Lärmsanierungsmaßnahmen an Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes - Ausarbeitung - © 2006 Deutscher Bundestag WD 7 - 222/06 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Lärmsanierungsmaßnahmen an Schienenwegen Ausarbeitung WD 7 - 222/06 Abschluss der Arbeit: 19.09.2006 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Stehen die Fördermittel des Bundes für das Lärmsanierungsprogramm nur zeitlich befristet und in begrenzter Höhe zur Verfügung? 3 3. Nach welchen Kriterien werden Prioritäten beim Lärmschutz an Bahnstrecken gesetzt? 4 4. Hat das Eisenbahnbundesamt in Bonn uneingeschränkten Entscheidungsspielraum bei der Verteilung der Bundesmittel für die einzelnen Streckenabschnitte und kann es Teilstücke einfach streichen? 8 5. Das Eisenbahnbundesamt verweist darauf, dass es sich bei den Lärmschutzmaßnahmen um freiwillige Maßnahmen handelt, auf die kein Anspruch besteht. Ist dies so? 9 6. Gibt es Möglichkeiten oder Beispiele, dass sich betroffene Bürger an Lärmschutzmaßnahmen selbst beteiligen konnten? 9 - 3 - 1. Einleitung Lärm ist heute allgegenwärtig und beeinträchtigt die Lebensqualität und Gesundheit vieler Menschen. Eine Ursache für die Belastung der Bevölkerung mit Lärm ist der Verkehr auf Straßen, Schienen und in der Luft. Der Lärmschutz ist somit vor allem in Regionen, die eine hohe Bevölkerungsdichte aufweisen, eine essentielle Aufgabe von hoher Aktualität, die durch eine Vielzahl von planerischen, technischen und verkehrslenkenden Maßnahmen vorangebracht werden kann. Deshalb wurde das politische Ziel formuliert, den Schutz der Anwohner vor Schienenverkehrslärm zu verbessern. Beim Lärmschutz wird generell zwischen der Lärmvorsorge als Lärmschutz beim Bau und wesentlicher Änderung von Schienenwegen und der Lärmsanierung als Lärmschutzmaßnahmen an bestehenden, baulich nicht zu verändernden Schienenwegen unterschieden . Die im Folgenden zu erörternden Fragen beziehen sich lediglich auf die Lärmminderung durch Lärmsanierungsmaßnahmen. 2. Stehen die Fördermittel des Bundes für das Lärmsanierungsprogramm nur zeitlich befristet und in begrenzter Höhe zur Verfügung? Lärmsanierungsmaßnahmen wurden erstmals im Haushaltsgesetz für das Jahr 1999 unter dem Titel „ Maßnahmen zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahn des Bundes“1 berücksichtigt. Seit 1999 stehen somit für die Planung und Realisierung von Lärmsanierungsmaßnahmen jährlich Mittel in Höhe von rund 51 Mio. Euro bereit. Im Bundeshaushaltsplan für das Jahr 2006 sind unter diesem Titel die Mittel um 25 Mio. erhöht worden. Auch im Entwurf zum Bundeshaushaltsplan 2007 (Einzelplan 12)2 sind Mittel in Höhe von 76 Mio. Euro ausgewiesen. Die Fördermittel sind somit der Höhe nach durch diese Ausweisung im Bundeshaushalt begrenzt. Auszug aus Kapitel 1222, Titel 891 05 – 832 des Entwurfs zum Haushaltsplan 2007: Maßnahmen zur Sanierung an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes Soll 2007 in 1 000 €: 75 780 Soll 2006 in 1 000 €: 75 930 1 Bundeshaushalt Kapitel 1222 Titel 891 05. 2 Einzelplan 12, Kapitel 1222 des Gesetzesentwurfs über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2007 (Haushaltsgesetz 2007), Bundestagsdrucksache 16/2300, S.187. - 4 - Verpflichtungsermächtigung: 47 500 T € Davon fällig: im Haushaltsjahr 2008 bis zu 17 700 T € im Haushaltsjahr 2009 bis zu 20 000 T € im Haushaltsjahr 2010 bis zu 10 000 T € Eventuelle Einsparungen dienen zur Deckung von Mehrausgaben der Titel 682 05 (Zuschuss für Maßnahmen zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes) und 891 01 (Baukostenzuschüsse für Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes). Eine Begrenzung in zeitlicher Hinsicht ergibt sich weder aus der Richtlinie für die Förderung von Maßnahmen zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen des Bundes 3, die die Förderbedingungen für die Vergabe der im Bundeshaushalt4 ausgewiesenen Mittel konkretisiert, noch aus dem vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen erstellten Gesamtkonzept der Lärmsanierung5, sondern aus den obigen Verpflichtungsermächtigungen. 3. Nach welchen Kriterien werden Prioritäten beim Lärmschutz an Bahnstrecken gesetzt? In der Anlaufphase des Lärmsanierungsprogramms wurde in Ermangelung der Daten über den Gesamtbestand der Lärmsituation an den Schienenwegen der Eisenbahn des Bundes zunächst eine Dringlichkeitsliste für vordringliche Härtefälle aufgestellt. Die bisherige Liste ist in ein vom Verkehrsministerium in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn AG entwickeltes Gesamtkonzept überführt worden. Mit der Gesamtkonzeption liegt seit Sommer 2005 ein Überblick über die aktuellen Lärmemissionen und damit über den Gesamtbedarf der Lärmsanierung vor. Auf dieser umfassenden Vergleichsbasis erfolgt eine Priorisierung, die eine hohe Wirksamkeit ausgedrückt in der jeweils erreichbaren Lärmminderung und der Anzahl der damit zu schützenden Anwohner gewährleistet. 3 Richtlinie für die Förderung von Maßnahmen zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen des Bundes, veröffentlicht im Bundesverkehrsblatt, 6/2005, S. 176 (im Folgenden zitiert als: Lärmsanierungsrichtlinie ), abrufbar im Internet (Stand: 18.09.06) unter: http://www.bmvbs.de/Anlage/original_920059/Foerderrichtlinie-Laermsanierung-Schiene.pdf - Anlage 1 - 4 Bundeshaushalt Kapitel 1222 Titel 891 05. 5 Abrufbar im Internet (Stand: 18.09.06) unter: http://www.bmvbs.de/Anlage/original_920054/Gesamtkonzept-der-Laermsanierung- Erlaeuterungstext.pdf. - 5 - Dabei kommen – je nach den örtlichen Verhältnissen – aktive oder passive Lärmsanierungsmaßnahmen in Betracht. Der Schallschutz setzt sich in der Regel aus einer Kombination von aktiven und passiven Maßnahmen zusammen. Aktiv nennt man jene, die zu einer Verminderung des Schalls an der Quelle (Emission) und auf seinem Ausbreitungsweg führen. An vorderster Stelle sind hier die Schallschutzwände - und wälle zu nennen, mit denen sich eine Vielzahl der Anlieger vor den Geräuschen schützen lassen. Schallschutzwälle sind aus ökologischer Sicht eine gute Alternative und verursachen keine Folgekosten für Instandsetzung und Unterhalt. Aufgrund ihres hohen Flächenbedarfs ist ihr Einsatz in dicht bebauten Gebieten häufig unmöglich , so dass die Schallschutzwand das am häufigsten eingesetzte Mittel des aktiven Schallschutzes ist Als weitere Schallschutzmaßnahme kommt das „Besonders überwachte Gleis“ (BüG) in Betracht. Da beim Eisenbahnbetrieb Unebenheiten auf der Fahrfläche entstehen, die in der Folge Geräusche produzieren, werden bei Überschreitung des Schallpegels die Schienen geschliffen. Damit erzielt das BüG eine nicht unerhebliche Lärmreduktion und kann zu einer Minimierung der Höhe der Schallschutzwände führen. Zudem kommen Maßnahmen zur Lärmminderung an Brückenbauwerken und der Einbau von Schienenschmiereinrichtungen in engen Gleisbögen in Betracht6. Der passive Lärmschutz umfasst alle baulichen Maßnahmen an vom Eisenbahnlärm betroffenen baulichen Anlagen zur Senkung der Schalleinwirkungen (Immissionen)7. Es handelt sich also um schalltechnische Verbesserungen an Gebäuden wie z. B. der Einbau von Schallschutzfenstern und Lüftungseinrichtungen8. Die Abwägung zwischen aktiven und passiven Maßnahmen erfolgt nach Nutzen, - Kosten- Gesichtspunkten, wobei die zusätzliche Schutzwirkung aktiver Maßnahmen berücksichtigt wird. Voraussetzung für die Förderung von Lärmsanierungsmaßnahmen ist zunächst die Überschreitung der Lärmsanierungsgrenzwerte, die sich aus Anhang 1 der Lärmsanierungsrichtlinie und den Erläuterungen zu Kapitel 1222, Titel 891 05 ergeben. Danach können Lärmsanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, wenn der Beurteilungspegel - an Krankenhäusern, Schulen, Kurheimen, Altenheimen, in reinen und allgemeinen Wohngebieten sowie in Kleinsiedlungsgebieten 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) in der Nacht, - in Kern-, Dorf- und Mischgebieten 72 dB(A) am Tage und 62dB(A) in der Nacht und 6 S. Maßnahmenkatalog in § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Lärmsanierungsrichtlinie. 7 § 1 Abs.3 lit. d der Lärmsanierungsrichtlinie. 8 S. Maßnahmenkatalog in § 2 Abs. 1 Nr. 2 Lärmsanierungsrichtlinie. - 6 - - in Gewerbegebieten 75 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts übersteigt. Die Grenzwerte sind sowohl an ihrer Wirkung auf den Immitenten als auch am finanziell Machbaren orientiert. Von den 15.000 Streckenkilometern, an denen Lärmbelastungen mit einem mittleren nächtlichen Emissionspegel > 60 dB(A) auftreten, verlaufen ca. 3700 km durch oder peripher zu Bereichen mit Wohnbebauung. Da Lärmsanierungsmaßnahmen selten im gesamten Verlauf einer Ortsdurchfahrt erforderlich sind, ist der gesamte Lärmsanierungsbedarf in Sanierungsbereiche aufgeteilt, welche die Teile einer Ortsdurchfahrt begrenzen , die zusammenhängende Wohnbebauung aufweisen. Gemeinsam mit der Anzahl der Betroffenen Anwohner ist die Emission der Strecke die wichtigste Eingangsgröße für die Priorisierung. Für eine an Prioritäten orientierte und effiziente Umsetzungsplanung ist es erforderlich, diese (kleinräumigen) Sanierungsbereiche in Abschnitten zusammen zu fassen. Dazu werden die emissionsrelevanten Strecken in einem Gebiet in Knoten gebündelt. Dieses knotenbezogene Vorgehen erlaubt die zusammenhängende, gleichzeitige Bearbeitung eines Sanierungsabschnittes, in dem Sanierungsbereiche von insgesamt ca. 10 bis 15 km Länge liegen. Ein Sanierungsabschnitt kann sich über mehrere Gemeinden erstrecken, wobei Stadt- und Gemeindegrenzen weitestgehend und Landesgrenzen bei der Abschnittsbildung immer berücksichtigt werden. Die Priorisierung der Sanierungsabschnitte erfolgt nun an hand der höchstmöglichen Wirkung der Sanierungsmaßnahme. Diese Wirkung lässt sich in der erreichbaren Lärmminderung und der Anzahl der Anwohner, für die vor der Lärmsanierung Lärmbelastungen oberhalb der Lärmsanierungsgrenzwerte bestanden, beschreiben. Entsprechend wurden für die Maßnahmereihung Priorisierungskennziffern (PKZ) für alle Streckenabschnitte berechnet9. Die PKZ wurde nach folgender Formel gebildet: 9 Gesamtkonzept der Lärmsanierung, S. 8 ff., Abrufbar im Internet (Stand: 18.09.06) unter: http://www.bmvbs.de/Anlage/original_920054/Gesamtkonzept-der-Laermsanierung- Erlaeuterungstext.pdf. - 7 - Erläuterung: PKZ: Priorisierungskennziffer; die Priorisierungskennziffer gibt die Reihung der nach vorstehender Formel bewertenden Abschnitte im Sanierungsbedarf an. N: Zahl der betroffenen Personen; für die Fläche innerhalb der nächtlichen 60 dB(A)- Isophonen links und rechts der Bahntrasse wurde anhand der Bebauungsstruktur die Zahl der betroffenen Personen abgeschätzt. Li: Ist-Emissionspegel; Ist-Emissionspegel des Streckenabschnitts Li in dB(A). Es ist grundsätzlich der Nachtpegel maßgeblich. Die Auswertung des Lärmsanierungsbedarfs wurde in den Jahren 2003 und 2004 bundeseinheitlich auf Grundlage der Verkehrsbelastung des Jahres 2002 durchgeführt. Die Emission ist dabei mit ihrem genauen Dezibel-Wert berücksichtigt worden. Lo: Zielpegel; es wird als Zielpegel für die Priorisierung einheitlich der Lärmsanierungsgrenzwert Lo für Wohngebiete von 60 dB(A) in der Nacht angesetzt. Summe der Längen der Sanierungsbereiche Um Streckenabschnitte unterschiedlicher Länge vergleichen zu können, wird die Priorisierungskennziffer auf die Summe der Längen der Sanierungsbereiche in einem Sanierungsabschnitt bezogen. n: Anzahl der in einem Sanierungsabschnitt zusammengefassten Sanierungsbereiche Kl: Faktor zur Berücksichtigung der Lästigkeit des Lärms; die Lästigkeit des Lärms steigt mit zunehmenden Schallpegel stärker an als der Schallpegel selbst. Dies wurde mit einem Steigerungsfaktor Kl berücksichtigt, der von der Differenz Li – Lo abhängig ist10. Um den Gesamtumfang des Sanierungsbedarfs zu ermitteln wurden alle Streckenabschnitte mit Hilfe der Priorisierungsformel kategorisiert. Für die Sanierungsbereiche ergibt sich eine PKZ > 0,2. Hiermit sind alle Maßnahmen der Dringlichkeitsliste erfasst worden11. Der zeitliche Rahmen der Umsetzung der Maßnahmen und damit die Festlegung eines mittel- und langfristigen Sanierungsprogramms wird von den jährlich zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln bestimmt. 10 Vgl. Anlage 1 der Richtlinie für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes – VLärmSchR 97 –. 11 Die ausführliche Liste ist abrufbar im Internet (Stand: 18. 09. 2006) unter: http://www.bmvbs.de/Anlage/original_920057/Anhang-3-der-Gesamtkonzeption-Liste-der- Sanierungsabschnitte-mit-Priorisierungszahlen.pdf - 8 - Der Lärmsanierungsbedarf und die Prioritäten werden alle fünf Jahre sowie nach Bedarf überprüft. Diese Überprüfung wird im Zusammenhang mit der nach EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Umgebungslärms12 alle fünf Jahre erforderlichen Anpassung der Lärmkartierung an geänderte Verkehrsbelastungen und zwischenzeitlich realisierte Lärmsanierungsmaßnahmen durchgeführt. Die Priorisierung erfolgt somit an Hand der Überschreitung der Lärmsanierungsgrenzwerte , der Anzahl der betroffenen Wohneinheiten und dem spezifischen Mitteleinsatz je betroffener Wohneinheit. 4. Hat das Eisenbahnbundesamt in Bonn uneingeschränkten Entscheidungsspielraum bei der Verteilung der Bundesmittel für die einzelnen Streckenabschnitte und kann es Teilstücke einfach streichen? Die Zuwendungsvergabe steht im Ermessen des Bundes, das durch ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften (Richtlinien) gesteuert werden kann. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) hat zur Durchführung des Programms die Lärmsanierungsrichtlinie erstellt, welche bei der Vergabe der Mittel Berücksichtigung findet. Nach § 3 Abs. 1 der Lärmsanierungsrichtlinie sind Zuwendungsempfänger die Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes; § 7 bestimmt als Bewilligungsbehörde für alle Zuwendungen im Rahmen von Lärmsanierungsmaßnahmen das Eisenbahn - Bundesamt . Die Projektförderung erfolgt also im Verhältnis zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn AG als Zuwendungsempfänger, wobei die Durchführung des Programms durch das Eisenbahn-Bundesamt überwacht und begleitet wird. Gem. § 4 Abs. 3 der Lärmsanierungsrichtlinie kann eine Lärmsanierungsmaßnahme gefördert werden, wenn sie im Lärmsanierungsprogramm aufgenommen ist und der Beurteilungspegel die im Bundeshaushalt aufgeführten maßgebenden Immissionsgrenzwerte für Lärmsanierung überschreitet. Die Bewilligungsbehörde entscheidet dann bei der Verteilung der Bundesmittel nach pflichtgemäßen Ermessen, § 1 Abs.1 der Lärmsanierungsrichtlinie. Dieses Ermessen ist in § 40 VwVfG definiert: Die Behörde hat „ ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten“. Die umzusetzenden Maßnahmen sind daher nach der durch das Eisenbahn-Bundesamt in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn AG erstellten und im Lärmsanierungsprogramm aufgenommenen Priorisierung (wie unter 2. beschrieben) umzusetzen. Bei der 12 RICHTLINIE 2002/49/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm, Abl. EG L 189 v. 18.07.2002. - 9 - Priorisierung sind die bereits planerisch begonnenen und in Ausführung befindlichen Maßnahmen der Dringlichkeitsliste nicht mehr disponibel. Als planerisch begonnen gelten dabei Maßnahmen, für die schalltechnische Untersuchungen mit Beteiligung der Kommunen durchgeführt wurden oder beauftragt sind. Das Eisenbahn-Bundesamt muss sich nunmehr vom Gedanken der Zweckmäßigkeit und des ökonomischen Verwaltungshandelns leiten lassen. Insoweit ist das ihm zugestandene Ermessen eingeschränkt. Die Umsetzung der Lärmsanierungsmaßnahmen hat somit nach der durch das Lärmsanierungsprogramm erfolgten Priorisierung der einzelnen Streckenabschnitte zu erfolgen. Das Eisenbahn-Bundesamt ist dabei nicht befugt, Streckenabschnitte ganz oder teilweise zu streichen. 5. Das Eisenbahnbundesamt verweist darauf, dass es sich bei den Lärmschutzmaßnahmen um freiwillige Maßnahmen handelt, auf die kein Anspruch besteht. Ist dies so? § 1 Abs. 1 S. 2 der Lärmsanierungsrichtlinie normiert, dass kein Rechtsanspruch auf eine Förderung besteht. Es handelt sich beim Lärmsanierungsprogramm um eine freiwillige Projektförderung aus nicht rückzahlbaren Zuwendungen des Bundes im Sinne von §§ 23, 44 Bundeshaushaltsordnung13, auf welche grundsätzlich kein Anspruch besteht . Die Gewährung der Zuwendung steht zudem unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit der veranschlagten haushaltsmittel; § 1 Abs. 1 S. 3 der Lärmsanierungsrichtlinie. Der Bund lässt sich bei der Auswahl von Ortslagen für die Lärmsanierung von einer Härtefallbetrachtung leiten, bei der besonders betroffene Streckenabschnitte Vorrang genießen (wie unter 3. beschrieben). Ein Anspruch von Kommunen auf Aufnahme ihrer Ortsdurchfahrten in die Dringlichkeitsliste besteht wegen des Ermessens des Bundes bei der Auswahl der Sanierungsgebiete nicht. Eine Ermessensreduzierung auf Null aus Gründen des auch gegenüber Kommunen geltenden allgemeinen Willkürverbots ist ausgeschlossen, da die Entscheidung über die Durchführung der Lärmsanierung einer Ortsdurchfahrt die kommunale Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Abs. 2 GG nicht berührt . Ansprüche Privater kommen insoweit ebenfalls nicht in Betracht. 6. Gibt es Möglichkeiten oder Beispiele, dass sich betroffene Bürger an Lärmschutzmaßnahmen selbst beteiligen konnten? Als passive Lärmsanierungsmaßnahme kommt nach der Lärmsanierungsrichtlinie im Wesentlichen der Einbau von Schallschutzfenstern in Betracht. Begünstigte des Lärmsanierungsprogramms sind nach § 3 Abs. 2 der Lärmsanierungsrichtlinie insoweit grundsätzlich die Eigentümer von Grundstücken, die an einem im Lärmsanierungspro- 13 Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1911). - 10 - gramm aufgeführten Streckenabschnitt liegen. Nach § 3 Abs. 2 S.2 sind Wohnungseigentümer und Erbbauberechtigte begünstigt; nicht hingegen Mieter und Pächter. Die Kostenerstattung für passive Schallschutzmaßnahmen ist schließlich auf 75 % der nachgewiesenen erstattungsfähigen Kosten begrenzt. § 2 Absatz 8 Satz 2 der Lärmsanierungsrichtlinie sieht nämlich eine Beteiligung betroffener Bürger in Höhe von 25 % der erstattungsfähigen Kosten vor. Außerdem darf der Sachwert der der betroffenen baulichen Anlage nicht überschritten werden. Der Antrag auf Erstattung sollte in der Regel gestellt werden, bevor die Lärmschutzmaßnahmen an der baulichen Anlage durchgeführt werden. Hat ein Eigentümer vorgeleistet oder stellt er den Antrag aus Erstattung erst nach Durchführung der Lärmschutzmaßnahme , so kommt eine Erstattung nach § 7 Abs. 4 Lärmsanierungsrichtlinie erst zu dem Zeitpunkt in Betracht, an dem sich dies aus der Dringlichkeitsreihung des Lärmsanierungskonzeptes ergibt. Für passive Lärmschutzanlagen, die vor Beginn des Lärmsanierungsprogramms am 13. Dezember 1999 realisiert worden sind, sind Erstattungen ausgeschlossen. Bei passiven Maßnahmen (z. B. Lärmschutzfenster) müssen auf der Grundlage der akustischen Begutachtung der jeweiligen Ortslage Planungsleistungen für die Objektplanung vergeben werden. Dies geschieht in der Regel streckenbezogen und abschnittsweise . Bei dieser Objektplanung muss die Anspruchsberechtigung für jedes Gebäude ermittelt und vor Ort Art und Umfang der förderfähigen Maßnahmen einschließlich ihrer Kosten für jeden Immissionsort (Fenster) festgelegt werden. Auf dieser Grundlage sind Vereinbarungen mit den Hauseigentümern abzuschließen. Der Zeitbedarf hierfür beträgt bis zum Beginn des Einbaus in der Regel 12 bis 14 Monate. Er wird durch die individuelle Disposition der Hauseigentümer mitbestimmt. Werden passive Maßnahmen ergänzend zu Schallschutzwänden realisiert, kann die Dimensionierung der passiven Maßnahmen erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden14. 14 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Dr.-Ing. Dietmar Kansy, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU– Drucksache 14/8071 –.