Mietobergrenzen bei Neuvermietung von Wohnraum - Ausarbeitung - © 2008 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 238/08 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Mietobergrenzen bei Neuvermietung von Wohnraum Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 238/08 Abschluss der Arbeit: 17.12.2008 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. - Zusammenfassung - Die Vermietung von Wohnraum ist von starken Interessengegensätzen gekennzeichnet. Den Eigentumsrechten und Renditeerwartungen des Vermieters steht das Bedürfnis der Mieter nach angemessenem und bezahlbarem Wohnraum gegenüber. Vor diesem Hintergrund sind insbesondere Regelungen über die Miethöhe von wesentlicher Bedeutung, da sie weite Teile der Bevölkerung unmittelbar betreffen und erheblichen Einfluss auch auf soziale Entwicklungen haben. Das Zivilrecht ist durch das Prinzip der Vertragsfreiheit gekennzeichnet. Dementsprechend sieht das Bürgerliche Gesetzbuch keine unmittelbaren Begrenzungen der zwischen den Parteien eines Mietvertrages zu vereinbarenden Miete vor. Der Gesetzgeber geht vielmehr davon aus, dass beide Parteien im Rahmen eines ausgeglichenen Kräfteverhältnisses die Möglichkeit haben, ihre jeweiligen Interessen durchzusetzen und so zu einem angemessenen Ausgleich zu gelangen. Eine absolute Grenze hinsichtlich Vereinbarungen über die Miethöhe bei Neuvermietungen sieht allerdings § 5 Wirtschaftsstrafgesetz in Verbindung mit § 134 BGB vor. Danach ist die zulässige Miethöhe unter bestimmten Voraussetzungen auf 120 % des ortsüblichen Mietpreisniveaus für vergleichbaren Wohnraum begrenzt. Allerdings hat der Bundesgerichtshof in mehreren Urteilen den Anwendungsbereich des § 5 Wirtschaftsstrafgesetz stark eingeschränkt. Zwar hat der Bundesgesetzgeber im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz gemäß Artikel 74 Absatz 1 Nr. 1 Grundgesetz (GG) grundsätzlich die Möglichkeit, mittels Gesetzesänderungen Mietobergrenzen für die Neuvermietung von Wohnraum im Zivilrecht einzuführen. Zu beachten sind hierbei neben wirtschaftspolitischen Erwägungen jedoch insbesondere auch die verfassungsrechtlichen Grenzen von Artikel 14 GG. Im Bauordnungsrecht wird die Möglichkeit der Einführung von Mietobergrenzen vor allem im Bereich des Sanierungsrechts diskutiert. Das Bundesverwaltungsgericht hat 2006 entschieden, dass das Baugesetzbuch keine Rechtsgrundlage dafür vorsieht, die Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung von der zeitlich begrenzten Einhaltung behördlich festgelegter Mietobergrenzen abhängig zu machen. Zwar besteht auch im Bauordnungsrecht grundsätzlich die Möglichkeit des Bundesgesetzgebers , derartige Regelungen zu schaffen. Auch hierbei sind jedoch insbesondere die in Artikel 14 GG normierten Begrenzungen zu berücksichtigen. Inhalt 1. Einleitung 4 2. Zivilrechtliche Situation 4 2.1. Grundsatz der Vertragsfreiheit 4 2.2. § 5 Wirtschaftsstrafgesetz 5 2.3. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 5 WiStrG 6 2.4. Handlungsmöglichkeiten des Gesetzgebers 10 3. Öffentliches Baurecht 12 3.1. Rechtlicher Rahmen 13 3.2. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 14 3.3. Begrenzung des zulässigen Sanierungsumfangs 16 3.4. Handlungsmöglichkeiten des Gesetzgebers 17 - 4 - 1. Einleitung Die Vermietung von Wohnraum ist von starken Interessengegensätzen gekennzeichnet. Den Eigentumsrechten und Renditeerwartungen des Vermieters steht das Bedürfnis der Mieter nach angemessenem und bezahlbarem Wohnraum gegenüber. Darüber hinaus besteht ein erhebliches gesamtgesellschaftliches Interesse an der Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bevölkerungsstrukturen und gesunden, den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechenden Wohn- und Arbeitsverhältnissen. Vor diesem Hintergrund sind insbesondere Regelungen über die Miethöhe von wesentlicher Bedeutung, da sie weite Teile der Bevölkerung unmittelbar betreffen und erheblichen Einfluss auch auf soziale Entwicklungen haben. Die vorliegende Ausarbeitung untersucht zunächst die im Zivilrecht sowie im Ordnungwidrigkeitenrecht bestehenden rechtlichen Grenzen von Mieterhöhungen bei der Neuvermietung von Wohnraum und gibt einen Überblick über die verfassungsrechtlichen Grenzen derartiger Regelungen. Regelungen zur Begrenzung von Mieterhöhungen im Rahmen bestehender Mietverhältnisse sind ebenso wenig Gegenstand dieser Arbeit wie im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus bestehende Sonderregelungen. Anschließend wird die Zulässigkeit von Mietobergrenzen im Baurecht vor dem Hintergrund einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2006 zum Sanierungsrecht untersucht. 2. Zivilrechtliche Situation 2.1. Grundsatz der Vertragsfreiheit Grundsätzlich besteht im Falle einer Neuvermietung von Wohnraum Vertragsfreiheit der Parteien. Das heißt, dass Vermieter und Mieter den Inhalt des Mietvertrages im Wesentlichen frei festlegen können. Diesem allgemeinen und grundlegenden Prinzip des Zivilrechts gemäß können die Vertragsparteien also beim Abschluss eines Mietvertrages - 5 - insbesondere auch die Höhe des Mietzinses im Rahmen der allgemeinen Gesetze frei bestimmen.1 Das bürgerliche Recht trifft dementsprechend keine besondere Regelung hinsichtlich einer Vereinbarung der Miethöhe bei Abschluss des Vertrags. Die gesetzlichen Regelungen über die Miethöhe gemäß §§ 557-561 BGB erfassen ausschließlich Mieterhöhungen während des Bestehens eines Mietvertrages, wobei das Gesetz zwischen bereits bei Vertragsschluss vereinbarten späteren Erhöhungen2 und sonstigen Erhöhungen während der Laufzeit des Mietvertrages unterscheidet. Vereinbarungen aus Anlass des Abschlusses eines Mietvertrages werden hingegen durch §§ 557 ff. BGB in der Höhe nicht beschränkt.3 Grund hierfür ist, dass der Gesetzgeber beim Abschluss eines neuen Mietvertrages formal von einem ausgeglichenen Kräfteverhältnis der Vertragsparteien ausgeht. Der Mieter hat im Rahmen des Vertragschlusses die Möglichkeit, seine Interessen genauso durchzusetzen wie der Vermieter. Aufgrund der sich aus der Privatautonomie ergebenden Abschlussfreiheit steht es dem Mieter frei, den Mietvertrag zu den ausgehandelten Bedingungen abzuschließen oder nicht.4 2.2. § 5 Wirtschaftsstrafgesetz Eine äußere Grenze für Vereinbarungen über die Miethöhe bei Neuvermietung zieht lediglich § 5 WiStrG5 in Verbindung mit § 134 BGB. Gemäß § 5 Absatz 1 WiStrG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Vermietung von Räumen zum Wohnen oder damit verbundene Nebenleistungen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Unangemessen hoch sind gemäß § 5 Absatz 2 Satz 1 WiStrG Entgelte, die infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen die üblichen Ent- 1 Vgl. zum Grundsatz der Vertragsfreiheit als Ausfluss der grundrechtlich garantierten Privatautonomie sowie zu deren Grenzen Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Auflage 2008, Vor § 145 Rn. 7, 13; zur Geltung im Mietrecht D. Both, in: Herrlein / Kandelhard, Mietrecht, Kommentar , 2. Auflage 2003, § 557 Rn. 5. 2 Möglich in der Form einer Staffelmietvereinbarung gemäß § 557a BGB oder einer Indexmiete gemäß § 557b BGB. Vgl. dazu Artz, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2008, § 557a Rn. 1 ff., § 557b Rn. 1 ff; Weidenkaff, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Auflage 2008, § 557a Rn. 1 ff., § 557b Rn. 1 ff. 3 Blank/Börstinghaus, Miete, Kommentar, 3. Auflage 2008, BGB Vor §§ 557-561 Rn. 2, 7. 4 Blank/Börstinghaus, Miete, Kommentar, 3. Auflage 2008, BGB Vor §§ 557-561 Rn. 7. 5 Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954), neugefasst durch Bekanntmachung vom 3. Juni 1975, BGBl. I 1313, zuletzt geändert durch § 20 Abs. 2 des Gesetzes vom 9. April 2008, BGBl. I 714. - 6 - gelte um mehr als 20 vom Hundert übersteigen, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für die Vermietung von Räumen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung , Beschaffenheit und Lage oder damit verbundene Nebenleistungen in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen der Betriebskosten abgesehen, geändert worden sind. Nicht unangemessen hoch sind gemäß § 5 Absatz 2 Satz 2 WiStrG Entgelte, die zur Deckung der laufenden Aufwendungen des Vermieters erforderlich sind, sofern sie unter Zugrundelegung der nach Satz 1 maßgeblichen Entgelte nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung des Vermieters stehen.6 Der Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 5 WiStrG wirkt als gesetzliche Verbotsnorm über § 134 BGB auch in das Zivilrecht hinein. Grundsätzlich ist die Vereinbarung eines Mietzinses, der das Niveau der ortsüblichen Mieten für vergleichbaren Wohnraum übersteigt , bei Abschluss eines Mietvertrages wirksam. Soweit allerdings ein Verstoß gegen § 5 WiStrG vorliegt, der vereinbarte Mietzins also die ortsübliche Miete um mehr als 20 % übersteigt, ist die Vereinbarung gemäß § 134 BGB unwirksam. Der Mietanteil, der die ortsübliche Vergleichsmiete zuzüglich 20 % übersteigt, kann daher vom Mieter gemäß §§ 812 ff. BGB zurückgefordert werden.7 Diese Obergrenze gilt gemäß § 5 Absatz 2 Satz 2 WiStrG nicht, sofern die Parteien lediglich einen Mietpreis vereinbart haben, der zur Deckung der laufenden Aufwendungen des Vermieters erforderlich ist. In diesem Fall darf der Vermieter mit seiner Mietforderung bis an die Wuchergrenze von 150 % der ortsüblichen Vergleichsmiete gehen.8 2.3. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 5 WiStrG Der Anwendungsbereich des § 5 WiStrG ist in den letzten Jahren durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) stark eingeschränkt worden.9 Als problematisch 6 § 5 WiStrG stellt eine umfassende Begrenzung des gesamten Mietpreissystems dar. Das heißt, dass an dieser Regelung jede Mietvereinbarung zu messen ist, also neben bei Abschluss eines Neuvertrags getroffenen Vereinbarungen auch laufende Mieterhöhungen während der Vertragsdauer, unabhängig davon, aufgrund welcher Vorschrift gemäß §§ 557 ff. BGB sie erfolgen; vgl. Gramlich, in: Gramlich, Mietrecht, 10. Auflage 2007, § 5 WiStG, Rn. 1. 7 Gramlich, in: Gramlich, Mietrecht, 10. Auflage 2007, § 5 WiStG, Rn. 1; Herrlein, in: Herrlein / Kandelhard, Mietrecht, Kommentar, 2. Auflage 2003, § 5 WiStG Rn. 26 f. 8 Blank/Börstinghaus, Miete, Kommentar, 3. Auflage 2008, BGB § 535 Rn. 543; Herrlein: in Herrlein / Kandelhard, Mietrecht, Kommentar, 2. Auflage 2003, § 5 WiStG Rn. 26 m. w. N. Bei einem Überschreiten der ortsüblichen Vergleichsmiete um über 50 % kommt neben § 5 WiStrG auch der Straftatbestand des § 291 StGB in Betracht. Vgl. hierzu Lampe, in: Erbs / Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 169. Auflage 2008, WiStrG54, § 5 Rn. 11; Gramlich, in: Gramlich, Mietrecht, 10. Auflage 2007, § 5 WiStG, Rn. 2. 9 Börstinghaus spricht davon, dass Verfahren gemäß § 5 WiStrG „auf Grund der BGH- Rechtsprechung bekanntlich völlig zum Erliegen gekommen“ seien, vgl. „Gefühltes Mietrecht“: Von „Kahlschlag“ bis „Interessenrechtsprechung“ – Einige objektive Zahlen zur Rechtsprechung des BGH in Wohnraummietsachen, NZM 2008 S. 225 (228). - 7 - erweisen sich insbesondere die Tatbestandsmerkmale des Vorliegens eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen bei Abschluss der Mietpreisvereinbarung sowie des Ausnutzens dieser Mangelsituation. Bei der Geltendmachung eines Verstoßes gegen § 5 WiStrG muss der Mieter das Vorliegen dieser Merkmale darlegen und beweisen . Hinsichtlich des Bestehens eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen ist nach übereinstimmender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur auf den jeweiligen Teilmarkt abzustellen, zu dem die Wohnung gehört. Die Mangelsituation ist also getrennt nach Wohnungsgruppen festzustellen. Dies ergibt sich schon daraus, dass es im Rahmen des § 5 Absatz 2 Satz 1 WiStrG auf die Vergleichbarkeit der Räume ankommt und diese sich nach den preisbildenden Faktoren Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage bestimmt.10 Allerdings kommt es nach Auffassung des BGH entgegen der bislang überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur11 dabei nicht auf den Wohnungsmarkt lediglich eines Stadtteils oder Wohnquartiers sondern auf die Lage auf dem Wohnungsmarkt des gesamten Stadtgebiets an. Bei der Bewertung der Marktlage sind alle Wohngegenden zu berücksichtigen, die nach ihrer Lage und Struktur dem Stadtteil ähnlich und damit vergleichbar sind, in dem sich die gemietete Wohnung befindet.12 Zur Begründung verweist der BGH einerseits auf den Wortlaut der Norm. Diese stelle für die Ermittlung des üblichen Entgelts als Vergleichsmaßstab der vereinbarten Miete auf die Entgelte ab, die „in der Gemeinde“ für die Vermietung vergleichbarer Räume vereinbart worden seien. Daher sei es nicht konsequent, wenn hiervon abweichend für die Beurteilung eines geringen Angebots auf dem Wohnungsmarkt für vergleichbare Wohnungen ausschließlich die Situation in einem begrenzten Teil der Gemeinde ohne Rücksicht auf die Lage in anderen Stadtteilen ausschlaggebend sein solle. Im Übrigen überzeuge das Abstellen auf einen bestimmten Stadtteil auch deshalb nicht, weil es angesichts der oftmals innerhalb desselben Stadtteils von Straßenzug zu Straßenzug unterschiedlichen Lärmbelastungen, Einkaufsmöglichkeiten oder Freizeitangebote kein brauchbares Kriterium für die Qualität der Wohnungslage sei. 10 Vgl. Blank/Börstinghaus, Miete, Kommentar, 3. Auflage 2008, BGB § 535 Rn. 560 – 565 m. w. N. 11 Vgl. hierzu Mummenhoff, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 13.04.2005 – VIII ZR 44/04, jurisPR- MietR 23/2005, Anm. 4 m. w. N. 12 BGH, Urteil vom 13. April 2005, NZM 2005, S. 534, beigefügt als Anlage 1. Dieses Urteil wird bestätigt durch BGH, Urteil vom 25. Januar 2006, NZM 2006, S. 291, beigefügt als Anlage 2. - 8 - Außerdem weist der BGH darauf hin, dass § 5 Absatz 2 Satz 1 WiStrG das durch Artikel 2 GG verfassungsrechtlich garantierte Prinzip der Vertragsfreiheit sowie die Eigentumsgarantie des Artikels 14 Absatz 1 Satz 1 GG einschränkt.13 Nach Auffassung des BGH ist diese Einschränkung nur insoweit gerechtfertigt, als sie auf der Sozialbindung des Eigentums beruht. Dabei diene diese Bindung in zivilrechtlicher Hinsicht in erster Linie dem Schutz des Mieters vor einer bestehenden Mangellage. Der sozialstaatliche Schutz des Mieters gebiete es aber nicht, besonderen persönlichen Wünschen des Mieters Rechnung zu tragen, die nicht auf gewichtigen sachlichen Gründen beruhen. Dies gelte auch für die Wahl der Wohnlage. Insofern bedeute Vergleichbarkeit der Lage im Sinne des § 5 Absatz 2 Satz 1 WiStrG nicht Identität des Stadtteils. Sie könne vielmehr auch in einer anderen Wohngegend gegeben sein, die nach ihrer Lage und Struktur dem Stadtteil ähnlich, also vergleichbar sei, in dem sich die gemietete Wohnung befinde.14 Weiterhin hat der BGH im Jahr 2005 Bedenken gegen die bislang herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung15 geäußert, wonach ein geringes Angebot vergleichbarer Wohnungen im Sinne des § 5 Absatz 2 Satz 1 WiStrG bereits vorliegt, wenn das Angebot vergleichbarer Wohnungen die Nachfrage nicht wenigstens spürbar übersteigt . Nach Auffassung des BGH spricht der Wortlaut der Norm dafür, ein geringes Angebot nur dann anzunehmen, wenn es die Nachfrage nicht deckt. Nach dieser Auffassung wäre ein geringes Angebot bereits immer dann zu verneinen, wenn Angebot und Nachfrage ausgeglichen sind oder das Angebot die Nachfrage, sei es auch nur geringfügig , übersteigt.16 Das Merkmal der Ausnutzung eines geringen Angebots ist nach Ansicht des BGH nur erfüllt, wenn die Mangellage auf dem Wohnungsmarkt für die Vereinbarung der überhöhten Miete im Einzelfall ursächlich war. Es kommt also darauf an, ob der konkrete Mieter im Einzelfall besondere Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche gehabt hat.17 Nach der neueren Rechtsprechung des BGH trägt der Mieter die Darlegungs- und Beweislast hierfür. Dieser genügt der Mieter nur, wenn er vorträgt und nachweist, welche Bemühungen er bei der Wohnungssuche unternommen hat, weshalb diese erfolglos ge- 13 So auch bereits BGH, Urteil vom 28. Januar 2004, NZM 2004, S. 381, beigefügt als Anlage 3. 14 BGH, Urteil vom 13. April 2005, NZM 2005, S. 534 (535). 15 Vgl. LG Düsseldorf, DWW 1999, S. 181; LG Berlin, ZMR 1998, S. 349; Blank, in: Schmidt- Futterer, Mietrecht, 8. Auflage 2003, § 5 WiStG Rn. 72, Blank/Börstinghaus, Miete, Kommentar, 3. Auflage 2008, BGB § 535 Rn. 566 m. w. N. 16 BGH, Urteil vom 13. April 2005, NZM 2005, S. 534. Im entschiedenen Fall kam es allerdings auf diese Frage nicht an. 17 Vgl. Blank/Börstinghaus, Miete, Kommentar, 3. Auflage 2008, BGB § 535 Rn. 565; Breiholdt, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 28.01.2004, ZMR 2004, S. 412. - 9 - blieben sind und dass er mangels einer Ausweichmöglichkeit nunmehr auf den Abschluss des für ihn ungünstigen Mietvertrages angewiesen war.18 Bislang waren insbesondere Teile der instanzgerichtlichen Rechtsprechung davon ausgegangen , dass bei objektiv vorhandener Wohnraumknappheit und Vereinbarung eines überhöhten Mietpreises regelmäßig eine Ausnutzung der Mangellage durch den Vermieter vorlag.19 Diese Kausalitätsvermutung musste der Vermieter im Prozess entkräften . Im Ergebnis ändert sich somit aufgrund der neueren Rechtsprechung des BGH die Beweislastverteilung zu Lasten des Mieters, der nun den Kausalzusammenhang zwischen Mangellage auf dem Wohnungsmarkt und Vereinbarung einer überhöhten Miete beweisen muss.20 Konsequenz dieser Rechtsprechung ist eine erhebliche Einengung des Anwendungsbereichs des § 5 WiStrG in der Praxis.21 Zum einen sind durch die neuere Rechtsprechung die Anforderungen an die Darlegungslast des Mieters im Prozess erheblich verschärft worden, so dass im Einzelfall fraglich ist, inwieweit es dem Mieter im Prozess gelingt, das Ausnutzen einer Mangelsituation durch den Vermieter zu beweisen. Zum anderen wird die Funktionsfähigkeit des § 5 WiStrG durch die Erweiterung des Vergleichsgebiets bei der Feststellung, ob ein geringes Angebot an vergleichbaren Räumen vorliegt, stark eingeschränkt. Für die Frage des Vorhandenseins einer Mangellage ist nunmehr stets der Wohnungsmarkt einer Stadt oder Gemeinde als Ganzes zu betrachten. Entscheidend für das Vorliegen eines geringen Angebots ist damit das gesamte Stadtgebiet und nicht mehr nur der Stadtteil, in dem sich die angemietete Wohnung befindet. Hierdurch besteht für einen beklagten Vermieter im Prozess die Möglichkeit, sich mit dem Hinweis auf günstiger anzumietenden, vergleichbaren Wohnraum in anderen Stadtteilen zu verteidigen. Solange insbesondere in Großstädten kein Zustand allgemeiner 18 BGH, Urteil vom 28. Januar 2004, NZM 2004, S. 381. Zu den sich hieraus ergebenden umfangreichen Nachweispflichten des Mieters im Prozess vgl. Jungemeyer, Die zukünftige Bedeutung des § 5 WiStG vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung zum „Ausnutzen eines geringen Angebots“, ZMR 2007, S. 936 (938). 19 Vgl. hierzu Jungemeyer, Die zukünftige Bedeutung des § 5 WiStG vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung zum „Ausnutzen eines geringen Angebots“, ZMR 2007, S. 936 (937) m. w. N. sowie Breiholdt, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 28.01.2004, ZMR 2004, S. 412 m. w. N. 20 Vgl. zur Begründung eingehend BGH, Urteil vom 28. Januar 2004, NZM 2004, S. 381 (382). 21 Jungemeyer, Die zukünftige Bedeutung des § 5 WiStG vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung zum „Ausnutzen eines geringen Angebots“, ZMR 2007, S. 936 (937) m. w. N. - 10 - Wohnungsknappheit herrscht, dürfte damit die Regelung des § 5 WiStrG faktisch leer laufen.22 2.4. Handlungsmöglichkeiten des Gesetzgebers Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, die Regelung des § 5 WiStrG zu ändern, um etwa die dargestellten Auswirkungen der Rechtsprechung des BGH zu korrigieren, sofern sich diese in der Praxis als nicht sachgerecht erweisen. Die Zuständigkeit für Änderungen des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts, zu dem § 5 WiStrG gehört, liegt gemäß Artikel 74 Absatz 1 Nr. 1 GG im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung beim Bundesgesetzgeber.23 Hinsichtlich der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung einer solchen Änderung besteht grundsätzlich ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.24 In Betracht käme etwa die Einführung einer gesetzlichen Kausalitätsvermutung zugunsten des Mieters hinsichtlich des Ausnutzens der Mangellage durch den Vermieter. Eine weitere Möglichkeit wäre die Aufnahme einer den Begriff des geringen Angebots an vergleichbaren Räumen im Sinne des § 5 WiStrG konkretisierenden Regelung, wie z.B. die Begrenzung des zum Vergleich heranzuziehenden Wohnungsmarktes auf einen oder mehrere Stadtteile.25 Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die ordnungsrechtliche Norm des § 5 WiStrG als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB im Zivilrecht als positivrechtliche Schranke der gemäß Artikel 2 Absatz 1 GG grundrechtlich garantierten Vertragsfreiheit wirkt26. Außerdem berührt eine Verschärfung dieses Tatbestandes auch die Eigentumsgarantie des Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG.27 Der BGH hat in den genannten Urteilen mehrfach 22 So Jungemeyer, Die zukünftige Bedeutung des § 5 WiStG vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung zum „Ausnutzen eines geringen Angebots“, ZMR 2007, S. 936 (940); ebenso Mummenhoff , Anmerkung zu BGH, Urteil vom 13.04.2005 – VIII ZR 44/04, jurisPR-MietR 23/2005, Anm. 4; vgl. hierzu auch Pressemitteilung des Berliner Mietervereins e.V. vom 18. November 2008, abrufbar unter http://www.berliner-mieterverein.de/start.htm (Stand 16. Dezember 2008). 23 Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 4. Auflage 2007, Art. 74 Rn. 1 ff, 11; Oeter, in: v. Mangoldt / Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Auflage 2005, Band 2 Rn. 16, 20; Kunig, in: v. Münch / Kunig, Grundgesetz, Kommentar, 5. Auflage 2003, Band 3 Rn. 12, 14 m. w. N. 24 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz, Kommentar, 2. Auflage 2006, Art. 20 R Rn. 190 ff.; Bülow, in: Benda/Maihofer/Vogel Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Auflage 1994, § 30 Rn. 53 ff. 25 Vgl. hierzu Jungemeyer, Die zukünftige Bedeutung des § 5 WiStG vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung zum „Ausnutzen eines geringen Angebots“, ZMR 2007, S. 936 (940). 26 Jungemeyer, Die zukünftige Bedeutung des § 5 WiStG vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung zum „Ausnutzen eines geringen Angebots“, ZMR 2007, S. 936. 27 Vgl. z. B. Mummenhoff, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 13.04.2005 – VIII ZR 44/04, jurisPR- MietR 23/2005, Anm. 4. - 11 - darauf hingewiesen, dass eine solche gesetzliche Beschränkung von Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich nur insoweit gerechtfertigt ist, als sie durch die Sozialbindung des Eigentums gemäß Artikel 14 Absatz 2 Satz 2 GG, insbesondere im Hinblick auf einen Schutz des Mieters vor Ausnutzung einer bestehenden Mangellage auf dem Wohnungsmarkt, geboten ist. Vor diesem Hintergrund hat der BGH für eine erweiternde Auslegung des § 5 WiStrG keinen Raum gesehen. Es entspricht insoweit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass gesetzliche Regelungen zur Miethöhe als Maßnahme des Mieterschutzes grundsätzlich zulässig sind. Dies entspricht der sozialen Funktion des Eigentums gemäß Artikel 14 Absatz 2 GG.28 Ebenso anerkannt ist aber auch, dass der Gesetzgeber beim Erlass von Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums gemäß Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 i.V.m. Absatz 2 GG angesichts der Bedeutung dieses Grundrechts strengen Bindungen , insbesondere hinsichtlich Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs , unterliegt.29 Er ist verpflichtet, die Belange der Gemeinschaft, zu denen insbesondere auch soziale Belange wie der Schutz bedürftiger Bevölkerungsgruppen gehören , und die eigentumsgrundrechtlich geschützten Individualinteressen in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.30 Zwar ist insbesondere das Grundeigentum im Lichte einer ausreichenden und sozial gerechten Wohnraumversorgung einer besonders weitgehenden Sozialbindung grundsätzlich zugänglich.31 Allerdings tritt der Anspruch des Eigentümers bzw. Vermieters auf ein höheres Maß an Privatnützigkeit und damit verbundener eigentumserhaltender Rentabilität umso stärker in den Vordergrund, je weniger dringend die sozialen Schutzbedürfnisse werden.32 Insoweit haben sich auch Formen einer Mietpreisbindung bzw. gesetzliche Begrenzungen der zulässigen Höchstmieten an der wirtschaftlichen Entwicklung und den Erfordernissen einer rentablen Eigentumsnutzung zu orientieren. Je mehr Wohnraum verfügbar ist, desto mehr Raum muss der Freiheit zur Begründung wie auch zur Auflösung von Mietverhältnissen unter dem Aspekt einer möglichst intakten 28 BVerfGE 37, 132 (139 ff.); BVerfGE 38, 348 (370 f.); BVerfGE 91, 294 (310); Wendt, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 4. Auflage 2007, Art. 14 Rn. 106, 113 m. w. N. 29 Vgl. hierzu Wendt, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 4. Auflage 2007, Art. 14 Rn. 54 ff. m.w.N. 30 BVerfGE 91, 294 (300 ff.); Wendt, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 4. Auflage 2007, Art. 14 Rn. 85 ff. m. w. N.; eingehend zu der hierbei zu treffenden Interessenabwägung Maunz / Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Stand: Mai 2008, Art. 14 Rn. 310 ff. 31 Vgl. Maunz / Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Stand: Mai 2008, Art. 14 Rn. 318 f. m. w. N. zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. 32 Dies gilt insbesondere im Bereich des frei finanzierten Wohnungsbaus. Im Bereich des öffentlich geförderten bzw. sozialen Wohnungsbaus sind weitergehende Beschränkungen des Eigentumsgrundrechts möglich. Vgl. hierzu BVerfGE 95, S. 64 (84 ff).; Wendt, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar , 4. Auflage 2007, Art. 14 Rn. 113. - 12 - Verfügungsbefugnis gegeben werden.33 Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer gesetzgeberischen Verschärfung des § 5 WiStrG hängt damit auch von der tatsächlichen Lage auf dem Wohnungsmarkt ab. Vor diesem Hintergrund ist weiterhin zu beachten, dass eine etwaige Änderung des § 5 WiStrG bzw. eine sonstige bundesgesetzliche Regelung zur Begrenzung der bei einer Neuvermietung zulässigen Höchstmiete angesichts der bundeseinheitlichen Geltung eine Vielzahl von unterschiedlichen Wohngebieten etwa in Großstädten, stark vernetzten Regionen wie z. B. dem Ruhrgebiet, Kleinstädten sowie Dörfern und Kleinsiedlungen betreffen würde. Diese weisen teilweise erhebliche strukturelle Unterschiede auf. Insbesondere ist die Marktlage nicht in allen Regionen, Städten und Gemeinden gleich angespannt. Daher wäre vor einer eventuellen Gesetzesänderung zu prüfen, wie Ungleichbehandlungen und Benachteiligungen für diese unterschiedlichen Wohnungsmärkte vermieden werden können. Auch wäre zu berücksichtigen, ob eine solche Maßnahme angesichts der Reichweite der Wirkungen auf den gesamten Wohnungsmarkt zur Erreichung der damit verfolgten Ziele geeignet und sinnvoll ist.34 3. Öffentliches Baurecht Die Zulässigkeit von Mietobergrenzen wird auch im Bereich des öffentlichen Bauplanungsrechts diskutiert.35 Nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) aus dem Jahr 2006 darf die Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung zur Instandsetzung und Modernisierung von Wohngebäuden in einem Sanierungsgebiet nicht von der Einhaltung von Mietobergrenzen abhängig gemacht werden.36 Im entschiedenen Fall ging es um die Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung für die Modernisierung eines in einem Sanierungsgebiet gemäß § 142 Absatz 1 33 Wendt, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 4. Auflage 2007, Art. 14 Rn. 106. Vgl. hierzu auch BVerfGE 95, S. 64 ff. 34 Hierbei ist insbesondere auch die Signalwirkung des Miethöherechts für die Investitionsbereitschaft im privat finanzierten Wohnungsbau zu berücksichtigen. Vgl. hierzu Blank / Börstinghaus, Miete, Kommentar, 3. Auflage 2008, BGB Vor §§ 557-561 Rn. 5. 35 Vgl. zum Diskussionsstand z. B. Schmidt-Eichstaedt, Schutz der Wohnbevölkerung als zulässiges soziales Ziel der Sanierung, NVwZ 2003, S. 566; Federwisch, Zu den Grenzen städtebaulicher Sanierungskonzepte – Behutsame Stadterneuerung ohne Verdrängungsschutz?, NVwZ 2003, 1035; Tietzsch, Soziale Sanierungsziele – Ziele ohne Mittel, NVwZ 2007, S. 299 ff. m. w. N. 36 BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2006, 4 C 9/04, beigefügt als Anlage 4. - 13 - Baugesetzbuch (BauGB)37 gelegenen Wohnhauses. Die zuständige Stadt Berlin hatte dem Eigentümer des Hauses die gemäß § 144 Absatz 1 BauGB zur Sanierung des Wohnhauses erforderliche Genehmigung zwar erteilt, den Verwaltungsakt aber gemäß § 145 Absätze 2, 4 Satz 1 BauGB i.V.m. § 36 Absatz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)38 mit Nebenbestimmungen in Form von Bedingungen und Auflagen versehen . Unter anderem wurde der Eigentümer verpflichtet, nach der Sanierung für ein Jahr eine bestimmte Mietobergrenze bei Vermietung der sanierten Wohnungen nicht zu überschreiten. Neu abgeschlossene Mietverträge waren der Gemeinde zur Einsichtnahme vorzulegen. Ferner stand die Genehmigung unter der Bedingung, dass die Festlegungen der sanierungsrechtlichen Sozialpläne eingehalten wurden. Auch diese Sozialpläne gemäß § 181 BauGB enthielten Mietobergrenzen. Das BVerwG entschied, dass eine pauschale Festlegung von Mietobergrenzen im Rahmen der Erteilung einer Sanierungsgenehmigung unzulässig ist, da das Baurecht keine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass derartiger Nebenbestimmungen vorsieht. 3.1. Rechtlicher Rahmen Die §§ 136 ff. BauGB regeln die Durchführung städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen . Die Vorbereitung der Sanierung ist gemäß § 140 BauGB Aufgabe der Gemeinde . Hierzu gehört insbesondere auch die Festlegung der Ziele und Zwecke der Sanierung. Gemäß § 142 BauGB kann die Gemeinde ein Gebiet, in dem eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme durchgeführt werden soll, durch Beschluss förmlich als Sanierungsgebiet festlegen. Das Gebiet ist dabei so einzugrenzen, dass sich die Sanierung zweckmäßig durchführen lässt. Ziel einer solchen städtebaulichen Maßnahme ist die Beseitigung städtebaulicher Missstände.39 Die Einzelheiten sind durch eine von der Gemeinde zu erlassende Sanierungssatzung zu regeln. Die Sanierung soll in der Regel innerhalb einer Frist von 15 Jahren abgeschlossen werden.40 Gemäß § 136 Absatz 4 Satz 1 BauGB dienen städtebauliche Sanierungsmaßnahmen dem Wohl der Allgemeinheit. Sie sollen u. a. dazu beitragen, dass die bauliche Struktur in allen Teilen des Bundesgebiets nach den sozialen, hygienischen, wirtschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entwickelt wird und die Siedlungsstruktur den Anforde- 37 Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3316). 38 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 8 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718). 39 Vgl. § 136 Absatz 2 Satz 1 BauGB. § 136 Absatz 2 Satz 3, Absatz 3 enthalten Kriterien für die Beurteilung des Vorliegens städtebaulicher Missstände fest. 40 Vgl. § 142 Absatz 3 BauGB. - 14 - rungen an gesunde Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bevölkerung und der Bevölkerungsentwicklung entspricht. Die öffentlichen und privaten Belange sind gemäß § 136 Absatz 4 Satz 3 BauGB gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dementsprechend soll die Sanierung gemäß § 137 BauGB möglichst frühzeitig mit Eigentümern , Mietern und sonstigen Betroffenen erörtert werden. Innerhalb des gemäß § 142 Absatz 1 Satz 1 BauGB förmlich festgelegten Sanierungsgebiets bedürfen Bauvorhaben und erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen gemäß §§ 144, 145 i. V. m. §§ 14 Absatz 1, 29 BauGB der schriftlichen Genehmigung durch die Gemeinde bzw. die Baugenehmigungsbehörde. Diese sanierungsrechtliche Genehmigung ist ein Verwaltungsakt , auf den ein Anspruch besteht. Die Genehmigung darf daher gemäß § 145 Absatz 2 BauGB nur versagt werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass das Vorhaben oder die damit bezweckte Nutzung die Durchführung der Sanierung unmöglich machen oder wesentlich erschweren oder den Zielen oder Zwecken der Sanierung zuwiderlaufen würde. Gemäß § 145 Absatz 4 Satz 1 BauGB kann die Genehmigung unter Auflagen, in den Fällen des § 144 Absatz 1 BauGB auch befristet oder bedingt erteilt werden. Diese Vorschrift regelt, welche Arten von Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt grundsätzlich zulässig sind. Unter welchen Voraussetzungen die sanierungsrechtliche Genehmigung mit einer solchen Nebenbestimmung versehen werden darf, ergibt sich wiederum aus § 36 Absatz 1 Alt. 2 VwVfG i. V. m. § 145 Absatz 2 BauGB.41 3.2. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Das BVerwG hat es in o. g. Entscheidung als unzulässig angesehen, die Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung gemäß § 142 Absatz 1 BauGB mittels Nebenbestimmungen von der Einhaltung von Mietobergrenzen nach erfolgter Sanierung abhängig zu machen. Zwar könne die Gemeinde durchaus bei einer städtebaulichen Sanierung auch soziale Ziele verfolgen. Hierzu gehöre insbesondere auch das Ziel, die angestammte Wohnbevölkerung des Gebiets vor Verdrängung infolge sanierungsbedingter Mietsteigerungen zu schützen. Dies sei ein im Rahmen der Abwägung bei der Entscheidung über Art, Umfang und Ablauf der Sanierungsmaßnahmen zu berücksichtigender Belang. 41 BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2006, 4 C 9/04, Rn. 19. - 15 - Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigten, könne die Gemeinde über den Schutz der bereits ansässigen Bewohner hinaus mit dem Sanierungskonzept auch das Ziel verfolgen, die Bevölkerungsstruktur des Gebietes zu erhalten. Sie könne versuchen , auch neu hinzuziehenden einkommensschwachen Mietern ein Wohnen in dem Gebiet zu ermöglichen. Allerdings sei dieses Ziel auf Dauer nicht im Wege einer Sanierungssatzung sondern nur mittels einer Erhaltungssatzung gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB42 zu erreichen. Die Versagung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung sei gemäß § 145 Absatz 2 i.V.m. § 140 Nr. 3 BauGB nur zulässig, sofern das beantragte Vorhaben den Zielen und Zwecken der Sanierung zuwiderlaufen würde. Ziele und Zwecke der Sanierung in diesem Sinne seien allerdings nur solche, die das Ergebnis einer gerechten Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gemäß § 136 Absatz 4 Satz 3 BauGB bildeten. Dabei könne die Gemeinde im Rahmen dieser Abwägung die gegenläufigen Belange nur mit den Mitteln zum Ausgleich bringen, die ihr das Sanierungsrecht des BauGB einräume. Verfolge also eine Gemeinde das Ziel, die Wohnbevölkerung vor Verdrängung zu schützen, müsse sie dieses Ziel mit ihren baulichen Sanierungszielen, den Belangen der Eigentümer und den sonstigen abwägungsrelevanten öffentlichen und privaten Belangen zu einem Ausgleich bringen. Die Begrenzung der Mieten allerdings sei kein zulässiges Mittel des Ausgleichs. Deshalb könne sie auch kein Ziel der Sanierung im Sinne der §§ 140 Nr. 3, 145 Absatz 2 BauGB sein. Denn das BauGB ermächtige die Gemeinde nicht, für Wohnungen im Sanierungsgebiet zu regeln, inwieweit der Vermieter nach Abschluss der Baumaßnahmen bzw. bei Wiedervermietung die Miete erhöhen darf. Dies richte sich, ebenso wie die Beurteilung der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Mieter die Bauarbeiten zu dulden habe und welche Ansprüche er gegen den Vermieter wegen baubedingter Beeinträchtigungen der Mietsache hat, allein nach bürgerlichem Recht.43 Das BauGB setze die Regelungen des privaten Mietrechts voraus und nehme seine Folgen grundsätzlich hin. Soweit sich im Einzelfall aus dem Zusammenwirken von städtebaulicher Sanierung und privatem Mietrecht Härten ergäben, sollten diese durch Sozialpläne gemäß § 180 BauGB und ggf. die Gewährung eines 42 Sog. „Milieuschutzsatzung“; vgl. dazu Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, Kommentar, 9. Auflage 2005, § 172 Rn. 19, 44 ff. 43 BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2006, 4 C 9/04, Rn. 31. - 16 - Härteausgleichs gemäß § 181 BauGB vermieden oder gemildert werden.44 Bei der Bestimmung der Ziele und Zwecke der Sanierung gemäß § 140 Nr. 3 BauGB sowie bei der Aufstellung und Fortschreibung des Sozialplans gemäß §§ 140 Nr. 6, 180 BauGB bestehe keine Befugnis der Gemeinde, das private Rechtsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter hinsichtlich der Miethöhe zu gestalten. Die Gemeinde dürfe in dieses Rechtsverhältnis nur eingreifen, wenn sie hierzu ausdrücklich ermächtigt sei. Die Befugnisse gemäß §§ 182 ff. BauGB seien insoweit abschließend und böten keine Rechtsgrundlage dafür, die Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung von der Einhaltung von Mietobergrenzen abhängig zu machen. 3.3. Begrenzung des zulässigen Sanierungsumfangs Das BVerwG weist allerdings darauf hin, dass die Gemeinde im Sanierungsgebiet insbesondere Art und Umfang der zulässigen Modernisierung als Ziel der Sanierung gemäß §§ 140 Nr. 3, 145 Absatz 2 BauGB regeln kann. Hierbei können die in dem Gebiet vorherrschenden durchschnittlichen Einkommensverhältnisse der Bevölkerung berücksichtigt werden. Sofern Modernisierungen zu einer die durchschnittliche Belastungsgrenze der Bevölkerung überschreitenden Miete und damit zu einer Verdrängungsgefahr führen, kann es gerechtfertigt sein, Art und Umfang der zulässigen Modernisierungen zu begrenzen. Soweit von den Eigentümern geplante Modernisierungsmaßnahmen über den abwägungsfehlerfrei festgelegten baulichen Standard hinausgehen, darf dann die sanierungsrechtliche Genehmigung versagt werden. Die Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungszustands einer angesichts der Einkommensverhältnisse der gebietsansässigen Bevölkerung durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen muss aber auch in einem Sanierungsgebiet genehmigt werden.45 Im Ergebnis ist damit eine Begrenzung der Miethöhe im Rahmen einer sanierungsrechtlichen Genehmigung ausgeschlossen, weil das BauGB hierfür keine Ermächtigungsgrundlage vorsieht. Gleichwohl kann die Gemeinde auf die Durchführung von Sanierungs - und Baumaßnahmen Einfluss nehmen, indem sie zum Schutz vor „Luxussanie- 44 Sinn eines Sozialplanes ist es, soziale Härten auszugleichen oder abzumildern, die bei einer abwägungsfehlerfreien Entscheidung für die Sanierung unter Berücksichtigung der sozialen Belange der Altmieter und der mit der Sanierung verfolgten städtebaulichen Belange verbleiben; vgl. Hoppenberg / de Witt, Handbuch des öffentlichen Baurechts, Stand August 2008, C III Rn. 17 m. w. N. 45 BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2006, 4 C 9/04, Rn. 27-29; Gatz, Nebenbestimmungen zu sanierungsrechtlichen Genehmigungen, jurisPR-BVerwG 23/2006, Anm. 3. Gleiches gilt im Wesentlichen im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung gemäß § 172 Absatz 1 Nr. 2, Absatz 4 Nr. 1 BauGB; vgl. dazu Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, Kommentar, 9. Auflage 2005, § 172 Rn. 19, 44 ff.. - 17 - rungen“ und einer damit verbundenen Gefahr der Verdrängung der bisherigen Bewohner den Umfang der baurechtlich zulässigen Sanierungsmaßahmen auf das zur Erreichung der Sanierungsziele erforderliche Maß beschränkt.46 Im Übrigen ist der Gemeinde ein Eingreifen in das privatrechtliche Rechtsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter verwehrt, da das öffentliche Baurecht hierfür keine Rechtsgrundlage bietet. Hierfür gelten allein die Regelungen des bürgerlichen Rechts, namentlich § 559 BGB.47 3.4. Handlungsmöglichkeiten des Gesetzgebers Auch im Baurecht besteht die Möglichkeit, soziale Belange zu berücksichtigen. Dies zeigen bereits die Regelungen der §§ 136, 140 sowie §§ 180, 181 BauGB. Insoweit besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, Regelungen zu Mietobergrenzen in das Sanierungsrecht aufzunehmen. Das Städtebaurecht liegt gemäß Artikel 74 Absatz 1 Nr. 18 GG in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes.48 Auch das BVerwG hat diese Möglichkeit nicht verneint, sondern lediglich darauf hingewiesen , dass hierfür derzeit keine Rechtsgrundlage vorliegt.49 Hier gelten jedoch ebenfalls die unter Punkt 2.4. aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grenzen, da die Festlegung von Mietobergrenzen auch im Baurecht insbesondere an Artikel 14 GG zu messen wäre. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das BauGB bereits zahlreiche Regelungen zur Berücksichtigung sozialer Belange im Bauplanungsrecht vorsieht.50 Zu nennen ist z. B. die bei der Aufstellung der Bauleitpläne zwingend vorzunehmende Abwägung öffentlicher und privater Belange gemäß § 1 Abs. 7 BauGB, bei der insbesondere die sozialen Belange des § 1 Absatz 6 Nr. 2, 3 BauGB zu berücksichtigen sind51 sowie etwa die Regelungen zum Stadtumbau gemäß §§ 171a – 171d BauGB sowie § 172e BauGB.52 Damit 46 Vgl. hierzu näher Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, Kommentar, 9. Auflage 2005, § 172 Rn. 51. 47 Vgl. hierzu auch Redeker, Preisobergrenzen sind kein geeignetes Mittel in der städtebaulichen Sanierung , IMR 2006, S. 102. 48 Vgl. hierzu Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 4. Auflage 2007, Art. 74 Rn. 75. 49 So auch Tietzsch, Soziale Sanierungsziele – Ziele ohne Mittel, NVwZ 2007, S. 299 (301). 49 So auch Tietzsch, Soziale Sanierungsziele – Ziele ohne Mittel, NVwZ 2007, S. 299 (301). 50 Vgl. zur Entwicklung der Berücksichtigung sozialer Belange im BauGB über mehrere Legislaturperioden Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, Kommentar, Band I, Stand: 1. Juni 2008, § 1 Rn. 2; Band III, §§ 136-164b Vorb. Rn. 1 ff.; Band IV, § 172 Rn. 3 ff. 51 § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB hebt ausdrücklich die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bevölkerungsstrukturen als Abwägungsbelang hervor. Vgl. hierzu Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, Kommentar, Band I, Stand: 1. Juni 2008, § 1 Rn. 108 ff., 120 ff. 52 Vgl. hierzu Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, Kommentar, Band IV, Stand: 1. Juni 2008, §§ 171a-172d Vorb. Rn. 1 ff. - 18 - bestehen bereits umfangreiche Möglichkeiten der Gemeinden, im Rahmen der Stadtplanung und Stadtentwicklung Verdrängungstendenzen zu Lasten einzelner Bevölkerungsgruppen entgegenzuwirken. Im Übrigen ist ungeklärt, ob zeitlich begrenzte Ausschlüsse von Mieterhöhungen überhaupt geeignet sind, die angestrebte Schutzwirkung zu erreichen, da nach dem Ablauf der gesetzten Fristen Mieterhöhungen im Rahmen der §§ 557 ff. BGB möglich sind und die Kosten einer Modernisierung dann im Rahmen der dort gezogenen Grenzen lediglich mit zeitlicher Verzögerung auf die Mieter abgewälzt würden.53 Auch wären die im Falle einer Änderung des BauGB die gesetzgeberischen Wertungen des BGB, namentlich bzgl. der Möglichkeit der Umlegung der Kosten von Modernisierungsmaßnahmen auf Mieter gemäß § 559 BGB, zu berücksichtigen, um Wertungswidersprüche innerhalb der Rechtsordnung zu vermeiden. Insoweit ist fraglich, ob tiefgreifende Eingriffe in die Privatautonomie wie die gesetzliche Festlegung der zulässigen Miethöhe notwendig und zielführend sind. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Neuvermietungen, zumal der Wohnungsbau in der Bundesrepublik Deutschland wesentlich auf privaten Investitionen basiert und Regelungen über die Miethöhe unmittelbaren Einfluss auf die Renditechancen und damit die Investitionstätigkeit haben können.54 53 Vgl. P. Breiholdt, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. Juni 2006, S. 55. 54 Vgl. hierzu Blank / Börstinghaus, Miete, Kommentar, 3. Auflage 2008, BGB, Vor §§ 557-561 Rn. 5.