Grenzen der zulässigen Werbung gegenüber Jugendlichen im Internet - Ausarbeitung - © 2006 Deutscher Bundestag WD 7 - 302/06 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasserinnen: Werbung gegenüber Jugendlichen im Internet Ausarbeitung WD 7 - 302/06 Abschluss der Arbeit: 11. Dezember 2006 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Rechtliche Beurteilung (unlauterer) Internetangebote mit plakativer Geschenkwerbung gegenüber Jugendlichen 3 2.1. EU- rechtliche Vorgaben 3 2.2. Unlauterkeit nach dem UWG 4 2.2.1. § 4 Nr. 2 UWG – Schutz der Jugendlichen 5 2.2.2. § 4 Nr. 4 UWG – Verkaufsfördermaßnahmen wie Geschenke 5 2.2.3. § 4 Nr. 5 UWG – Werbung mit Preisausschreiben und Gewinnspielen 6 2.3. Rechtsfolgen der Unlauterkeit einer Internetwerbung nach dem UWG 6 2.4. Recht zur Vertragsauflösung – de lege lata oder de lege ferenda 7 3. Strafbarkeit irreführender Werbung 8 3.1. Geltende Regelungen 8 3.2. Weitere gesetzliche Initiativen 8 - 3 - 1. Einleitung Unter „Lockvogelwerbung“ versteht man verschiedene Erscheinungsformen irreführender Werbung: entweder die Preiswerbung für Waren, die nicht oder nur in unzureichender Menge zur Verfügung stehen oder die Vortäuschung eines preisgünstigen Gesamtsortiments durch Preiswerbung für besonders günstige Einzelwaren.1 Werden Jugendliche durch Irreführung zu Vertragsabschlüssen verleitet, handelt es sich wohl eher um ein übertriebenes Anlocken, das von dem Begriff „Lockvogelwerbung“ oder „Lockvogelangebot “ nicht erfasst ist. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)2, das Ahndungsmöglichkeiten gegen das sog. Transparenzgebot zum Gegenstand hat, wurde im Jahr 2004 novelliert. Seitdem enthält es einen nicht abschließenden Beispielskatalog unlauterer Wettbewerbshandlungen (§§ 4 bis 7 UWG). 2. Rechtliche Beurteilung (unlauterer) Internetangebote mit plakativer Geschenkwerbung gegenüber Jugendlichen 2.1. EU- rechtliche Vorgaben Maßstab für die Beurteilung der Lauterkeit einer Wettbewerbshandlung war für die Rechtsprechung früher ein Durchschnittsverbraucher, der sich leicht beeinflussen lässt und stets aus Anstandsgefühl Kaufverträge abschließt. Infolge europäischer Bestrebungen zur Vereinheitlichung des verbraucherschützenden Lauterkeitsrechts3 geht die Rechtsprechung allerdings inzwischen von einem durchschnittlich informierten, angemessen verständigen und rational handelnden Verbraucher aus. Auch durch die Aufhebung der Zugabeverordnung4 und des Rabattgesetzes5 sind heute viele der Angebote zulässig, die noch in den 90er Jahren als unlauter angesehen wurden. Bestimmte Formen der Wertereklame, d.h. Vergünstigungen zu Werbezwecken, waren früher nach der Zugabeverordnung und dem Rabattgesetz grundsätzlich unzulässig. Die Aufhebung dieser Regelungen und die Veränderung des Verbraucherleitbildes haben aber dazu geführt, dass Wertereklame in viel weiterem Umfang freigestellt wurde, so dass auch besonders wertvolle Zuwendungen nicht ohne weiteres zur Unlauterkeit der 1 Harte-Bavendamm, Henning/ Henning-Bodewig, Frauke, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), Kommentar, München 2004, § 5 Rn. 587. 2 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004 (BGBl I S. 1414), zuletzt geändert durch Artikel 165 des Gesetzes vom 19. April 2006 (BGBl I S. 866). 3 Zur Terminologie vgl. Weiler, Frank, Ein lauterkeitsrechtliches Vertragslösungsrecht des Verbrauchers ?, in: Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP) 2003, S. 423 ff. (423). 4 Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz der Wirtschaft – Erster Teil – Zugabewesen, Zugabeverordnung vom 9. März 1932 (RGBl I 1932 S. 121), gültig bis 24.07.2001. 5 Rabattgesetz vom 25. November 1933 (RGBl I 1933 S. 1011), gültig bis 24.07.2001. - 4 - Werbemaßnahme führen. Entscheidend ist, ob die Werbung bei einem verständigen Verbraucher die Rationalität seiner Entscheidung vollständig in den Hintergrund treten lässt. Das wird nur ausnahmsweise angenommen und kann auch nur anhand der Umstände eines konkreten Einzelfallangebots ermittelt werden. Geschenke und andere geldwerte Zuwendungen sind wichtige Mittel zur Förderung des Warenabsatzes. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie unabhängig von einem entgeltlichen Geschäft gewährt werden. Werbung mit Geschenken ist heute grundsätzlich zulässig , sofern keine besonderen Umstände die Unlauterkeit begründen. Solche besonderen Umstände ergeben sich unter anderem aus unzureichenden Informationen, Irreführungen oder Preisverschleierungen. Auch Rabatte sind inzwischen grundsätzlich erlaubt, es sei denn, sie sind geeignet, den Kunden in seiner Entschließung so intensiv zu beeinflussen, dass nicht mehr Qualität und Preis, sondern die durch den Rabatt gewährte Vergünstigung für die Kaufentschließung bestimmend ist. Die Anlockwirkung als solche, die von einem günstigen Angebot ausgeht, ist erwünschte Folge des Wettbewerbs. Unsachlich wird sie erst, wenn das Angebot so gestaltet ist, dass der Kunde von ihm gewissermaßen magnetisch angezogen wird und seine Entscheidung rational nicht mehr nachvollziehbar ist. Wann dieses der Fall ist, hängt wiederum von den Gesamtumständen des Einzelfalles ab. Anders verhält es sich allerdings, wenn sich die Wettbewerbshandlung an besonders schutzwürdige Gruppen richtet. Dazu gehören auch Jugendliche. Diese werden aufgrund ihrer geschäftlichen Unerfahrenheit leichter irregeführt oder getäuscht als der Durchschnittsverbraucher. 2.2. Unlauterkeit nach dem UWG Die zentrale Regelung für unlautere Wettbewerbshandlungen enthält § 3 UWG: „Unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, sind unzulässig.“ Diese Vorschrift zielt allgemein auf die Bewahrung der Lauterkeit des Wettbewerbs im Markt, setzt aber nicht Grenzen der Vertragsgestaltung zwischen einzelnen Vertragsparteien .6 Einen enumerativen, nicht abschließenden Katalog unlauterer Wettbewerbshandlungen enthält § 4 UWG. Hinsichtlich der an Jugendliche gerichteten Internetwerbung, 6 Piper, Henning/ Ohly, Ansgar, UWG, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, mit Preisangabenverordnung , Kommentar, 4. Aufl., München 2006, § 3, Rn. 59. - 5 - unter Umständen verbunden mit dem Inaussichtstellen von Geschenken, kommen aus diesem Katalog insbesondere drei Tatbestände in Betracht: 2.2.1. § 4 Nr. 2 UWG – Schutz der Jugendlichen Unlauter handelt gemäß § 4 Nr. 2 UWG insbesondere, wer „Wettbewerbshandlungen vornimmt, die geeignet sind, die geschäftliche Unerfahrenheit insbesondere von Kindern oder Jugendlichen, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen;“ Die Regelung unterwirft Werbemaßnahmen für besonders schutzwürdige Verbraucherstrengeren Anforderungen als sonst üblich. Ausdrücklich genannt sind Kinder und Jugendliche . Zum einen setzt § 4 Nr. 2 UWG das Ausnutzen einer besonderen Situation des Verbrauchers voraus. Hierunter ist Handeln in Kenntnis der Ausnahmesituation des Umworbenen und gezieltes Gebrauchmachen von dieser Kenntnis zu verstehen, um den vom Werbenden angestrebten wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen.7 Wendet sich ein Angebot ausdrücklich an Jugendliche mit dem Ziel des Zustandekommens eines Absatzgeschäfts , so liegt ein solches Ausnutzen der Situation vor. Kinder und Jugendliche im Alter bis 18 Jahre sind wegen ihrer geschäftlichen Unerfahrenheit besonders schutzbedürftig. Sie sind altersbedingt im Allgemeinen zu kritischrationaler Abschätzung der wirtschaftlich-finanziellen Bedeutung und Tragweite geschäftlicher Entschließungen nicht imstande und unterliegen den Verlockungen der Werbung eher als Erwachsene. Gefährdet sind sie vor allem dann, wenn sie mit Zugaben wie z.B. Gewinnspielen umworben werden. Ein solches Ausnutzen der geschäftlichen Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 6. April dieses Jahres hinsichtlich einer Werbung für Handy- Klingeltöne in der Zeitschrift „Bravo Girl“ angenommen.8 Im vorliegenden Fall wendet sich die dem Auftrag zugrunde liegende Werbung für Gratis SMS aber ausdrücklich nur an volljährige Kunden,9 so dass eine Unlauterkeit unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes hier nicht in Betracht kommt. 2.2.2. § 4 Nr. 4 UWG – Verkaufsfördermaßnahmen wie Geschenke § 4 Nr. 4 UWG normiert ein Transparenzgebot für attraktive Werbemittel in Form von Preisnachlässen, Zugaben, Geschenken und vergleichbaren Zuwendungen, weil diese auf die Beeinflussung der Nachfrageentscheidung zielen, auf den Kunden Anziehungs- 7 A.a.O., § 4.2 Rn. 2/2. 8 BGH, Urteil vom 6. April 2006 (I ZR 125/03), in: Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP) 2006, S. 885 – 888 (887) – Werbung für Klingeltöne (Anlage). 9 Vgl. die Formulierung im Angebot „Ich akzeptiere die AGB, Datenschutz- und Kundeninformationen und versichere zudem, dass ich volljährig bin.“ - 6 - kraft ausüben und dadurch Missbrauchsgefahr begründen. Aus der Werbung mit Verkaufsförderungsmaßnahmen müssen die Bedingungen hervorgehen, die erfüllt sein müssen, damit der Werbeadressat die Vergünstigung in Anspruch nehmen kann. Es muss z.B. ersichtlich sein, wer Veranstalter ist, wer zum Kreis etwaiger Begünstigter gehört, um was für eine Vergünstigung es sich handelt, wie die Modalitäten der Gewährung lauten und ob eventuelle Folgelasten auf den Kunden zukommen. Insgesamt erfordert die Werbung mit Verkaufsförderungsmaßnahmen eine klare und eindeutige Information des Verbrauchers über die Bedingungen für deren Inanspruchnahme. Fehlt es daran, ist die Werbung unlauter. Aus der Sicht des verständigen Durchschnittsverbrauchers muss unzweifelhaft ersichtlich sein, unter welchen Voraussetzungen der Werbende für den Fall des Zustandekommens des beworbenen Geschäfts die Vergünstigung – das Geschenk – gewähren will. Angaben im Kleingedruckten oder an Stellen, an denen der Leser sie nicht vermutet, wären damit nicht vereinbar. 2.2.3. § 4 Nr. 5 UWG – Werbung mit Preisausschreiben und Gewinnspielen § 4 Nr. 5 UWG enthält ein Transparenzgebot für die Werbung mit Preisausschreiben und Gewinnspielen. Die Modalitäten, nach denen ein in Aussicht gestellter Preis durch Teilnahme an Preisausschreiben oder Gewinnspielen gewonnen werden kann, müssen durchschaubar sein (sog. Transparenzgebot). Soweit für die Teilnahme von Belang, muss die Wettbewerbshandlung umfassend über die Teilnahmebedingungen anhand sämtlicher für die Veranstaltung relevanter Umstände ins Bild setzen. Erforderlich ist eine unmissverständliche, eindeutige Unterrichtung der Verbraucher. Daraus muss klar hervorgehen, dass keine Verpflichtung der Teilnehmer zum Erwerb von Waren oder Inanspruchnahme von Dienstleistungen besteht. Klar und eindeutig sind die Angaben nur, wenn sie wiederum nicht im Kleingedruckten stehen oder sonst versteckt sind und sich dem Blick und Verständnis des Werbeadressaten unschwer und unmittelbar erschließen . 2.3. Rechtsfolgen der Unlauterkeit einer Internetwerbung nach dem UWG Eine unlautere Wettbewerbshandlung hat gemäß § 8 Abs. 1 und Abs. 2 UWG einen Unterlassungsanspruch zur Folge, der gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 UWG von jedem Mitbewerber, rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, anderen qualifizierten Einrichtungen sowie den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern geltend gemacht werden kann. Hierzu gehören auch die Verbraucherzentralen.10 Mitbewerbern kann bei schuldhaftem Verstoß gegen die Lauterkeitsregeln auch ein Schadenersatzanspruch nach § 9 UWG zustehen. 10 Vgl. Anlage, S. 5. - 7 - Einzelne Verbraucher können die Ansprüche aus dem UWG aber nicht geltend machen, so dass auch ein durch eine wettbewerbswidrige Internetanzeige zustande gekommener Vertrag grundsätzlich zwischen den Vertragsparteien gültig ist. 2.4. Recht zur Vertragsauflösung – de lege lata oder de lege ferenda Ein durch eine wettbewerbswidrige Internetanzeige angebahnter Vertrag ist allerdings unwirksam, wenn er von einem Jugendlichen eingegangen wurde, weil dieser noch nicht geschäftsfähig ist und deshalb keine wirksamen Verträge schließen kann (§§ 104 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).11 Vertragsschlüsse unter Erwachsenen sind grundsätzlich wirksam, denn ein Verstoß gegen §§ 3 ff. UWG betrifft nur die Art des Zustandekommens, nicht aber den Inhalt des Rechtsgeschäfts.12 Da letzterer - wie zum Beispiel das Abbonieren von SMS bei zusätzlicher Teilnahme an einem Gewinnspiel – nicht gesetzes- oder sittenwidrig ist, liegt in der Regel auch kein Verstoß gegen die §§ 134, 138 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor, wonach der wettbewerbswidrige Vertrag als nichtig einzustufen wäre. Das Bedürfnis eines an wettbewerbswidriges Handeln anknüpfenden Vertragslösungsrechts des Verbrauchers wurde früher, d.h. in den siebziger und achtziger Jahren, aus zwei Gründen durchaus bejaht: Zum einen sind die engen Tatbestandsvoraussetzungen der arglistigen Täuschung nach § 123 BGB als zentraler Vorschrift, die ein Lösungsrecht von der eigenen Willenserklärung gewähren, im Hinblick auf irreführende Werbung meistens nicht erfüllt. Zum anderen verneinte der Bundesgerichtshof bereits in der sog. Prüfzeichen-Entscheidung13 die Schutzgesetzqualität des § 3 UWG im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Auf diese Weise war es dem Verbraucher unmöglich gemacht worden , als Schadensersatz eine Vertragsaufhebung durchzusetzen. Seither sind allerdings neben bereits bestehenden eine ganze Reihe zusätzlicher Widerrufs- und Rücktrittsrechte geschaffen worden.14 Außerdem hat die Rechtsprechung zur Vertragsaufhebung als Schadenersatz nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo, d.h. des schuldhaften Verhaltens bei Vertragsabschluß (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB) erheblich an Bedeu- 11 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl I S. 42, ber. S. 2909 und BGBl I 2003 S. 738). 12 Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, bearb. v. Bassenge, Peter/ Brudermüller, Gerd u.a., 65. Aufl. , München 2006, § 134 Rn. 24. 13 BGH Urteil vom 14. Mai 1974 VI ZR 48/73, veröffentlicht in: Versicherungsrecht (VersR) 1974, S. 977 ff. 14 § 312 BGB (Haustürgeschäfte), 312d (Fernabsatzgeschäfte), §§ 491 ff. BGB für Verbraucherkredite, Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge. - 8 - tung gewonnen und gilt heute bereits bei vielen als der individuelle Rechtsbehelf bei Einflussnahmen auf die Willensbildung.15 Bei unzutreffenden Angaben in der Werbung stehen dem Verbraucher weiterhin vertragliche Gewährleistungsrechte zu. Er kann sich unter Umständen im Wege des Rücktritts vom Vertrag lösen (§§ 434, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB). 3. Strafbarkeit irreführender Werbung 3.1. Geltende Regelungen § 16 Abs.1 UWG stellt irreführende Werbung unter Strafe, wenn absichtlich durch unwahre Angaben der Anschein eines besonders günstigen Angebotes hervorgerufen wird. Voraussetzung hierfür ist stets die Irreführung durch falsche Angaben, d.h. objektiv unwahre Angaben. Objektiv richtige, wenn auch irreführende Angaben zählen nicht dazu.16 Auch übertriebenes Anlocken ist nicht unter Strafe gestellt. Wie bereits dargestellt, kommt diese Fallgruppe nach der neuen Rechtsprechung auch nur äußerst selten zur Anwendung. Der aufgeklärte Verbraucher handelt rational und wird nur selten durch die Anlockwirkung einen Vertrag abschließen, den er sonst nicht abgeschlossen hätte. Und obwohl bei Jugendlichen die Wirksamkeit einer anlockenden Werbung öfter zu bejahen ist, wäre es mit den Liberalisierungstendenzen des UWG und dem europäischen Recht kaum vereinbar, Wettbewerbshandlungen, von denen übertriebenes Anlocken ausgeht, unter Strafe zu stellen. Die eventuelle Prüfung der allgemeinen Betrugsstrafbarkeit nach § 263 des Strafgesetzbuches17 bleibt unberührt. 3.2. Weitere gesetzliche Initiativen Denkbar wäre es, bei § 16 Abs. 1 UWG neben absichtlicher auch die nur wissentliche Irreführung (dolus directus) für die Strafbarkeit einer Werbung ausreichen zu lassen. Wenn der Werbung allerdings nur durch fahrlässiges Verhalten irreführende Wirkung zukommt, so scheint die Anordnung der Strafbarkeit als ultima ratio nicht angemessen. Die Schaffung weiterer gesetzlicher Grundlagen zur Ahndung unlauterer Internetwerbung gegenüber Jugendlichen würde den europäischen Liberalisierungstendenzen im Bereich des UWG zuwiderlaufen. Vorrang des Gemeinschaftsrechts bedeutet auch ge- 15 Weiler, Frank, Ein lauterkeitsrechtliches Vertragslösungsrecht des Verbrauchers?, in Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP) 2003, S. 423 ff. (425 f.). 16 Piper, Henning/ Ohly, Ansgar, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Kommentar, München 2006, § 5 Rn. 15. 17 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl I, 3322), zuletzt geändert durch Art. 2 G v. 24. Oktober 2006 (BGBl I, 2350). - 9 - meinschaftsrechtskonforme Auslegung des harmonisierten nationalen Rechts, d.h. Auslegung entsprechend den der Harmonisierung zugrunde liegenden Bestimmungen und Erwägungen nach Maßgabe der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dessen Vorgaben seit etwa Ende der 90er Jahre auch für das nationale Verbraucherverständnis gelten. Im Übrigen wird Jugendlichen, wie gezeigt, ohnehin im Hinblick auf die Unwirksamkeit eventueller Verträge, ein umfassender rechtlicher Schutz zuteil.