© 2013 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 237/13 Lärmschutzgrenzen bei der Erweiterung von Eisenbahnstrecken und Einsichtsrechte im Planfeststellungsverfahren Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 237/13 Seite 2 Lärmschutzgrenzen bei der Erweiterung von Eisenbahnstrecken und Einsichtsrechte im Planfeststellungsverfahren Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 237/13 Abschluss der Arbeit: 20. Dezember 2013 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr , Bau und Stadtentwicklung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 237/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV 4 2.1. Zur Anwendung der konkreten Lärmgrenzwerte 4 2.2. Lärmgrenzwerte als Indikator für die Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen 5 2.3. Zwischenergebnis 7 3. Lärmrichtwerte nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm 7 4. Einsichtsrechte im Planfeststellungsverfahren 9 4.1. Allgemeines Akteneinsichtsrecht für Beteiligte 10 4.2. Besondere Beteiligung von Behörden 10 4.3. Einsichtsrechte für jedermann 11 4.4. Zwischenergebnis 12 5. Anspruch auf Umweltinformationen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG 12 6. Allgemeiner Informationsanspruch nach dem IFG 13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 237/13 Seite 4 1. Einleitung Mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 31.07.20131 wurde der Ausbau und die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Knappenrode - Horka - Grenze D/PL („Niederschlesische Gütermagistrale“) festgelegt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach grundsätzlich einzuhaltenden Lärmgrenzwerten bei Neu-, bzw. Ausbaustrecken dieser Art2 (2.- 4.). Werte, die eine Grenze bezeichnen , sind besonders typisch im Umweltrecht, in der Form techniksteuernder Grenzwerte. Sie treffen „sachverständige, naturwissenschaftlich-technisch fundierte Aussagen über Schädlichkeit , Verträglichkeit und Vereinbarkeit“3. Durch die Grenzwertsetzung des Gesetzes- oder Verordnungsgebers werden verbindliche Vorgaben für Gerichte und Betroffene bestimmt, auch wenn sie teilweise nicht zweifelsfrei wissenschaftlich ableitbar sind4. Zusätzlich werden in diesem Kontext Einsichtsrechte im Planfeststellungsverfahren (5.), sowie besondere Informationsansprüche (6. und 7.) dargestellt, insbesondere in Bezug auf die Möglichkeiten der Einsichtnahme in einen dem Eisenbahnbundesamt zugeleiteten Abschlussbericht. 2. Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV5 2.1. Zur Anwendung der konkreten Lärmgrenzwerte Lärm ist eines der größten Umweltprobleme in Deutschland. Daran hat der Schienenlärm einen erheblichen Anteil6. Der Neu- und Ausbau von Eisenbahnstrecken führt zu steigenden Lärmbelästigungen im Bereich der betroffenen Trasse. Bewohner im Einwirkungsbereich des Schienenweges können unter bestimmten Voraussetzungen Lärmvorsorgemaßnahmen beanspruchen, wenn die Voraussetzungen entsprechender Vorschriften erfüllt sind, also insbesondere bestimm- 1 im Internet abrufbar unter: http://www.eba.bund.de/SharedDocs/Publikationen/DE/PF/Beschluesse/Sachsen/23_Ausbau_und_Elektrifizier ung_Knappenrode_%20Horka_Grenze_PFA_3.html;jsessionid=96E5A1D64F96FF74065FFB98990AA79F.live10 43?nn=489102 2 Siehe zum Lärm- und Schallschutz im Bereich der Deutschen Bahn AG allgemein die Publikation „Schallschutz – Eine Investition in die Zukunft der Bahn“, herausgegeben von der Deutschen Bahn AG, Stand: Dezember 2009, abgerufen unter: http://www.deutschebahn.com/de/nachhaltigkeit/service_download/publikationen_neu/4337680/berichtsarchi v_2009.html?start=3&itemsPerPage=3 3 Röthel, in: „ Techniksteuerende Grenzwerte – Gewöhnungseffekte und Zukunftsaufgaben“, Juristenzeitung (JZ) 23/2013, S. 1136 (1136), Anlage 1. 4 Röthel, in: „ Techniksteuerende Grenzwerte – Gewöhnungseffekte und Zukunftsaufgaben“, JZ 23/2013, S. 1136 (1138). 5 Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung – 16. BImSchV) vom 12.06.1990, zuletzt geändert durch Art. 3 des Ersten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 19.09.2006 (BGBl. I S. 2146). 6 Sparwassser/Rombach, in: „Reformbedarf beim „Schienenbonus“- Überlegungen zur Änderung der 16. BImSchV“, NVwZ 2007, 1135 (1135), Anlage 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 237/13 Seite 5 te Lärmgrenzwerte überschritten werden. Im Vorfeld sind die Lärmschutzvorschriften aus dem BImSchG7 und der 16. BImSchV bereits bei der Planfeststellung, speziell im Bereich von Straßen und Schienenwegen, zwingend zu berücksichtigen. Die Nichtbeachtung führt zur Rechtswidrigkeit und kann ggf. Schadensersatzansprüche auslösen8. Im Hinblick auf störende Geräuschimmissionen, ausgehend von Eisenbahnstrecken, kann § 41 Abs. 1 BImSchG einschlägig sein. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: „(1) Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung, öffentlicher Straßen sowie von Eisenbahnen , Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen ist unbeschadet des § 50 sicherzustellen , dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.“ Im Gegensatz zu einer Änderung, ist mit dem Bau von Eisenbahnstrecken die Entstehung eines neuen Verkehrsweges an einer Stelle gemeint, an der sich bislang keiner befand9. Der zweigleisige Ausbau und die Elektrisierung einer Eisenbahnstrecke stellt demgegenüber die Änderung einer bereits bestehenden Eisenbahnstrecke dar. Nach der Vorschrift muss die Änderung zudem wesentlich sein. Die 16. BImSchV trifft hierzu in § 1 Abs. 2 konkretisierende Feststellungen. Die Lärmschutzverordnung findet Anwendung zur Durchführung und Konkretisierung des BImSchG. Sie wurde auf der Grundlage des § 43 Abs. 1 Satz 1 BImSchG erlassen. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 16. BImSchV legt fest, dass die bauliche Erweiterung um weitere Gleise eine wesentliche Änderung darstellt. Zudem nennt § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 16. BImSchV erhebliche Lärmerhöhungen, bei welchen die Änderung ebenfalls als wesentlich einzustufen ist. In den dargestellten Fallkonstellationen liegt eine wesentliche Änderung von Eisenbahnstrecken vor, sodass der Anwendungsbereich des § 41 Abs. 1 BImSchG eröffnet ist und schädliche Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche ausgeschlossen werden müssen. 2.2. Lärmgrenzwerte als Indikator für die Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen Umwelteinwirkungen können bei derart großen Vorhaben nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Allerdings dürfen die unvermeidbaren Umwelteinwirkungen nicht schädlich sein. Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen ist allgemein in § 3 Abs. 1 BImSchG definiert. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: 7 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 17.05.2013 (BGBl. I S. 1274), zuletzt geändert durch Art. 1 des Elften Änderungsgesetzes vom 02.07.2013 (BGBl. I S. 1943). 8 Jarass, in: Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage 2013, § 41 Rdnr. 68. 9 Jarass, in: Jarass, BImSchG, Kommentar, § 41 Rdnr. 21. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 237/13 Seite 6 „(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.“ § 41 BImSchG betrifft als Sonderregelung im Bereich des Schienenverkehrs nur Immissionen in Form von Verkehrsgeräuschen, die durch die Nutzung des Verkehrsweges entstehen, der gebaut oder geändert wird10. Nicht erfasst werden solche Geräusche, die Folge der baulichen Änderung an anderen Verkehrswegen sind11. Wann diese Verkehrsgeräusche als schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG zu kategorisieren sind, regelt § 2 Abs. 1 16. BImSchV, durch Festlegung konkret zu beachtender Lärmgrenzwerte für die jeweiligen Baugebietstypen. Die Regelung hat folgenden Wortlaut: „(1) Zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche ist bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung sicherzustellen, dass der Beurteilungspegel einen der folgenden Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet: Tag Nacht 1. an Krankenhäusern, Schulen, Kurheimen und Altenheimen 57 Dezibel (A) 47 Dezibel (A) 2. in reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten 59 Dezibel (A) 49 Dezibel (A) 3. in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten 64 Dezibel (A) 54 Dezibel (A) 4. in Gewerbegebieten 69 Dezibel (A) 59 Dezibel (A).“ Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 16. BImSchV muss die Art des jeweiligen Gebietes, durch welches die Trasse verläuft, aus den jeweiligen Bebauungsplänen entnommen werden. 10 Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 17.03.2005 - 4 A 18/04, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2005, 811 (812). 11 BVerwG, Urteil vom 21.03.1996 - 4 C 9/95, NVwZ 1995, 1003 (1005). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 237/13 Seite 7 2.3. Zwischenergebnis Für die Beachtung der Lärmgrenzwerte spielt es keine Rolle, ob die jeweilige Neu-, bzw. Ausbaustrecke beispielsweise unmittelbar durch ein Wohngebiet führt oder direkt an diesem vorbei. Grundsätzlich entfaltet § 41 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG, der unmittelbar auf die Nachbarschaft verweist, seine Schutzwirkung für alle, die sich im Einwirkungsbereich der Eisenbahnstrecke befinden und einen persönlichen Bezug zu dem Einwirkungsort haben, wie z.B. der Eigentümer oder Bewohner12. Die benannten Lärmgrenzwerte des § 2 Abs. 1 16. BImSchV sind immer zu beachten, wenn die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 BImSchG vorliegen, die Vorschrift also Anwendung findet. Geräuschimmissionen bei der Änderung eines Schienenweges dürfen die durch Lärmgrenzwerte festgelegten Schädlichkeitsgrenzen nicht überschreiten. Die unvermeidbaren Immissionen werden hierdurch auf die Grenzwerte beschränkt. Die Grenzziehung bewirkt die Trennung zwischen tolerierter und nicht mehr tolerierter Umweltbelastung13. 3. Lärmrichtwerte nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm14 Zusätzlich sind allgemein für genehmigungsbedürftige und nichtgenehmigungsbedürftige Anlagen nach dem BImSchG in der TA-Lärm Immissionsrichtwerte festgelegt, die ebenfalls dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen dienen. Die TA-Lärm ist eine Verwaltungsvorschrift und als solche grundsätzlich nur eine behördeninterne Anweisung. Im Hinblick auf die TA-Lärm ist jedoch die verbindliche Wirkung allgemein anerkannt15. Der Neu- und Ausbau von Eisenbahnstrecken ist eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage i.S.d. § 22 BImSchG16. Das ergibt sich daraus, dass derartige Vorhaben nicht in Anhang 1 der 4. BImSchV17 unter den genehmigungsbedürftigen Anlagen genannt sind. Für solche nicht geneh- 12 Jarass, in: Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage 2013, § 3 Rdnr. 33-35. 13 Röthel, in: „ Techniksteuerende Grenzwerte – Gewöhnungseffekte und Zukunftsaufgaben“, JZ 23/2013, S. 1136 (1141). 14 Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm), vom 26.08.1998, (GMBl S. 503), Verwaltungsvorschrift nach § 48 des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) vom 15.03.1974 (BGBl. I S. 721) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.05.1990 (BGBl. I S. 880). 15 Röthel, in: „ Techniksteuerende Grenzwerte – Gewöhnungseffekte und Zukunftsaufgaben“, JZ 23/2013, S. 1136 (1139). 16 Es ist anzumerken, dass grundsätzlich ist das nach § 18 AEG erforderliche Planfeststellungsverfahren spezieller ist als eine Genehmigung nach BImSchG. Genehmigungen nach dem BImSchG werden im Planfeststellungsverfahren eingeschlossen (Konzentrationswirkung), vgl. Giesberts, in: Beck’scher Online-Kommentar (Stand: 01.10.2013), § 13 Rdnr. 18. 17 Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV), vom 02.05.2013 (BGBl. I S. 973), verkündet als Art. 1 der Verordnung vom 02.05.2013 (BGBl. I S. 973, ber. S. 3756), Inkrafttreten gemäß Art. 11 Satz 1 dieser Verordnung am 02.05.2013. Die Verordnung wurde u.a. erlassen auf Grund von § 4 Abs. 1 Satz 3, § 7 Abs. 1 und 4 sowie § 19 Abs. 1 BImSchG. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 237/13 Seite 8 migungsbedürftige Anlagen sind die immissionsrechtlichen Vorschriften der §§ 22 ff. BImSchG im Rahmen der Planfeststellung auch für Vorhaben nach dem AEG zu beachten. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 BImSchG sind nach dem Stand der Technik vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern. Die TA-Lärm findet nach Punkt 1., Abs. 1 auch Anwendung bei nichtgenehmigungsbedürftigen Anlagen. Die in der TA-Lärm enthaltenden Vorschriften sind in diesem Anwendungsbereich nach Abs. 3, lit. b), aa) bei „der Prüfung der Einhaltung des § 22 BImSchG im Rahmen der Prüfung von Anträgen auf öffentlich-rechtliche Zulassungen nach anderen Vorschriften, insbesondere von Anträgen in Baugenehmigungsverfahren“ zu beachten. Konkret werden in Punkt 6 der TA-Lärm konkrete Lärmrichtwerte festgelegt: „(6.1.) Die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel18 betragen für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden a) in Industriegebieten 70 dB(A) b) in Gewerbegebieten tags 65 dB(A) nachts 50 dB(A) c) in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten tags 60 dB(A) nachts 45 dB(A) d) in allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten tags 55 dB(A) nachts 40 dB(A) e) in reinen Wohngebieten tags 50 dB(A) nachts 35 dB(A) 18 Eine Definition des „Beurteilungspegels“ findet sich in Punkt 2.1. der TA-Lärm. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 237/13 Seite 9 f) in Kurgebieten, für Krankenhäuser und Pflegeanstalten tags 45 dB(A) nachts 35 dB(A). (…)“19. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten: Bei einem Vergleich der nach der 16. BImSchV und der TA-Lärm einzuhaltenden Grenzwerte fällt auf, dass die Grenze zur Schädlichkeit der Geräuschimmissionen in der 16. BImSchV geringfügig höher angesetzt ist. Die 16. BImSchV trägt den Besonderheiten des Lärms im Bereich des Schienenverkehrs Rechnung. Das verdeutlicht § 43 Abs. 1 Satz 2 BImSchG, welcher auf den im Bereich des Schienenverkehrs als Besonderheit zu berücksichtigenden Abschlag von 5 Dezibel (A) hinweist (sog. Schienenbonus20). Im Bereich der Geräuschimmissionen ausgehend von Schienen- und Straßenwege ist daher § 41 Abs. 1 BImSchG i.V.m 16. BImSchV spezieller und insofern vorrangig gegenüber den allgemeinen Richtwerten der TA-Lärm21 anzuwenden. 4. Einsichtsrechte im Planfeststellungsverfahren Der Neu- und Ausbau von Eisenbahnstrecken erfordert ein förmliches Planfeststellungsverfahren nach § 18 AEG22 i.V.m. § 72 Abs. 1 VwVfG23. Zuständig für das Planfeststellungsverfahren im Bereich der Eisenbahnen des Bundes ist das Eisenbahn-Bundesamt nach § 4 Abs. 6 Satz 1 AEG. Innerhalb des weitreichenden Geflechts aus Beteiligungspflichten und Einsichtsrechten innerhalb des Planfeststellungsverfahrens, ist zu berücksichtigten, dass sich die jeweiligen rechtlichen Grundlagen auf unterschiedliche Berechtigte, sowie auf unterschiedliche Gegenstände der Einsichtnahme beziehen. 19 Eine übersichtliche Darstellung der Richtwerte mit Erläuterungen findet sich auch im Internet, abrufbar unter: https://www.berlin.de/umwelt/aufgaben/laerm-richtwerte.html. 20 Vgl. genauer zu den Hintergründen des „Schienenbonus“ Sparwassser/Rombach, in: „Reformbedarf beim „Schienenbonus“- Überlegungen zur Änderung der 16. BImSchV“, NVwZ 2007, 1135 ff.. 21 Zudem gibt es, im Lichte des demokratischen Verfassungsstaates, auch allgemeine Kritik an einer strikten Anwendung der TA-Lärm als Verwaltungsvorschrift, die als solche eigentlich nur behördeninterne Wirkung hätte, vgl. dazu ausführlicher Röthel, in: „ Techniksteuerende Grenzwerte – Gewöhnungseffekte und Zukunftsaufgaben “, Juristenzeitung (JZ) 23/2013, S. 1136 (1141). 22 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) vom 27.12.1993 (BGBl. I S. 2378, ber. 1994 I S. 2439), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 153 und Art. 4 Abs. 120 des Gesetzes zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 07.08.2013 (BGBl. I S. 3154). 23 Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25.07.2013 (BGBl. I S. 2749). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 237/13 Seite 10 4.1. Allgemeines Akteneinsichtsrecht für Beteiligte Das Akteneinsichtsrecht für Beteiligte nach den §§ 72 Abs. 1, 2. Halbsatz, 2. Var., 29 VwVfG findet über § 18 Satz 3 AEG auch für Planfeststellungsverfahren im Bereich von Eisenbahnen Anwendung . Hiernach steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, „den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten“. Das Akteneinsichtsrecht erstreckt sich auf die von der Anhörungsbehörde und der Planfeststellungsbehörde geführten oder beigezogenen Akten24. Alle schriftlichen und auch elektronische Äußerungen von Beginn bis zum Ende des Verwaltungsverfahrens sind zur Akte zu nehmen. Zur Akte gehören beispielsweise Stellungnahmen anderer Behörden, Zwischenbescheide und die abschließende Sachentscheidung selbst25. Demnach kann grundsätzlich auch ein Abschlussbericht in Auswertung eingereichter Einwendungen und Stellungnahmen zur Akte genommen werden und dadurch Gegenstand des Akteneinsichtsrechts werden. Es besteht grundsätzlich kein zwingender Anspruch auf Akteneinsicht, sondern die Behörde hat über die Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, § 72 Abs. 1 2. Halbsatz, 2. Var. VwVfG. Des Weiteren ist die Behörde in den Fällen des § 29 Abs. 2 VwVfG nicht dazu verpflichtet Akteneinsicht zu gewähren, wenn beispielsweise die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Behörde beeinträchtigt würde (vgl. § 29 Abs. 2 1. Var. VwVfG). In einem solchen Fall kann die Akteneinsicht verweigert werden. Zum Kreis der Berechtigten zur Akteneinsicht gehören nur Beteiligte i.S.d. § 13 VwVfG. Das Recht gilt außerdem nur innerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens. Der Einsichtsanspruch endet demnach mit Beendigung des Planfeststellungsverfahrens. Dieses endet durch Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, als rechtsgestaltenden Verwaltungsakt, in der Form einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 VwVfG26. Zumal hinsichtlich des gegenständlichen Vorhabens bereits ein Planfeststellungsbeschluss vorliegt, kann nach dieser Norm grundsätzlich kein Akteneinsichtsrecht mehr geltend gemacht werden. 4.2. Besondere Beteiligung von Behörden Im Planfeststellungsverfahrens werden die zu beteiligenden Stellen nicht als Träger öffentlicher Belange bezeichnet, wie etwa in § 4 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Nach dieser Vorschrift zählen dazu auch Privatrechtssubjekte, die öffentliche Aufgaben erfüllen, aber keine Behörden sind27. Diese sind im Planfeststellungsverfahren nach § 73 Abs. 4 VwVfG zu beteiligen28. Im Rahmen der Behördenbeteiligung nach § 73 Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 18 Satz 3 AEG sind nur diejenigen Behörden 24 BVerwG, Beschluss vom 26.08.1998 - 11 VR 4/98, NVwZ 1999, 535 (536). 25 Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), Kommentar, 7. Auflage 2008, § 29 Rdnr. 32. 26 Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 29 Rdnr. 38 und Bonk/Neumann, ebenda, § 74, Rdnr. 17. Zur Rechtnatur das Planfeststellungsbeschlusses vgl. Bonk/Neumann, ebenda, § 74 Rdnr. 19. 27 Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 36. 28 Vgl. dazu unter Punkt 5.3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 237/13 Seite 11 zu beteiligen, „deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird“. Hier ist der funktionelle Behördenbegriff i.S.d. § 1 Abs. 4 VwVfG zugrunde zu legen. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut : „ (4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.“ Sonstige Träger öffentlicher Belange, die keine Behörden sind fallen nicht unter den Anwendungsbereich dieser Vorschrift, somit insbesondere auch keine Bürgerinitiativen. Die Behördenbeteiligung umfasst eigene Stellungnahmen der betroffenen Behörden zum jeweiligen Plan29. Grundlage der Stellungnahmen sind sämtliche Planunterlagen, also auch Zeichnungen und Erläuterungen , die Hintergründe des Vorhabens und betroffene Grundstücke erkennen lassen30. Zu den Planunterlagen im Sinne dieser Beteiligungsvorschrift zählt nicht ein etwaiger Abschlussbericht zum Planfeststellungsverfahren. Aus den Vorschriften der Behördenbeteiligung kann schon aus diesem Grund kein Einsichtsrecht in den Abschlussbericht abgeleitet werden. Außerdem ist die Beteiligung nach dieser Vorschrift zwingend im Stadium des noch laufenden Verwaltungsverfahrens vorgesehen. Dieses Planfeststellungsverfahren wurde bereits durch Erlass des Planfeststellungsbeschlusses beendet31. 4.3. Einsichtsrechte für jedermann Während der Phase der einmonatigen Auslegung des Plans im Anhörungsverfahren nach § 73 Abs. 3 VwVfG i.V.m. § 18 Satz 3 AEG, in den Gemeinden, in denen sich die Erweiterung der Eisenbahnstrecke auswirkt, ist jedermann berechtigt, nach § 73 Abs. 4 VwVfG in die ausgelegten Unterlagen Einsicht zu nehmen und Einwendungen gegen den Plan zu erheben32. Zu den auszulegenden Unterlagen im Sinne dieser Vorschrift zählen die bereits benannten Planunterlagen, also alle Unterlagen, aus denen sich abwägungserhebliche Belange potentiell Betroffener ergeben. Wie bereits unter 5.2. erläutert, gehört ein Abschlussbericht nicht zu den Unterlagen, die in diesem Stadium des Verfahrens auszulegen sind. Vielmehr konnte der Abschlussbericht erst auf der Grundlage der im Anhörungsverfahren abgegebenen Einwendungen und Stellungnahmen abgefasst werden. Zudem ist auch die Öffentlichkeitsanhörung Teil des laufenden Verwaltungsverfahrens 33, sodass aktuell keine Rechte mehr aus dieser Vorschrift abgeleitet werden können. 29 Kämper, in: Beck’scher Online Kommentar (Stand 01.10.2013), § 73 Rdnr. 16. 30 Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 18. 31 Vgl. hierzu bereits Fn. 26. 32 Kämper, in: Beck’scher Online Kommentar (Stand 01.10.2013), § 73 Rdnr. 39. 33 Zu den Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter 5.1. und Fn. 26 verwiesen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 237/13 Seite 12 4.4. Zwischenergebnis Der benannte Abschlussbericht an das Eisenbahnbundesamt wertet Einwendungen und Stellungnahmen aus, welche aus den einzelnen Anhörungs- und Beteiligungspflichten des Verwaltungsverfahrens resultieren. Er steht somit am Ende des Planfeststellungsverfahrens. Demnach kann ein Einsichtsrecht im Hinblick auf diesen Bericht, nicht auf eine der Grundlagen aus dem VwVfG gestützt werden, die sich auf das laufende Verwaltungsverfahren beziehen. Zudem ergibt sich aus den Vorschriften des VwVfG i.V.m. den Vorschriften des AEG nicht, dass der Abschlussbericht überhaupt zu den im Rahmen der Planauslegung relevanten Planunterlagen zählt. Er kann für sich gesehen nur Bestandteil der Akte selbst werden. Allerdings beschränkt sich auch das Akteneinsichtsrecht, wie unter 5.1. erläutert, auf das laufende Verwaltungsverfahren. Im Ergebnis sind demnach keine Einsichtsrechte des VwVfG einschlägig. 5. Anspruch auf Umweltinformationen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG34 Ziel des UIG ist es, einen rechtlichen Rahmen für den freien Zugang zu Umweltinformationen bei informationspflichtigen Stellen zu schaffen, insbesondere zur Ermöglichung des freien Meinungsaustausches , zur Schaffung von Transparenz und zur Kontrolle der Verwaltung35. Der Anwendungsbereich des UIG ist nach § 1 Abs. 2 UIG unmittelbar auf auskunftspflichtige Stellen des Bundes, also auf Bundesebene beschränkt36. Die informationspflichtigen Stellen sind in § 2 Abs. 1 UIG näher bestimmt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) sind oberste Bundesbehörden, wie beispielsweise das Eisenbahn-Bundesamt, nicht auskunftspflichtig, wenn sie im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen tätig werden. Im Hinblick auf das Tätigwerden des Eisenbahn-Bundesamtes im Rahmen von Planfeststellungen besteht jedoch grundsätzlich ein Informationsanspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG. Dieser Anspruch umfasst nur Umweltinformationen i.S.d. § 2 Abs. 3 UIG, dessen Wortlaut lautet: „(3) Umweltinformationen sind unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über (…) 3. Maßnahmen oder Tätigkeiten, die a) (…) b) den Schutz von Umweltbestandteilen (…) bezwecken; zu den Maßnahmen gehören auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Umweltvereinbarungen , Pläne und Programme; (…).“ Maßnahmen sind insbesondere alle Entscheidungen von Behörden in Form von Bescheiden, durch die im Einzelfall Rechtsvorschriften umgesetzt werden sollen, die dem Umweltschutz dienen 37. Hiernach stellen auch Planfeststellungen solche Maßnahmen dar, auf die sich der Informa- 34 Umweltinformationsgesetz (UIG), vom 22.12.2004 (BGBl. I S. 3704), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 47 des Gesetzes zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 07.08.2013 (BGBl. I S. 3154). 35 Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht (Stand: 69. Ergänzungslieferung 2013), § 1 Rdnr. 5-7. 36 Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 1 Rdnr. 17. 37 BVerwG, Urteil vom 24.09.2009 – 7 C 2/09, NVwZ 2010, 189 Rdnr. 23. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 237/13 Seite 13 tionsanspruch nach dem UIG bezieht38. Dem Umfang nach bezieht sich der Informationsanspruch auf alle mit dem Planfeststellungsverfahren im Zusammenhang stehenden Daten39. Hierunter kann auch ein etwaiger Abschlussbericht im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Planfeststellungsverfahren fallen. Demnach muss dieser als eine Umweltinformation i.S.d. § 2 Abs. 3 UIG jeder Person aufgrund des Anspruchs aus § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG zugänglich gemacht werden. 6. Allgemeiner Informationsanspruch nach dem IFG40 Auch das IFG gewährt für jedermann in § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG grundsätzlich einen umfassenden Anspruch auf den Zugang zu amtlichen Informationen, die nicht zwingend einen Umweltbezug haben müssen, wie bei einem Anspruch nach dem UIG. Die Art des Informationszugangs liegt nach § 1 Abs. 2 Satz 1 IFG im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Der Gegenstand des Informationsanspruches ist nach dem IFG ist sehr weit gefasst. Umfasst von dem Anspruch ist nach § 2 Nr. 1 IFG eine „amtliche Information: jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung“. Hierunter ist auch ein Abschlussbericht an das Eisenbahnbundesamt in Auswertung von Einwendungen eines Planfeststellungsverfahrens zu fassen, sodass der Zugang zu diesem Bericht auch nach dem IFG grundsätzlich möglich sein muss. 38 Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 Rdnr. 43. 39 Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 Rdnr. 46a. 40 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG), vom 05.09.2005 (BGBl. I S. 2722), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 07.08.2013 (BGBl. I S. 3154).