Die Beauftragung Dritter durch den Bund zur Erfüllung seiner Pflicht, Endlagerstätten für atomare Abfälle zur Verfügung zu stellen Insbesondere die wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Kooperationsvertrages zwischen dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) sowie die seit 1979 erfolgten Gesellschafterwechsel der DBE - Ausarbeitung - © 2008 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 226/08 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Die Beauftragung Dritter durch den Bund zur Erfüllung seiner Pflicht, Endlagerstätten für atomare Abfälle zur Verfügung zu stellen Insbesondere die wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Kooperationsvertrages zwischen dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) sowie die seit 1979 erfolgten Gesellschafterwechsel der DBE Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 226/08 Abschluss der Arbeit: 08.12.2008 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. - Zusammenfassung - Die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) wurde vom Bund 1979 als Endlagergesellschaft gegründet. Ihre Gesellschafter waren: - Industrieverwaltungsgesellschaft mbH, Bonn-Bad Godesberg, - Saarberg-Interplan GmbH, Saarbrücken, - Salzgitter Maschinen und Anlagen AG, Salzgitter. Alle Gesellschaften waren ganz oder mehrheitlich in Bundeseigentum. Diese Gesellschaften wurden in den 1980er und 1990er Jahren privatisiert. Jedenfalls 1999 war die DBE in Hand folgender Gesellschaften: - GNS (Gesellschaft für Nuklear-Service mbH), Essen, zu 50%, - Preussag Noell GmbH, Würzburg zu 25%, - SaarTech GmbH, Sulzbach (25%). Heute sind nur noch zwei Gesellschaften beteiligt: - GNS, Essen, (75%), - Babcock Noell GmbH, Würzburg, zu 25%. In wettbewerbsrechtlicher Hinsicht sind die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der DBE und dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) nicht problematisch. Als der Kooperationsvertrag 1979 bzw. 1984 abgeschlossen wurde, galt noch kein Vergaberecht, wie es heute existiert. Der Vertrag ist durch die heutige Rechtslage auch nicht nichtig geworden . Gleiches gilt für die Übertragung konkreter Aufgabenpakte auf die DBE, soweit sie sich auf diesen Vertrag gründen. Auch sie müssen nicht ausgeschrieben werden. Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung und die monopolartige Stellung der DBE führt weder zur Anwendbarkeit des Kartellrechts, noch ist der Vertrag bürgerlichrechtlich sittenwidrig. Die DBE erfüllt eine gesetzliche Aufgabe des Bundes, die ihr übertragen worden ist. Neue Aufträge, die nicht in den Geltungsbereich des Kooperationsvertrages zwischen DBE und BfS fallen, müssen je nach Aufgabe ausgeschrieben und vergeben werden. Inhalt 1. Einleitung 4 2. Rechtliche Grundlagen der Beauftragung der DBE 5 3. Wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des Kooperationsvertrages (KoV) 6 3.1. Eigentumsverhältnisse/Gesellschafterwechsel 6 3.2. Wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Kooperationsverträge von 1979 bzw. 1984 7 3.2.1. Verträge und Vertragsinhalt 7 3.2.2. Grundsatz der Vergabepflichtigkeit 8 3.2.2.1. Keine Vergabepflichtigkeit bei Abschluss des KoV 1979 bzw. 1984 9 3.2.2.2. Keine Ausschreibungspflicht bei der Vergabe konkreter Arbeitspakete 11 3.2.2.3. Beauftragung eines öffentlichen Auftraggebers durch einen anderen öffentlichen Auftraggeber 11 3.2.3. Kartellrechtliche Zulässigkeit 13 3.2.4. Sittenwidrigkeit 14 4. Kritik der Arbeitsgruppe für die Modernisierung des BfS an den vertraglichen Vereinbarungen 14 - 4 - 1. Einleitung Während die Behandlung, Zwischenlagerung und Konditionierung von radioaktiven Abfällen in Verantwortung der Nuklearindustrie erfolgt, ist der Bund verpflichtet, Anlagen zur Sicherstellung und zur Endlagerung von radioaktiven Abfällen einzurichten . Zuständig ist hierfür das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter, welches den Bund vertritt. Dem BfS ist es atomrechtlich gestattet, (private) Dritte zu betrauen, wenn es um die Planung, Errichtung und Sanierung von Endlagerstätten für Atommüll geht. Im Zusammenhang mit der Stilllegung des Forschungsbergwerkes Asse II, in dem schwach- und mittelradioaktive Abfälle eingelagert worden waren, übernahm das BfS den Betrieb des einsturzgefährdeten Salzstocks von der Helmholtz-Zentrum München.1 Laut Pressemeldungen soll nun mit der Sanierung des Lagers Asse II die „Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH“ (DBE) beauftragt werden.2 Die DBE führt derzeit bereits für das BfS den Offenhaltungsbetrieb des Bergwerkes Gorleben, dessen Endlagereignung für mittel- und schwerradioaktive Abfälle bis 2000 geprüft wurde, die Errichtung des Endlagers Konrad in Salzgitter (leicht- und mittelradioaktive Abfälle) und den Betrieb des ehemaligen Endlagers Morsleben. Der Bund hat die DBE eigens zu diesem Zweck 1979 gegründet und beauftragt , Endlager des Bundes zu planen und zu errichten.3 Der Kooperationsvertrag zwischen dem BfS und der DBE, der ebenfalls 1979 erstmals geschlossen wurde, enthält nach Medienberichten die Klausel, dass das BfS verpflichtet ist, alle endlagerrelevanten Aufgaben ohne Ausschreibung der DBE zu vergeben . Eine solche Vereinbarung sei „aus heutiger Sicht klar wettbewerbswidrig“, so das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Zudem sei der Vertrag unkündbar und eine Gewinnmarge für die damals noch in staatlichem Eigentum stehende DBE in Höhe von 3,25 bzw. 1,5% vereinbart. Die Atomindustrie verdiene heute somit an der Entsorgung ihres eigenen Mülls mit, weil die DBE nach ihrer Privatisierung in den 1980er Jahren im Eigentum der großen Stromkonzerne stehe.4 Die Geschichte der Eigentumsverhältnisse/Gesellschafter bei der DBE soll im Folgenden ebenso dargestellt werden, wie die Frage, ob eine Rahmenvereinbarung, wie sie zwischen dem BfS und der DBE besteht, wettbewerbsrechtlich zulässig ist. 1 Pressemitteilung des BMU vom 5. November 2008 (Nr. 245/08). 2 „Der Spiegel“ Nr. 46/2008, S. 45, WAZ vom 11. November 2008. 3 http://www.dbe.de [Stand: 1. Dezember 2008]. 4 „Der Spiegel“ Nr. 46/2008, S. 45, WAZ, 1. November 2008. - 5 - 2. Rechtliche Grundlagen der Beauftragung der DBE Der Bund hat die Verantwortung zur Einrichtung von Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle (§ 9a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 Atomgesetz – AtG5 i.V.m. Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 Grundgesetz – GG6). Zuständig für die Durchführung dieser Aufgabe ist das BfS (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 AtG i.V.m. Art. 87 Abs. 3 GG), das als nachgeordnete Behörde dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) zugeordnet ist. Das BfS unterliegt somit der Fach- und Rechtsaufsicht des BMU. Der Bund, vertreten durch das BfS, darf sich zur Erfüllung seiner Pflichten sogenannter Dritter bedienen (§ 9a Abs. 3 Satz 2 AtG). Die Gesetzesformulierung bedeutet, dass das BfS private Firmen als technische Erfüllungsgehilfen beauftragen kann, die das BfS bei Errichtung und Betrieb von Endlagern unterstützen. Unerheblich ist, wer Eigentümer dieser Firmen ist, entscheidend ist alleine deren privatrechtliche Form (z.B. GmbH). Dem Dritten dürfen auch die hoheitliche Befugnisse übertragen werden (§ 9a Abs. 3 Satz 3 AtG), man spricht dann vom Dritten als „Beliehenen“. Unbenommen einer solchen Übertragung (die im Falle der DBE nicht erfolgt ist) bleibt die Verantwortung für die Errichtung und den Betrieb von Endlagerstätten immer beim Bund bzw. dem BfS.7 Eine Übertragung von Hoheitsbefugnissen hat durch die Verträge zwischen dem BfS und der DBE nicht stattgefunden.8 Die Kosten der Endlagerung sind aus dem Bundeshaushalt vorzustrecken, weil es sich bei der Beseitigung von Atommüll um eine Bundesaufgabe handelt. Allerdings erfolgt die Finanzierung (insbesondere der Planung und Errichtung von Endlagern nach § 9a Abs. 3 Satz 1 AtG) zu 100% durch Beiträge der Abfallverursacher (§ 21b Abs. 1 AtG).9 Dies trifft allerdings nicht auf alle existierenden Lager zu, die die DBE führt.10 5 Atomgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 1985 (BGBl. I S. 1565), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. August 2008 (BGBl. I S. 1793). 6 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 8. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1926). 7 http://www.bfs.de/de/endlager/publika/verant_betrieb_endl.html [Stand: 01.12.2008]. 8 Bericht der AG „Modernisierung des Bundesamtes für Strahlenschutz“ aus dem Jahre 2006 (http://www.bfs.de/bfs/presse/pr06/Modernisierung_BfS.pdf [Stand: 3. Dezember 2008]), S. 35, 70. 9 Siehe hierzu die Endlagervorausleistungsverordnung (EnlagerVlV) vom 28. April 1982 (BGBl. I S. 562), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Juli 2004 (BGBl. I S. 1476). 10 Bericht der AG „Modernisierung“ (Fn. 8) S. 36. - 6 - 3. Wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des Kooperationsvertrages (KoV) 3.1. Eigentumsverhältnisse/Gesellschafterwechsel Da die Firmengeschichte unter Anderem Gegenstand einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen vom 27. November 2008 ist,11 wird hier nur eine rudimentäre Historie dargestellt, so wie sie sich aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt.12 Sie ist nicht lückenlos und kann insbesondere die genauen Umstände der Privatisierung der DBE bzw. ihrer Gesellschafter nicht aufklären: Am 21. August 1979 kündigte die Bundesregierung an, die „unmittelbar oder mittelbar in mehrheitlichem Bundesbesitz stehenden Firmen“ - Industrieverwaltungsgesellschaft mbH, Bonn-Bad Godesberg, - Saarberg-Interplan GmbH, Saarbrücken, - Salzgitter Maschinen und Anlagen AG, Salzgitter, würden die DBE mit Sitz in Peine gründen. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Vorgängerbehörde des jetzigen BfS, werde die DBE als Dritten i.S.v. § 9a Abs. 3 AtG für die Planung, Errichtung und den Betrieb eines Endlagers heranziehen.13 Ressortübergreifend war die Gründung einer neuen Endlagergesellschaft favorisiert worden. Gesellschafter sollten bundeseigene Firmen sein, um den Einfluss des Bundes sicher zu stellen. Zudem war eine Vermarktung des Endlager-Know-Hows geplant.14 Die DBE wurde am 11. September 1979 gegründet.15 Entgegen der ursprünglichen Intention wechselten zu einem unbekannten Zeitpunkt entweder die Gesellschafter oder es erfolgte die Privatisierung ( = Verkauf) der an der DBE beteiligten Gesellschaften . Die Industrieverwaltungsgesellschaft mbH wurde aufgrund eines Kabinettsbeschlusses 1986 (teil-)privatisiert,16 während die Saarberg-Interplan 1989 noch in öffentlicher Hand war.17 Jedenfalls 1999 war der Bund nicht mehr (Mit-)Eigentümer der 11 BT-Drs. 16/11121. 12 Das BMU bereitet die Firmengeschichte erst auf, derzeit [Stand 3. Dezember 2008] konnten keine Auskünfte erteilt werden. 13 Antwort der Bundesregierung vom 21. August 2008 auf eine Kleine Anfrage des Abg. Schröder, BT-Drs. 8/3156, S. 5. 14 Interner Bericht des BMU, Dokumentation WD 8 (Anlage 1), Anlage 4, S. 2. 15 Antwort der Bundesregierung vom 22. Dezember 1981 auf eine Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion, BT-Drs. 9/1231, S. 7. 16 Antwort der Bundesregierung vom 26. März 1986 auf eine Kleine Anfrage des Abg. Seehofer, BT-Drs. 10/5282, S. 10. Die vollständige Privatisierung war dann für 1992 geplant, siehe Antwort der Bundesregierung vom 29. Oktober 1991 auf eine Kleine Anfrage der Abg. Janz, BT-Drs. 12/1448, S. 20. 17 Die Saarberg-Interplan GmbH war 1989 eine 100%ige Tochter der Saarbergwerke AG, die zu 75% dem Bund gehörten (und zu 25% dem Saarland), vgl. Kleine Anfrage der Abg. Trenz vom 15. März 1989, BT-Drs. 11/4216, S. 1 f. - 7 - DBE. Stattdessen bildeten nun folgende rein privaten Unternehmen die Gesellschafter der DBE: - GNS (Gesellschaft für Nuklear-Service mbH), Essen, zu 50%, - Preussag Noell GmbH, Würzburg zu 25%, - SaarTech GmbH, Sulzbach (25%).18 Heute sind nur noch zwei private Gesellschafter an der DBE beteiligt: - GNS, Essen, (75%), - Babcock Noell GmbH, Würzburg, zu 25%.19 Die GNS, gegründet 1977, ist Führungsgesellschaft von Unternehmen der Nuklearwirtschaft . Gesellschafter sind neben Anderen die E.ON Kraftwerke GmbH und RWE Power AG.20 Bei der Babcock Noell GmbH handelt es sich um einen Anlagenbauer im Bereich Umwelt- und Nukleartechnik, der zu einer Unternehmensgruppe der Bilfinger Berger AG gehört. 3.2. Wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Kooperationsverträge von 1979 bzw. 1984 Die folgenden Überlegungen beruhen allein auf den zum Vertrag zur Verfügung stehenden Informationen und dem bekannten Sachverhalt. Da eine abschließende rechtliche Wertung nur auf Grundlage aller Unterlagen getroffen werden kann, können im Weiteren lediglich die rechtlichen Grundlagen des Wettbewerbsrechts dargestellt und eine grobe Subsumtion vorgenommen werden, die auf den bekannten Informationen über die Verträge zwischen dem BfS und der DBE beruht.21 3.2.1. Verträge und Vertragsinhalt Ein erster Kooperationsvertrag (KoV) zwischen der PTB und der DBE wurde am 5. Oktober/5. November 1979 geschlossen. Mit Datum vom 29. März 1984 wurde dieser Vertrag revidiert. Gegenstand des seitdem gültigen KoV ist die Planung und Errichtung von Endlagern für atomare Abfälle, die Durchführung von anlagenbezogenen 18 Dokumentation WD 8 (Anlage 1), Anlage 3, S. 12. 19 Siehe Firmeninformation der Creditreform über die DBE, Anlage 2, S. 1; siehe ebenfalls Bericht der AG „Modernisierung“ (s.o. Fn. 8) S. 35. Wahrscheinlich handelt es sich um die Nachfolgegesellschaft der Preussag Noell GmbH. 20 Siehe Firmeninformation der Creditreform über die GNS, Anlage 3, S. 1. 21 Der im Folgenden dargestellte Vertragsinhalt beruht auf dem interner Bericht des BMU (Stand 23. Oktober 2007), Dokumentation WD 8 (Anlage 1), Anlage 4, S. 2 sowie auf dem Bericht der AG „Modernisierung“ (Fn. 8), S. 35 f. - 8 - Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie von Erkundungsmaßnahmen und die Vorbereitung des späteren Betriebs der Endlager. Es handelt sich um einen zivilrechtlichen Dienstvertrag. Der KoV ist ein Rahmenvertrag, mit dem die o.g. Aufgaben umfassend der DBE übertragen werden. Geregelt wird die Stellung des BfS, das atom-, berg- und verwaltungsrechtlich verantwortlich bleibt. Es vertritt den Bund nach außen und finanziert die DBE zu 100% aus dem Bundeshaushalt.22 Das BfS ist der DBE gegenüber weisungsbefugt und kontrolliert die Aufgabenerledigung durch die Gesellschaft. Der KoV enthält eine Gewinnregelung, wonach der DBE ein Gewinn von 3,25% auf alle Eigenleistungen und von 1,5% auf alle Fremdleistungen zusteht.23 Die Aufgabenübertragung im Einzelfall findet durch sog. Arbeitspakete statt. Hierzu erstellt das BfS eine Leistungsbeschreibung, die Inhalt und Ziel der Aufgabe enthält. Die DBE erstellt daraufhin eine Arbeitspaketbeschreibung, die Weg und Zeit zur Aufgabenerfüllung beschreibt. Nach Kontrolle wird das Arbeitspaket zur Erfüllung auf die DBE übertragen. Eine ordentliche Kündigung ist ausgeschlossen. Allerdings kann eine außerordentliche Kündigung erfolgen. Der Vertrag läuft aus, wenn Endlagerarbeiten endgültig einzustellen sind oder wenn die Mittel aus dem Bundeshaushalt nicht bereitgestellt werden. Davon unbenommen ist eine einvernehmliche Auflösung immer möglich. Einvernehmlich können auch einzelne Vertragsinhalte geändert oder aufgehoben werden. Schließlich ist auch die Anrufung eines Schiedsgerichts möglich, wenn sich die Umstände so geändert haben, dass die wirtschaftlichen und rechtlichen Wirkungen des KoV betroffen sind. Der Schiedsspruch ist von den Vertragsparteien zu akzeptieren. 3.2.2. Grundsatz der Vergabepflichtigkeit Ob Verträge zwischen öffentlicher Hand und Privaten vergabepflichtig sind, richtet sich vorrangig nach den §§ 97 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).24 Modifiziert wird das nationale Recht zudem durch das EU-Recht, da im Ge- 22 Zur Refinanzierung nach der EndlagerVlV s.o. S. 5. 23 Für das Jahr 2006 betrug der Gewinn der DBE 1,1 Mio. €. 24 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 2005 (BGBl. I S. 2114), zuletzt geändert durch Artikel 1a des Gesetzes vom 18. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2966). - 9 - setz gegen Wettbewerbsbeschränkungen die sog. Vergabekoordinierungsrichtlinie umgesetzt wurde.25 In § 97 Abs. 1 GWB wird als Grundsatz festgelegt: „Öffentliche Auftraggeber beschaffen Waren, Bau- und Dienstleistungen (…) im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren.“ § 99 Abs. 1 GWB sind öffentliche Aufträge „entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen“. Dennoch können drei Punkte einem Verstoß gegen das Vergaberecht widersprechen. Jeder ist bereits für sich hinreichende Grundlage einer Abweichung vom Grundsatz der Ausschreibungspflicht: 1. Als der Koordinierungsvertrag (KoV) 1979 geschlossen wurde, gab es noch kein Vergaberecht in der heute existierenden Form. Die Schaffung eines gesetzlichen Vergaberechts in späterer Zeit führt nicht zur Anpassung oder Nichtigkeit des KoV. 2. Werden durch das BfS auf Grundlage der im KoV eingegangen Verpflichtungen Aufträge bzw. Arbeitspakete an die DBE vergeben, kann dies ebenfalls nicht vergabepflichtig sein, da die Geltung des KoV durch die Schaffung oder Änderung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften nicht berührt ist. 3. Die DBE gilt aufgrund des KoV selbst als öffentlicher Auftraggeber und unterliegt der Ausschreibungspflicht nach GWB bei der Vergabe von Fremdleistungen. Daher könnte eine Beauftragung der DBE durch das BfS keine Vergabepflicht gemäß der §§ 97 ff. GWB nach sich ziehen. 3.2.2.1. Keine Vergabepflichtigkeit bei Abschluss des KoV 1979 bzw. 1984 Als der Rahmenvertrag 1979 geschlossen bzw. 1984 revidiert wurde, existierte noch kein Vergaberecht, so wie es seit 1999 aufgrund von EG-Richtlinien im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gilt.26 Für den Bund galt lediglich § 55 Abs. 1 Bundeshaushaltsordnung (BHO), wonach „dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen (…) eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen [muss], sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.“ 25 Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABlEG 134, 114. 26 Entsprechendes EG-Recht zur Umsetzung der Dienstleistungs- und Warenfreiheit wurde erstmals ab Anfang der 1990er Jahre geschaffen, siehe hierzu m.w.N. Rudolf, in: Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 2. Aufl. 2005, Einführung, Rn. 16 ff. - 10 - Der KoV von 1979/1984 beruhte seinerzeit auf besonderen Umständen: Die DBE war 1979 als Endlagergesellschaft eigens zum Zweck gegründet worden, die damalige PTB bei der Bereitstellung eines Endlagers technisch zu unterstützen. Eine vertragliche Vereinbarung mit Gewinnvereinbarung und unter Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit sollte Planungssicherheit schaffen und es der überwiegend bundeseigenen DBE ermöglichen, sich langfristig auf das spezielle Tätigkeitsfeld „Endlagerung“ zu konzentrieren . Angesichts des hohen Gefährdungspotentials von Atommüll und eines Mangels an geeigneten Mitbewerbern rechtfertigten diese Umstände den Verzicht auf ein Vergabeverfahren. Es erscheint zudem nicht abwegig, dass eine Beauftragung eines (anderen) Unternehmens mit Kündigungsrecht (und ohne Gewinn) entweder nicht wirtschaftlich attraktiv wäre oder – aufgrund der höheren wirtschaftlichen Unsicherheit – letztlich zu erheblich höheren Kosten führen könnte. Zudem ist § 55 BHO Bestandteil des öffentlichen Haushaltsrechts, d.h. die Vorschrift dient einer sparsamen und effizienten Haushaltsführung. Ihre Einhaltung ist eine innerdienstliche Angelegenheit, die keinen wettbewerbsrechtlichen Charakter hat. Unmittelbar gewährt sie Mitbewerben auch keine subjektiven Rechte und eröffnet nicht den Weg zu den Gerichten.27 Es spricht daher viel dafür, dass der Vertragsabschluss 1979/84 haushaltsrechtlich zulässig war. Doch selbst wenn der KoV haushaltsrechtlich unzulässig gewesen wäre, besteht er fort. Ein solcher Verstoß führt nicht zur Nichtigkeit.28 Die Vorschriften über die Vergabepflicht (§§ 97 ff. GWB), die erst seit dem 1. Januar 1999 galten, erstreckten sich nicht rückwirkend auf bereits bestehende Verträge, sondern nur auf die Erteilung neuer Aufträge nach dem Inkraftreten.29 Der KoV ist daher wettbewerbsrechtlich zulässig. 27 Allerdings wird aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und entsprechenden Verwaltungsvorschriften , die aufgrund von § 55 Abs. 2 BHO erlassen wurden, eine subjektive Rechtsstellung des Mitbewerbers angenommen („Selbstbindung der Verwaltung“), siehe Rudolf, in: Byok /Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 2. Aufl. 2005, Einführung, Rn. 14, 73 ff. Die haushaltsrechtlichen Grundsätze gelten dann, wenn eine Vergabe von Aufträgen erfolgt, deren Wert unterhalb der sog. Schwellenwerte (vgl. § 127 Nr. 1 GWB) liegt, die für eine Anwendung der §§ 97 ff. GWB überschritten sein müssen. 28 Verträge, die unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften zustande kommen, sind nur nichtig, wenn sie auch gesetzlich verboten sind (§ 134 BGB). Weder das Vergaberecht noch das Haushaltsrecht sehen eine solche Rechtsfolge vor. 29 So auch zurückhaltender („mag rechtlich vertretbar erscheinen“) der Bericht der AG „Modernisierung “ (s.o. Fn. 8) S. 71, der freilich keine intensivere Prüfung dieser Frage vornimmt. - 11 - 3.2.2.2. Keine Ausschreibungspflicht bei der Vergabe konkreter Arbeitspakete Ist jedoch der Rahmenvertrag nicht vom geltenden Wettbewerbsrecht umfasst, kann auch seine Erfüllung nicht wettbewerbsrechtlich relevant sein.30 Da nach dem Vertragsinhalt die DBE die Aufgabe übertragen bekommen hat, Endlager zu planen und zu errichten, ist das BfS auch vertraglich verpflichtet, der DBE die entsprechenden Aufträge zu erteilen. Eine Vergabe der Aufträge nach §§ 97 ff. GWB wäre ein rechtswidriger Bruch des KoV. Es gilt der Grundsatz „pacta sunt servanda“.31 Die o.g. Auftragspakete , die das BfS der DBE erteilt, müssen ebenfalls wie der KoV vom Vertrauensschutz umfasst sein. Dieses Ergebnis gebietet der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung . Eine Auftragserteilung für die Sanierung des Bergwerks Asse II wäre also nicht vergabepflichtig , soweit sie sich auf eine Pflicht aus dem KoV gründet. Da der KoV nur die Errichtung und Planung von Endlagern umfasst, könnte Anderes gelten, wenn es sich bei den Maßnahmen im Lager Asse II nicht um die Endlagerung von radioaktiven Abfällen handelt. Das wäre beispielsweise gegeben, wenn die DBE zur vollständigen Entfernung der radioaktiven Abfälle aus dem Bergwerk beauftragt werden würde. 3.2.2.3. Beauftragung eines öffentlichen Auftraggebers durch einen anderen öffentlichen Auftraggeber Schließlich kann die Vergabepflicht auch ausscheiden, weil die DBE ihrerseits vergabepflichtig ist, wenn sie Aufträge an Fremdfirmen erteilt. Das BfS ist ein öffentlicher Auftraggeber i.S.v. § 98 Nr. 1 GWB. Die DBE ist dagegen als GmbH eine juristische Person des Privatrechts. Gem. § 98 Nr. 2 GWB können aber auch private juristische Personen öffentliche Auftraggeber und damit vergabepflichtig sein. Das ist insbesondere der Fall wenn: - Unternehmen zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, - sie von der öffentlichen Hand überwiegend finanziert oder staatlich beherrscht werden . 30 Im Falle der Anwendbarkeit des Vergaberechts nach heutiger Rechtslage gilt: Ist ein Rahmenvertrag vergabepflichtig, müssen die Aufträge, die im Rahmen dieses Vertrages erteilt werden, nicht mehr ausgeschrieben werden (m.w.N. Hailbronner, in: Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 2. Aufl. 2005, § 99, Rn. 505). 31 Diese Maxime findet sich im Grundsatz von „Treu und Glauben“ wieder (§ 242 BGB). Wird vom Auftraggeber gegen die §§ 97 ff. GWB verstoßen, hat ein Dritter nur Anspruch auf Schadensersatz gegen den öffentlichen Auftraggeber (vgl. § 126 GWB), nicht jedoch auf Abschluss des Vertrages. Ein bereits erteilter Zuschlag oder abgeschlossener Vertrag kann nicht mehr aufgehoben werden (vgl. § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB). Auch das Wettbewerbsrecht lässt den Grundsatz pacta sunt servanda unangetastet. - 12 - Das OLG Düsseldorf hat daher am 13. August 2007 entschieden, dass die DBE öffentliche Auftraggeberin ist und Fremdleistungen auszuschreiben hat. Das Urteil begründet dies vorrangig mit den wesentlichen Regelungen des KoV (insbesondere dem Weisungsrecht des BfS) und dem öffentlichen Interesse an einer sachgerechten und sicheren Endlagerung radioaktiven Abfalls. Zudem sei die DBE im KoV verpflichtet worden, ihre Unterauftragnehmer darauf hinzuweisen, dass es sich um öffentliche Aufträge handle.32 Beauftragt ein öffentlicher Auftraggeber einen anderen – wie hier das BfS die DBE, dann handelt es sich um eine sog. In-House-Vergabe. In solchen Fällen ist ein Vergabeverfahren nicht durchzuführen, da kein öffentlicher Auftrag gemäß § 99 Abs. 1 GWB vorliegt. Nach dieser Vorschrift sind öffentliche Aufträge „entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen“, nicht jedoch entgeltliche Verträge unter öffentlichen Auftraggebern. Vergaberechtlich gesehen muss die DBE also trotz ihrer privaten Rechtsform kein Unternehmen sein. Das gilt aber nur, wenn das betreffende Unternehmen gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber keine eigene Entscheidungsgewalt besitzt und nicht zumindest in gewissem Umfang für andere (private) Auftraggeber tätig ist. Die Einordnung eines privaten Unternehmens als öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB führt noch nicht dazu, dass bei der Beauftragung durch einen anderen öffentlichen Auftraggeber ein öffentlicher Auftrag gemäß § 99 Abs. 1 GWB (und damit die Vergabepflicht) ausgeschlossen ist. Für beide Normen gelten unterschiedliche Maßstäbe. Während es bei § 98 Nr. 2 GWB bereits ausreicht , dass das Unternehmen auch staatliche Aufgaben erfüllt und es auf deren Umfang nicht ankommt, verlangt der Europäische Gerichtshof (EuGH) bei § 99 Abs. 1 GWB eine nahezu vollständige wirtschaftliche und administrative Bindung an den öffentlichen Auftraggeber.33 Da die DBE zu 100% im Eigentum privater Gesellschaften steht und nicht bekannt ist, ob und in welchem Umfang sie ausschließlich für das BfS tätig ist, kann hier keine abschließende Wertung vorgenommen werden. 32 OLG Düsseldorf vom 12. August 2007, Az. VII-Verg 16/07, NVwZ-RR 2008, 319-321. 33 Siehe m.w.N. Hailbronner, in: Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 2. Aufl. 2005, § 99, Rn. 441 f. sowie Werner, a.a.O., § 98, Rn. 331 ff. Die Rechtsprechung des EuGH ist sehr vergaberechtsfreundlich . - 13 - 3.2.3. Kartellrechtliche Zulässigkeit Die Kartellbehörden haben Eingriffsbefugnisse gegen Unternehmen, wenn sie den Wettbewerb behindern oder einschränken wollen (§ 1 GWB). Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein Unternehmen ist verboten (§ 19 Abs. 1 GWB). Da auf dem Gebiet der Endlagerung keine weiteren Wettbewerber existieren, hat die DBE hier eine marktbeherrschende Stellung (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 GWB). Es ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die DBE diese marktbeherrschende Stellung auch missbraucht (§ 19 Abs. 4 GWB). Ein solcher Missbrauch läge beispielsweise vor, wenn die DBE von Fremdfirmen überhöhte Entgelte usw. fordern würde (§ 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB). Bei der Planung, Errichtung und dem Betrieb von Endlagerstätten gewährt der KoV der DBE eine monopolähnliche Stellung, die gesetzlich vorgesehen ist (§ 9a Abs. 3 Satz 2 AtG). Ein derartiges Monopol ist nicht außergewöhnlich. So genießt die vollständig privatisierte Bundesdruckerei GmbH das Monopol zur Herstellung von Ausweispapieren 34 und die LH Bundeswehr-Bekleidungsgesellschaft mbH35 ein Monopol für die Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte.36 Derartige Monopole sind nicht wettbewerbsrechtlich relevant, wenn sie eine nichtgewerbliche Tätigkeit zur Erfüllung einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe darstellen. Eine derart staatlich herbeigeführte marktbezogene Sonderstellung unterscheidet sich vom Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein Unternehmen, wie es der wesentliche Bestandteil des Kartellrechts ist. Dies gilt – im Falle der LH Bundeswehr-Bekleidungsgesellschaft mbH – auch dann, wenn der Auftragnehmer teilweise oder ganz in privater Hand ist.37 Im Falle der DBE ist das OLG Düsseldorf ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass die DBE eine im öffentlichen Interesse liegende nichtgewerbliche Aufgabe erfüllt, wenn sie an der Planung, Errichtung und Betreibung von Endlagern aufgrund § 9a AtG i.S.m. dem KoV beteiligt ist.38 34 Die ehemalige Bundesoberbehörde wurde 1994 in eine bundeseigene GmbH umgewandelt. 2000 wurde sie vollständig verkauft. 35 Die LH Bundeswehr-Bekleidungsgesellschaft mbH gehört zu 25,1% dem Bund und zu 74,9% den privaten Firmen Lion Apparel Inc. sowie Hellmann Worldwide Logistics GmbH & Co. ( = „LH“), die jeweils zu 50% die Anteile halten. Diese beiden privaten Investoren haben 2002 nach einer Ausschreibung den Zuschlag erhalten. 36 Vgl. Werner, in: in: Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 2. Aufl. 2005, § 98 Rn. 359. 37 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30. April 2003, Az.: Verg 67/02, ZfBR 2003, 605. 38 Siehe hierzu bereits oben (OLG Düsseldorf vom 12. August 2007, Az. VII-Verg 16/07, NVwZ-RR 2008, 319-321). - 14 - 3.2.4. Sittenwidrigkeit Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung im KoV lässt daran denken, den Vertrag als sittenwidrig (§ 138 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB39) zu betrachten. Ein Vertrag, der jegliche Kündigungsmöglichkeit ausschließt, könnte je nach Fallgestaltung durchaus sittenwidrig sein, weil hier eine übermäßige Bindung an den Vertrag herbeigeführt wird, die ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung darstellt.40 Der Ausschluss einer ordentlichen Kündigung führt jedenfalls nicht per se zur Sittenwidrigkeit.41 Im KoV ist jedoch nicht jede Kündigungsmöglichkeit ausgeschlossen. Die außerordentliche Kündigung bei Schlechtleistung und bei Vertragsverletzungen ist möglich. Zudem ist auch ein Auslaufen des Vertrages vorgesehen, wenn die „haushaltsmäßigen Voraussetzungen zur Fortführung des Vertrages nicht geschaffen sind“.42 Bei Unzumutbarkeit von Regelungen oder dem Wegfall der Geschäftsgrundlage können einzelne Regelungen zudem einvernehmlich oder durch ein Schiedsspruch abgeändert werden.43 Zudem setzt die Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 2 BGB eine subjektive Zwangslage, Unerfahrenheit, mangelndes Urteilsvermögen oder eine erhebliche Willensschwäche beim übermäßig gebundenen Vertragspartner voraus.44 Da die DBE eigens von bundeseigenen Gesellschaften zu dem Zweck gegründet wurde, Erfüllungsgehilfe der damaligen PTB zu sein, gibt es hierfür ebenso wenig Anhaltspunkte, wie für eine Täuschung oder Ähnliches. Zudem bindet der Vertrag die DBE in gleicher Weise wie die Behörde. 4. Kritik der Arbeitsgruppe für die Modernisierung des BfS an den vertraglichen Vereinbarungen Im Bericht der Arbeitsgruppe für die Modernisierung des BfS wird erhebliche Kritik an der Vertragsgestaltung und an der Umsetzung des Vertrages geübt. Die Presse hat diese Kritik aufgegriffen. Die Arbeitsgruppe führt aus: Die Finanzierung der DBE (jährlich ca. 100 Mio. Euro) umfasse zwei Drittel des Haushalts der BfS. Eine Refinanzierung durch die Abfallver- 39 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 30. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2122. 40 Heinrichs, in: Palandt, BGB, 66. Aufl. 2007, § 138, Rn. 66. 41 Heinrichs, in: Palandt, BGB, 66. Aufl. 2007, § 138, Rn. 82. 42 Interner Bericht des BMU, Dokumentation WD 8 (Anlage 1), Anlage 4, S. 5. 43 Interner Bericht des BMU, Dokumentation WD 8 (Anlage 1), Anlage 4, S. 5. 44 Heinrichs, in: Palandt, BGB, 66. Aufl. 2007, § 138, Rn. 69 ff. - 15 - ursacher sei zur teilweise möglich. Der Vertrag schaffe keine wirtschaftlichen Anreize für DBE, wirtschaftlich zugunsten des Bundes zu handeln, und die enge Verbundenheit der Gesellschaft mit den Energieversorgungsunternehmen sei problematisch, weil Konflikte zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgen auf das Verhältnis zwischen DBE und BfS übertragen würden. Schließlich sei das BfS mit der Auftragsvergabe an die DBE stark belastet, worunter die Kontrolle leide.45 Es wird empfohlen , der DBE keine weiteren Aufgaben mehr zu übertragen und die bestehende Auftragsabwicklung effizienter zu gestalten. Der Kooperationsvertrag solle neugestaltet und die Ausschreibung neuer Aufträge angestrebt werden, um Haushaltsmittel optimaler einsetzen zu können.46 Soweit Aufträge nicht vom KoV umfasst sind, können unter Umständen Aufträge für bestimmte Lagerstätten ausgeschrieben werden müssen. Darüber hinaus entzieht sich die Kritik der Arbeitsgruppe einer rechtlichen Bewertung, da es sich hier um verwaltungsinterne und ökonomische Bewertungen handelt. Eine Neugestaltung des KoV ist eine Frage der dargestellten rechtlichen Möglichkeiten und etwaiger politischer Verhandlungen zwischen dem Bund und der DBE bzw. den sie tragenden Unternehmen. 45 Bericht der AG „Modernisierung“ (s.o. Fn. 8) S. 36. 46 Bericht der AG „Modernisierung“ (s.o. Fn. 8) S. 70 f.