© 2014 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 257/14 Zur Neufassung von § 108e StGB (Mandatsträgerbestechung) Implikationen für Nebentätigkeiten von Mitgliedern des Deutschen Bundestages Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/14 Seite 2 Zur Neufassung von § 108e StGB (Mandatsträgerbestechung) Implikationen für Nebentätigkeiten von Mitgliedern des Deutschen Bundestages Verfasser: Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 257/14 Abschluss der Arbeit: 17. Dezember 2014 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Der Tatbestand des § 108e StGB 5 2.1. Fordern, Sich-versprechen-Lassen, Annehmen eines ungerechtfertigten Vorteils 5 2.2. Als Gegenleistung für die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung im Auftrag oder auf Weisung 6 2.2.1. Konkrete Unrechtsvereinbarung 6 2.2.2. Bewertung der Begrifflichkeit „im Auftrag oder auf Weisung“ durch die Sachverständigen im Gesetzgebungsverfahren 8 2.2.2.1. Ansicht 1: Primär verdeutlichende Funktion 8 2.2.2.2. Ansicht 2: Materieller Gehalt 8 2.3. Als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder / bei der Wahrnehmung seines Mandates 10 3. Implikationen für Nebentätigkeiten 11 3.1. Grundsatz 11 3.2. Insbesondere: Anwaltliche Tätigkeiten 12 4. Zusammenfassung und Ausblick 13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/14 Seite 4 1. Einleitung Mit Artikel 1 des Achtundvierzigsten Strafrechtsänderungsgesetzes zur Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung1 wurde § 108e StGB2 zum 1. September 2014 neu gefasst: § 108e StGB-alt § 108e StGB-neu Abgeordnetenbestechung (1) Wer es unternimmt, für eine Wahl oder Abstimmung im Europäischen Parlament oder in einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wegen einer Straftat nach Absatz 1 kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen. Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern (1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse , wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für dieses Mitglied oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass es bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse. (3) Den in den Absätzen 1 und 2 genannten Mitgliedern gleich stehen Mitglieder 1. einer Volksvertretung einer kommunalen Gebietskörperschaft, 2. eines in unmittelbarer und allgemeiner Wahl gewählten Gremiums einer für ein Teilgebiet eines Landes oder einer kommunalen Gebietskörperschaft gebildeten Verwaltungseinheit, 3. der Bundesversammlung, 4. des Europäischen Parlaments, 5. einer parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation und 6. eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates. (4) Ein ungerechtfertigter Vorteil liegt insbesondere nicht vor, wenn die Annahme des Vorteils im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mitglieds maßgeblichen Vorschriften steht. Keinen ungerechtfertigten Vorteil stellen dar 1. ein politisches Mandat oder eine politische Funktion sowie 2. eine nach dem Parteiengesetz oder entsprechenden Gesetzen zulässige Spende. (5) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen. 1 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2014 Teil I Nr. 17, ausgegeben zu Bonn am 29. April 2014, S. 410. 2 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/14 Seite 5 Fraglich ist, ob sich aus § 108e StGB aufgrund seiner Neufassung strafrechtliche Risiken für solche Mitglieder des Bundestages ergeben könnten, die „Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art neben dem Mandat“3 nachgehen – etwa als Rechtsanwalt.4 2. Der Tatbestand des § 108e StGB Wie der unter Gliederungspunkt 1 erfolgten Gegenüberstellung der alten und der neuen Fassung von § 108e StGB bereits auf den ersten Blick entnommen werden kann, weist § 108e StGB gegenüber der geänderten Fassung eine stark veränderte Tatbestandsstruktur sowie neue Begrifflichkeiten auf. Sowohl die Auslegung dieser Begriffe als auch die Handhabung der Vorschrift in praxi werden sich daher letztlich erst zukünftig durch die Rechtsprechung sowie vorgelagert die Ermittlungsbehörden ergeben.5 Mit den nachfolgenden Ausführungen kann daher zwangsnotwendig nur eine erste summarische, keine Verbindlichkeit beanspruchende Annäherung an den Inhalt des neuen Tatbestands vor allem unter Heranziehung der Gesetzgebungsmaterialien unternommen werden. 2.1. Fordern, Sich-versprechen-Lassen, Annehmen eines ungerechtfertigten Vorteils Voraussetzung einer Strafbarkeit nach § 108e StGB ist zum einen das „Fordern, Sich-versprechen -Lassen oder Annehmen eines ungerechtfertigten Vorteils“. Ausweislich der Gesetzesbegründung , die sich der Gesetzgeber bei Verabschiedung der Neufassung zu Eigen gemacht hat6, knüpft die Regelung insofern „an die Vorgaben des VN-Übereinkommens gegen Korruption sowie des ER-Strafrechtsübereinkommens an. Nach beiden Instrumenten ist eine Strafbarkeit nur bei ungerechtfertigten Vorteilen („undue advantages“) vorzusehen (vgl. die Artikel 15 und 16 des 3 So der Wortlaut von § 44 Absatz 1 Satz 2 AbgG (Abgeordnetengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 1996 (BGBl. I S. 326), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2014 (BGBl. I S. 906) geändert worden ist). Zur Zulässigkeit von solchen Nebentätigkeiten vgl. nur Sobolewski/Raue, Geldwerte Zuwendungen an Abgeordnete – Rechtslage nach dem Abgeordnetengesetz und den Verhaltensregeln, Infobrief, 29. Juli 2014, abrufbar unter http://www.bundestag.de/blob/294932/da77f9e63b7c3c6d4ae86a39be666c4d/geldwerte -zuwendungen-an-abgeordnete-data.pdf (Stand dieser und nachfolgender Online-Quellen: 16. Dezember 2014). 4 Entsprechende Fragen wurden etwa im Rahmen der Ausschussberatungen der Neufassung von § 108e StGB aufgeworfen , vgl. etwa Protokoll der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung, BT-Drucksache 18/476, 7. Sitzung am 17. Februar 2014, S. 28 ff. sowie 34 ff. (abrufbar unter: http://www.bundestag .de/blob/196222/86bc27d378972efd426c7ddbe05f61ff/05_wortprotokoll-data.pdf). 5 So auch der Sachverständige (SV) Jäckle in der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (oben Fußn. 4), S. 26: „Man muss mit einem unbestimmten Rechtsbegriff arbeiten und muss auch ein bisschen Vertrauen in die Rechtsprechung haben, dass es im Laufe der Zeit … zu der notwendigen Konkretisierung und damit auch Bestimmtheit im Sinne von Artikel 103 Absatz 2 GG kommen wird.“ 6 Siehe Plenarprotokoll 18/18, S. 1383, 1390 D i.V.m. BT-Drs. 18/607, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/14 Seite 6 VN-Übereinkommens gegen Korruption sowie die Artikel 4 und 6 des ER-Strafrechtsübereinkommens ).“7 Wie insbesondere durch den Verweis auf § 108e Absatz 4 StGB deutlich wird, soll mit der Qualifizierung „ungerechtfertigt“ nicht etwa – wie es der Wortlaut nahelegen könnte – die Ebene der Rechtfertigung beschritten, sondern „klar gestellt werden, dass bestimmte Zuwendungen bereits tatbestandlich nicht erfasst sind.“8 Ausdrücklich legt dies auch die Gesetzesbegründung dar: „Tatbestandlich sind nur ungerechtfertigte Vorteile, die insbesondere dann nicht vorliegen , wenn die Annahme eines Vorteils im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mitglieds maßgeblichen Vorschriften steht. Darüber hinaus fehlt es an einem ungerechtfertigten Vorteil auch dann, wenn die Annahme des Vorteils anerkannten parlamentarischen Gepflogenheiten entspricht.“9 Im Kern kommt dem Tatbestandselement „ungerechtfertigt“ damit wohl eher deklaratorische 10 bzw. klarstellende Bedeutung zu: „Damit wird klargestellt, dass es insbesondere im parlamentarischen Raum Zuwendungen gibt, die zulässig sind und die Schwelle zur Strafbarkeit nicht überschreiten. Auf diese Weise wird auch der Unterscheidung zwischen einerseits Amtsträgern, denen jede Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen grundsätzlich verboten ist (siehe z. B. § 71 des Bundesbeamtengesetzes), und andererseits Mandatsträgern, die zur Annahme finanzieller Zuwendungen von außen berechtigt sein können (siehe z. B. für Spenden § 44a Absatz 2 Satz 4 des Abgeordnetengesetzes), Rechnung getragen.“11 2.2. Als Gegenleistung für die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung im Auftrag oder auf Weisung 2.2.1. Konkrete Unrechtsvereinbarung Mit diesem Tatbestandsmerkmal setzt der Gesetzentwurf ausweislich seiner Begründung „eine konkrete Unrechtsvereinbarung voraus. Der Vorteil muss als Gegenleistung dafür gewährt werden , dass der Mandatsträger im Auftrag oder auf Weisung des Vorteilsgebers handelt. Erforderlich ist für eine Strafbarkeit, dass der Mandatsträger sich durch den Vorteil zu seiner Handlung bestimmen lässt und seine innere Überzeugung den Interessen des Vorteilsgebers unterordnet. Ein derartiges Verhalten stünde in Widerspruch zu Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG), nach dem die Abgeordneten an Aufträge und Weisungen gerade nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind (freies Mandat).“12 7 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung, BT-Drs. 18/476, S. 7 (nachfolgend: Gesetzentwurf). 8 SV Heinrich, schriftliche Stellungnahme zur Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (oben Fußn. 4), S. 49 (Hervorhebung nicht im Original, d. Verf.). 9 Gesetzentwurf, BT-Drs. 18/476, S. 6 (Hervorhebung nicht im Original, d. Verf.). 10 So etwa SV Heinrich in der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (oben Fußn. 4), S. 10. 11 Gesetzentwurf, BT-Drs. 18/476, S. 7 (Hervorhebung nicht im Original, d. Verf.). 12 Gesetzentwurf, BT-Drs. 18/476, S. 5 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/14 Seite 7 Die Formulierung knüpfe „an die gleichlautende Formulierung in den Artikeln 2 und 3 des ER- Strafrechtsübereinkommens an bzw. an die Artikel 15 und 16 des VN-Übereinkommens gegen Korruption an. Der ungerechtfertigte Vorteil muss gerade deshalb zugewendet werden, damit das Mitglied sich in einer bestimmten Weise verhält, also „im Auftrag oder auf Weisung“ des Vorteilsgebers handelt. Der Mandatsträger soll gerade durch den ungerechtfertigten Vorteil dazu verleitet werden, im Auftrag oder auf Weisung des Auftraggebers zu handeln. Damit verlangt der Tatbestand eine enge Kausalbeziehung zwischen dem ungerechtfertigten Vorteil und der Handlung des Mitglieds. Für die Strafbarkeit reicht es nicht aus, dass Vorteile nur allgemein für die Mandatsausübung zugewendet werden bzw. das Mitglied wegen der von ihm gemäß seiner inneren Überzeugung vertretenen Positionen einen Vorteil erhält. Die Unterstützung des Mitglieds durch einen Vorteilsgeber ist also nicht strafbar, wenn sie für Handlungen erfolgt, die durch seine innere Überzeugung motiviert und nicht durch die Vorteilsgewährung beeinflusst sind. Die Grenze zur Strafbarkeit wird erst dann überschritten, wenn das Mitglied sich „kaufen lässt“, d. h. wenn es sich den Interessen des Vorteilsgebers unterwirft und seine Handlungen durch die Vorteilsgewährung bestimmt sind („Kommerzialisierung des Mandats“).“13 Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung klargestellt, dass sich die Begrifflichkeit „im Auftrag oder auf Weisung“ zwar im Ursprung am Wortlaut von Artikel 38 GG orientiert, dass sie aber – entsprechend den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen, wonach sich die Auslegung von Begriffen nach dem sie verwendenden Gesetz richtet14 – eigenständig im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs ausgelegt werden soll: „Mit dem Straftatbestand soll die freie Ausübung des Mandats des Abgeordneten geschützt werden. Deshalb knüpft der Tatbestand an die in Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG verwendeten Tatbestandsmerkmale „Aufträge und Weisungen“ an. Nach Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG sind die Abgeordneten nicht an Aufträge und Weisungen gebunden. Zeigt sich ein Abgeordneter dennoch bereit, motiviert durch das Fordern, Sich-Versprechen-Lassen oder Annehmen eines unbilligen Vorteils eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vorzunehmen oder zu unterlassen, widerspricht dies so sehr der Stellung eines unabhängigen Abgeordneten, dass eine Bestrafung dieses Verhaltens zum Schutz der parlamentarischen Willensbildung erforderlich ist. Die Tatbestandsmerkmale „Auftrag“ und „Weisung“ sind weit zu verstehen; erfasst wird jede Handlung, die den Abgeordneten dazu bewegen soll, sich dem Interesse des Auftrag- oder Weisungsgebers zu unterwerfen. Nicht erforderlich ist, dass es sich um einen rechtsgeschäftlichen Auftrag oder eine förmliche Weisung handelt. Die Merkmale sind vielmehr , ebenso wie die Tatbestandsmerkmale „Kaufen“ und „Verkaufen“ in § 108e StGB (vgl. dazu Bundestagsdrucksache 12/1630, S. 7), im Sinne eines allgemeinen Sprachgebrauchs zu verstehen.“15 13 Gesetzentwurf, BT-Drs. 18/476, S. 7. 14 Vgl. nur Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 2. Aufl. 1992, S. 208; Trips-Hebert, JuS 2000, 254, 257. 15 Gesetzentwurf, BT-Drs. 18/476, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/14 Seite 8 2.2.2. Bewertung der Begrifflichkeit „im Auftrag oder auf Weisung“ durch die Sachverständigen im Gesetzgebungsverfahren Seitens der im Rahmen der Ausschussberatungen gehörten Sachverständigen wurde die Bedeutung der Begrifflichkeit „im Auftrag oder auf Weisung“ unterschiedlich bewertet. 2.2.2.1. Ansicht 1: Primär verdeutlichende Funktion Nach einer Auffassung kommt der Formulierung entsprechend der Gesetzesbegründung im Wesentlichen eine verdeutlichende, „deklaratorische“ Funktion zu, indem sie die Unrechtsvereinbarung konkretisiere: „Es kommt darauf an, wie man „im Auftrag oder auf Weisung“ auslegt. Natürlich kann das nicht genauso ausgelegt werden, wie wir es im Grundgesetz haben. Weil es eine ganz andere Zielrichtung hat. Ich verstehe den Begriff eher so, dass es eine Umschreibung ist. Anknüpfend an die Grundgesetzesformulierung, die letztlich die Unrechtsvereinbarung selbst fixiert. Das heißt, wir brauchen jetzt auch keinen Auftragsvertrag oder einen Weisungsvertrag, den wir schriftlich haben. Sondern wir müssen lediglich nachweisen, dass wir diese Unrechtsvereinbarung haben, dass jemand als Abgeordneter eine bestimmte Handlung vornimmt, weil er sich dazu verpflichtet hat. Das verstehe ich unter „Auftrag oder Weisung“. Weil er sich verpflichtet hat durch die Absprache dieses Gegenseitigkeitsverhältnisses „Ich erhalte einen Vorteil , damit ich selbst irgendetwas tue oder unterlasse“. Und damit ist der Begriff meines Erachtens eine Konkretisierung dessen, was wir derzeit als Unrechtsvereinbarung ungeschrieben in den Tatbeständen der §§ 332, 334 StGB haben.“16 2.2.2.2. Ansicht 2: Materieller Gehalt Der Gegenauffassung zufolge kommt der Formulierung „im Auftrag oder auf Weisung“ hingegen nicht in erster Linie deklaratorische Bedeutung zu; mit ihr werde eine weitere materielle Strafbarkeitsanforderung errichtet. So wird zum einen darauf verwiesen, dass die entsprechende Formulierung Rechtsbegriffe verwende , die entsprechend ihrem zivil- bzw. beamtenrechtlichen Inhalt auszulegen seien: „Im Recht haben die Begriffe „Auftrag“ und „Weisung“ einen ganz bestimmten Inhalt. „Auftrag “ ist in § 662 BGB geregelt. Die „Weisung“ gibt es im hierarchischen Verhältnis, vor allem im Beamtenverhältnis. Die Entwurfsbegründung sieht diese Misere und schlägt vor, dass die beiden Begriffe im Sinne eines allgemeinen Sprachgebrauchs, also umgangssprachlich, zu verstehen seien. Was ist das für eine Gesetzestechnik, die dem Rechtsanwender vorschreibt, 16 SV Heinrich in der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (oben Fußn. 4), S. 27. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/14 Seite 9 er möge bitte die Rechtssprache beiseite schieben und lieber die Umgangssprache bemühen ?“17 „Das im Entwurf enthaltene Erfordernis, wonach der Vorteil nicht nur die Gegenleistung für die vorgenommene oder unterlassene Handlung sein soll (Gegenseitigkeitsverhältnis ), sondern auch noch ein Auftrags- oder Weisungsverhältnis zum Vorteilsgeber vorliegen muss, legt die Latte für das Bestehen einer Unrechtsvereinbarung deutlich zu hoch. Vergleichbares kennen weder die ausländischen Strafgesetze noch die UN-Konvention bzw. die Europaratskonvention. Vielmehr begnügen diese sich sämtlich mit dem Erfordernis des Vorliegens eines „Gegenseitigkeitsverhältnisses“.18 Zum anderen wurde die Auffassung vertreten, dass aus der vom geltenden Strafrecht abweichenden Formulierung geschlossen werden müsse, dass mit ihr im Vergleich zur herkömmlichen Schwelle für Unrechtsvereinbarungen erhöhte Voraussetzungen etabliert würden: „Hier (bei der Formulierung „im Auftrag oder auf Weisung“, Anm. d. Verf.) geht es im Prinzip um die Unrechtsvereinbarungen, die geschlossen werden sollen. Und diese Unrechtsvereinbarung ist in der Rechtsprechung schon ziemlich gut geklärt und zwar in § 331 StGB. Und § 331 StGB wurde 1997 nochmals überarbeitet. Da gab es ein Korruptionsbekämpfungsgesetz. Und da gab es eine Formulierung, die sich auch wieder in diesem Entwurf findet, nämlich „als Gegenleistung dafür“. Und wir plädieren dafür – das haben Sie richtig verstanden –, beide Formulierungen ersatzlos zu streichen, weil die Unrechtsvereinbarung sich eben schon aus der Rechtsprechung zu § 331 StGB ergibt. Ich habe das in der schriftlichen Stellungnahme auch ausgeführt. Damals hat der Rechtsausschuss gesagt – es geht in diesem Fall wohlgemerkt um Beamte und Amtsträger, Abgeordnete waren damals schon ausgenommen: „Um die strafwürdigen und strafbedürftigen Fälle zu erfassen, bei denen die Annahme oder Gewährung eines Vorteils als Gegenleistung für eine Diensthandlung nicht nachgewiesen werden kann, wird der Straftatbestand der Vorteilsannahme daher dahin gehend geändert, dass künftig bereits das Fordern, Sichversprechenlassen und Annehmen von Vorteilen für die Dienstausübung unter Strafe gestellt wird.“ Mit dieser Formulierung wird klargestellt, dass weiterhin eine Beziehung zwischen der Vorteilsannahme und der Diensthandlung des Amtsträgers bestehen muss. Lediglich eine hinreichend bestimmte Diensthandlung als Gegenleistung muss nicht mehr nachgewiesen werden.“ Das bedeutet also, dass auch ohne die Worte „als Gegenleistung“ oder „im Auftrag“, „auf Weisung“ auf jeden Fall eine Unrechtsvereinbarung bestehen muss. Aber sie muss nicht mehr so scharf sein und so eng sein, wie Sie das gerne für sich hätten.“19 17 SV Jäckle in der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (oben Fußn. 4), S. 11. 18 SV Jäckle, schriftliche Stellungnahme zur Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (oben Fußn. 4), S. 98. Entsprechend auch ders., ZRP 2014, 121, 122 f. Gegen diese Kritik („wenig überzeugend “) Hoven, Zeitschrift für internationale Strafrechtsdogmatik (ZIS) 2013, 33, 41. 19 SV Hackmack in der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (oben Fußn. 4), S. 32 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/14 Seite 10 2.3. Als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder / bei der Wahrnehmung seines Mandates Ausweislich der Gesetzesbegründung beschränkt dieses Tatbestandsmerkmal die mögliche Strafbarkeit auf solches Verhalten, das sich im Rahmen der parlamentarischen Arbeit im Plenum des Bundestages, den Bundestagsausschüssen und den Arbeitskreisen bzw. Arbeitsgruppen der Fraktionen abspielt – und erfasst damit insbesondere nicht Nebentätigkeiten der Mandatsträger: „Die vorzunehmende oder zu unterlassende Handlung muss „bei der Wahrnehmung des Mandats“ erfolgen. Erfasst sind sämtliche Tätigkeiten in den Parlaments- und Fraktionsgremien , also Tätigkeiten im Rahmen der parlamentarischen Arbeit im Plenum, den Bundestagsausschüssen und den Arbeitskreisen und Arbeitsgruppen der Fraktionen. Erfasst sind auch Tätigkeiten in Gremien, die der Bundestag ganz oder teilweise besetzt und die parlamentarische Aufgaben wahrnehmen, wie z. B. Vermittlungsausschuss, Gemeinsamer Ausschuss oder Richterwahlausschuss. Nicht erfasst sind Verhaltensweisen, die der Mandatsträger als Mitglied eines parteiinternen Gremiums oder im Rahmen einer Nebentätigkeit vollzieht.“20 Seitens der in den Ausschussberatungen gehörten Sachverständigen wurde begrüßt, dass durch die entsprechende Ausgestaltung des Tatbestands zum einen klargestellt werde, dass sich das fragliche Verhalten nicht auf das Plenum beschränken müsse, zum anderen aber deutlich niedergelegt werde, dass das Agieren eines Mandatsträgers im Rahmen einer Nebentätigkeit oder auch das politische Engagement im Wahlkreis hiervon nicht erfasst sei21: „Insoweit sind durch diesen Begriff sämtliche Tätigkeiten erfasst, die im Rahmen der parlamentarischen Arbeit im Plenum, den Ausschüssen, aber auch den Arbeitskreisen und Fraktionen vorgenommen werden. Darüber hinaus sind Tätigkeiten erfasst, die der Mandatsträger gerade in seiner Eigenschaft als Mandatsträger wahrnimmt, also z.B. in der Bundesversammlung , im Vermittlungsausschuss, dem Gemeinsamen Ausschuss oder dem Richterwahlausschuss . Auch Tätigkeiten außerhalb des parlamentarischen Gremiums können im Ausnahmefall erfasst sein, wenn diese gerade Ausfluss seiner Mandatstätigkeit sind. Nicht erfasst sind hingegen Verhaltensweisen, die der Mandatsträger als Mitglied eines parteiinternen Gremiums (z.B. im Rahmen von Parteitagsbeschlüssen) oder im Rahmen seiner (zulässigen) Nebentätigkeit vollzieht. Auch dann, wenn er lediglich seine „Autorität“ als Mandatsträger dazu einsetzt, Verwaltungsabläufe in seinem Wahlkreis zu beeinflussen, handelt er nicht mehr „bei Wahrnehmung seines Mandats.“22 20 Gesetzentwurf, BT-Drs. 18/476, S. 8. 21 Vgl. SV Wimmer in der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (oben Fußn. 4), S. 39; SV Jäckle, ebendort S. 26. 22 SV Heinrich, schriftliche Stellungnahme zur Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (oben Fußn. 4), S. 50. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/14 Seite 11 Praktiker wiesen in diesem Kontext allerdings darauf hin, dass nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, dass die Gewährung eines Vorteils im Zusammenhang mit einer außerparlamentarischen Tätigkeit im Einzelfall Anlass zu staatsanwaltlichen Ermittlungen geben könnte.23 3. Implikationen für Nebentätigkeiten 3.1. Grundsatz Bereits der Wortlaut des neugefassten § 108e StGB bringt, indem er auf das Handeln „als Mitglied einer Volksvertretung“ sowie „bei der Wahrnehmung seines Mandates“ abstellt, deutlich zum Ausdruck, dass jedwede Tätigkeit, die ein Mandatsträger in einer anderen als der besagten Funktion ausübt, nicht von § 108e StGB erfasst sein soll. Dieser bereits dem Wortlaut zu entnehmende Gehalt des Tatbestands wird durch die oben zitierten Passagen aus der Gesetzesbegründung bestätigt .24 Aufgrund dessen ist nach derzeitiger Quellenlage nicht ersichtlich, dass sich aus der Neuregelung materiellrechtliche Einschränkungen der Nebentätigkeiten von Mandatsträgern ergeben würden. Auch ist nicht ersichtlich, dass sich aus der Formulierung „im Auftrag oder auf Weisung“ etwas anderes ergeben könnte. Insbesondere dürfte aus ihr nicht abgeleitet werden können, dass jeder Mandatsträger bereits dadurch, dass er im Rahmen einer Nebentätigkeit einen Auftrag im Sinne des Zivilrechts annimmt oder – etwa im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses – weisungsgebunden handelt, bereits jenen Teil des Tatbestands des § 108e StGB erfüllte. Hierfür spricht, dass die Formulierung „im Auftrag oder auf Weisung“ in Anbetracht der Gesetzesbegründung wie gesehen gerade nicht als Rechtsbegriff des Zivil-, Arbeits- oder Beamtenrechts zu verstehen, sondern autonom zu qualifizieren sein soll.25 Zum anderen stellt das „Handeln im Auftrag oder auf Weisung“ wie gesehen wohl auch bereits kein isoliertes Tatbestandsmerkmal dar, sondern ist lediglich ein Teilelement der so genannten „konkreten Unrechtsvereinbarung“, also des Handelns als Gegenleistung für die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung im Auftrag oder auf Weisung.26 23 SVe Michalke in der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (oben Fußn. 4), S. 14. 24 S. o. Fußn. 20. 25 S. o. bei Fußn. 14. 26 Vgl. oben Gliederungspunkt 2.2.1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/14 Seite 12 3.2. Insbesondere: Anwaltliche Tätigkeiten Der Anwaltsvertrag ist regelmäßig27 ein Dienstvertrag in Gestalt eines Geschäftsbesorgungsvertrages (§ 675 BGB28), mit dem sich der Anwalt zur Erbringung anwaltstypischer Leistungen verpflichtet .29 Um zu bestimmen, was anwaltstypische Leistungen sind, wird auf § 3 Absatz 3 BRAO30 rekurriert. Maßgeblich ist mithin die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten aller Art. Nicht erforderlich für das Vorliegen eines Anwaltsvertrages ist dabei, dass die rechtsberatende Tätigkeit den Hauptanteil oder auch nur den größeren Teil einer Gesamtheit von Beratungsleistungen darstellt; ausreichend ist vielmehr bereits, dass die rechtsberatende Tätigkeit nicht gegenüber berufsfremden Tätigkeiten völlig in den Hintergrund tritt.31 Vertragliche Hauptpflicht des Anwaltes ist, die von ihm zugesagte Tätigkeit auszuführen.32 Im Rahmen des Anwaltsvertrages treffen den Anwalt weitreichende Pflichten: „Der Anwalt hat den Mandanten allgemein , umfassend und möglichst erschöpfend zu beraten. Dabei muss der Anwalt die geeigneten Schritte zur Erreichung des Ziels vorschlagen, voraussehbare rechtliche Nachteile für den Auftraggeber vermeiden und den Mandanten über mögliche wirtschaftliche Gefahren belehren.“33 Der Rechtsanwalt ist im Rahmen des Anwaltsvertrags grundsätzlich auch an „Weisungen“ gebunden (§§ 675, 665 BGB).34 Die Weisungsgebundenheit ist dabei jedoch in zweierlei Hinsicht beschränkt : Zum einen ist eine Weisung dann unbeachtlich, wenn sie sich nicht mehr im Rahmen des erteilten Auftrags bewegt: „Der Auftraggeber darf keine Weisungen erteilen und der Beauftragte braucht keine Weisungen zu befolgen, die außerhalb des Auftragsgegenstands liegen.“35 Zum anderen sind Weisungen aber auch dann unwirksam, wenn sie zu verbotenem (§ 134 BGB), unsittlichem (§§ 138, 826 BGB) oder unzumutbarem (§ 242 BGB) Tun verpflichten sollen.36 27 Ausnahmsweise kann – etwa bei der Erstellung von Gutachten – auch ein Werkvertrag vorliegen, vgl. Hamm, in: Büchting/Heussen (Hrsg.), Rechtsanwaltshandbuch, 10. Aufl. 2011, § 50 Rdn. 1 m.w.N. 28 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Juli 2014 (BGBl. I S. 1218) geändert worden ist. 29 Hamm, in: Büchting/Heussen (Hrsg.), Rechtsanwaltshandbuch, 10. Aufl. 2011, § 50 Rdn. 1. 30 Bundesrechtsanwaltsordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 303-8, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786) geändert worden ist. 31 Heermann, in: Säcker/Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 675 Rdn. 26; Hamm, in: Büchting/Heussen (Hrsg.), Rechtsanwaltshandbuch, 10. Aufl. 2011, § 50 Rdn. 2 f. 32 Heermann, in: Säcker/Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 675 Rdn. 27. 33 Hamm, in: Büchting/Heussen (Hrsg.), Rechtsanwaltshandbuch, 10. Aufl. 2011, § 50 Rdn. 17. 34 Heussen, NJW 2014, 1786, 1787; Ullrich, MDR 2009, 1017 m.w.N. 35 Ullrich, MDR 2009, 1017, 1019. 36 Ullrich, MDR 2009, 1017, 1019. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 257/14 Seite 13 Zwar wäre es entsprechend dem Grundsatz der autonomen Begriffsbestimmung37 für die Bewertung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines „Auftrags oder einer Weisung“ im Sinne des § 108e StGB grundsätzlich unbeachtlich, dass eine rechtswidrige Weisung seitens eines Mandanten im Rahmen eines Anwaltsvertrages zivilrechtlich keine Bindung entfaltete; ausschlaggebend ist jedoch auch hier, dass das Merkmal „Auftrag oder Weisung“ wohl nicht isoliert zu beurteilen ist, sondern letztlich das Vorliegen einer konkreten Unrechtsvereinbarung ausschlaggebend ist.38 Insofern ist nicht ersichtlich, dass in dieser Hinsicht für die Nebentätigkeit als Rechtsanwalt materiellrechtlich etwas anderes als für sonstige Nebentätigkeiten gelten würde. 4. Zusammenfassung und Ausblick Wie bereits betont39 kann die tatsächliche Handhabung einer neuen Strafnorm seitens der Staatsanwaltschaften und Gerichte zwangsläufig durch eine bloße Analyse von Wortlaut und Genese der neuen Rechtslage nicht mit Bestimmtheit vorhergesagt werden. Zwar lässt eine Betrachtung des neuen Straftatbestands der Mandatsträgerbestechung unter Einbeziehung der zurzeit vorliegenden Quellen – vornehmlich aus dem Gesetzgebungsprozess – es als nicht wahrscheinlich erscheinen , dass sich aus der Neufassung signifikant erhöhte materiell-strafrechtliche Risiken im Zusammenhang mit durch Mandatsträger ausgeübten Nebentätigkeiten ergeben; allerdings wurde im Rahmen der Ausschussberatungen seitens der Sachverständigen die Schwelle, ab welcher die Möglichkeit staatsanwaltlicher Ermittlungen besteht, durchaus unterschiedlich beurteilt: Während etwa zum Teil darauf hingewiesen wurde, dass durch entsprechende Formulierungen der „Gefahr einer vorschnellen Aufnahme von Ermittlungsverfahren entgegengewirkt“ worden sei40, wurde von anderer Seite betont, dass es in Anbetracht der zum Teil auslegungsbedürftigen Begrifflichkeiten durchaus möglich sei, dass eine Staatsanwaltschaft gestützt auf § 108e StGB ein Ermittlungsverfahren einleitet, auch wenn das Vorliegen objektiver Anhaltspunkte fraglich erscheine .41 37 S. o. bei Fußn. 14. 38 S. o. Gliederungspunkt 3.1. 39 S. o. unter Gliederungspunkt 2. 40 SV Heinrich in der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (oben Fußn. 4), S. 9. 41 Vgl. etwa SVe Michalke in der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (oben Fußn. 4), S. 25, 35.