Deutscher Bundestag Der Provisionsanspruch bei der Wohnungsvermittlung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 271/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 271/10 Seite 2 Der Provisionsanspruch bei der Wohnungsvermittlung Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 271/10 Abschluss der Arbeit: 28. Oktober 2010 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 271/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Das Verhältnis des WoVermG zum BGB 4 3. Das Zustandekommen des Maklervertrages 5 4. Der Wohnungssuchende als Auftraggeber 5 4.1. Die invitatio ad offerendum 5 4.2. Der Auftrag des Wohnungssuchenden 6 5. Der Vermieter als Auftraggeber 6 6. Der Wohnungssuchende und der Vermieter als Auftraggeber 7 7. Zwischenergebnis 7 8. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht 7 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 271/10 Seite 4 1. Einleitung Festzustellen ist zunächst, dass das Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung (WoVermG)1 für den Nachweis und die Vermittlung von Mietverträgen über Wohnraum größtenteils zwingende Regelungen enthält, die die Vorschriften der §§ 652 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum sogenannten Mäklervertrag überlagern. Zu der Frage, ob eine gesetzliche Regelung im Wo- VermG, nach der der Auftraggeber eines Wohnungsvermittlers (Makler) dessen Gebühr zu zahlen hat, mit Art. 2 GG vereinbar wäre, ist zunächst das Verhältnis des WoVermG mit dem BGB darzustellen . Dem schließt sich - beschränkt auf die Wohnungsvermittlung - eine Prüfung an, wer im Einzelnen bei den vertraglichen Beziehungen im Maklerrecht als Auftraggeber anzusehen ist. Hieraus ergeben sich dann Schlussfolgerungen für eine mögliche Änderung des WoVermG. 2. Das Verhältnis des WoVermG zum BGB Das Artikel-„Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen“ vom 4. November 19712 enthielt in seinem Art. 9 das WoVermG. In weiteren Artikeln regelt das Gesetz unter anderem einzelne Gebiete des Wohnungsmietrechts sowie ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum.3 Gemeinsamer Zweck dieser Regelungen war es, dem seinerzeit bestehenden, heute erneut oder regional gegebenen, erheblichen Nachfrageüberhang auf dem Wohnungsmarkt zu begegnen und die Rechte des Mieters wie des Wohnungssuchenden zu stärken.4 Das WoVermG will mithin nach seiner Zielsetzung neben der Verbesserung der Markttransparenz Wohnungssuchende als Folge eines unausgeglichenen Wohnungsmarktes vor ungerechtfertigten wirtschaftlichen Belastungen schützen, die sich aus einer etwaigen missbräuchlichen Vertragsgestaltung oder unlauteren Geschäftsmethoden ergeben.5 Das WoVermG regelt als Spezialgesetz zum BGB in § 2 Abs. 1 nur die besonderen Voraussetzungen des Provisionsanspruchs, nicht hingegen dessen vertragliche Gestaltung. Das heißt bevor die Anwendbarkeit des § 2 WoVermG geprüft wird, muss feststehen, dass zumindest konkludent ein Maklervertrag zustande gekommen ist. 1 Vom 4. November 1971 (BGBl. I S. 1745), zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214). 2 BGBl. I S. 1745. 3 Vgl. Baader/Gehle, WoVermG, Kommentar, 1993, Einführung, S. 22 Rdnr. 6. 4 BT-DRs. VI/1549, S. 6. 5 Vgl. Roth, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2009, § 652 Rdnr. 129 FN 756 mit weiteren Nachweisen . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 271/10 Seite 5 3. Das Zustandekommen des Maklervertrages Ein Maklervertrag kommt zu Stande, wenn die Parteien eine Einigung mit dem in § 652 BGB bestimmten Inhalt erzielen. Die Vorschrift unterscheidet hinsichtlich der von dem Makler zu entfaltenden Tätigkeit zwischen dem Nachweis- und dem Vermittlungsmakler. Während der Nachweismakler seinem Auftraggeber lediglich die notwendigen Kenntnisse für den Eintritt in die Verhandlungen über den gewünschten Vertrag zu verschaffen braucht, muss der Vermittlungsmakler , will er die Provision verdienen, die Abschlussbereitschaft des Dritten bewusst fördern, indem er mit diesem in Verbindung tritt und auf dessen Willensentschluss einwirkt, einen Vertrag mit dem Auftraggeber zu schließen. Schwierigkeiten ergeben sich, wenn über eine Vergütung nicht gesprochen wird. Dann ist zu fragen, ob eine stillschweigende Entgeltabrede getroffen und damit ein Maklervertrag geschlossen worden ist.6 Diesbezüglich haben sich in der Rechtsprechung folgende Leitlinien7 herausgebildet: 4. Der Wohnungssuchende als Auftraggeber Je nach Marktlage zahlt typischerweise der Mieter oder Vermieter die Provision. Aus der zum jeweiligen Zeitpunkt herrschenden Marktsituation kann aber nicht geschlossen werden, dass der Maklervertrag stets nur mit der Partei zustande kommt, die zu diesem Zeitpunkt üblicherweise die Provision zahlt. Entscheidend ist vielmehr die Parteivereinbarung im Einzelfall. 4.1. Die invitatio ad offerendum Ist die Initiative zur Kontaktaufnahme vom Makler ausgegangen, der etwa in einem Zeitungsinserat auf ein Objekt hingewiesen und mit Angaben des Vermieters geworben hat, so ist sein Verhalten nicht eindeutig. Dies ist entweder zu verstehen als die an einen unbestimmten Personenkreis gerichtete Aufforderung des Maklers, in Verhandlungen über den Abschluss eines provisionspflichtigen Maklervertrages mit ihm einzutreten (invitatio ad offerendum). Ein Maklervertrag kommt daher nur dann zu Stande, wenn der Makler eindeutig zu erkennen gibt, dass er gerade von dem Wohnungssuchenden eine Provision verlangt, und dieser daraufhin die Dienste des Maklers in Anspruch nimmt.8 Der Wohnungssuchende wäre dann als „Auftraggeber“ des Maklers anzusehen. Bei dieser Fallkonstellation ist zu berücksichtigen, dass häufig ein für den Vermieter unentgeltliches Auftragsverhältnis zwischen diesem und dem Makler vorliegen wird. Im Rahmen dieses Auftragsverhältnisses ist der Vermieter ebenfalls als Auftraggeber zu betrachten, der den Makler 6 Vgl. Medicus/Lorenz, Schuldrecht II, § 114 Rdnr. 899/900. Palandt/Bassenge, BGB, § 652 Rdnr. 6 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 7 Vgl. hierzu Weishaupt, Der Maklervertrag, JuS 2003, S. 1166 (1167) mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung . 8 Zu den Anforderungen an ein hinreichend deutliches Provisionsverlangen BGH, NJW 2000 S. 282ff.; vgl. auch BGH, NJW 2002, S. 1945. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 271/10 Seite 6 veranlasst hat, Anzeigen zu schalten, oder anderweitig tätig zu werden.9 Daneben gibt es noch vielfältige anderweitige Möglichkeiten der privatrechtlichen Ausgestaltung.10 Um die grundlegenden Strukturen des Maklerrechts offenzulegen, wird nachfolgend neben dem Abschluss eines Maklervertrages von einem unentgeltlichen Auftragsverhältnis ausgegangen. Der Auftrag, wie das BGB verkürzend den Auftragsvertrag nennt, ist ein Schuldvertrag, in dem sich der eine Teil (Beauftragter ) verpflichtet, ein Geschäft des anderen Teils (Auftraggebers) unentgeltlich für diesen zu besorgen.11 4.2. Der Auftrag des Wohnungssuchenden Wendet sich der Wohnungssuchende mit der Bitte um Nachweis oder Vermittlung an einen Makler , so liegt darin ein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrages. Da die Kenntnis von anmietbaren Objekten das Geschäftskapital des Maklers ausmacht, kann niemand erwarten, dass er diese unentgeltlich preisgibt.12 Ein Maklervertrag kommt daher zwischen Wohnungssuchendem und Makler zustande; auch hier tritt der Wohnungssuchende als Auftraggeber des Maklers auf. Zwischen dem Makler und dem Vermieter kann daneben ebenfalls ein unentgeltliches Auftragsverhältnis gerichtet auf die Vermietung eines Objekts gegeben sein. 5. Der Vermieter als Auftraggeber Will der Makler lediglich eine Leistung für den Vermieter erbringen, indem er für diesen einen Wohnungssuchenden ausfindig macht, darf nach der Rechtsprechung der auf die Anzeige reagierende Kunde grundsätzlich davon ausgehen, dass die Provision von dem Vermieter übernommen wird.13 Hier besteht ein Maklervertrag zwischen Vermieter und Makler, so dass nach dem gesetzlichen Leitbild grundsätzlich der Vermieter als Auftraggeber und Schuldner des Provisionsanspruchs zu betrachten ist. 9 Vgl. hierzu den Antrag der Fraktion der SPD, mit dem die Bundesregierung aufgefordert werden soll, einen Regelungsvorschlag zu formulieren, der gewährleistet, dass Vermieter und Mieter von Mietwohnungen sowie Verkäufer und Käufer von Wohneigentum die Kosten des Maklers zu gleichen Teilen tragen müssen. BT-Dr. 17/3212. 10 Zur Abgrenzung zu verwandten Verträgen, vgl. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 652 Rdnr. 311; zum Abwälzen der Provisionszahlung Rdnr. 226. 11 Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 29 Rdnr. 1. Vgl. hierzu auch Petri/Wieseler, Handbuch des Maklerrechts , S. 147 hinsichtlich der Abgrenzung zwischen dem sog. einfachen Maklervertrag und Auftrag. 12 Vgl. OLG Köln, NJW-RR 1987, S. 1529. 13 Vgl. bspw. BGH, WM 1991 S. 643. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 271/10 Seite 7 6. Der Wohnungssuchende und der Vermieter als Auftraggeber Es kann aber auch der Fall sein, dass der Makler zugleich für den Vermieter und den Wohnungssuchenden handelt. Ein solcher Doppelmakler ist zu strenger Objektivität verpflichtet (vgl. § 654 BGB). Vertragliche Abmachungen, die gegen diesen Grundsatz verstoßen, sind unwirksam.14 Bei einem Doppelmakler kommt ein Maklervertrag sowohl zwischen Vermieter und Makler auf der einen und dem Wohnungssuchenden und dem Makler auf der anderen Seite zustande. Der Wohnungssuchende und der Vermieter sind jeweils als Auftraggeber anzusehen. 7. Zwischenergebnis Festzustellen ist damit, dass grundsätzlich nach dem gesetzlichen Leitbild des Maklervertrages der „Auftraggeber“ eines Wohnungsvermittlers bzw. Nachweismaklers dessen Gebühr zu zahlen hat. Die Frage, ob eine Regelung, nach der der Auftraggeber eines Wohnungsvermittlers dessen Gebühr zu zahlen hat, mit Art. 2 GG vereinbar wäre, ist deshalb dahingehend zu modifizieren, dass auf den „Auftraggeber“ abgestellt wird, der den Wohnungsvermittler zuerst oder ursprünglich beauftragt hat. Eine derartige Regelung könnte im WoVermG aufgenommen werden, eine Änderung der Vorschriften des BGB würde nicht erforderlich. 8. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht Nach summarischer Prüfung dürfte eine derartige gesetzliche Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar sein, insbesondere mit der durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Vertragsfreiheit. Der Begriff der „freien Entfaltung der Persönlichkeit“ ist offen, wird also unbegrenzt im Sinne einer wertneutralen, allumfassenden „allgemeinen Handlungsfreiheit“ verstanden. Durch die allgemeine Handlungsfreiheit ist auch die wirtschaftliche Betätigung geschützt, soweit nicht Art. 12 GG als lex specialis eingreift.15 Nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann die Berufsausübung durch Gesetz geregelt werden. Bereits das WoVermG in seiner derzeitigen Fassung reglementiert die Ausübung der Wohnraumvermittlungstätigkeit in zulässiger Weise. Durch eine entsprechende Regelung würde lediglich gesetzlich festgelegt, wer die Vermittlungsprovision zu zahlen hat. 14 Vgl. BGHZ 61,17. 15 Ständige Rechtsprechung seit BVerfGE 6, 32 (36 ff). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 271/10 Seite 8 Literaturverzeichnis: Althammer, Christoph, Der Maklervertrag nach § 652 I BGB, Juristische Arbeitsblätter (JA) 2006, S. 594 ff. Baader, Peter/ Gehle, Burkhard, Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung, Essen 1993. Brox, Hans/ Walker, Wolf-Dietrich, Besonderes Schuldrecht, München, 34. Auflage 2010. Ibold, Hans Christian, Maklerrrecht – Immobilien – Partnerschaften – Kapitalanlagen - Versicherungen, Berlin, 2. Auflage 2009. Hartl, Sabine Michaela, Der Maklervertrag des BGB - noch zeitgemäß, Regensburg 2001. Medicus, Dieter/ Lorenz, Stephan, Schuldrecht II, Besonderer Teil, München, 15. Auflage 2010. Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 4, Schuldrecht – Besonderer Teil II; §§ 611 – 704, EFZG – TzBfG – KSchG, München, 5. Auflage 2009 (Zit.: Bearbeiter, in: Münchener Kommentar, BGB). Palandt Bürgerliches Gesetzbuch – mit Nebengesetzen, München, 69. Auflage 2010 (Zit.. Palandt/Bearbeiter, BGB). Petri, Igor/ Wieseler, Michael, Handbuch des Maklerrechts – für Makler und deren Rechtsberater, Baden-Baden 1998. Seidenberg, Kyra, Die notwendige Neuordnung des Wohnungs- und Immobilienmaklerrechts und seine Integration in das BGB, Lang 2000 Weishaupt, Arnd, Der Maklervertrag im Zivilrecht, Juristische Schulung (JuS) 2003, S. 1166 ff.