Notwendigkeit einer alternativen Standortsuche im Rahmen eines atomrechtlichen Endlagergenehmigungsverfahrens für radioaktive Abfälle Der Salzstock Gorleben - Ausarbeitung - © 2008 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 235/08 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Notwendigkeit einer alternativen Standortsuche im Rahmen eines atomrechtlichen Endlagergenehmigungsverfahrens für radioaktive Abfälle Der Salzstock Gorleben Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 235/08 Abschluss der Arbeit: 19.12.2008 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. - Zusammenfassung - In jüngster Zeit haben verschiedene Medien über die Eignung des Salzstocks Gorleben als Endlager für hochradioaktive Abfälle berichtet. Insbesondere wurde die Frage diskutier , inwiefern es für die Genehmigung des Endlagerstandorts Gorlebens notwendig ist, eine alternative Standortsuche durchzuführen. Eine rechtliche Bestandsaufnahme ergibt, dass nach geltendem Atomrecht weder für den Bund noch für die Genehmigungsbehörden die Pflicht zur alternativen Standortsuche besteht. Es ist ausreichend, dass die beantragte Endlagerstätte die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt. Das atomrechtliche Planfeststellungsverfahren für Endlager unterscheidet sich insofern grundlegend von anderen Planfeststellungsverfahren, bei denen für die Planfeststellungsbehörde ein planerischer Gestaltungsspielraum eröffnet wäre. Auch das OVG Lüneburg hat in seinem Urteil vom 8. März 2006 grundlegend klargestellt , dass es für die Geeignetheit eines Standorts für radioaktive Abfälle nicht darauf ankommt, dass ein umfassendes und vergleichendes Standortsuchverfahren durchgeführt worden ist. Inhalt 1. Einleitung 4 2. Zuständigkeiten nach dem Atomgesetz 4 3. Das atomrechtliche Genehmigungsverfahren 6 4. Die Standortplanung 6 4.1. Grundlegendes 6 4.2. Standortalternativen 7 4.3. Endlagerstandort Gorleben 8 4.3.1. Entwicklungsgeschichte 8 4.3.2. Gegenwärtig 9 - 4 - 1. Einleitung In jüngster Zeit haben verschiedene Medien über die Eignung des Salzstocks Gorleben als Endlager für hochradioaktive Abfälle berichtet. Dabei wurde einerseits vorgetragen, der wissenschaftliche Nachweis für die Eignung Gorlebens als Endlager sei bereits erbracht , nichts stehe einer Genehmigung als Endlager entgegen. Andererseits wurde behauptet , es bestünden grundsätzliche Mängel im Planfeststellungsverfahren. Insbesondere habe eine notwendige alternative Standortsuche nicht stattgefunden und die endgültige Planfeststellung für den Salzstock Gorleben als Endlagers für hochradioaktive Abfälle müsse bereits allein daran scheitern. Im Folgenden werden die Grundzüge und die gesetzlichen Grundlagen des atomrechtlichen Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahrens unter besonderer Berücksichtigung der Möglichkeit und etwaigen Pflicht einer alternativen Standortwahl dargestellt. 2. Zuständigkeiten nach dem Atomgesetz Mit der Novellierung des Atomgesetzes (AtG) im Jahre 1976 wurde die besondere Verantwortung des Bundes bei der Entsorgung radioaktiver Abfälle unterstrichen. Der Gesetzgeber hat dem Bund die Verantwortung zur Einrichtung von Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle auferlegt und dies in § 9 a Absatz 3 Satz 1 AtG verankert. Im Dritten Abschnitt des AtG sind die Zuständigkeiten der einzelnen Verwaltungsbehörden niedergelegt. Aus § 23 AtG geht hervor, dass das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mit der konkreten Durchführung einiger Aufgaben des Bundes beauftragt worden ist. Insbesondere normiert § 23 Absatz 1 Nr. 2 AtG, dass das BfS für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen des Bundes zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle zuständig ist. Das BfS selbst ist dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) zugeordnet und unterliegt infolgedessen bei der Durchführung der Endlageraufgaben dessen Rechts- und Fachaufsicht .1 Das BfS darf sich zur Erfüllung seiner Aufgaben Dritter bedienen (vgl. § 9a Absatz 3 AtG). Diese Möglichkeit hat das BfS auch wahrgenommen, indem es einen Ko- 1 http://www.bmu.de/atomernergie_ver_und_entsorgung/endlagerung_/allgemeines; (Stand: Februar 2008) - 5 - operationsvertrag mit der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) abgeschlossen hat und die DBE mit der Durchführung von Planung und Errichtung Endlagern für den Bund beauftragt hat. Die Planungshoheit und Planungsaufsicht verbleibt jedoch weiterhin beim BfS, das auch die Verantwortung der Konzeptfindung trägt. Im Bereich der atomrechtlichen Planfeststellung (§ 9b AtG in Verbindung mit §§ 72 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes – VwVfG) obliegt die Durchführung eines entsprechenden Verfahrens für die Errichtung eines Endlagers für radioaktive Abfälle der zuständigen obersten Landesbehörde. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass das BfS für den Bund im Genehmigungsverfahren von Endlagern als Antragsteller fungiert.2 Das Bundesland und dessen Behörde stehen jedoch wiederum unter der Bundesaufsicht (Artikel 85 in Verbindung mit Artikel 87c Grundgesetz – GG), den das BfS bei dieser Aufgabe unterstützt. Dabei erfolgt das Planfeststellungsverfahren im Gegensatz zum atomrechtlichen Genehmigungsverfahren (vgl. §§ 7 ff. AtG) in einem einzigen – unter Umständen zeitintensiven – Schritt (und nicht etwa in einem gestuften Verfahren, bei dem zunächst Vorbescheide und Teilgenehmigungen erteilt werden). Im Rahmen der Planfeststellung führt für den Bund das BMU die Bundesaufsicht über die zuständige oberste Landesbehörde . Sie umfasst die Rechts- und Zweckmäßigkeitsaufsicht und enthält ein Weisungsrecht gegenüber der Landesbehörde (Artikel 85 Absätze 3 und 4 GG). Der Antragsteller BfS, das für die Endlagererrichtung verantwortlich ist, unterstützt das BMU allerdings nicht bei der Ausübung der Bundesaufsicht gegenüber der Landesbehörde, so dass eine Interessenkollision nicht zu befürchten/beanstanden ist. Festzuhalten bleibt also, dass das BMU im Bereich der Endlagerung radioaktiver Abfälle eine Doppelfunktion wahrnimmt: es ist sowohl die Fach- und Rechtsaufsichtsbehörde für den Antragsteller BfS und übt zugleich die Bundesaufsicht über die zuständige Planfeststellungsbehörde aus.3 2 Bericht der Arbeitsgruppe „Modernisierung des Bundesamtes für Strahlenschutz“, eingesetzt vom BMU und dem BfS, Mitglieder waren: Prof. Dr. Hans Peter Bull, Prof. Dr. Dr. Klaus König, Rechtsanwalt Jörg Kuhbier; Hamburg und Speyer, Dezember 2006, http://www.bfs.de/bfs/In_eigener_Sache 3 http://www.bfs.de; http://www.dbe.de. - 6 - 3. Das atomrechtliche Genehmigungsverfahren Das atomrechtliche Genehmigungsverfahren im Allgemeinen entspricht weitgehend dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nach den §§ 4 ff. Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) und ist wie dieses durch Formalität, Publizität, tendenzielle Öffentlichkeitsbeteiligung und Einwendungspräklusion sowie durch oben skizzierte Verfahrensstufung (§§ 7a, 7b AtG) gekennzeichnet4. Die Errichtung und der Betrieb eines atomaren Endlagers bedarf einer Planfeststellung (vgl. § 9b AtG).5 Der Planfeststellungsbeschluss zeichnet sich im Unterschied zur atomrechtlichen Anlagengenehmigung, die nur bestimmte weitere Genehmigungen umfasst (z.B. die immissionsschutzrechtliche) durch eine weitergehende Konzentrationswirkung aus6. § 75 Abs. 1 VwVfG legt die Rechtswirkungen fest: Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt. Die Planfeststellung umfasst alle Genehmigungen, Erlaubnisse und Zustimmungen. Daraus erklärt sich auch seine gegebenenfalls lange Dauer. 4. Die Standortplanung 4.1. Grundlegendes Im Rahmen des atomrechtlichen Anlagengenehmigungsverfahrens ist zusätzlich eine umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen. Dies ergibt sich aus § 9b Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4 AtG. Dabei sind die nuklearen (§ 7 Absatz 2 Nr. 1 bis 5 AtG) und nichtnuklearen (§ 7 Absatz 2 Nr. 7 AtG) Auswirkungen eines Endlagers zu untersuchen. 4 Michael Kloepfer, Umweltrecht, 2. Auflage 1998, § 15 Rn. 52. 5 Hans-Werner Rengeling, Planfeststellung für die Endlagerung radioaktiver Abfälle, 1984, S. 35 ff. 6 Michael Kloepfer, Umweltrecht, 2. Auflage 1998, § 5 Rn. 79. - 7 - 4.2. Standortalternativen Nach geltendem Recht sind die Planfeststellungsbehörden an die Standortentscheidung des Anlagenbetreibers gebunden und haben lediglich zu prüfen, ob bei dem gewählten Standort die gesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind7. Eine Pflicht zur alternativen Standortsuche durch die Planfeststellungsbehörde lässt sich aus dem Atomgesetz nicht unmittelbar ableiten, so dass das Genehmigungsverfahren hinsichtlich des Standorts eine reine „Alles-oder-Nichts“ – Entscheidung ist. Entweder ist ein Standort für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage geeignet, oder er ist es gerade nicht. Es kommt nicht darauf an, ob möglicherweise auch ein anderer Standort geeignet ist. Im Rahmen der atomrechtlichen Planfeststellung und Anlagengenehmigung werden lediglich ungeeignete Standorte ausgeschlossen, nicht jedoch durch die Planfeststellungsbehörde zugleich optimalere Standorte erkundet. Der sonst im Planfeststellungsverfahren bestehende planerische Abwägungsspielraum der Genehmigungsbehörde im Atomrecht ausnahmsweise sehr begrenzt. Das Atomgesetz sieht bei der atomrechtlichen Genehmigung kein Ermessen der Genehmigungsbehörde vor (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 AtG – „bedarf der Genehmigung“).8 Gleiches gilt auch für das Planfeststellungsverfahren für Endlager, da in § 9b AtG insoweit keine andere gesetzliche Bestimmung getroffen wurde. Die Frage der alternativen Standortsuche im Rahmen eines eventuell bestehenden planerischen Ermessens hat auch das OVG Lüneburg geprüft9. Dem OVG Lüneburg lag seit 2002 eine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung und den Betrieb eines Endlagers im Bergwerk Schacht Konrad vor. In seiner Entscheidung vom 8. März 2006 hat das OVG unter anderem klargestellt: „Ein auf die umfassende Erkundung und vergleichende Untersuchung zielendes Standortsuchverfahren ist nach geltenden atomrechtlichen Bestimmungen – unabhängig davon, ob das Prüfprogramm des § 9b Abs. 4 AtG über die dort normierten strikten Voraussetzungen hinaus noch Raum für eine Abwägung lässt – nicht Voraussetzung für die Zulassung des die gesetzlichen Anforderungen erfüllenden Vorhabens.“ 7 Michael Kloepfer, Umweltrecht, 2. Auflage 1998, § 5 Rn. 32. 8 Wird der Behörde ein Ermessen eingeräumt, verwenden die Fachgesetze eine Formulierung wie „kann eine Genehmigung erteilt werden“. 9 OVG Lüneburg, Urteil vom 08. März 2006, 7 KS 128/02. - 8 - Das Urteil des OVG festgestellt, dass nach dem Atomgesetz in seiner aktuellen Fassung nicht der beste Standort für ein Endlager gesucht werden muss, sondern es vielmehr darauf ankommt, dass der bereits gewählte Standort den aktuellen Sicherheits- und Umweltkriterien für ein Endlager genügt. Daraus folgt, dass ein Genehmigungsverfahren nicht allein dann mangelhaft ist, wenn alternative Standorte nicht umfassend und vergleichend untersucht worden sind.10 Eine Pflicht zur alternativen Standortsuche besteht insofern nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtsprechung des OVG Lüneburg bestätigt.11 Eine Verfassungsbeschwerde der Stadt Salzgitter vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) blieb erfolglos.12 Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum wird diese Rechtsprechung allerdings kritisiert.13 4.3. Endlagerstandort Gorleben 4.3.1. Entwicklungsgeschichte Bereits im Jahre 1976 wurde Gorleben von der Niedersächsischen Landesregierung als Standort eines „Nuklearen Entsorgungszentrums“ vorgeschlagen. Noch im Jahre 1977 hat die damals zuständige Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) beim Land Niedersachsen den Antrag auf Einleitung eines atomrechtlichen Planfeststellungsverfahrens gemäß § 9b AtG für ein Endlager für alle Arten radioaktiver Abfälle („Ein- Endlager-Konzept) im Rahmen des geplanten „Nuklearen Entsorgungszentrums“ in Gorleben gestellt. Zwei Jahre später begannen die Standortuntersuchungen und der Salzstock Gorleben wurde auf seine Eignung als Endlager untersucht. Für die damalige Standortauswahl war vor allem die Eignung als Standort für das geplante Entsorgungszentrum mit integrierter Wiederaufbereitungsanlage für abgebrannte Brennelemente von großer Bedeutung. Am 1. Oktober 2000 einigten sich die Bundesrepublik Deutschland und die Energieversorgungsunternehmen (EVU) dahingehend, dass die Erkundung des Salzstock Gorlebens zur Klärung konzeptioneller und sicherheitstechnischer Fragen für 10 OVG Lüneburg, Urteil vom 08.03.2006, 7 KS 128/02. 11 BVerwG vom 26.03.2007, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ 2007), S. 833. 12 BVerfG, Beschluss vom 21.02.2008, (Az.: 1 BvR 1987/07). 13 Siehe z.B. Ramsauer, Ulrich, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ 2008), S. 944 ff. - 9 - mindestens drei, längstens aber zehn Jahre unterbrochen wird (sog. Moratorium).14 Das Moratorium bedeutet somit nicht die Aufgabe des Standorts Gorleben. Vielmehr sollen in dieser Zeit jene Kosten vermeiden werden, die nicht zur Klärung der noch offenen Fragen beitragen können. 4.3.2. Gegenwärtiger Stand des Verfahrens Im aktuell erarbeiteten Entwurf für „Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle“ vom BMU im Juli 2008, welches im Rahmen seiner Bundesaufsicht tätig wurde, werden die Sicherheitskriterien von 1983 abgelöst 15. Nach derzeitigem Erkenntnisstand steht lediglich fest, dass der Salzstock Gorleben als Endlagerstandort nicht ungeeignet ist16. Diese Aussage beinhaltet jedoch nicht zugleich, dass Gorleben als Endlagerstandort bereits unumstößlich feststeht. Insbesondere geht aus dem Entwurf des BMU deutlich hervor, dass die gesetzlich erforderlichen Voraussetzungen für einen Planfeststellungsbeschluss für atomare Endlager vorsehen, dass ein Standort die jeweils aktuellen Anforderungen von Wissenschaft und Technik erfüllen muss. Es handelt sich dabei um einen schrittweisen Optimierungsprozess, bei dem vor allem sichergestellt werden soll, dass die mit der Endlagerung verbundenen Risiken für Mensch und Umwelt so gering wie möglich gehalten werden sollen17. Das BMU geht in seinem Entwurf aber davon aus, dass auch für den Bund zumindest keine Pflicht zur alternativen Standortsuche besteht: „Die Entscheidung, ob und – wenn ja – in welchem Umfang verschiedene potentielle Endlagerstandorte im Rahmen eines Auswahlverfahrens zu vergleichen sind, obliegt dem für die Einrichtung von Endlagern zuständigen Bund und wird von der Planfeststellungsbehörde nicht überprüft.“ In Einklang mit seinem Konzeptpapier „Endlager Konsens realisieren“ vom 18. September 2006 wird allerdings auch in dem aktuellen Entwurf des BMU deutlich, dass eine nach dem Stand von Wissenschaft und Technik bestmögliche Sicherheit nur er- 14 Konzeptpapier des BMU „Endlager Konsens realisieren“ vom 18.09.2006. 15 Entwurf für „Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle “ vom BMU (Stand: Juli 2008); http://www.bmu.de/atomenergie_ver_und_entsorgung/downloads/doc/42047.php 16 OVG Lüneburg, Urteil vom 17. Juli 2008, Aktenzeichen 7 LC 53/05; http://www.bfs.de 17 http://www.bmu.de/atomenergie_ver_und_entsorgung/downloads/doc/42047.php - 10 - reicht und vermittelt werden kann, wenn insbesondere der Standort eines Endlagers, in dem auch hochaktive und langlebige Abfälle und bestrahlte Brennelemente gelagert werden sollen, in einem klar definierten Verfahren nach vorher festgelegten, wissenschaftlich führenden Kriterien ausgewählt wird.18 Damit wird grundsätzlich klargestellt, dass durchaus ein Standortauswahlverfahren vorgesehen ist. Allerdings nicht im Sinne einer Suche nach Alternativen zu bereits bestehenden Standorten, sondern vielmehr mit Blick auf neue, zukünftig noch festzulegende Standorte. Das OVG Lüneburg stellt im Hinblick auf das Endlager „Schacht Konrad“ grundlegend klar, dass es für die Zulassung eines die gesetzlichen Anforderungen erfüllenden Vorhabens nicht darauf ankommt, dass zudem umfassende Erkundungen und vergleichende Untersuchungen eines alternativen Standortes stattgefunden haben. Diese Grundsatzentscheidung ist im Kern auch auf den Salzstock Gorleben zu übertragen. Die Geeignetheit von Gorleben als Endlagerstandort wird gerichtlich losgelöst von etwaigen Standortalternativen geprüft. Auch kann die Genehmigung für Gorleben selbst dann ergehen, wenn es Alternativstandorte gibt. Es besteht keine Pflicht zur Wahl des bestmöglichen Standortes. Es muss lediglich sichergestellt sein, dass der genehmigte Standort allen atomrechtlichen Anforderungen entspricht und somit das Risiko eines Schadenseintritts für Mensch und Umwelt optimal gemindert wird. Es besteht demnach keine unmittelbare rechtliche Pflicht zur alternativen Standortsuche. Der Standort Gorleben ist infolgedessen aktuell einzig an den jüngsten Anforderungen von Wissenschaft und Technik zu messen. Unter dem Gesichtspunkt der bestmöglichen Schadensabwendung muss allerdings geprüft werden, ob der Standort Gorleben diese Anforderungen erfüllt. Sollte man zu dem Ergebnis kommen, dass dem Stand von Wissenschaft und Technik zufolge der Standort Gorleben nicht geeignet ist (weil es beispielsweise ein Salzstock nicht zur Endlagerung geeignet ist), so wird nach geltendem Atomrecht die Genehmigung für ein Endlager nicht ergehen. Mit einer endgültigen Erkundung des Standortes Gorleben ist jedoch nicht vor 2022 zu rechnen. Es bleibt daher auch weiterhin der Abschluss des Planfeststellungsverfahrens abzuwarten, das noch jahrzehntelang andauern wird. Es wird sich zeigen, inwiefern der Standort Gorleben, gemessen an den jüngst erarbeiteten Sicherheitsanforderungen, auch künftig als Endlagerstandort in Betracht kommt. 18 Konzeptpapier des BMU „Endlager Konsens realisieren“ vom 18. September 2006. - 11 -