© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 257/18 Der Schutz von Hinweisgebern („Whistleblowern“) in Deutschland Fragen zur Rechtslage Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/18 Seite 2 Der Schutz von Hinweisgebern („Whistleblowern“) in Deutschland Fragen zur Rechtslage Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 257/18 Abschluss der Arbeit: 25. Januar 2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Welches sind die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen oder Gesetzesentwürfe zum Schutz von Hinweisgebern? 4 1.1. Öffentliches Recht 4 1.2. Zivilrecht 4 1.3. Strafrecht 6 1.4. Aktueller Gesetzentwurf der Bundesregierung 7 2. Müssen Hinweisgeber vor der Veröffentlichung bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um den gesetzlichen Schutz zu erfahren? 8 3. Wie werden „Hinweisgeber“/„Whistleblower“ nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und nach den Gesetzesentwürfen definiert? Kommt es auf die Motivation der Hinweisgeber an? 8 4. Gibt es ein einheitliches Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern? Gibt es Pläne, ein solches Gesetz zu erlassen? 9 5. Gelten die gesetzlichen Bestimmungen (und die Gesetzesentwürfe) zum Schutz von Hinweisgebern sowohl für privatrechtlich beschäftigte Arbeitnehmer als auch für Beschäftigte im öffentlichen Dienst? Soweit der öffentliche Dienst erfasst wird: Sind Beschäftigte der nationalen Sicherheitsbehörden gleichermaßen geschützt? 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/18 Seite 4 1. Welches sind die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen oder Gesetzesentwürfe zum Schutz von Hinweisgebern? 1.1. Öffentliches Recht Im Öffentlichen Recht statuiert beispielsweise § 37 Abs. 2 Nr. 3 Beamtenstatusgesetz (Beamt StG)1, dass die Verschwiegenheitspflicht für die Beamten der Länder und Kommunen bei einem durch Tatsachen begründeten Verdacht einer Korruptionsstraftat durchbrochen wird. Selbiges gilt gemäß § 67 Abs. 2 Nr. 3 Bundesbeamtengesetz (BBG)2 für die Beamten des Bundes. Darüber hinaus gebietet auch das Grundgesetz (GG)3 einen Schutz der hinweisgebenden Arbeitnehmer : Artikel 2 Abs. 1 (allgemeine Handlungsfreiheit) in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip) sowie Artikel 5 Abs. 1 GG (Meinungsfreiheit) können geeignete Vorschriften sein, um den Whistleblower beim Anprangern von Missständen vor Sanktionen seitens des Arbeitgebers zu schützen.4 1.2. Zivilrecht Eine Vorschrift, welche den Whistleblowern im Arbeitsrecht Schutz gewährt, findet sich in § 17 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)5. Hiernach können die Arbeitnehmer sich beim Verdacht unzureichender Maßnahmen des Arbeitgebers hinsichtlich des Gesundheitsschutzes an die zuständige Behörde wenden, wodurch ihnen keine Nachteile entstehen dürfen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass zuvor eine Beschwerde an den Arbeitgeber herangetragen wurde und der Arbeitgeber dieser Beschwerde nicht abhilft. 1 Beamtenstatusgesetz vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. November 2018 geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/beamtstg /BJNR101000008.html (Stand dieser und sämtlicher nachfolgenden Online-Quellen: 25.01.2019). 2 Bundesbeamtengesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29. November 2018 geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet .de/bbg_2009/BJNR016010009.html. 3 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. Juli 2017 (BGBl. I S. 2347) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html (englische Fassung mit Stand 23.12.2014 abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_gg/index .html). 4 Bundestags-Drucksache 19/5226 vom 19. Oktober 2018, S. 3, http://dipbt.bundestag .de/dip21/btd/19/052/1905226.pdf. 5 Arbeitsschutzgesetz vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), das zuletzt durch Artikel 427 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/arbschg /BJNR124610996.html (englische Fassung abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_arbschg /index.html). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/18 Seite 5 Darüber hinaus sind für den Schutz von Whistleblowern § 13 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)6, der den Beschäftigten bei Diskriminierungen beispielsweise wegen des Geschlechts oder der ethnischen Herkunft ein Beschwerderecht einräumt, sowie § 84 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)7, der ebenfalls ein Beschwerderecht für Arbeitnehmer vorsieht, von Relevanz. Im öffentlichen Dienst des Bundes ist zudem § 68 Abs. 1 Nr. 3 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG)8 zu beachten, wonach die Personalvertretung Beschwerden von Beschäftigten entgegenzunehmen und auf deren Erledigung hinzuwirken hat. Im Übrigen können die allgemeinen kündigungsrechtlichen Vorschriften einen Schutz der Whistleblower vorsehen, damit diese nicht Gefahr laufen, aufgrund ihrer Preisgabe von sensiblen Informationen automatisch eine ordentliche (§ 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG))9 oder außerordentliche Kündigung (§ 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB))10 zu erhalten.11 Nicht zuletzt kann das allgemeine Maßregelungsverbot aus § 612a BGB den Whistleblower vor Repressalien seitens des Arbeitgebers schützen. Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Im deutschen Wirtschaftsrecht werden Whistleblower in § 4d des Gesetztes über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz – FinDAG)12geschützt . Die Vorschrift wurde im Nachgang der Finanzkrise am 30.06.2016 eingefügt und soll die Transparenz und Integrität der Finanzmärkte stärken, indem Whistleblower aus dem Finanzsek- 6 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 3. April 2013 (BGBl. I S. 610) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet .de/agg/BJNR189710006.html (englische Fassung abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/englisch _agg/index.html). 7 Betriebsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518), das zuletzt durch Artikel 4e des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2651) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/BJNR000130972.html (englische Fassung mit Stand 20.04.2013 abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_betrvg/index.html). 8 Abrufbar unter http://www.gesetze-im-internet.de/bpersvg/__68.html. 9 Kündigungsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1317), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2509) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/kschg/BJNR004990951.html. 10 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 4d des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2651) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/BJNR001950896.html (englische Fassung mit Stand 01.10.2013 abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_bgb/index.html. 11 Bundestags-Drucksache 19/5226 vom 19. Oktober 2018, S. 3, http://dipbt.bundestag .de/dip21/btd/19/052/1905226.pdf. 12 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 22. April 2002 (BGBl. I S. 1310), das zuletzt durch Artikel 14 Absatz 3 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2446) geändert worden ist, abrufbar unter http://www.gesetze-iminternet .de/findag/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/18 Seite 6 tor vor negativen Konsequenzen geschützt werden. Zunächst wird in § 4d Abs. 1 FinDAG normiert , dass die Bundesanstalt für Finanzdienstaufsicht eine Internetplattform zur Meldung von Fehlverhalten unterhalten soll, auf der Whistleblower ihre Meldungen abgeben können. Im Verlauf des Verfahrens soll dabei im Regelfall die Anonymität der Whistleblower gewahrt werden, wenn dadurch die Sanktionierung des gemeldeten Fehlverhaltens nicht beeinträchtigt wird. Schließlich werden die Whistleblower in § 4d Abs. 6 FinDAG vor strafrechtlichen und arbeitsrechtlichen Konsequenzen geschützt, soweit ihre Meldung nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr abgegeben wurde. 1.3. Strafrecht Im deutschen Strafrecht gibt es keine Norm, die allein auf den Schutz von Hinweisgebern gerichtet ist. Nach § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)13 wird bestraft, wer, während er in einem Unternehmen beschäftigt, ist ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, mitteilt. Entscheidendes Kriterium für die Strafbarkeit der Preisgabe des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses ist die „Unbefugtheit“. Daher wird in strafrechtlicher Hinsicht zwischen „internem Whistleblowing“ und „externem Whistleblowing “ unterschieden. Beim „internen Whistleblowing“ wendet sich der Hinweisgeber an eine Stelle innerhalb seines Unternehmens, die zur Entgegennahme von Hinweisen auf Missstände und Fehlverhalten geschaffen wurde. Der Whistleblower wendet sich nicht an die Öffentlichkeit . In diesem Fall ist von einer Einwilligung im strafrechtlichen Sinne durch den betroffenen Unternehmer, der die Hinweisstelle geschaffen hat, auszugehen, sodass die Rechtswidrigkeit und damit die „Unbefugtheit“ der Weitergabe des Geheimnisses entfällt. Durch die Meldung bei einer unternehmensintern eingerichteten Stelle zur Entgegennahme von Hinweisen wird der Hinweisgeber damit vor einer Strafe geschützt. Beim „externen Whistleblowing“ hingegen wendet sich der Hinweisgeber an die Öffentlichkeit, beispielsweise an die Presse. In diesem Fall liegt keine Einwilligung des betroffenen Unternehmens vor, sodass eine Weitergabe des Geheimnisses „unbefugt“ erfolgt ist. Bei einem rein altruistischen Handeln des Whistleblowers, also einem Handeln aus rein ideellen Motiven, kann die Willensrichtung des Handelnden im Einzelfall nicht für eine Strafbarkeit nach § 17 UWG ausreichen . Denn § 17 UWG setzt ein Handeln des Hinweisgebers „zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen“ voraus. Sofern der Hinweisgeber jedoch beispielsweise ein Entgelt von der Presse oder den Strafverfolgungsbehörden entgegengenommen hat, kann dies die Voraussetzungen des § 17 UWG im Einzelfall erfüllen. Es kommt damit für die Strafbarkeit des Whistleblowers entscheidend auf dessen Motive und Tatantriebe an. 13 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 17. Februar 2016 (BGBl. I S. 233) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/uwg_2004/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/18 Seite 7 Für das „externe Whistleblowing“ wird in der Literatur diskutiert, ob Hinweisgeber wegen des allgemeinen Rechtsfertigungsgrunds des Notstands nach § 34 des Strafgesetzbuchs (StGB)14 gerechtfertigt gehandelt haben könnten. Danach ist der Täter nicht zu bestrafen, wenn er in einer Gefahrenlage handelt, um diese Gefahr abzuwenden und in einer Abwägung das Rechtsgut, das der Täter durch die Straftat geschützt hat, gegenüber dem beeinträchtigten Schutzgut als höherwertig anzusehen ist. In diesem Zusammenhang wird angeführt, dass der Hinweisgeber durch seine Meldung von Fehlverhalten oder Missständen in einem Unternehmen ein im Vergleich zum Geschäfts- und Betriebsgeheimnis höherwertiges Rechtsgut schützen könnte. Dabei ist jedoch stets zu beachten, dass der Notstand nach § 34 StGB die „Erforderlichkeit“ der Handlung des Täters voraussetzt. Dies bedeutet, dass dem Täter kein milderes Mittel zur Verfügung gestanden haben darf. Beim „externen Whistleblowing“ kann dieses mildere Mittel im Einzelfall die Meldung an das Unternehmen selbst, also das „interne Whistleblowing“, sein.15 1.4. Aktueller Gesetzentwurf der Bundesregierung Im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung hat die Bundesregierung im letzten Jahr einen Gesetzesentwurf für ein „Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG)“16 initiiert, über den im Oktober 2018 erstmals beraten worden ist.17 Dieses Gesetz soll zwar in erster Linie dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen und nicht dem Schutz der Whistleblower dienen. Der Umgang mit Whistleblowern wird aber ebenfalls im Gesetzesentwurf thematisiert. Das Gesetzgebungsverfahren ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen . Der aktuelle Entwurf der Bundesregierung ist an die zuständigen Ausschüsse überwiesen worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht in § 5 GeschGehG bestimmte Rechtfertigungsgründe vor, sofern die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses zum Schutze eines berechtigten Interesses erfolgt.18 Gemäß § 5 Nr. 2 dieses Entwurfes ist die Erlangung, Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses insbesondere dann gerechtfertigt, wenn dies zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens erfolgt. 14 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 14 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/ (englische Fassung mit Stand 10.10.2013 abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_stgb/englisch_stgb.html). 15 Vgl. hierzu ausführlich: Reinbacher, Die Strafbarkeit des Whistleblowings nach § 17 UWG im Lichte der Geheimnisschutzrichtlinier , in: Kriminalpolitische Zeitschrift (KriPoZ), Ausgabe 02/2018, abrufbar unter: https://kripoz.de/2018/03/28/die-strafbarkeit-des-whistleblowings-nach-%C2%A7-17-uwg-im-lichte-der-geheimnisschutzrichtlinie /. 16 Bundestags-Drucksache 19/4724 vom 04. Oktober 2018, http://dip21.bundestag .btg/dip21/btd/19/047/1904724.pdf. 17 Stenografischer Bericht des Deutschen Bundestages zur 55. Sitzung, Plenarprotokoll 19/55 vom 11. Oktober 2018, S. 6070. 18 Bundestags-Drucksache 19/4724 vom 4. Oktober 2018, S. 10. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/18 Seite 8 Hierbei muss die das Geschäftsgeheimnis erlangende, nutzende oder offenlegende Person allerdings in der Absicht handeln, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen. Der Whistleblower würde demzufolge durch § 5 GeschGehG geschützt, weil ein gerechtfertigtes Verhalten nicht mit Strafe bedroht werden kann. Darüber hinaus würde § 5 GeschGehG auch das Entstehen von zivilrechtlichen Ansprüchen gegenüber dem Hinweisgeber verhindern.19 2. Müssen Hinweisgeber vor der Veröffentlichung bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um den gesetzlichen Schutz zu erfahren? Die Voraussetzungen, die der Whistleblower für den gesetzlichen Schutz erfüllen muss, ergeben sich jeweils aus den einschlägigen, oben genannten gesetzlichen Bestimmungen. 3. Wie werden „Hinweisgeber“/„Whistleblower“ nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und nach den Gesetzesentwürfen definiert? Kommt es auf die Motivation der Hinweisgeber an? Der Begriff des „Whistleblowers“ erfährt in Deutschland in keiner gesetzlichen Vorschrift eine genaue Definition. Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung hat bislang keine Begriffsklärung in Bezug auf die sogenannten Hinweisgeber vorgenommen, obgleich die Whistleblower-Problematik das Bundesarbeitsgericht schon einige Male beschäftigt hat.20 Zwar ist allgemein bekannt, dass hierunter bestimmte Personen zu verstehen sind, die in ihrem Arbeitsumfeld, primär aus altruistischen Motiven, gravierende Missstände aufzeigen und somit ihren Arbeitgeber in der Öffentlichkeit bloßstellen.21 Die derzeitige Gesetzeslage in Deutschland verzichtet jedoch auf die Erwähnung des Whistleblowers sowie auf einheitliche nationale Regelungen, was den Schutz dieser Hinweisgeber vor möglichen Nachteilen am Arbeitsplatz aufgrund der von ihnen aufgedeckten Informationen anbelangt. Daraus resultiert, dass Vorschriften, welche sich mit dieser Materie befassen, in verschiedensten Gesetzen – sowohl im Zivilrecht als auch im Öffentlichen Recht – zu finden sind. Die Beweggründe des Hinweisgebers, seine Informationen zu verbreiten, sind für die Strafbarkeit nach § 17 UWG von zentraler Bedeutung. Denn allein wenn der Hinweisgeber „zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen“ handelt, kann der Straftatbestand erfüllt sein. Die Motivation des Hinweisgebers ist damit mitentscheidend für dessen Strafbarkeit. Im Staatsschutzstrafrecht hängt die Strafbarkeit des Landesverrats nach § 94 Abs. 1 StGB entscheidend davon ab, ob der Täter ein Staatsgeheimnis an eine fremde Macht oder ihre Mittelsmänner weitergegeben hat, „um die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine 19 Stenografischer Bericht des Deutschen Bundestages zur 55. Sitzung, Plenarprotokoll 19/55 vom 11. Oktober 2018, S. 6071 (A). 20 BAG vom 3. Juli 2003 – 2 AZR 235/02 – NZA 2004, S. 427. 21 Bug/Beier, Whistleblower, Aktueller Begriff Nr. 06/09 vom 21.01.2009, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Fachbereich WD 6, Arbeit und Soziales (abrufbar unter https://www.bundestag .de/blob/190436/2e01b3a139c2843f2d370f2f6a153323/whistleblower-data.pdf). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/18 Seite 9 fremde Macht zu begünstigen“. Wiederum ist die Motivation des Täters entscheidend für seine Strafbarkeit nach § 94 Abs. 1 StGB. Sofern dieser Beweggrund des Täters nicht vorliegt, kommt jedoch weiterhin eine Strafbarkeit wegen der Offenbarung von Staatsgeheimnissen nach § 95 Abs. 1 StGB in Betracht. Die Strafbarkeit nach § 95 Abs. 1 StGB verzichtet im Vergleich zu § 94 Abs. 1 StGB auf die Motivation des Täters und hat einen geringeren Strafrahmen. Auch der Entwurf des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen geht auch auf die Beweggründe des Whistleblowers ein. So geht aus § 5 Nr. 2 GeschGehG eindeutig hervor, dass der Whistleblower die Motivation haben muss, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen. Der Gesetzentwurf zielt also auf die Gesinnung des Whistleblowers bei der Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses ab.22 Allein die Tatsache, dass objektiv der Schutz eines berechtigten Interesses bejaht werden kann, reicht für die rechtfertigende Wirkung und somit für die Straflosigkeit des Whistleblowers demnach noch nicht aus. 4. Gibt es ein einheitliches Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern? Gibt es Pläne, ein solches Gesetz zu erlassen? In Deutschland gibt es kein einheitliches Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern, die einschlägigen Bestimmungen sind in verschiedenen Gesetzen normiert. Es gab bereits Bestrebungen, den Schutz der Hinweisgeber einheitlich zu regeln, der Gesetzesentwurf eines „Hinweisgeberschutzgesetzes “23 wurde jedoch abgelehnt. Auch mit dem GeschGehG24 soll keine Vereinheitlichung der Schutzvorschriften in einem einzigen Gesetz erfolgen. 5. Gelten die gesetzlichen Bestimmungen (und die Gesetzesentwürfe) zum Schutz von Hinweisgebern sowohl für privatrechtlich beschäftigte Arbeitnehmer als auch für Beschäftigte im öffentlichen Dienst? Soweit der öffentliche Dienst erfasst wird: Sind Beschäftigte der nationalen Sicherheitsbehörden gleichermaßen geschützt? Wie oben dargestellt, gibt es unterschiedliche gesetzliche Regelungen.25 Soweit diese Regelungen an einen bestimmten öffentlichrechtlichen Beschäftigtenstatus anknüpfen, finden sie nur für diesen Personenkreis Anwendung. Eine Differenzierung nach dem Tätigkeitsfeld der Behörde ist nicht ersichtlich. * * * 22 Stenografischer Bericht des Deutschen Bundestages zur 55. Sitzung, Plenarprotokoll 19/55 vom 11. Oktober 2018, S. 6074 (B). 23 Bundestags-Drucksache 17/8567 vom 7. Februar 2012, http://dipbt.bundestag .de/dip21/btd/17/085/1708567.pdf. 24 Siehe oben Gliederungspunkt 1.4. 25 Siehe oben Gliederungspunkte 1.1 bis 1.3.