Deutscher Bundestag Leistungsschutzrechte für Presseverlage Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 298/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 298/11 Seite 2 Leistungsschutzrechte für Presseverlage Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 298/11 Abschluss der Arbeit: 20. Januar 2012 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 298/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Aktueller Sachstand zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage 4 3. Leistungsschutzrecht für Presseverlage (und Urheber selbst) im Urheberrecht 6 3.1. Presseartikel 6 3.2. Snippets und Abstracts 7 3.3. Derzeit diskutierte Ansätze 8 3.3.1. GEMA-ähnliche Abgabe 8 3.3.2. Private Kulturflatrate 8 3.3.3. Gesetzesvorschläge für ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage 9 4. Ergebnis 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 298/11 Seite 4 1. Einführung Im vorliegenden Sachstand wird die Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage behandelt. Die Forderung nach einem solchen, dem Urheberrecht ‘verwandten Schutzrecht‘, wurde in den vergangenen drei Jahren lauter, da der Konsum von Printmedien, also das Lesen von klassischen Zeitungen und Zeitschriften, zurückgegangen ist. Die digitalen Informationsmöglichkeiten , insbesondere das Internet sind an die Stelle von Printmedien getreten. Leitungsschutzrechte zeichnen sich im Urheberrecht dadurch aus, dass die erbrachte Leistung, nicht eine persönliche Schöpfung im Vordergrund steht. Diesbezüglich sind Leistungsschutzrechte schon verschiedenen Gruppen eingeräumt worden: für ausübende Künstler und Veranstalter gemäß § 73 Urheberrechtsgesetz (UrhG)1, für Tonträgerhersteller gemäß § 85 UrhG, für Sendeunternehmen , also Fernseh- und Rundfunksender gemäß § 87 Abs. 1 UrhG, ebenso für Filmhersteller gemäß § 84 UrhG und auch für Datenbankhersteller gemäß § 87a UrhG2. Die Verlage sehen sich in einer Situation, in der sie qualitativ hochwertigen Journalismus ermöglichen, aber diesen im Internet frei zur Verfügung stellen. Suchmaschinen und Nachrichtenaggregatoren erzielen Werbeeinnahmen , indem die Suchmaschinen auf den Artikel verweisen (verlinken) und dazwischen Werbung schalten. In erster Linie geht es bei einem möglichen Leistungsschutzrecht von Presseverlagen darum, den Verlagen ein eigenes Recht an dem journalistischen Werk dergestalt zu ermöglichen, dass bei Weiterverwertung dieses verlegerischen Formats, insbesondere durch Verlinkung über Suchmaschinen , nach § 97 UrhG Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz, bzw. nach § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG Anspruch auf entgangenen Gewinn den Verlagen gewährt wird3. Vor diesem Hintergrund wird eine Diskussion geführt, der sich die folgende Darstellung widmet. 2. Aktueller Sachstand zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage „Ohne die vielfältige Presselandschaft mit anspruchsvollen journalistischen Inhalten wäre das kulturelle, politische und gesellschaftliche Leben in Deutschland deutlich ärmer. Deshalb ist es wichtig, die Leistungen von Presseverlegern wie die anderer Werkmittler angemessen zu schützen . Mit der Einführung eines Leistungsschutzrechts werden die Rahmenbedingungen für Presseverleger verbessert und ihnen ein eigenes rechtliches Fundament zur Durchsetzung ihrer Rechte im Internet geboten“4. 1 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 53 Gesetz zur Änderung von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachung sowie der ZPO, des EGZPO und der AO vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044). 2 , Grundstrukturen und –begriffe des geltenden Urheber-und Leistungsschutzrechts , Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste vom 3. September 2010. WD 7 – 3000 – 192/10 S. 13 und 14. 3 Robert Schweizer, Schutz der Leistungen von Presse und Journalisten in: Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM) 1/2010 S. 7-17 (11). 4 Bernd Neumann, Ohne Urheber keine kulturelle Vielfalt – Positionspapier – S. 5 unter 9. Leistungsschutzrecht für Presseverleger, abrufbar unter: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 298/11 Seite 5 Deshalb sollen laut Koalitionsvertrag „Verlage im Online-Bereich nicht schlechter gestellt sein als andere Werkvermittler. So wird im Rahmen eines Dritten Korbs im Urheberrecht die Schaffung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage zur Verbesserung des Schutzes von Presseerzeugnissen im Internet angestrebt“5. Die Hamburger Erklärung zum Schutz geistigen Eigentums6 vom 26. Juni 2009 macht deutlich, dass Presseverleger durch das Internet mit seinen Zugangsmöglichkeiten eine konkrete wirtschaftliche Gefahr für ihre Investitionen und der Refinanzierung ihrer journalistischen Beiträge sehen. Gefordert wird, Möglichkeiten bereitzustellen, die „die schleichende Enteignung“7 aufhalten . Im Rahmen der schriftlichen Fragen mit den in der Woche vom 31. Mai 2010 eingegangenen Antworten der Bundesregierung8, bezieht sich die Abgeordnete Frau Tabea Rößner auf den bekanntgewordenen Entwurf der Gewerkschaften (Deutscher Journalisten-Verband und Vereinte Dienstleitungsgewerkschaft) und weist auf Differenzen zum Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten hin. In der Antwort der Bundesjustizministerin heißt es, „die Forderung der Verleger nach angemessenem Investitionsschutz sei nachvollziehbar, die Interessenlage ist mit der anderer Leistungsschutzberechtigter vergleichbar. Andererseits seien auch die Befürchtungen der Journalisten und Urheber, wonach eine entsprechende Regelung wirtschaftlich zu ihren Lasten gehen würde, nachvollziehbar“9. Sodann legt Kulturstaatsminister Bernd Neumann am 26. November 2010 ein 12-Punkte-Papier mit dem Titel „Ohne Urheber keine kulturelle Vielfalt“ vor, in diesem es unter Punkt 9. zum Leistungsrecht für Presseverleger heißt: „Eine gesetzliche Lösung muss insgesamt angemessen und ausgewogen sein. Das Leistungsschutzrecht soll deshalb nur die gewerbliche Nutzung betreffen . Auch den Journalisten als den Urhebern muss die Stärkung der Rechtsposition der Verleger zugutekommen. Nachteile für öffentlich geförderte Bibliotheken und Archive sollen nicht entstehen “10. http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/BKM/2010-11-26-neumannpositionspapier .pdf;jsessionid=24479A8AF922930952195A01DD0AD991.s2t1?__blob=publicationFile. 5 Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CDU und FDP für die 17. Legislaturperiode, S. 104, abrufbar unter: http://www.cdu.de/doc/pdfc/091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf. 6 Hamburger Erklärung zum Schutz geistigen Eigentums, abrufbar unter: http://www.axelspringer.de/downloads/153453/Hamburger_Erklaerung.pdf 7 Hubert Burda, Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). 8 Bundestagsdrucksache 17/1918 S. 11. 9 Siehe Fußnote 8. 10 Bernd Neumann, Ohne Urheber keine kulturelle Vielfalt – Positionspapier – S. 5 unter 9. Leistungsschutzrecht für Presseverleger, abrufbar unter: http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/BKM/2010-11-26-neumannpositionspapier .pdf;jsessionid=24479A8AF922930952195A01DD0AD991.s2t1?__blob=publicationFile. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 298/11 Seite 6 Am 26. Juli 2011 erfolgt eine Antwort der Bundesregierung11 auf die Kleine Anfrage der SPD- Fraktion, wobei auf die Anhörung der beteiligten Kreise durch das Bundesministerium der Justiz verwiesen wird. Angekündigt wird ein Referentenentwurf, der die Ergebnisse der Anhörungen, also auch die Anhörung zum Leistungsschutzrecht für Verleger vom 28. Juni 2010, präsentieren soll. Der Referentenentwurf liegt – auch nach schriftlicher Anfrage des Fachbereichs WD 7 vom 2. Dezember 2011 - nicht vor. 3. Leistungsschutzrecht für Presseverlage (und Urheber selbst) im Urheberrecht „Verwerter künstlerischer Arbeit verfügen selbst über keine Urheberrechte, denn die bloße redaktionelle Zusammenstellung oder der Druck der Artikel sind urheberrechtlich nicht schutzfähig, und das Urheberrecht selbst ist nicht übertragbar“12. Die Verwerter künstlerischer Arbeit werden über Leistungsschutzrechte geschützt, bislang steht Presseverlegern in Deutschland ein solches Leistungsschutzrecht nicht zu. Leistungsschutzrechte schützen Leistungen, die keine Werke im Sinne des Urheberrechts sind, aber der schöpferischen Leistung von Urhebern nahe stehen oder Werke wiedergeben oder realisieren13. Merkmal der Leistungsschutzrechte (§§ 70-87e, 94 UrhG) ist die Summe von Befugnissen als Äquivalent für besondere Leistungen, also fremde Werke wiederzugeben, der Öffentlichkeit zu vermitteln, zu realisieren oder gar erst zu entdecken14. Deshalb werden Leistungsschutzrechte auch „verwandte Schutzrechte“ genannt. Seit einigen Jahren wird ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage sowohl in der Fachliteratur, als auch in Politik und Gesellschaft diskutiert. Diskussionsgegenstand ist, ob die verlegerische Leistung, neben der Leistung des Autors/Urhebers ein Leistungsschutzrecht rechtfertigt und wie dieses ausgestaltet werden könnte, insbesondere wie sich das rechtliche Verhältnis zwischen der Rechtsposition des Urhebers zu einem solchen Leistungsschutzrecht von Verlagen verhält. 3.1. Presseartikel Derzeit prägt das Verhältnis von Verlag und (freiem) Autor in der Regel ein Zeilenhonorar, das der Autor erhält und mit dem in der Regel sämtliche Nutzungen des Textes abgegolten sind. Sofern der Text weiterhin durch den Verlag im Internet erscheint, bekommt der Journalist kein zusätzliches Honorar15. Allerdings „müssen Verlage, wenn sie Urheberrechte der Autoren erheben, 11 Bundestagsdrucksache 17/6678. 12 Ilja Braun, Schleichende Enteignung? Zum Schutz journalistischer und verlegerischer Leistung in: Polar Zeitschrift für politische Philosophie und Kultur Ausgabe 9, 2010, S. 161-164 (162). 13 , Grundstrukturen und -begriffe des geltenden Urheber- und Leistungsschutzrechts , Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 192/10, S. 13. 14 Schmid/ Wirth in: Matthias Schmid/Thomas Wirth/Fedor Seifert, Urheberrechtsgesetz, Handkommentar, 2. Auflage, Vorbemerkungen zu §§ 70 ff. Rn. 1 und 2. 15 Ilja Braun, Schleichende Enteignung? Zum Schutz journalistischer und verlegerischer Leistung in: Polar Zeitschrift für politische Philosophie und Kultur Ausgabe 9, 2010, S. 161-164 (161). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 298/11 Seite 7 rechtlich begründen, dass der Text urheberrechtlich schutzfähig ist, darüber hinaus müssen bei einem lediglich einfachen Nutzungsrecht die Autoren und Fotografen prozessual mitwirken und teilweise lassen sich in der Praxis Autoren nicht mehr feststellen“16. Die Einräumung eines einfachen Nutzungsrechts an den Verlag ist gerade bei freien Journalisten der Regelfall (§ 38 Abs. 3 UrhG). An dem Vertriebserlös der Online-Archive der Zeitungen sind die Urheber/Autoren nicht beteiligt . Üblicherweise werden derzeit die Einnahmen von Verlagen, Internetforen und Suchmaschinen über Werbung generiert. Dabei sind – aus Sicht der Verlage – bei Onlinewerbeeinnahmen im Jahr 2008 die Verlage mit 6 Prozent des Onlinewerbevolumens bedacht worden, im Vergleich zu Google, die 60 Prozent des Jahresvolumens verbuchen konnten17. Zu beachten ist § 49 UrhG als Schranke für den urheberrechtlichen Schutz des Autors derart, dass journalistische Beiträge über den bloßen informativen Gehalt von „Nachrichten“ hinausgehen müssen, um urheberrechtlichen Schutz zu genießen. Insbesondere sind nach § 49 Abs. 2 UrhG auch „vermischte Nachrichten tatsächlichen Inhalts“ derzeit frei, wenn sie schon veröffentlicht wurden. Ein – mögliches - Leistungsschutzrecht könnte dieser Freiheit dann nach § 49 Abs. 2 Halbsatz 2 UrhG als andere „Schutz gewährende gesetzliche Vorschrift“ entgegenstehen . 3.2. Snippets und Abstracts Besonders relevant sind solche grundsätzlichen Fragen bei der spezielleren Problematik der snippets und abstracts. Snippets (zu deutsch: Schnipsel) sind Kurzhinweise, in der Regel die ersten Zeilen eines Beitrags, die ordentlich zitiert sind und dann per Link auf den vollständigen Artikel verweisen18, zur Veranschaulichung sei hier auf Google News19 verwiesen. Abstracts sind hingegen Zusammenfassungen von Fremdtexten, die meist aus Originalrezensionen zusammengestellt werden20. So lässt sich festhalten, dass sich trotz Einhaltung des Zitiergebots massive Probleme ergeben, sofern einerseits Verlage journalistische Werke unterstützt und ermöglicht haben und andere diese Werke verwerten können. Hinsichtlich der Snippets wird vertreten , dass „diese so kurz sind , dass sie für sich genommen ohnehin nicht schutzfähig im Sinne des Urheberrechts sind21“. Und so wird kritisiert, dass in der 16 Robert Schweizer, Schutz der Leistungen von Presse und Journalisten in: Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM) 1/2010 S. 7-17 (15). 17 So Philipp Welte, Die neue Realität in: ZUM 1/2010 S. 3-7 (4). 18 So letztlich Robert Schweizer, Schutz der Leistungen von Presse und Journalisten in: ZUM 1/2010 S. 7-17 (15). 19 http://news.google.de/. 20 BGH: Perlentaucher, Az I ZR 12/08, abgedruckt in: Multimedia und Recht (MMR) 2011, 182-188 (183). 21 Ilja Braun, Schleichende Enteignung? Zum Schutz journalistischer und verlegerischer Leistung in: Polar Zeitschrift für politische Philosophie und Kultur Ausgabe 9, 2010, S. 161-164 (163). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 298/11 Seite 8 Folge mit einem Leistungsschutzrecht jedoch die Zeitungen zukünftig Google die Anzeige von Snippets verbieten oder Geld dafür verlangen könnten“22, wobei in beiden Sanktionen eine erhebliche Einbuße an Popularität der Zeitungen vermutet wird. Dementgegen wird angeführt, dass „durch den Link der gesamte Artikel einbezogen wird. Eine formelle Teilung macht die ersten Zeilen nicht zu einem selbstständigen, unabhängigen Beitrag, der mit dem vollständigen Artikel nichts zu tun hätte23. So hat die Justizministerin im Interview mit Deutschland Radio Wissen vom 11. Mai 2011 angekündigt, dass künftig die Verwendung auch von Teilen von Presseerzeugnissen durch kommerzielle Nutzer wie Google oder anderen abgabepflichtig werden soll. Hierzu könnte eine Verwertungsgesellschaft geschaffen werden, die ihre Einnahmen an Verlage und Journalisten abführt24, die Bezahlung soll allerdings nicht vom Nutzer getragen werden. 3.3. Derzeit diskutierte Ansätze Im folgenden sollen unterschiedliche Ansätze dargestellt werden, wie ein solches Leistungsschutzrecht für Verlage letztlich ausgestaltet werden kann. 3.3.1. GEMA-ähnliche Abgabe Eine „teilweise befürchtete“ Variante des Leistungsschutzrechts für Presseverlage war eine GEMA-ähnliche Abgabe zur Finanzierung der Onlineportale der Verlage, damit sollte allen gewerblichen Nutzern (Behörden, Betrieben und Freiberuflern) die eine Fremdvermarktung durch Dritte nutzen (Google-News, Yahoo etc.) eine Abgabe auferlegt werden, die den Verlagen zugute kommen soll25. „Ob die Leser jedoch bereit sind, für solche neuen Medienangebote freiwillig zu zahlen, darf bei der inzwischen verfestigten Null-Cent-Mentalität der Verbraucher bezweifelt werden“26. 3.3.2. Private Kulturflatrate Manche sehen das verlegerische Leistungsschutzrecht letztlich auf die Einführung einer privatwirtschaftlichen Kulturflatrate hinauslaufen, im Ergebnis wäre eine Abgabe auf jeden Internetan- 22 Ilja Braun, Schleichende Enteignung? Zum Schutz journalistischer und verlegerischer Leistung in: Polar Zeitschrift für politische Philosophie und Kultur Ausgabe 9, 2010, S. 161-164 (163). 23 Robert Schweizer, Schutz der Leistungen von Presse und Journalisten in: ZUM 1/2010 S. 7-17 (15). 24 Das Interview ist abrufbar unter: http://wissen.dradio.de/urheberrecht-bewusstsein-fuer-geistiges-eigentumist .33.de.html?dram:article_id=10082&dram:audio_id=12877&dram:play=1&sid=&random=4c2728. 25 Kritisch dazu: http://insidex.de/?p=85; Torben Stühmeier, Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger: Eine ordnungspolitische Analyse, Juni 2011, S. 1 thematisiert diese Variante kurz. 26 Jürgen Becker, Quo vadis – Presse? Die Zukunft der Presse im digitalen Zeitalter in: ZUM 1/2010 S. 1-2(2). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 298/11 Seite 9 schluss (Breitbandanschluss) vorgesehen27. Diese Vorstellung wird von der Justizministerin allerdings nicht geteilt28. 3.3.3. Gesetzesvorschläge für ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage Als konkreten Vorschlag für den Wortlaut eines klassischen Leistungsschutzrechts wurde eingebracht : „Die Presseverlage haben das ausschließliche Recht auf Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Wiedergabe und öffentliche Zugänglichmachung der – auch digitalen - Presseerzeugnisse “29. Mit der Maßgabe, dass ein Presseerzeugnis journalistische Inhalte verlangt, ist eine urheberrechtliche Schöpfungshöhe nicht erforderlich, sodass Snippets nach diesem Vorschlag vom Leistungsschutzrecht erfasst werden30. Gemäß iRights.info gibt es einen abrufbaren „Entwurf für ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger“31. iRights.info „Leistungsschutzrecht – Gewerkschaftsposition“ -Anlage 1- Darin werden im Wortlaut gegenübergestellt ein Entwurf der Presseverleger und ein Vorschlag der Gewerkschaften, die jeweils die Einführung von § 87f (Schutz des Presseverlegers) und § 87g (Rechtewahrnehmung) vorschlagen. Soweit ersichtlich, bezieht sich die Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer32 zum einen auf diese Entwurfsvorschläge von Presseverlegern und Gewerkschaften. Zum anderen wird konstatiert , dass „aus der objektiven Einrichtungsgarantie der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 Grundgesetz (GG)33 eine grundrechtlich normierte Schutzpflicht des Staates für die Presse resultiere, allerdings kein grundrechtlicher Anspruch der Presseorgane auf staatliche Förderung folge. Andererseits kann man bei der Interessenlage zu dem Schluss kommen, gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen, um Journalisten und Presseunternehmen zumindest wirksam gegen rechtlich nicht zu billigende Übernahmen von Dritten zu schützen“34. Insgesamt wird hier restriktiv 27 Ilja Braun, Schleichende Enteignung? Zum Schutz journalistischer und verlegerischer Leistung in: Polar Zeitschrift für politische Philosophie und Kultur Ausgabe 9, 2010, S. 161-164 (163). 28 Das Interview ist abrufbar unter: http://wissen.dradio.de/urheberrecht-bewusstsein-fuer-geistiges-eigentumist .33.de.html?dram:article_id=10082&dram:audio_id=12877&dram:play=1&sid=&random=4c2728. 29 Robert Schweizer, Schutz der Leistungen von Presse und Journalisten in: ZUM 1/2010 S. 7-17 (12). 30 siehe Fußnote 29. 31 Abrufbar unter: http://irights.info/blog/arbeit2.0/wp-content/uploads/2010/05/Leistungsschutzrecht- Gewerkschaftssynopse.pdf. 32 Abrufbar unter: http://www.brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmendeutschland /2011/juli/stellungnahme-der-brak-2011-43.pdf. 33 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG. (Art. 91e) vom 21. Juli 2010 (BGBl. I S. 944). 34 Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zur geplanten Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse S. 3 und 4, abrufbar unter: http://www.brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmendeutschland /2011/juli/stellungnahme-der-brak-2011-43.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 298/11 Seite 10 argumentiert, denn „ein Bedürfnis nach Einführung eines Leistungsschutzrechts besteht nur, wenn nach der gegenwärtigen Rechtslage kein ausreichender rechtlicher Schutz für journalistische Leistungen bestünde“. Insbesondere ist eine „einheitliche Systematik bei den bestehenden Leistungsschutzrechten nicht zu entnehmen“35. Mit Verweis auf die bestehende Übertragung der Nutzungsrechte von Journalisten auf Verlage sei ein solches Leistungsschutzrecht gerade nicht erforderlich. Hinsichtlich der snippets, also der (Kleinst-)Teile einer urheberrechtlich geschützten Schöpfung, bestünde zwar ein möglicher Anwendungsbereich , aber letztlich gründe die Schöpfungshöhe auf Vereinbarungen, die auch Nachrichten als urheberrechtsfrei einordnen. Die praktische Umsetzung der Überprüfung von snippets im Onlinebereich obliege der Verwertungsgesellschaft, im Printbereich sei eine solche Überprüfung beinahe unmöglich36. Im Ergebnis sieht die Bundesrechtsanwaltskammer – auch aufgrund Befürchtungen hinsichtlich der Informationsfreiheit und der Betätigung der gesamten Branche – die Einführung eines Leistungsschutzrechts für nicht gerechtfertigt. Hinsichtlich der vorgeschlagenen Begrifflichkeiten macht die Bundesrechtsanwaltskammer auf verschiedene Unklarheiten aufmerksam. Dem könnte zwar entgegnet werden, dass „sich unbestimmte Rechtsbegriffe nicht vermeiden lassen und auch nicht unerwünscht sind, mithin damit verbundene Nachteile eingrenzbar sind“37. Allerdings ist die begriffliche Abgrenzung im Rahmen der snippets problematisch, zumindest insoweit, dass „das Wiedergeben fremder Beiträge in eigenen Worten, bei Benutzung einzelner „Teile“ – insbesondere der Frage wie klein ein solcher „Teil“ sein mag – nicht geklärt ist38“. Schwierigkeiten bereitet auch die Frage, wie „Zweit- und Drittverwertungsrechte, die sich Journalisten vorbehalten, noch ausgeübt werden könnten, weil stets ein Eingriff in das Leistungsschutzrechts des Verlages vorläge“39. 4. Ergebnis Insgesamt ist die Diskussion, ob der Endnutzer die Angebote der Verlage im Internet weiter kostenlos nutzen kann, nicht abgeschlossen. „Insbesondere bleibt die Frage, ob dabei zwischen gewerblicher und privater Nutzung, flüchtiger und ausgiebiger Wahrnehmung und Vervielfältigung unterschieden werden soll“40. Vorerst aber konzentriert sich die Diskussion jedoch auf die Frage, 35 Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zur geplanten Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse S. 5 und 6, abrufbar unter: http://www.brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmendeutschland /2011/juli/stellungnahme-der-brak-2011-43.pdf. 36 siehe Fußnote 35. 37 Robert Schweizer, Schutz der Leistungen von Presse und Journalisten in: ZUM 1/2010 S. 7-17 (12). 38 Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zur geplanten Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse S. 6 und 7, abrufbar unter: http://www.brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmendeutschland /2011/juli/stellungnahme-der-brak-2011-43.pdf 39 siehe Fußnote 38. 40 Robert Schweizer, Schutz der Leistungen von Presse und Journalisten in: ZUM 1/2010 S. 7-17 (13). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 298/11 Seite 11 ob und in welcher Form ein solches Leistungsschutzrecht für Presseverlage sinnvoll wäre und in wieweit sich der Schutz auf kleine Textteile, sogenannte snippets ausdehnen lässt, und wie diese Textteile zu bloßen freien Nachrichten abgrenzbar sind. Widerstand gegen ein Leistungsschutzrecht findet sich in erster Linie von Verbänden der Internetwirtschaft , in sogenannten Bloggs und unter freien Journalisten, die Einschnitte zu Lasten ihres bestehenden Urheberrechts an eben denselben Artikeln befürchten41. Neben der Kampagne IGEL42 führt auch das Projekt iRights.info43 die Front der Skeptiker eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage an. Die Kritikpunkte eines solchen Leistungsschutzrechts werden in einem Verlust von Diversität in der Presselandschaft vermutet, außerdem wird gefragt, ob ein solches Leistungsschutzrecht notwendig ist, denn „indem die Verleger sich die Nutzungsrechte von den Urhebern – wie bisher - verschaffen, treten sie annähernd vollständig in die Rechtsposition der Autoren ein“44. Sofern ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage eingeführt wird, stellt sich die Frage, ob die Verwertungsgesellschaft VG Wort die Verteilung regelt45 oder ob eine neue Verwertungsgesellschaft Print/Online gegründet wird46. Hinsichtlich der Verwertung ist eine Orientierung an europäischen Prozessen (also hin zu einer europaweiten Lizensierung) deutlich. In Hinblick auf die Verjährungsregelung bildet sich in der Diskussion eine Frist von 50 Jahren heraus47, dementgegen wären es nach dem Vorschlag der Gewerkschaften 15 Jahre. 41 Torben Stühmeier, Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger: Eine ordnungspolitische Analyse, Juni 2011, S. 1. 42 Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht (IGEL), abrufbar unter: http://leistungsschutzrecht.info/. 43 http://www.irights.info/. 44 Robert Schweizer, Schutz der Leistungen von Presse und Journalisten in: ZUM 1/2010 S. 7-17 (15); so letztlich auch die Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer 45 So die Haltung der Gewerkschaften DJV und ver.di. 46 So Überlegungen der Bundesjustizministerin, das Interview ist abrufbar unter: http://wissen.dradio.de/urheberrecht-bewusstsein-fuer-geistiges-eigentumist .33.de.html?dram:article_id=10082&dram:audio_id=12877&dram:play=1&sid=&random=4c2728. 47 Robert Schweizer, Schutz der Leistungen von Presse und Journalisten in: ZUM 1/2010 S. 7-17 (15), so auch das Interesse der Presseverleger.