Deutscher Bundestag Einzelfragen zur Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand Grundlagen, Schwellenwerte, Rahmenvereinbarungen und Rechtsschutz Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 239/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 239/11 Seite 2 Einzelfragen zur Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand Grundlagen, Schwellenwerte, Rahmenvereinbarungen und Rechtsschutz Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 239/11 Abschluss der Arbeit: 20. Oktober 2011 Fachbereich: WD 7: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 239/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Was regelt das Vergaberecht, wer ist Adressat und welche Rechtsgrundlagen gibt es? 4 2. Welche Schwellenwerte gelten für die Notwendigkeit einer öffentlichen Ausschreibung? 6 3. Wie wird das mögliche Erreichen des Schwellenwerts ermittelt, wenn innerhalb eines Jahres an den gleichen Unternehmer mehrere Aufträge vergeben werden? 6 4. Wie wirkt es sich aus, wenn das Auftragsvolumen auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung auf eine Vielzahl von Einzelbeauftragungen verteilt wird? 7 5. Lässt sich das Erreichen des Schwellenwerts durch mehrere parallel laufende identische Rahmenvereinbarungen umgehen? 7 6. Wie wirkt es sich aus, wenn Dienstleistungen an verschiedene Auftragnehmer mit derselben Rahmenvereinbarung vergeben werden sollen? 7 7. Welche Auswirkungen hat die Nichtbeachtung der Vergaberichtlinien auf die Gültigkeit der Rahmenverträge? 8 8. Gibt es Richtlinien und Gesetze, die sozialversicherungsrechtliche Aspekte bei der Vergabe von Dienstleistungen zum Gegenstand haben? 8 9. Welche nationalen und europäischen Behörden sind für die Überprüfung der Einhaltung des Vergaberechts zuständig? 8 10. Wie wird die Nichteinhaltung des Vergaberechts sanktioniert? 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 239/11 Seite 4 1. Was regelt das Vergaberecht, wer ist Adressat und welche Rechtsgrundlagen gibt es? Grob umrissen ist unter dem Begriff des „Vergaberechts“ die Gesamtheit an Regelungen zu verstehen , die dem Staat, seinen Untergliederungen oder sonstigen öffentlichen Auftraggebern ein bestimmtes Vorgehen beim Kauf von Gütern und bei der Inanspruchnahme von Leistungen vorschreiben .1 Der Erwerb von Gütern und Leistungen ist dabei weit zu verstehen, sodass alle Vertragsschlüsse erfasst werden, bei denen der Staat auf dem Markt entgeltlich als Nachfrager auftritt .2 Klassische Beispiele stellen die Beauftragung eines Architekten beim Bau öffentlicher Gebäude , die Deckung des Eigenbedarfs staatlicher Institutionen und Einkäufe staatlicher Versorgungsunternehmen dar.3 Hinter dem Vergaberecht stehen zwei Zielsetzungen: einerseits soll es traditionell öffentliche Ressourcen schonen und im Sinne einer wirtschaftlichen Haushaltsführung des Staates einen verantwortungsvollen Umgang mit den Steuern und Gebühren der Bürger garantieren.4 Andererseits steht hinter dem Vergaberecht – insbesondere durch die zunehmende Einflussnahme europäischen Rechts – auch der Gedanke der Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs zwischen konkurrierenden Anbietern, speziell gegenüber Anbietern aus anderen EU-Mitgliedsstaaten.5 Die Rechtsquellen des Vergaberechts liegen im nationalen Recht und im Recht der Europäischen Union. Aus den Grundfreiheiten nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), d. h. aus dem primären EU-Recht, werden allgemeine Grundsätze abgleitet, zu denen insbesondere das Wettbewerbsprinzip sowie das Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot gehören .6 Darüber hinaus bestehen europäische Vorgaben auch im Bereich des Sekundärrechts in Form von Richtlinien, von denen speziell die Richtlinie über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge7 und die Richtlinie zur Koordinierung zur Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste8 nennen sind. In den Anwendungsbereich der Richtlinien fallen jedoch nur Aufträge, die bestimmte, in den Richtlinien geregelte und von der Kommission durch Verordnungen laufend aktualisierte Schwellenwerte erreichen.9 1 Jasper/Marx, Vergaberecht, 13. Auflage, 2010, S. IX; Zeiss, in: juris Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage, 2011, Einleitung VergR Rn. 84; Ziekow, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 2. Auflage, 2010, § 9 Rn. 1. 2 Jasper/Marx (Fn. 1), S. IX f.; Zeiss (Fn. 1), Einleitung VergR Rn. 85. 3 Jasper/Marx (Fn. 1), S. X; mit weiteren Beispielen Zeiss (Fn. 1), Einleitung VergR Rn. 86. 4 Jasper/Marx (Fn. 1), S. XI. 5 Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 1. 6 Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 5. 7 RL 2004/18/EG vom 31.3.2004, ABl. Nr. L 134/114. 8 RL 2004/17/EG vom 31.3.2004, ABl. Nr. L 134/1. 9 Im Einzelnen vgl. Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 3 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 239/11 Seite 5 Das deutsche Recht regelt die Vergabe ab Erreichen der EU-rechtlich vorgegebenen Schwellenwerte durch die §§ 97 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und die aufgrund des GWB erlassene Vergabeverordnung (VgV).10 Deren Anforderungen werden durch die sog. Vergabe- und Vertragsordnungen – die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A), die Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen (VOF) und die Vergabe- und Vertragsordnung für sonstige Leistungen Teil A (VOL/A) – ergänzt und ausgefüllt.11 Im Sektorenbereich , d. h. bei der Auftragsvergabe im Zusammenhang mit der Trinkwasser- und Energieversorgung sowie im Bereich des Verkehrs, besteht eine einheitliche Regelung auf Verordnungsebene , die sog. Sektorenverordnung (SektVO), durch die die Vergabeordnungen verdrängt werden.12 Im Übrigen, d. h. speziell unterhalb der europarechtlich vorgegebenen Schwellenwerte, bestehen Vorgaben in den Haushaltsordnungen des Bundes, der Länder und anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften.13 Teilweise verweisen auch diese Regelungen auf die Vergabe- und Vertragsordnungen oder es existieren spezielle landesrechtliche Vergabegesetze, die diese in Bezug nehmen .14 Darüber hinaus können im Einzelfall auch andere Regelungen in Vergabeverfahren eine Rolle spielen.15 Adressaten des Vergaberechts sind die nachfragenden öffentlichen Auftraggeber. Oberhalb der europäischen Schwellenwerte gilt für den Begriff des öffentlichen Auftraggebers die Legaldefinition des § 98 GWB. Danach fallen nicht nur institutionelle öffentliche Auftraggeber, d. h. die Gebietskörperschaften in Gestalt von Bund, Ländern und Kommunen und deren Sondervermögen , unter den Begriff, sondern auch funktionale öffentliche Auftraggeber, worunter juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts zu verstehen sind, die eine gewisse Staatsnähe aufweisen und gegründet wurden, um im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen.16 Unterhalb der Schwellenwerte sind die Definitionen der jeweils geltenden Regelungen, insbesondere die der Haushaltsordnungen, maßgeblich, die teilweise allerdings auch auf § 98 GWB Bezug nehmen.17 Der Auftragnehmer muss ein Unternehmen sein. Spiegelbildlich zum Begriff des öffentlichen Auftraggebers wird auch bei der Interpretation des Unternehmensbegriffs nicht rein auf die for- 10 Dazu Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 6. 11 Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 6; Jasper/Marx (Fn. 1), S. XI. 12 Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 7. 13 Darstellung bei Jasper/Marx (Fn. 1), S. XI. 14 Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 11. 15 Übersicht bei Zeiss (Fn. 1), Einleitung VergR Rn.139 ff., 191 ff. 16 Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 41 ff.; vgl. auch Jasper/Marx (Fn. 1), S. XIX ff., die auch die teilweise Einbeziehung privater Auftraggeber beschreiben. 17 Jasper/Marx (Fn. 1), S. XVIII; Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 51. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 239/11 Seite 6 mal privatrechtliche Rechtsnatur des Akteurs abgestellt; auch eine öffentliche Institution oder Einrichtung kann als Unternehmen angesehen werden.18 2. Welche Schwellenwerte gelten für die Notwendigkeit einer öffentlichen Ausschreibung? Die Art des Vergabeverfahrens hängt zunächst davon ab, ob der jeweilige Auftragswert die europarechtlichen Schwellenwerte erreicht. Die Schwellenwerte bestimmen sich nach den Angaben der §§ 2, 3 VgV bzw. §§ 1, 2 SektVO, die wiederum den aktuellen Vorgaben durch Verordnungen der Europäischen Kommission entsprechen bzw. auf diese verweisen.19 Ab Erreichen dieser Schwellenwerte bestimmt sich das Vergabeverfahren nach § 101 GWB, wonach vier Verfahrenstypen zu unterscheiden sind: das offene Verfahren, das nicht offene Verfahren , das Verhandlungsverfahren und der wettbewerbliche Dialog.20 Ähnlich unterscheidet auch § 6 SektVO offene Verfahren, nicht offene Verfahren mit Bekanntmachung und Verhandlungsverfahren mit Bekanntmachung für Aufträge, die in den Anwendungsbereich der SektVO fallen. Unterhalb der Schwellenwerte erfolgt die Auftragsvergabe im Wege der öffentlichen Ausschreibung , der beschränkten Ausschreibung und der freihändigen Vergabe.21 Die öffentliche Ausschreibung und das offene Verfahren stellen den Regelfall der Auftragsvergabe dar und entsprechen sich im Wesentlichen, wobei die öffentliche Ausschreibung hinsichtlich der lokalen Bekanntmachungsweite und der Angebotsfrist mit weniger strengen Anforderungen verbunden ist als das offene Verfahren.22 3. Wie wird das mögliche Erreichen des Schwellenwerts ermittelt, wenn innerhalb eines Jahres an den gleichen Unternehmer mehrere Aufträge vergeben werden? Der für die Schwellenwerte maßgebliche Wert ist die Gesamtvergütung für einen Auftrag ohne Einbeziehung der Umsatzsteuer, die vorab zu schätzen ist, vgl. §§ 3 Abs. 1 VgV, 2 SektVO.23 Versuche , eine europaweite Ausschreibung dadurch zu umgehen, dass durch taktische Aufteilungen von Aufträgen die europäischen Schwellenwerte unterschritten werden, unterbinden §§ 3 Abs. 2 VgV, 2 Abs. 2 SektVO.24 18 Im Einzelnen Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 52. 19 Die derzeit geltende Fassung der §§ 2, 3 VgV, 1, 2 SektVO ist im Anhang abgedruckt. Ausführlich zur VgV Lausen (Fn. 19), § 1 VgV bis § 3 VgV. 20 Im Einzelnen vgl. § 101 Abs. 1 – 5 GWB. Siehe auch Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 69. 21 Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 70. 22 Einzelheiten bei Dageförde, Einführung in das Vergaberecht, Rn. 99 ff. 23 Im Einzelnen Lausen (Fn.19), § 3 VgV Rn. 7 ff. 24 Siehe auch Jasper/Marx (Fn. 1), S. XXV f.; Lausen (Fn.19), § 3 VgV Rn. 45 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 239/11 Seite 7 4. Wie wirkt es sich aus, wenn das Auftragsvolumen auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung auf eine Vielzahl von Einzelbeauftragungen verteilt wird? Rahmenvereinbarungen sind rechtlich bindende Vereinbarungen zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem oder mehreren Unternehmen über die Bedingungen für künftige Einzelaufträge , die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen.25 Auch Rahmenvereinbarungen fallen unter den Begriff des öffentlichen Auftrags gem. § 98 GWB, sodass auch für sie grundsätzlich die allgemeinen Regelungen gelten.26 Das bedeutet insbesondere, dass der Auftragswert nach §§ 3 VgV, 2 SektVO zu schätzen ist. Dafür muss die Rahmenvereinbarung das Auftragsvolumen so genau wie möglich erkennen lassen, vorzugsweise unter Angabe von Mindest - und Höchstabnahmemengen, im Übrigen durch eine Schätzung der voraussichtlichen Abnahmemengen .27 Um missbräuchlichen Ausgestaltungen vorzubeugen, dürfen Rahmenverträge bestimmte Höchstlaufzeiten nicht überschreiten und substantielle Veränderungen der Vertragsbedingungen bei der eigentlichen Vergabe der Einzelaufträge sind ausgeschlossen.28 § 9 Abs. 2 SektVO bestimmt zudem, dass für den Fall einer Rahmenvereinbarung, die ohne Bekanntmachungen vergeben wurde, bei der Vergabe der Einzelaufträge dann jeweils eine Bekanntmachung erfolgen muss.29 5. Lässt sich das Erreichen des Schwellenwerts durch mehrere parallel laufende identische Rahmenvereinbarungen umgehen? Vgl. dazu Frage 3. 6. Wie wirkt es sich aus, wenn Dienstleistungen an verschiedene Auftragnehmer mit derselben Rahmenvereinbarung vergeben werden sollen? Ein öffentlicher Auftraggeber muss sich in einer Rahmenvereinbarung nicht exklusiv an ein bestimmtes Unternehmen binden, sondern kann mehrere Unternehmen in die Vereinbarung miteinbeziehen. Bei der konkreten Vergabe von Einzelleistungen ist sodann ein Wettbewerb durchzuführen.30 25 Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern, Unterlage für Ausschreibung und Bewertung von IT- Leistungen (UfAB V), S. 47. 26 Wegener, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 2011, § 99 GWB Rn. 42; vgl. auch Schrotz, ebda., § 4 EG VOL/A Rn. 35 ff. 27 Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern (Fn. 25), S. 47 f. 28 Wegener (Fn. 26), § 99 GWB Rn. 43. 29 Dazu Zeiss, juris Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage, 2011, § 9 SektVO Rn. 19 ff. 30 Zeiss (Fn. 29), § 9 SektVO Rn. 17; im Einzelnen auch Schrotz (Fn. 26), § 4 EG VOL/A Rn. 103 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 239/11 Seite 8 7. Welche Auswirkungen hat die Nichtbeachtung der Vergaberichtlinien auf die Gültigkeit der Rahmenverträge? Auch bei Verstößen gegen vergaberechtliche Vorschriften gelten für Rahmenverträge die allgemeinen Regelungen. Die Fehler können zumindest bei Überschreitung der europäischen Schwellenwerte durch unterlegene oder nicht einbezogene Bieter durch das Nachprüfungsverfahren gem. §§ 102 ff. GWB gerügt werden, wobei unter bestimmten Voraussetzungen auch Schadensersatzforderungen begründet sein können, vgl. dazu § 126 GWB.31 Zudem ist die Vereinbarung unter den Voraussetzungen des § 101b GWB als unwirksam anzusehen .32 Unter Umständen kann auch die Nichtigkeit nach allgemeinen Grundsätzen, d. h. §§ 134, 138 BGB oder eine Vertragsauflösung gem. §§ 313, 314 BGB in Betracht kommen.33 8. Gibt es Richtlinien und Gesetze, die sozialversicherungsrechtliche Aspekte bei der Vergabe von Dienstleistungen zum Gegenstand haben? § 97 Abs. 4 S. 2 GWB bestimmt: „Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Andere oder weitergehende Anforderungen dürfen an Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist.“ Zu den dabei zugelassenen sozialen Erwägungen zählen insbesondere Tariftreueverpflichtungen , die Beschäftigung (Langzeit-)Arbeitsloser und die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen , allerdings nur insoweit die Berücksichtigung dieser Ziele nicht der Wirtschaftlichkeit und einem fairen Wettbewerb bei der Vergabe entgegensteht und mit dem EU-Recht vereinbar ist.34 9. Welche nationalen und europäischen Behörden sind für die Überprüfung der Einhaltung des Vergaberechts zuständig? Primär unterliegt die Überprüfung der Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften nach § 102 GWB den sog. Vergabekammern, d. h. Behörden des Bundes bzw. der Länder, vgl. § 104 ff. GWB. Dies gilt allerdings unmittelbar lediglich für Aufträge oberhalb der europäischen Schwellenwerte , bei deren Vergabe die Auftragnehmer einen Anspruch auf die Einhaltung der vergaberechtlichen Regelungen haben, vgl. § 97 Abs. 7 GWB. Gegen die Entscheidungen der Vergabekammern ist gem. §§ 116 GWB die sofortige Beschwerde bei den Vergabesenaten der Oberlandesgerichte statthaft. 31 Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 88 ff.; vgl. auch Zeiss, Fn. 1, Einleitung VergR Rn. 99 ff. 32 Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 85 f. 33 Auch dazu Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 87, allerdings mit der Ablehnung der Anwendbarkeit von § 134 BGB. 34 Ausführlich Fehling, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 2011, § 97 Rn. 133 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 239/11 Seite 9 Unterhalb dieser Auftragswerte fehlt eine ausdrückliche Rechtsschutzregelung. Gleichwohl wird auch hier Rechtsschutz gewährt, der nach überwiegender Ansicht in der Regel in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fällt.35 Im Übrigen können (vermeintlich) benachteiligte Unternehmen zudem die Fach- bzw. Rechtsaufsicht der handelnden öffentlichen Auftraggeber einschalten sowie sich an die Europäische Kommission wenden.36 10. Wie wird die Nichteinhaltung des Vergaberechts sanktioniert? Werden die Regelungen des Vergaberechts verletzt, kann dies die Nichtigkeit bereits geschlossener Verträge sowie Schadensersatzansprüche gegenüber den öffentlichen Auftraggebern zur Folge haben (vgl. o. Frage 7). Während der Nachprüfungsverfahren vor den Vergabekammern ist ferner gem. § 115 Abs. 1 GWB das Vergabeverfahren gehemmt. Ausnahmsweise ist zudem ein Vorgehen direkt gegen den Wettbewerber, der den Zuschlag erhalten hat, möglich, sofern sich diesem ein unlauteres Verhalten vorwerfen lässt.37 35 Zeiss (Fn. 1), Einleitung VergR Rn. 106 ff.; Ziekow (Fn. 1), § 9 Rn. 96. 36 Zeiss (Fn. 1), Einleitung VergR Rn. 137. 37 Zeiss (Fn. 1), Einleitung VergR Rn. 136.