § 12 BGB handelt und somit evtl. Ansprüche gegen einen gemäß des Prioritätsprinzips vorrangig eingetragenen Benutzer geltend gemacht werden können. Im technischen Sinne 1 Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Mai 2001 - I ZR 216/99, GRUR 2001, 1038-1042. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vom 02.01.2002 (BGBl I 2002, 42, 2909), zuletzt geändert durch Art. 11 Gesetz vom 5.9.2006 I 2098. - 5 - handelt es sich bei den Domainbezeichnungen zwar nicht um Namen, da sie nicht einem bestimmten Namensträger zugeordnet sind. Vielmehr handelt es sich um die Adresse des angerufenen Computers, auf dem der Adressat seine Homepage abgelegt hat. Diese Adresse besteht in einer bestimmten Nummernfolge (sog. IP-Nummer, für: Internet Protocol ), welche naturgemäß selten an die Einprägsamkeit eines aus Buchstaben zusammengefügten Namens heranreichen kann. Die Nummernkombinationen wurden folglich in Buchstaben "übersetzt". Eine solche rein technische Betrachtungsweise ließe jedoch die nicht zu übersehende Tatsache außer Acht, dass der durchschnittliche Internetanwender die Domain regelmäßig gedanklich mit dem Anbieter eines Web-Angebotes in Verbindung bringt. Denn wer das Internet für Selbstdarstellungszwecke nutzen möchte, wird i.d.R. unter einer die Identität mit dem eigenem Namen oder Kennzeichen wahrenden Domain werben. Dies ist auch die gängige Praxis. Aber auch der erfahrene Nutzer wird sich für gewöhnlich weder über die "dahinterstehende " IP-Nummer Vorstellungen machen, noch über den Umstand, dass er eigentlich mit einem externen Computer, nicht etwa mit den Kommunikationseinrichtungen des Anbieters in Kontakt tritt. Folgerichtig handelt es sich bei den Domain-Namen in der Tat um namensähnliche Kennzeichen, denen - zumindest mittelbar - Namensfunktion zukommen kann.3 3.2. Geltendmachung eines „besseren Rechts“ unter Durchbrechung des Prioritätsprinzips Der Kauf und Verkauf von Domains ist juristisch grundsätzlich zulässig, solange dabei nicht Rechte Dritter verletzt werden. Dabei ist zu unterscheiden ob es sich bei dem Namen der Domain um einen Gattungsbegriff oder um einen Eigennamen handelt. Während im Bereich der Allgemein- oder Gattungsbegriffe strikt am Prioritätsprinzip festgehalten wird, kommt es im Bereich der Eigennamen zu einer teilweisen Durchbrechung des Prinzips. Der Verkauf einer Domain ist immer dann juristisch bedenklich, wenn ein Dritter ein "besseres Recht" an dem Domain-Namen hat als der Domain- Inhaber selbst. Als ein solches "besseres Recht" kommen dabei Marken, Namen, geschäftliche Bezeichnungen oder andere Kennzeichnungsrechte in Betracht. Haben Dritte kein "besseres Recht" an dem Domain-Namen, so ist der Kauf und Verkauf aus juristischer Sicht unbedenklich. Der Domain-Handel konzentriert sich deshalb fast ausschließlich auf solche Domains, die nicht schutzfähige Bezeichnungen enthalten. 3 OLG München, Urteil vom 23.09.1999, GRUR 2000, 518, 519 sowie Palandt, Kommentar zum BGB, 65. Aufl., 2006 § 12 Rdn. 10. - 6 - Es handelt sich hierbei im Regelfall um allgemein beschreibende Begriffe wie reise.de, sozial. de, spass.com oder segeln.net. Unbedenklich ist es natürlich auch, wenn ein Herr Mayer die Domain mayer.de an die Mayer + Co. GmbH verkauft. Wer einen fremden Namen als Domain registriert, läuft Gefahr damit Namensrechte nach § 12 BGB zu verletzen. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine kommerzielle Nutzung gewollt ist oder dem „Lieblingsstar“ lediglich ein Online-„Denkmal“ gesetzt werden soll. Im Einzelfall können sogar Namensbestandteile von Prominenten, wie Vornamen (boris.de)4, unter den Schutz des § 12 BGB fallen, wenn diesen ein besonderer, eigenständiger Bekanntheitsgrad zukommt. Zusätzlich muss die (unbefugte) Nutzung eine Namensanmaßung oder -leugnung darstellen und in schutzwürdige Interessen des Berechtigten eingreifen. Unter Nutzung wird in diesem Zusammenhang auch schon das Reservieren einer Domain ohne anschließende Nutzung erachtet.5 Wer eine Domain also reserviere, die den Namen eines anderen trage, bestreite dessen Recht zum Gebrauch des Namens. Selbst bei Gleichnamigkeit kann die „Berühmtheit“ des Namensvetters in Ausnahmefällen dazu führen, dass die Domain im Streitfalle freigegeben werden muss (shell.de)6. Da hilft es auch nicht, bei der Registrierung schneller als der prominente Namensträger gewesen zu sein. Der Prioritätsgrundsatz gilt hier also nicht uneingeschränkt . Allerdings gibt es nicht per se ein „besseres“ Recht für Prominente (guenter-jauch.com II)7. Wer dennoch nicht darauf verzichten will, eine „promi.de- Domain“ sein eigen zu nennen, sollte sich zuvor jedenfalls mit dem Namensträger in Verbindung setzen und sich die Registrierung genehmigen lassen. Dieser Umstand macht es für den Einzelnen erforderlich, vor der Registrierung und Nutzung eines Domainnamens umfassend zu recherchieren, ob mit diesem Namen nicht höhere Schutzrechte Dritter verletzt werden und sich gegebenenfalls über einen Markenantrag beim Deutschen Patentamt weitreichenden Namens- und Kennzeichenschutz zu sichern. Auf diese Weise können die durch die weltweite Verbreitung der Internetangebote geradezu vorprogrammierten Probleme größtenteils vermieden werden. 3.3. Rechtswidrigkeit von „Domain-Grabbing“ Prinzipiell ist der Verkauf von Domains zulässig, es sei denn ein Dritter hat wie beschrieben ein „besseres Recht zum Besitz. Grundsätzlich unzulässig sind Fälle des sogenannten „Domain Grabbings“. "Domain - Grabbing" bezeichnet das Handeln mit Domains, an denen keine eigenen Namens- oder Markenrechte bestehen und die keine 4 LG München, Urteil vom 24.10.200, 26 O 20103/00. 5 LG Lüneburg, Urteil vom 29.01.1997, WM 1997, 1452; LG Frankfurt a. M., Urteil vom 3.3.1997, BB 1997, 1120. 6 Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.11.2001, I ZR 138/99, WRP 2002, 694-700. 7 OLG Köln, Urteil vom 27. November 2001, 15 U 108 und 109/01. - 7 - Gattungsbezeichnungen sind, in der Absicht der Erzielung von Gewinnen. Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass eine reservierte Domain in einer Domain - Börse oder direkt gegenüber einem Inhaber von Namens- oder Markenrechten angeboten wird. Auf diese Weise wird der Träger des Namens (in Form einer Firma, Marke oder Geschäftsbezeichnung ) dazu veranlasst, sich das Recht zur Benutzung als Domain - Name zu erkaufen . Die Rechtsprechung geht übereinstimmend davon aus, dass "Domain - Grabbing " sittenwidrig und damit rechtswidrig ist.8 Allerdings ist allein der Umstand, dass sich jemand eine Vielzahl von Domains reserviert, noch kein Indiz für Domain – Grabbing . In jedem Einzelfall ist zu prüfen, ob Rechte Dritter durch eine bestimmte Reservierung beeinträchtigt werden. Betroffene können in zivilrechtlicher Hinsicht mit Unterlassungs - und Schadensersatzansprüchen gegen den "Domain - Grabber" vorgehen. Ein Anspruch kann sich aus einer Verletzung von § 823 Abs. 1 BGB ("sonstiges Recht") oder aus § 826 BGB ergeben. 3.4. Fazit Ist jemand der Auffassung, dass ihm an einer Domain ein besseres Recht als dem derzeitigen Domain-Inhaber zustehe, so empfiehlt es sich zunächst, einen Dispute-Antrag über die DENIC zu stellen. Die Domain kann so auf keinen Dritten weiterveräußert werden und im Falle eines „Freigebens“ der Domain fällt diese automatisch dem Inhaber des Dispute-Antrags zu. Wenn man tatsächlich zu dem Ergebnis kommt, die Domain stehe eigentlich einem selber zu, muss man sich mit dem Domaininhaber auseinandersetzen und - notfalls auf dem Rechtsweg - versuchen, ihn zur Freigabe der Domain zu bewegen. Der Kläger müsste eine Unterlassungsklage anstreben, die es dem Domain-Inhaber untersagt, weiterhin die Domain unter dem gegenwärtigen Namen zu führen. Hilfsweise sollte auch die Einwilligung in die Löschung der Domain gegenüber dem Vergabeinstitut verlangt werden Wie bereits oben dargestellt wurde tendiert die Rechtsprechung bei Domainstreitigkeiten dazu, die Domain dem tatsächlichen Namensinhaber und bei gleichnamigen Personen eher dem berühmteren Streitpartner zuzusprechen . Allerdings ist jeder Einzelfall gesondert zu betrachten und von einer pauschalen Lösungsmöglichkeit abzusehen. Abschließend ist anzumerken, dass dem Berechtigten gegenüber dem nichtberechtigten Inhaber einer Domain kein Anspruch auf Überschreibung sondern nur ein Anspruch auf Löschung des Domain-Namens zusteht.9 Ein weiterer Weg, die gewünschte Domain zu erhalten, führt über einen Vermittler, der Kontakt zum Domain-Inhaber aufnimmt. Solche Dienstleistungen bietet unter anderen auch die Domain-Handelsplattform Sedo (www.sedo.de) an. Deren Domain- 8 LG Frankfurt/Main, Urteil vom 10.2.1998 - 2/14 O 412/97; LG Braunschweig, Urteil vom 5.8.1997 - 9 O 188/97. 9 Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.11.2001, I ZR 138/99, WRP 2002, 694-700. - 8 - Vermittlungsservice arbeitet daran, verloren gegangene Domains den ursprünglichen Inhabern schnell wieder zurückzubringen oder gewünschte Domains erstmals zu vermitteln . Gegen die von diesen Handelsplattformen aufgeworfenen Vermittlungsgebühren ist rechtlich nichts einzuwenden. Der Service verspricht jedoch keine Erfolgsgarantie. Die Vermittlungsgebühr fällt in jedem Fall (auch bei Misserfolg) an.