© 2018 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 218/18 Überschuldung von Privatpersonen Möglichkeiten der Beratung und Entschuldung sowie statistische Daten zu betroffenen Personenkreisen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 2 Überschuldung von Privatpersonen Möglichkeiten der Beratung und Entschuldung sowie statistische Daten zu betroffenen Personenkreisen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 218/18 Abschluss der Arbeit: 31. Oktober 2018 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Schuldnerberatung 4 2.1. Schuldnerberatung nach § 16a Nr. 2 SGB II 4 2.2. Schuldnerberatung nach § 11 SGB XII 6 2.2.1. Budgetberatung nach § 11 Abs. 2 Satz 4 SGB XII 6 2.2.2. Schuldnerberatung durch einen Träger der freien Wohlfahrtspflege und Übernahme der Kosten durch den Sozialhilfeträger nach § 11 Abs. 5 Satz 2 und 3 SGB XII 7 2.2.2.1. § 11 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 SGB XII 7 2.2.2.2. § 11 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 SGB XII 8 2.3. Reformvorschlag der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände 8 3. Verbraucherinsolvenzverfahren und Restschuldbefreiung 9 3.1. Besonderes Verfahren für Verbraucher 9 3.2. Vorrang der außergerichtlichen Einigung 10 3.3. Versuch der gerichtlichen Einigung 10 3.4. Wiederaufnahme des Eröffnungsverfahrens 11 3.5. Vereinfachtes Insolvenzverfahren 12 3.6. Restschuldbefreiung 12 3.7. Rechtslage im europäischen Ausland 14 3.7.1. England und Wales 14 3.7.2. Irland 14 3.7.3. Spanien 15 3.7.4. Frankreich 15 3.7.5. Österreich 15 3.7.6. Griechenland 15 3.7.7. Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden 16 3.7.8. Italien 16 3.7.9. Belgien 16 4. Statistische Daten zur Verschuldung 16 4.1. EU-Statistik zur Verschuldung privater Haushalte 16 4.2. Weitere statistische Angaben zu Deutschland 28 4.2.1. GRIFBÜRGEL 28 4.2.2. Statistisches Bundesamt 29 4.2.3. SchuldnerAtlas 2017 31 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 4 1. Einleitung Im Zusammenhang mit der zunehmenden Verschuldung in der Bevölkerung, unter anderem mit Konsumentenkrediten,1 stellt sich die Frage, wie in der Bundesrepublik Deutschland mit dieser Situation umgegangen wird. Im Folgenden wird dargestellt, welche natürlichen Personen in Deutschland in den Genuss einer für sie kostenfreien Schuldnerberatung kommen können (dazu sogleich bei 2.). Ferner wird das Verbraucherinsolvenzverfahren als Möglichkeit der Entschuldung überschuldeter Privatpersonen erörtert (bei 3.) und dabei auch ein Blick auf die Rechtslage in einigen anderen europäischen Staaten geworfen (bei 3.7.). Abschließend werden vorhandene Statistiken zur Verschuldung von Privatpersonen – in der EU und speziell in Deutschland – vorgestellt (bei 4.). 2. Schuldnerberatung Kostenlose Schuldnerberatung kann zum einen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II)2, welches die Grundsicherung für Arbeitssuchende regelt, gewährt werden. Empfänger von Arbeitslosengeld kommen hiernach in der Regel in den Genuss einer kostenlosen Schuldnerberatung , wenn dies für ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt förderlich ist. Dabei soll die Beratung in der Regel von Trägern der freien Wohlfahrtspflege wie beispielsweise der Arbeiterwohlfahrt oder dem Deutschen Caritasverband durchgeführt werden. Zum anderen sieht das Zwölfte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XII)3, in dem die Sozialhilfe geregelt ist, eine Budgetberatung und eine Übernahme der Kosten für eine Schuldnerberatung durch Träger der freien Wohlfahrtspflege vor. Alle Sozialhilfeempfänger werden hinsichtlich der Einteilung ihres Budgets durch den Sozialhilfeträger beraten. Darüber hinaus sind im Regelfall die Kosten für eine Schuldnerberatung durch einen Träger der freien Wohlfahrtspflege zu übernehmen, wenn der Sozialhilfeempfänger Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt bezieht. Dies gilt auch, wenn die Hilfebedürftigkeit noch nicht eingetreten ist, sondern nur kurz bevorsteht. Bei Empfängern anderer Leistungen nach dem SGB XII steht die Entscheidung über die Kostenübernahme im freien Ermessen der Behörde . 2.1. Schuldnerberatung nach § 16a Nr. 2 SGB II Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.4 Hilfebedürftig sind Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder 1 Hohn, in: Schellhorn/Hohm/Schneider, SGB XII Kommentar, 19. Aufl. 2015, § 11 Rn. 10. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende – in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), zuletzt geändert durch Gesetz von 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2541). 3 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) – Sozialhilfe – vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juli 2018 (BGBl. I S. 1117). 4 Vgl. § 7 Abs. 1 SGB II. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 5 Vermögen sichern können und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalten.5 Diese Personen bezeichnet das Gesetz als „erwerbsfähige Leistungsberechtigte“.6 Nach § 16a SGB II können bestimmte „[…] Leistungen, die für die Eingliederung der oder des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in das Erwerbsleben erforderlich sind, erbracht werden“. In Nr. 2 der Vorschrift ist auch die Schuldnerberatung als Leistung vorgesehen. Aus dem Wortlaut der Vorschrift („Leistungsberechtigte“) ergibt sich allerdings, dass diese nur erbracht werden kann, wenn eine Hilfebedürftigkeit der Person nach § 9 SGB II besteht.7 Bei fehlender Hilfebedürftigkeit scheidet laut Bundessozialgericht (im Folgenden: BSG) ein Anspruch auf Schuldnerberatung nach § 16a Nr. 2 SGB II aus. Schuldnerberatung darf also nicht präventiv angeboten werden, um den Eintritt von Hilfebedürftigkeit zu vermeiden.8 Von nicht hilfebedürftigen Erwerbsfähigen kann laut BSG erwartet werden, dass sie auf eigene Kosten präventive Maßnahmen ergreifen und dazu auch in der Lage sind.9 Dabei schließen sich Hilfebedürftigkeit und Erwerbstätigkeit nicht aus; insbesondere ist die Gruppe der sogenannten Aufstocker eine wichtige Zielgruppe der Leistungen des SGB II.10 Weiterhin setzt eine Schuldnerberatung nach § 16a Nr. 2 SGB II voraus, dass sie für die Eingliederung des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in das Erwerbsleben erforderlich ist.11 Diese Erforderlichkeit ist gegeben, wenn sich ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit prognostizieren lässt, die Schuldnerberatung also voraussichtlich zu einer Beendigung oder zumindest zu einer Verringerung der Hilfebedürftigkeit führen wird.12 Die Gewährung der Leistungen nach § 16a SGB II steht nach dem Wortlaut der Vorschrift („kann“) grundsätzlich im Ermessen der Behörde.13 In der Kommentarliteratur wird allerdings davon ausgegangen, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen und der Bereitschaft des Berechtigten , eine Schuldnerberatung in Anspruch zu nehmen, diese in aller Regel zu gewähren sein wird.14 Träger der Leistungen nach § 16a SGB II, also auch der Schuldnerberatung, sind die kreisfreien Städte und Kreise, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind. Dabei 5 Vgl. § 9 Abs. 1 SGB II. 6 Siehe Legaldefinition in § 7 Abs. 1 SGB II. 7 Stölting, in: Eicher/Luik, SGB II Kommentar, 4. Aufl. 2017, § 16a Rn. 4. 8 BSG, Urteil vom 13. Juli 2010 – B 8 SO 14/09 R, Rn. 13 f. 9 BSG, Urteil vom 13. Juli 2010 – B 8 SO 14/09 R, Rn. 16. 10 Kothe, in: Gagel, SGB II/SGB III Kommentar, § 16a SGB II Rn. 7 (Juni 2014). 11 BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 4 AS 7/10 R, Rn. 17. 12 Stölting, in: Eicher/Luik, SGB II Kommentar, 4. Aufl. 2017, § 16a Rn. 6. 13 BSG, Urteil vom 23. November 2006 – B 11b AS 3/05 R, Rn. 19. 14 Kothe, in: Gagel, SGB II/SGB III Kommentar, § 16a SGB II Rn. 14 (Juni 2014). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 6 muss der Leistungsträger die Schuldnerberatung aber nicht selbst erbringen, sondern soll nach § 17 Abs. 1 SGB II auf geeignete Einrichtungen und Dienste Dritter, wie z.B. kommunaler Träger oder Träger der freien Wohlfahrtspflege,15 zurückgreifen.16 Zu den Mitgliedsverbänden der freien Wohlfahrtspflege17, die eine Schuldnerberatung anbieten, gehören beispielsweise die Arbeiterwohlfahrt (AWO)18 oder der Deutsche Caritasverband (DCV)19. 2.2. Schuldnerberatung nach § 11 SGB XII 2.2.1. Budgetberatung nach § 11 Abs. 2 Satz 4 SGB XII § 11 Abs. 1 SGB XII sieht vor, dass Leistungsberechtigte beraten und, soweit erforderlich, unterstützt werden. Dabei sind leistungsberechtigt im Sinne des SGB XII zum Beispiel Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln , insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können, ältere Personen oder Menschen mit Behinderungen.20 Welche Art der Beratung darunter zu verstehen ist, wird in § 11 Abs. 2 SGB XII näher konkretisiert. Danach umfasst sie auch eine Budgetberatung.21 Die Budgetberatung nach § 11 Abs. 2 Satz 4 SGB XII umfasst die Beratung, welche Einkünfte dem Leistungsberechtigten zur Verfügung stehen und wie diese einzusetzen sind.22 Da die meisten früher bestehenden einmaligen Leistungen in den Regelsatz einbezogen worden sind,23 soll der Leistungsberechtigte in die Lage versetzt werden, die ihm zur Verfügung stehenden Mittel sachgerecht einzusetzen und dabei wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen.24 Mit der Budgetbera- 15 BT-Drs. 15/1516, S. 55. 16 Stölting, in: Eicher/Luik, SGB II Kommentar, 4. Aufl. 2017, § 16a Rn. 23. 17 Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Mitgliedsverbände, https://www.bagfw.de/ueberuns /mitgliedsverbaende/, zuletzt aufgerufen am 30.Oktober 2018. 18 AWO, Landesverband Berlin e.V., Schuldner- und Insolvenzberatung, https://www.awoberlin.de/Schuldnerund -Insolvenzberatung-850462.html, zuletzt aufgerufen am 30. Oktober 2018. 19 Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V., Schulden, https://www.caritas-berlin.de/beratungundhilfe/berlin /schulden/schulden, zuletzt aufgerufen am 30. Oktober 2018. 20 Vgl. § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII. 21 Dauber, in: Mergler/Zink, SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz Kommentar, § 11 SGB XII Rn. 4 (Januar 2010). 22 Dauber, in: Mergler/Zink, SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz Kommentar, § 11 SGB XII Rn. 11 (Januar 2010). 23 BT-Drs. 15/1514, S. 56. Fn.22 24 Dauber, in: Mergler/Zink, SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz Kommentar, § 11 SGB XII Rn. 11 (Januar 2010). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 7 tung ist damit zwar nicht die in § 11 Abs. 5 SGB XII angesprochene Schuldnerberatung gemeint .25 Durch die Heranführung an eine sachgerechte, wirtschaftliche Mittelverwendung kann jedoch einer Überschuldung entgegengewirkt werden.26 Die Beratung nach § 11 Abs. 1 bis 3 SGB XII erfolgt durch den Sozialhilfeträger.27 2.2.2. Schuldnerberatung durch einen Träger der freien Wohlfahrtspflege und Übernahme der Kosten durch den Sozialhilfeträger nach § 11 Abs. 5 Satz 2 und 3 SGB XII § 11 Abs. 5 SGB XII regelt die Beratung durch die Träger der freien Wohlfahrtspflege.28 Gerade bei der Schuldnerberatung muss zur Deckung des Beratungs- und Unterstützungsbedarfs auf spezialisierte Beratungs- und Unterstützungsangebote zurückgegriffen werden, da die Beratung wirtschaftliche , soziale und psychologische Fragestellungen umfasst.29 Gemäß § 11 Abs. 5 Satz 2 SGB XII ist auf die Inanspruchnahme der Beratung durch eine Schuldnerberatungsstelle hinzuwirken, wenn diese Beratung geboten ist. 2.2.2.1. § 11 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 SGB XII Nach § 11 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 SGB XII „sollen“ sodann angemessene Kosten einer Beratung durch eine Schuldnerberatungsstelle übernommen werden, „wenn eine Lebenslage, die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt erforderlich macht oder erwarten lässt, sonst nicht überwunden werden kann“. Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt sind im dritten Kapitel des SGB XII geregelt und werden Personen gewährt, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können.30 Die Kostenübernahme wird nicht nur gewährt, wenn bereits derartige Leistungen erforderlich sind, sondern bereits dann, wenn die Lebenslage des Betroffenen derartige Leistungen „erwarten lässt“. Anders als nach dem SGB-II kommt nach dem SGB XII also eine Kostenübernahme auch bei Personen in Betracht , die – noch – nicht hilfebedürftig sind. Denn Leistungsberechtigte nach dem SGB XII sind anders als Erwerbsfähige nach dem SGB II besonders schutzbedürftig, da sie entweder alt oder erwerbsunfähig sind, und somit oft schon vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit Beistand benötigen.31 25 Hohn, in: Schellhorn/Hohm/Schneider, SGB XII Kommentar, 19. Aufl. 2015, § 11 Rn. 10. 26 Berlit, in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie, SGB XII Lehr- und Praxiskommentar, 11. Aufl. 2018, § 11 Rn. 10. 27 Berlit, in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie, SGB XII Lehr- und Praxiskommentar, 11. Aufl. 2018, § 11 Rn. 1. 28 Dauber, in: Mergler/Zink, SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz Kommentar, § 11 SGB XII Rn. 44 (Januar 2010). 29 Berlit in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie, SGB XII, Lehr- und Praxiskommentar, 11. Aufl. 2018, § 11 Rn. 27. 30 Vgl. § 27 Abs. 1 SGB XII. 31 BSG, Urteil vom 13. Juli 2010 – B 8 SO 14/09 R, Rn. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 8 Aufgrund der Wortwahl in § 11 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 SGB XII „sollen“ sind die angemessenen Kosten einer Beratung im Regelfall zu übernehmen und dürfen nur in Ausnahmefällen bei atypischen Sachverhalten abgelehnt werden.32 In der Literatur wird allerdings vertreten, dass in Fällen nur drohender Sozialhilfebedürftigkeit (§ 11 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 Variante 2 SGB XII) die Entscheidung über die Übernahme der Beratungskosten im Ermessen des Trägers liegt.33 2.2.2.2. § 11 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 SGB XII Darüber hinaus können die Kosten für eine Schuldnerberatung gemäß § 11 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 SGB XII auch „in anderen Fällen“ übernommen werden. Die Regelung ist im Zusammenhang mit § 11 Abs. 1 SGB XII zu sehen, wonach die Leistungsberechtigten „zur Erfüllung der Aufgaben dieses Buches“ beraten und unterstützt werden. Daher muss die Kostenübernahme „in anderen Fällen“ im Zusammenhang mit anderen, außerhalb des dritten Kapitels des SGB XII genannten Leistungen stehen.34 Kosten für eine Schuldnerberatung können „in anderen Fällen“ also nur bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen der jeweiligen Hilfeart nach den Kapiteln vier bis neun des SGB XII übernommen werden,35 beispielsweise im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Kapitel 4) oder im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (Kapitel 6).36 Insofern begründet § 11 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 SGB XII keinen eigenständigen Leistungsanspruch, sondern die Schuldnerberatung ist Teil einer anderen Hilfeart des SGB XII.37 Da es sich um eine „Kann-Regelung“ handelt, steht die Übernahme der Kosten für die Schuldnerberatung insoweit im Ermessen der Behörde, das allerdings pflichtgemäß ausgeübt werden muss.38 2.3. Reformvorschlag der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV), in der sich die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege auf Bundesebene, der Verbraucherzentrale Bundesverband 32 Hohn, in: Schellhorn/Hohm/Schneider, SGB XII Kommentar, 19. Aufl. 2015, § 11 Rn. 48. 33 Streichsbier, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII Kommentar, 6. Aufl. 2018, § 11 Rn. 17. 34 BSG, Urteil vom 13. Juli 2010 – B 8 SO 14/09 R, Rn. 23. 35 Dauber, in: Mergler/Zink, SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz Kommentar, § 11 SGB XII Rn. 57 (Januar 2010). 36 Vgl. § 73 SGB XII. 37 BSG, Urteil vom 13. Juli 2010 – B 8 SO 14/09 R, Rn. 23; Hohn, in: Schellhorn/Hohm/Schneider, SGB XII Kommentar , 19. Aufl. 2015, § 11 Rn. 46, 48.1. 38 Hohn, in: Schellhorn/Hohm/Schneider, SGB XII Kommentar, 19. Aufl. 2015, § 11 Rn. 48.1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 9 und die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung zusammengeschlossen haben,39 hat in einem Positionspapier vom Februar dieses Jahres vorgeschlagen, auch „Personen in finanziellen Notsituationen, die nicht leistungsberechtigt im Sinne des SGB II oder SGB XII sind, einen Anspruch auf ein qualifiziertes Schuldnerberatungsangebot“ einzuräumen.40 Dies soll durch einen neuen § 68a SGB XII umgesetzt werden, der folgenden Wortlaut haben soll: „§ 68a (neu) SGB XII Hilfe bei Überschuldung (1) Überschuldeten und von Überschuldung bedrohten Personen ist ungeachtet einer sonstigen Leistungsberechtigung nach diesem Gesetzbuch weitere persönliche Hilfe zu gewähren (2) Zur Hilfe gehören insbesondere Maßnahmen des Schuldnerschutzes und der Entschuldung sowie Beratung zur Vermeidung weiterer Überschuldung.“41 3. Verbraucherinsolvenzverfahren und Restschuldbefreiung Überschuldeten natürlichen Personen steht als Möglichkeit der Entschuldung in der Regel das Verbraucherinsolvenzverfahren nach §§ 304 ff. der Insolvenzordnung (InsO)42 zur Verfügung. Die Besonderheit des Verbraucherinsolvenzverfahrens besteht darin, dass zunächst (Schritt 1) außergerichtlich und – im Fall des Scheiterns – anschließend (Schritt 2) gerichtlich versucht wird, eine Einigung zwischen Schuldner und Gläubigern zu erzielen. Erst im Anschluss an das Scheitern dieser Versuche kommt es (Schritt 3) zum eigentlichen Insolvenzverfahren. Von den danach noch offenen Forderungen kann der Schuldner (Schritt 4) nach Ablauf einer sechsjährigen Wohlverhaltensphase , unter bestimmten Voraussetzungen sogar schon eher, befreit werden. Die Restschuldbefreiung nach Durchführung eines normalen Insolvenzverfahrens (also die Schritte 3 und 4) ist dabei keine spezifische Besonderheit der Verbraucherinsolvenz, sondern kommt bei allen natürlichen Personen in Betracht. 3.1. Besonderes Verfahren für Verbraucher Das Verbraucherinsolvenzverfahren gilt gemäß § 304 Abs. 1 Satz 1 InsO für natürliche Personen, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben. Nach § 304 Abs. 1 Satz 2 InsO findet es auch auf natürliche Personen Anwendung, die eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben, wenn die Vermögensverhältnisse überschaubar sind 39 Internetseite der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände, Mitglieder, Organe, Gremien, https://www.agsbv.de/mitglieder-organe-gremien/, zuletzt aufgerufen am 30. Oktober 2018. 40 Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände, Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung – Positionspapier , 14. Februar 2018, https://www.agsbv.de/wp-content/uploads/2018/02/2018_Positionspapier-Recht-auf- SB.pdf, zuletzt aufgerufen am 30. Oktober 2018, S. 4. 41 Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände, Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung – Positionspapier , 14. Februar 2018, https://www.agsbv.de/wp-content/uploads/2018/02/2018_Positionspapier-Recht-auf- SB.pdf, zuletzt aufgerufen am 30. Oktober 2018, S. 3. 42 Vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866), zuletzt geändert durch Gesetzes vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1693). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 10 und gegen sie keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen43. „Überschaubar“ sind die Vermögensverhältnisse, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens weniger als 20 Gläubiger hat.44 Grundgedanke des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist, dass das Regelinsolvenzverfahren für die Abwicklung der Verbraucherinsolvenz zu aufwendig und zu unflexibel ist. Darüber hinaus soll beim Verbraucherinsolvenzverfahren anders als beim Regelinsolvenzverfahren nicht die Vermögensverwertung , die bei Verbrauchern in der Regel wenig ergiebig ist, sondern die Ermöglichung eines Neuanfangs für den Schuldner durch eine angemessene Schuldenbereinigung im Vordergrund stehen.45 3.2. Vorrang der außergerichtlichen Einigung Will der Schuldner einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen, ergibt sich aus § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO, dass er sich zunächst um eine außergerichtliche Einigung bemühen muss, indem er versucht, sich mit seinen Gläubigern auf einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan zu verständigen.46 Stimmen alle Gläubiger dem vom Schuldner vorgelegten Schuldenbereinigungsplan zu, erlöschen die Forderungen, soweit ein Erlass oder Teilerlass vereinbart worden ist.47 Eines Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahrens bedarf es dann nicht mehr.48 3.3. Versuch der gerichtlichen Einigung Konnten die Parteien sich nicht außergerichtlich auf einen Schuldenbereinigungsplan einigen, was sich der Schuldner von einer geeigneten Person oder Stelle bestätigen lassen muss49, kann er einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen.50 Welche Personen oder Stellen als 43 Siehe hierzu BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 – IX ZR 238/08, NJW 2011, 1678 f.; BGH, Beschluss vom 22. September 2005 – IX ZB 55/04, NJW 2006, 917, 919. 44 Siehe zu diesem Merkmal auch BGH, Beschluss vom 22. September 2005 – IX ZB 55/04, NJW 2006, 917, 919 und allgemein zum Merkmal der Überschaubarkeit BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 – IX ZA 12/03, NZI 2003, 647. 45 Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 8. Aufl. 2017, Rn. 477. 46 Lissner in: Lissner/Knauft, Handbuch Insolvenzrecht, 2017, Rn. 1534. 47 Ott/Vuia, in: Kirchhof/Eidenmüller/Stürner, Münchener Kommentar zur InsO Band 3, 3. Aufl. 2014, § 305 Rn. 30. 48 Schmidt, Privatinsolvenz, 4. Aufl. 2014, § 3 Rn. 2, 5. 49 Vgl. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO. 50 Lissner in: Lissner/Knauft, Handbuch Insolvenzrecht, 2017, Rn. 1538. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 11 geeignet anzusehen sind, können die Bundesländer bestimmen.51 In Betracht kommen dabei Verbraucherzentralen , Schuldnerberatungsstellen, Sozialämter, Rechtsanwälte, Notare oder Steuerberater .52 Der Schuldenbereinigungsplan kann alle der Privatautonomie zugänglichen Maßnahmen umfassen, insbesondere Stundung, (Teil-)Erlass, Ratenzahlung, Verfallklauseln, Regelungen für den Fall der Arbeitslosigkeit, Schonung bestimmter Vermögenswerte wie z.B. des Eigenheims , Zahlung oder Absicherung durch einen Dritten.53 Auf den Antrag des Schuldners, dem er erneut einen Schuldenbereinigungsplan beilegen muss, folgt ein gerichtliches Vermittlungsverfahren, in dem das Gericht eine Einigung zwischen Schuldner und Gläubiger bezüglich eines Schuldenbereinigungsplans zu erzielen versucht.54 Die Zustimmung eines Gläubigers zum Schuldenbereinigungsplan gilt dabei gemäß § 307 Abs. 2 Satz 1 InsO als erteilt, wenn dieser sich nicht binnen eines Monats äußert. Ferner kann das Gericht die Einwendungen eines Gläubigers gegen den Schuldenbereinigungsplan gemäß § 309 Abs. 1 Satz 1 InsO durch dessen Zustimmung ersetzen, wenn mehr als die Hälfte der Gläubiger zugestimmt hat und die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche aller Gläubiger beträgt. Diese Zustimmungsersetzung ist allerdings nicht möglich, wenn der betreffende Gläubiger im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern nicht angemessen beteiligt wird oder durch den Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er bei Durchführung des Insolvenzverfahrens mit Restschuldbefreiung stünde (§ 309 Abs. 1 Satz 2 InsO). Kommt (gegebenenfalls durch Fiktion oder Ersetzung der Zustimmung von Gläubigern nach den geschilderten Regelungen) eine Einigung über den Schuldenbereinigungsplan zustande, so stellt das Gericht gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 InsO durch Beschluss fest, dass der Schuldenbereinigungsplan als angenommen gilt. Der gerichtlich festgestellte Schuldenbereinigungsplan hat die Wirkung eines Vollstreckungstitels (§ 308 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und beendet das Insolvenzverfahren (§ 308 Abs. 2 InsO). 3.4. Wiederaufnahme des Eröffnungsverfahrens Kommt kein gerichtlicher Schuldenbereinigungsplan zustande, wird nach § 311 InsO das Eröffnungsverfahren wieder aufgenommen. Das Gericht prüft nun, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und ob hinreichend Masse vorhanden ist, um die Verfahrenskosten zu finanzieren, bzw. ob die 51 Vgl. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO. 52 Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 8. Aufl. 2017, Rn 483. 53 Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 8. Aufl. 2017, Rn. 485. 54 Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 8. Aufl. 2017, Rn. 485 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 12 Verfahrenskosten gestundet werden können.55 Liegen alle Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor, eröffnet das Gericht das Insolvenzverfahren.56 3.5. Vereinfachtes Insolvenzverfahren Im Eröffnungsbeschluss ernennt das Gericht gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 InsO den Insolvenzverwalter . Mit dem Eröffnungsbeschluss geht gemäß § 80 InsO das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über die Insolvenzmasse vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter über. Ferner bestimmt das Gericht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 InsO den Prüfungstermin. Im Prüfungstermin wird darüber verhandelt, welche Gläubiger mit welchen Forderungen und welchem Rang an der Erlösverteilung teilnehmen.57 Auf den vorangehenden, im Regelinsolvenzverfahren normalerweise stattfindenden Berichtstermin, in dem der Insolvenzverwalter den Gläubigern alle wichtigen Informationen zum Verfahren mitteilt, sodass diese über den Fortgang des Insolvenzverfahrens bestimmen können,58 soll nach § 29 Abs. 2 Satz 2 InsO verzichtet werden, wenn die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind oder die Zahl der Gläubiger und die Höhe der Verbindlichkeiten gering ist. Verbraucher werden diese Voraussetzungen in aller Regel erfüllen .59 Wenn die außergerichtlichen und gerichtlichen Einigungsversuche scheitern, unterscheidet sich das wesentliche Verbraucherinsolvenzverfahren kaum vom Ablauf des Regelinsolvenzverfahrens :60 Die Verwertung des Schuldnervermögens erfolgt nach den §§ 159 ff. InsO. Im sich anschließenden Feststellungsverfahren nach den §§ 174 ff. InsO werden die am Erlös berechtigten Insolvenzgläubiger ermittelt. Dem Feststellungsverfahren schließt sich die Erlösverteilung nach den §§ 187 ff. InsO an. 3.6. Restschuldbefreiung Die Erlösverteilung im Insolvenzverfahren lässt die Verbindlichkeiten nur in Höhe der gezahlten Quote erlöschen.61 Will der Schuldner sich vollständig von seinen Schulden befreien, muss er nach § 287 Abs. 1 InsO einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen. Dem Antrag ist die Erklärung beizufügen, dass der Schuldner seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren 55 Lissner in: Lissner/Knauft, Handbuch Insolvenzrecht, 2017, Rn. 1545. 56 Ott/Vuia, in: Kirchhof/Eidenmüller/Stürner, Münchener Kommentar zur InsO, Bd. 3, 3. Aufl. 2014, § 311 Rn. 16. 57 Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 8. Aufl. 2017, Rn. 28. 58 Lissner, in: Lissner/Knauft, Handbuch Insolvenzrecht, 2017, Rn. 792. 59 Vgl. Zipperer, in: Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl. 2015, § 29 Rn. 6. 60 Lissner, in: Lissner/Knauft, Handbuch Insolvenzrecht, 2017, Rn. 1546. 61 Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 8. Aufl. 2017, Rn. 31. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 13 nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt (§ 287 Abs. 2 InsO). Das Restschuldbefreiungsverfahren steht nach § 286 InsO nur natürlichen Personen offen, wobei das Gesetz nicht danach unterscheidet, ob es sich bei der natürlichen Person um einen Unternehmer oder einen Verbraucher handelt.62 Ist der Antrag der natürlichen Person zulässig und liegen keine Versagungsgründe wie etwa eine weniger als fünf Jahre alte Vorbestrafung wegen einer Insolvenzstraftat63 vor, beginnt für den Schuldner eine sechsjährige sogenannte Wohlverhaltensperiode. Dabei wird gemäß § 287 Abs. 2 InsO ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerechnet. Die Dauer eines überlangen Eröffnungsverfahrens wird nicht angerechnet.64 In dieser Wohlverhaltensperiode muss der Schuldner nach § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO seine Arbeitskraft nutzen und den pfändbaren Teil seines Einkommens, wie gesagt, auf einen Treuhänder übertragen. Den Treuhänder bestimmt das Gericht, wobei Schuldner und Gläubiger Vorschläge unterbreiten können (§ 288 InsO). Dabei kann es sich um dieselbe Person handeln, die im vorangegangenen Insolvenzverfahren bereits als Insolvenzverwalter fungiert hat.65 Kommt er diesen Obliegenheiten nach, können die verbleibenden Forderungen der Insolvenzgläubiger nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode nicht mehr gegen ihn durchgesetzt werden.66 Dies gilt gemäß § 301 Abs. 2 Satz 2 InsO unabhängig davon, ob sie ihre Forderungen im Insolvenzverfahren angemeldet haben oder nicht. In einigen Fällen sieht das Gesetz eine Restschuldbefreiung bereits vor dem Ende der sechsjährigen Wohlverhaltensperiode vor. So kann dem Schuldner nach § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO nach fünf Jahren die Restschuldbefreiung gewährt werden, wenn er die Kosten des Verfahrens beglichen hat. Nach § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO ist eine Restschuldbefreiung schon nach drei Jahren möglich, wenn der Schuldner die Kosten des Verfahrens beglichen hat und dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder innerhalb dieses Zeitraums ein Betrag zugeflossen ist, der eine Befriedigung der Insolvenzgläubiger von mindestens 35% ihrer Forderungen ermöglicht. Nach § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Variante 1 InsO besteht die Möglichkeit der sofortigen Restschuldbefreiung , wenn der Schuldner die Kosten des Verfahrens beglichen hat und kein Insolvenzgläubiger 62 Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 8. Aufl. 2017, Rn. 447. 63 Vgl. § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Für die weiteren Versagungsgründe siehe § 290 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 InsO. 64 BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 – IX ZB 44/13, NZI 2015, S. 328 (330). 65 Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 8. Aufl. 2017, Rn. 485. 66 Römermann, in: Nerlich/Römermann, InsO Kommentar, § 286 Rn. 14 (Juli 2016). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 14 eine Forderung anmeldet oder wenn die Forderungen der Insolvenzgläubiger befriedigt sind und der Schuldner die sonstigen Masseverbindlichkeiten67 berichtigt hat.68 3.7. Rechtslage im europäischen Ausland Zahlreiche ausländische Rechtsordnungen kennen das System der Restschuldbefreiung schon lange. Diesbezügliche Reformen in Europa wurden vor allem von den schuldnerfreundlichen Regelungen des US-amerikanischen Rechts69 stark beeinflusst. Bis zu Beginn der achtziger Jahre war in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen noch überwiegend der Grundsatz der freien Nachforderung festgeschrieben.70 3.7.1. England und Wales71 Das englische System der Restschuldbefreiung (discharge) besteht – in wechselnder Form – seit 300 Jahren und ist im Insolvency Act geregelt. Es gilt sowohl für Kaufleute als auch für Nichtkaufleute . Dabei ist die Erteilung der Restschuldbefreiung nicht an Würdigkeitsvoraussetzungen geknüpft. Im Jahr 2004 wurde die automatic discharge eingeführt, die Schuldnern zugutekommt, gegen die in den letzten 15 Jahren vor Insolvenzeröffnung kein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und gegen die keine criminal bankruptcy vorliegt. Ein Jahr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt die einjährige Wohlverhaltensperiode, nach deren Ablauf das Gericht grundsätzlich die vom Schuldner angestrebte Restschuldbefreiung erklärt. Allerdings kann die Restschuldbefreiung nur redlichen Schuldnern erteilt werden; Forderungen wegen Betrug, Untreue , Geldstrafen, Buß- und Ordnungsgelder, aus unerlaubter Handlung und aus Studiendarlehen sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Ein vom Gericht oder der Gläubigerversammlung ernannte Trustee hat das Recht, noch vorhandene Vermögenswerte zu verwerten. Das Verfahren endet erst mit deren Verwertung. 3.7.2. Irland72 In Irland endet seit einer umfassenden Reform des Verfahrens der Insolvenz einer natürlichen Person im Jahr 2012 nunmehr grundsätzlich jedes Konkursverfahren automatisch nach drei Jahren mit der Erteilung der Restschuldbefreiung. Das von dem Treuhänder während der Dauer des 67 Masseverbindlichkeiten sind nach § 55 Abs. 1 InsO Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören, ferner Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss, und Verbindlichkeiten aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse. 68 Ahrens, Die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens, NJW-Spezial 2015, S. 341 (342). 69 Dazu Sternal, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, Vor § 286 Rn. 31 ff. 70 Sternal, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, Vor § 286 Rn. 30. 71 Dazu Sternal, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, Vor § 286 Rn. 34. 72 Sternal, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, Vor § 286 Rn. 35. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 15 Konkursverfahrens nicht veräußerte Eigentum des Schuldners bleibt weiterhin bis zur dessen Veräußerung in der Verfügungsbefugnis des Treuhänders. Werden bei Gericht gerechtfertigte Einwendungen gegen die Erteilung der Restschuldbefreiung geltend gemacht, wird diese dem Schuldner nicht erteilt. Zudem hat das Gericht die Möglichkeit, die Erteilung der Restschuldbefreiung um bis zu acht Jahre nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinauszuschieben. Neben der automatischen Restschuldbefreiung nach drei Jahren hat der Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen wie Bezahlung der Gebühren und Auslagen sowie der Befriedigung der Gläubiger, ein Recht auf Erteilung der Restschuldbefreiung. 3.7.3. Spanien Das spanische Recht kennt die Restschuldbefreiung nicht.73 3.7.4. Frankreich74 In Frankreich sieht das Verfahren zur Entschuldung von Verbrauchern ein zweistufiges Verfahren vor, welches erst auf der zweiten Stufe als gerichtliches Restschuldbefreiungsverfahren ausgestaltet ist und dem Schuldner die Möglichkeit der Entschuldung eröffnet, wenn sich bei der Ausführung des Sanierungsversuchs die Hoffnungslosigkeit der Bemühungen des redlichen Schuldners zeigt. 3.7.5. Österreich75 In Österreich sollen 1993 eingeführte Neuregelungen die Sanierung von natürlichen, speziell von nicht unternehmerisch tätigen Personen erleichtern. Dies kann durch eine Schuldenregulierung durch Zahlungsplan oder durch ein Abschöpfungsverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung erreicht werden. 3.7.6. Griechenland76 Im griechischen Recht steht nur natürlichen oder juristischen Personen, die als Kaufleute tätig sind, ein Insolvenzverfahren offen. Schuldner, die nicht Kaufleute sind, können eine Restschuldbefreiung nach einem spezialgesetzlich geregelten Verfahren erlangen. 73 Sternal, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, Vor § 286 Rn. 36. 74 Sternal, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, Vor § 286 Rn. 37. 75 Sternal, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, Vor § 286 Rn. 38. 76 Sternal, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, Vor § 286 Rn. 38. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 16 3.7.7. Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden In Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden sind Schuldensanierungsgesetze in Kraft, die Privatpersonen die Regulierung ihrer Schulden erleichtern sollen und eine Restschuldbefreiung am Ende des Verfahrens nach angloamerikanischen Vorbild vorsehen.77 3.7.8. Italien78 Italien beschränkt die Restschuldbefreiung auf Unternehmer. Für Verbraucher gibt es dagegen kein Entschuldungsverfahren. Auch die vertragliche „cessione die beni ai creditori“ hat außer bei ausdrücklicher entgegenstehender Vereinbarung keine restschuldbefreiende Wirkung. 3.7.9. Belgien In Belgien sieht das Schuldensanierungsverfahren grundsätzlich nur Vertragshilfen und ausnahmsweise Teilerlasse vor.79 4. Statistische Daten zur Verschuldung 4.1. EU-Statistik zur Verschuldung privater Haushalte Die Statistik über Einkommen, soziale Eingliederung und Lebensbedingungen der EU (EU-SILC)80 enthält im Modul „Überschuldung und finanzielle Ausgrenzung“ Daten81 zum Grad der Verschuldung privater Haushalte im EU-Vergleich für das Jahr 2008. Dabei wird nach drei Verschuldungsgraden unterschieden: Bei Grad 1 ist der Betrag der Schulden geringer als 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens. Bei Grad 2 ist der Betrag der Schulden höher als 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens und bei Grad 3 ist der Betrag der Schulden höher als 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens. Die unten stehende Übersicht stellt dar, wie hoch der Anteil der Bevölkerung in den einzelnen Ländern in den drei Verschuldungsgraden ist. Darüber hinaus wird für bestimme Bevölkerungsgruppen, wie beispielsweise Erwerbstätige, Arbeitslose, Personen in Rente etc., dargestellt, wie sich diese Bevölkerungsgruppen anteilsmäßig auf die Verschuldungsgrade verteilen. Für Deutschland ergibt sich aus der Statistik, dass bei 10,3% der Haushalte der Schuldenbetrag höher ist als das monatlich verfügbare Einkommen des betreffenden Haushalts, etwas, das laut der Statistik als „high critical“ zu bewerten ist. Höher ist dieser Anteil nur in Großbritannien mit 77 Sternal, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, Vor § 286 Rn. 39. 78 Sternal, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, Vor § 286 Rn. 40. 79 Sternal, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, Vor § 286 Rn. 40. 80 Für nähere Informationen zu EU-SILC siehe: https://ec.europa.eu/eurostat/web/income-and-living-conditions /overview, zuletzt aufgerufen am 31. Oktober 2018. 81 Die Daten sind abrufbar unter: https://ec.europa.eu/eurostat/web/income-and-living-conditions/data/ad-hocmodules , zuletzt aufgerufen am 31. Oktober 2018. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 17 11,2%, wohingegen er sich in Estland, Litauen, Luxemburg, Malta und Polen unter 1% bewegt. Zwischen 5% und 10% bewegt er sich in Griechenland (5,3%), Österreich (6,7%) und Zypern (7,8%). EU-weit beträgt er 4,6%. In Deutschland haben 11,6% der Erwerbstätigen Schulden, die mehr als 100% ihres monatlich frei verfügbaren Einkommens betragen. Unter den Arbeitslosen und den Personen in Rente beträgt dieser Anteil jeweils 13,1% bzw. 3,9%. Bei den Alleinerziehenden sind es 13,7%. In den Gruppen der Minderjährigen, der 18 bis 64-Jährigen und der über 64-Jährigen liegen die Werte bei jeweils 14,4%, 11,3% und 3,3%. Die entsprechenden Werte für jeden EU-Mitgliedsstaat und für die EU insgesamt können der folgenden Übersicht entnommen werden: Grad der Verschuldung Insgesamt Erwerbs - tätige Arbeitslose in Rente Alleinerzie - hend Unter 18 Jahre 18 – 64 Jahre Über 64 Jahre B el gi en Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 93,8% 94,7% 84,3% 98% 86,2% 91,5% 93,4% 98,5% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 4,1% 3,6% 9,7% 1,4% 9,9% 5,5% 4,3% 1,2% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 2,1% 1,7% 5,9% 0,6% 3,9% 3% 2,2% 0,3% B u lg ar ie n Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 91,6% 93,1% 86,9% 94,7% 82,4% 87,3% 91,8% 95% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 4,5% 3,7% 7,7% 3% 9% 5,9% 4,5% 2,8% Schulden > 100% des mo- 3,9% 3,2% 5,3% 2,3% 8,6% 6,7% 3,7% 2,2% Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 18 natlich frei verfügbaren Einkommens T sc h ec h is c h e R e p u b li k Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 92,7% 92,4% 88,1% 97,9% 85,4% 89,6% 92,2% 98,8% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 5,4% 5,7% 7,8% 1,5% 10,7% 7,8% 5,7% 0,8% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 1,9% 1,9% 4,1% 0,6% 3,9% 2,6% 2,1% 0,5% D än em ar k Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 95,6% 96,5% 78,8% 99,5% 90,1% 94,3% 95,2% 99,4% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 2,3% 2% 11,4% 0,2% 5,7% 3,1% 2,5% 0,2% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 2,1% 1,6% 9,8% 0,3% 4,2% 2,6% 2,3% 0,4% D eu ts ch la n d Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 81,1% 78,4% 77,8% 92,9% 72,6% 72,7% 79,5% 93,9% Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 19 Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 8,6% 9,9% 9,1% 3,1% 13,7% 12,9% 9,2% 2,8% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 10,3% 11,6% 13,1% 3,9% 13,7% 14,4% 11,3% 3,3% E st la n d Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 98% 98,2% 93,8% 99,4% 96,2% 96,7% 97,9% 99,6% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 1,3% 1,3% 2,2% 0,2% 2% 2,2% 1,4% 0,1% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 0,7% 0,5% 4% 0,3% 1,9% 1,1% 0,7% 0,2% Ir la n d Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 89% 90% 78,8% 97,6% 82,5% 86,6% 88,4% 98,2% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 7,1% 6,4% 12,9% 1,3% 10,5% 8,5% 7,6% 1,1% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 3,9% 3,6% 8,3% 1,1% 7% 4,9% 4% 0,7% Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 20 G ri e c h e n la n d Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 88,1% 87.8% 82,9% 93,5% 70,1% 85,4% 87,2% 94% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 6,6% 6,8% 7,6% 3,6% 12,6% 8,6% 7% 3,1% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 5,3% 5,4% 9,5% 3% 17,3% 6,1% 5,8% 2,9% S p an ie n Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 96,9% 97,1% 93,7% 99,2% 88,4% 95% 96,8% 99,2% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 2% 1,9% 4,4% 0,6% 3,6% 3,1% 2% 0,5% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 1,1% 1% 1,9% 0,2% 8% 2% 1,1% 0,3% F ra n k re ic h Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 92,8% 93,2% 83,1% 97,1% 81,8% 90% 92,4% 97,6% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 5% 4,9% 10,2% 2% 12% 6,7% 5,4% 1,6% Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 21 Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 2,2% 1,8% 6,7% 0,8% 6,2% 3,3% 2,2% 0,8% It al ie n Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 94,2% 94% 88,9% 98,2% 89,9% 91,3% 93,8% 98,3% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 2,3% 2,3% 4% 0,8% 3,6% 3,7% 2,4% 0,7% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 3,5% 3,7% 7,1% 1% 6,5% 5% 3,8% 0,9% Z y p er n Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 80,7% 79,5% 74,4% 95,5% 56,1% 73,3% 80,2% 96,7% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 11,4% 12,5% 10,5% 3% 16,8% 15,6% 11,8% 2,3% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 7,8% 8% 15,1% 1,5% 27,1% 11,1% 8% 1% L et tl an d Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 93,1% 92,9% 87,5% 96,5% 83,7% 91,5% 92,7% 96,9% Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 22 Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 4,9% 5,2% 7,5% 2,5% 12,1% 6,2% 5,2% 2,2% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 2% 1,9% 5% 0,9% 4,2% 2,4% 2,1% 0,9% L it au en Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 99,1% 99,1% 99,7% 99,9% 98,5% 98,4% 99,2% 99,9% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 0,8% 0,8% 0,3% 0,1% 0,7% 1,5% 0,8% 0,1% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 0,1% 0,1% 0% 0% 0,8% 0,1% 0,1% 0% L u x em b u rg Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 98% 97,9% 91,3% 99,9% 94% 97,6% 97,8% 99,6% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 1,2% 1,2% 5,8% 0,1% 2,5% 1,5% 1,3% 0,4% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 0,8% 0,9% 2,9% 0% 3,5% 0,9% 0,9% 0% Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 23 U n g a rn Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 93,6 94,2 88 97,9 90,9 90,1 93,6 98,3 Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 3,9% 3,7% 6,2% 1,3% 4,3% 6,3% 3,8% 1,1% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 2,5% 2,1% 5,7% 0,8% 4,8% 3,6% 2,6% 0,6% M al ta Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 96,4% 96,5% 88,8% 98,8% 93,8% 94,9% 96,4% 98,9% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 2,7% 2,8% 6,8% 0,9% 5,7% 3,7% 2,8% 0,7% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 0,9% 0,7% 4,4% 0,3% 0,5% 1,4% 0,8% 0,4% N ie d er la n d e Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 94,8% 95,2% 87,7% 98,2% 84,1% 93,3% 94,5% 98,4% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 3,4% 3,1% 7,3% 1,2% 10,7% 4,4% 3,5% 1,3% Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 24 Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 1,8% 1,7% 5% 0,6% 5,2% 2,3% 2% 0,3% Ö st er re ic h Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 86,5% 86,6% 68,6% 93,4% 75,1% 80,9% 85,7% 96% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 6,8% 6,5% 11,9% 2,8% 9,2% 10,3% 7% 1,9% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 6,7% 6,9% 19,5% 3,8% 15,7% 8,8% 7,3% 2,1% P o le n Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 99,9% 99,9% 99,6% 99,9% 99,7% 99,8% 99,8% 100% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 0,1% 0,1% 0,3% 0,1% 0,3% 0,1% 0,1% 0% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 0% 0% 0,1% 0% 0% 0% 0% 0% P o rt u ga l Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 97,8% 98,1% 95,3% 99,5% 90,3% 96,2% 97,8% 99,7% Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 25 Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 1,2% 1% 2,2% 0,4% 2,8% 1,9% 1,2% 0,2% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 1% 0,9% 2,5% 0,1% 6,9% 1,9% 1% 0,1% R u m än ie n Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 95,9% 96,2% 91,4% 97,6% 86,5% 94% 96% 98,1% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 2,5% 2,5% 5,1% 1,3% 6,2% 3,7% 2,5% 1,2% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 1,5% 1,3% 3,5% 1,1% 7,2% 2,4% 1,5% 0,6% S lo w en ie n Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 87,9% 87% 78,6% 94,4% 73,2% 85% 86,8% 96,2% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 7,7% 8,3% 12,7% 3,8% 16,1% 9,4% 8,4% 2,8% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 4,4% 4,7% 8,7% 1,8% 10,7% 5,6% 4,8% 1% Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 26 S lo w a k ei Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 93,8% 93,7% 89,5% 98,2% 83,3% 90,5% 93,7% 98,7% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 4,2% 4,5% 5,9% 1,5% 11% 6% 4,4% 1,2% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 1,9% 1,8% 4,6% 0,3% 5,8% 3,5% 1,9% 0,1% F in n la n d Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 97,2% 97,8% 88,9% 99,1% 91,9% 96,3% 97% 99% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 1,8% 1,4% 5,7% 0,8% 5,6% 2,6% 1,8% 0,8% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 1% 0,8% 5,4% 0,2% 2,5% 1,1% 1,2% 0,2% S ch w ed en Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 99% 99,1% 96,4% 99,8% 96,6% 98,5% 98,9% 99,8% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 0,4% 0,4% 0,7% 0% 1,6% 0,6% 0,4% 0% Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 27 Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 0,7% 0,5% 2,9% 0%,2 1,8% 0,9% 0,7% 0,2% V er ei n ig te s K ö n ig re ic h Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 80,3% 78,1% 74,3% 95,2% 73,9% 74,3% 78,5% 95,3% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 8,5% 9,7% 7,9% 2,1% 12,5% 10,9% 9,3% 2,4% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 11,2% 12,3% 17,8% 2,7% 13,6% 14,7% 12,3% 2,3% E U Schulden < 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 90,7% 90,1% 86% 96,6% 81,5% 87,2% 90,1% 97,1% Schulden > 66% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 4,7% 5% 6,6% 1,7% 9,7% 6,5% 4,9% 1,5% Schulden > 100% des monatlich frei verfügbaren Einkommens 4,6% 4,9% 7,4% 1,7% 8,8% 6,3% 4,9% 1,4% Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 28 4.2. Weitere statistische Angaben zu Deutschland 4.2.1. GRIFBÜRGEL Laut einer Studie von CRIFBÜRGEL, einem deutschen Anbieter von Kredit- und Bonitätsinformationen über Unternehmen sowie Konsumenten,82 meldeten im Jahr 2017 94.079 Personen Privatinsolvenz an. Die Zahl der Privatinsolvenzen sei damit das siebente Jahr in Folge rückläufig. 2016 seien noch 100.984 Anmeldungen eingegangen. Die höchste Zahl sei im Rekordjahr 2010 mit 139.110 Anmeldungen zu verzeichnen gewesen. Die Macher der Studie weisen darauf hin, dass die Anzahl der Privatinsolvenzen nicht notwendigerweise der Anzahl der überschuldeten (natürlichen) Personen entspreche, weil für überschuldete Personen, die über ein Pfändungsschutzkonto und ein monatliches Einkommen unterhalb des pfändbaren Betrages verfügten, keine Notwendigkeit bestehe, einen Insolvenzantrag zu stellen. 83 Männer seien weiterhin stärker von Privatinsolvenzen betroffen als Frauen. 59 % der Privatinsolvenzanträge in 2017 seien von Männern gestellt worden. Auf 100.000 männliche Einwohner seien 136 Privatinsolvenzen entfallen, während auf 100.000 weibliche nur 92 entfallen seien. Die Macher der Studie erklären das damit, dass der Mann in vielen Familien weiterhin als Hauptverdiener und Hauptverantwortlicher gelte. 84 Die meisten Insolvenzen von Verbrauchern, nämlich 25.771, seien im Jahr 2017 von Personen zwischen 31 und 40 Jahren angemeldet worden, was einen Anteil von 27,4% ausmache. In der Gruppe der 18- bis 20-Jährigen hätten 400 Personen Insolvenz angemeldet. Bei den 21- bis 30-Jährigen seien es 15.340 Personen gewesen, bei den 41- bis 50-Jährigen 23.423, bei den 31- bis 40- Jährigen, wie gesagt, 25.771 und bei den 51 bis 60-Jährigen 19.190.85 Die stärksten Rückgänge habe es in den Gruppen der 18-bis 20-Jähringen (minus 10,1 %) und der 41- bis 50-Jährigen (minus 11,5 %) gegeben. Nach zuvor fünf Anstiegen in Folge seien erstmals auch in der Altersgruppe der 61 Jahre und älter die Insolvenzen rückläufig gewesen (minus 8,2 %).86 GRIFBÜRGEL hat auch untersucht, wie vielen Antragstellern es gelungen ist, die im Juli 2014 eingeführte Möglichkeit einer vorzeitigen Restschuldbefreiung innerhalb von 3 (statt 6) Jahren zu nutzen. Dies sei nur bei 8,3 % der im Zeitraum von 1. Juli 2014 bis zum 31. Dezember 2014 angemeldeten Privatinsolvenzen der Fall gewesen. Darunter hätten sich überproportional viele junge Menschen befunden. Diese hänge vor allem damit zusammen, dass das Ausmaß der Verschuldung mit dem Alter steige. Die Durchschnittsschuldenhöhe liege über alle Altersgruppen 82 Internetseite von CRIFBÜRGEL, https://www.crifbuergel.de/de, zuletzt aufgerufen am 31. Oktober 2018. 83 CRIFBÜRGEL, Schuldenbarometer 2017, https://www.crifbuergel.de/de/aktuelles/studien/schuldenbarometer- 2017-privatinsolvenzen-sinken, zuletzt aufgerufen am 31. Oktober 2018. 84 CRIFBÜRGEL, Schuldenbarometer 2017 (Fn. 83). 85 CRIFBÜRGEL, Schuldenbarometer 2017 (Fn. 83). 86 CRIFBÜRGEL, Schuldenbarometer 2017 (Fn. 83). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 29 hinweg bei rund 33.5000 Euro, bei den unter 40-Jährigen jedoch nur bei knapp 15.000 Euro. Bei der Altersgruppe 61 Jahre und älter liege die Durchschnittsschuldenhöhe bei 43.000 Euro.87 Insgesamt befinden sich laut GRIFBÜRGEL „derzeit“ (die GRIFBÜRGEL-Verlautbarung stammt vom 18. Januar 2018) rund 650.000 Bürger in der Wohlverhaltensphase des Privatinsolvenzverfahrens . 88 Die sechs Hauptgründe, die als Ursache einer Privatinsolvenz immer wieder genannt würden, sind laut GRIFBÜRGEL Arbeitslosigkeit, reduzierte Arbeit, Einkommensarmut, gescheiterte Selbständigkeit, ein Konsumverhalten, das nicht zum Einkommen passe, sowie Veränderungen in der familiären Situation wie Scheidung, Trennung oder Krankheit.89 Der überwiegende Teil der Privatpersonen, die sich in einer Privatinsolvenz befänden, stehe vor allem bei Kreditinstituten, Versandhändlern, Versicherungen, Behörden, Vermietern, Energieversorgern und Telefongesellschaften in der Kreide. 4.2.2. Statistisches Bundesamt Die vom Statistischen Bundesamt für das Jahr 2017 herausgegebene „Statistik zur Überschuldung privater Personen“90 beruht auf einer freiwilligen Datenerhebung bei allen Schuldnerberatungsstellen in Deutschland, die in der Trägerschaft von Wohlfahrts- und Verbraucherverbänden sowie von Gemeindeverbänden und sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts stehen oder die als gemeinnützig anerkannt oder als Verein eingetragen sind.91 Da zum einen nicht alle Personen, die überschuldet sind, die Dienste einer Schuldnerberatungsstelle in Anspruch nehmen und zum anderen nicht jeder, der sich beraten lässt, im insolvenzrechtlichen Sinne überschuldet ist, kann die Statistik laut Statistischem Bundesamt „keinen Beitrag zur Gesamtzahl der überschuldeten Personen oder Haushalte leisten.“92 Ihre Repräsentativität ist zudem dadurch eingeschränkt, dass sich für das Jahr 2017 nur 528 der insgesamt rund 1.400 deutschlandweit existierenden Schuld- 87 CRIFBÜRGEL, Privatinsolvenz: Nur 8,3 Prozent nutzen verkürztes Insolvenzverfahren, https://www.crifbuergel .de/de/aktuelles/pressemitteilungen/privatinsolvenzen-nur-83-prozent-nutzen-verkuerztes-insolvenzverfahren , zuletzt aufgerufen am 31. Oktober 2018. 88 CRIFBÜRGEL, Privatinsolvenz: Nur 8,3 Prozent nutzen verkürztes Insolvenzverfahren (Fn. 87). 89 CRIFBÜRGEL, Privatinsolvenz: Nur 8,3 Prozent nutzen verkürztes Insolvenzverfahren (Fn. 87). 90 Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017, erschienen am 27. Juni 2018, https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Ueberschuldung /Ueberschuldung2150500177004.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt aufgerufen am 31. Oktober 2018. 91 Statistisches Bundesamt, Überschuldungsstatistik 2017, Qualitätsbericht, erschienen am 22. Juni 2018, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017, erschienen am 27. Juni 2018, https://www.destatis.de/DE/Publikationen /Qualitaetsberichte/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Ueberschuldungsstatistik.pdf;jsessionid =D607887E3D40211CCC8E6D5390694090.InternetLive1?__blob=publicationFile, zuletzt aufgerufen am 29. Oktober 2018, S. 3. 92 Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 30 nerberatungsstellen an der Erhebung beteiligt und zudem nur Daten von Personen übermittelt haben , die dem vorher zugestimmt hatten.93 Auf Grundlage der Daten dieser 127.000 Personen, die der Übermittlung zugestimmt haben, wurde eine Hochrechnung für das gesamte Bundesgebiet vorgenommen, wobei die Hochrechnungsfaktoren sich einerseits aus dem Anteil der pro Beratungsstelle gemeldeten Beratungsfälle und andererseits aus dem Anteil der pro Bundesland meldenden Beratungsstellen ergab.94 Nach der Hochrechnung betrug die Anzahl der Personen, die im Jahr 2017 an eine Schuldnerberatungsstelle herangetreten sind, 560.673. Die durchschnittliche Schuldenhöhe betrug in Bezug auf diesen Personenkreis 30.170 Euro.95 0,9% der beratenen Personen waren selbstständig, 34,4% abhängig erwerbstätig und 44,3% arbeitslos. 20,4% waren anderweitig nicht erwerbstätig, d.h. Rentner, Hausfrauen, Schüler, Studenten und Sozialhilfeempfänger.96 8,1% (45.163) waren alleinerziehende Frauen mit einem Kind, 4,0% (22.229) alleinerziehende Frauen mit zwei Kindern und 2,0 % (11.196) alleinerziehende Frauen mit drei oder mehr Kindern. Für alleinerziehende Männer betragen die entsprechenden Werte 1,5 % (8.305), 0,4 % (2.294)97 und 0,2 %98.99 0,4 % (2.430100) der von der Erhebung betroffenen beratenen Personen waren weniger als 20 Jahre alt, 5,8 % (32.449) zwischen 20 und 25, 26,8 % (150.084) zwischen 25 und 35, 25,1 % (140.551) zwischen 35 und 45, 21,6 % (120.967) zwischen 45 und 55, 13,6 % (76.191) zwischen 55 und 65, 3,5 % (19.819) zwischen 65 und 70, 3,2 % (18.182) waren 70 Jahre oder älter.101 Von den 560.673 Beratungsverfahren im Jahr 2017 wurden 245.819 im selben Jahr beendet, davon 20,1 % durch eine außergerichtliche Schuldenregulierung, 1,1 %102 durch die gerichtliche 93 Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 3; Überschuldungsstatistik 2017, Qualitätsbericht, erschienen am 22. Juni 2018, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 91), S. 3 f. 94 Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 3; Überschuldungsstatistik 2017, Qualitätsbericht, erschienen am 22. Juni 2018, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 91), S. 3 95 Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 5. 96 Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 6, 23. 97 Dieser Wert ist statistisch relativ unsicher, siehe Statistisches Bundesamt, Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 3 unter Zeichenerklärung. 98 Absolute Zahlen sind insoweit in der Statistik nicht aufgeführt, weil der Zahlenwert nicht sicher genug sei, vgl. Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 5 und 3 unter Zeichenerklärung . 99 Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 5. 100 Dieser Wert ist statistisch relativ unsicher, siehe Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 3 unter Zeichenerklärung. 101 Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 5. 102 Dieser Wert ist statistisch relativ unsicher, siehe Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 22 in Verbindung mit S. 3 unter „Zeichenerklärung“. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 218/18 Seite 31 Ankündigung einer Restschuldbefreiung, 6,1 % durch einen Antrag auf Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens , 39,4 % durch Beantragung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens. In 4,8 % der Fälle wurde der Betroffene an eine andere Beratungsstelle weitervermittelt. In den restlichen Beendigungsfällen kam es zum Abbruch der Beratung durch den Schuldner (9,0 %), den Berater (5,1 %) oder aus sonstigen Gründen (9,2 %).103 Von den 314.665 Beratungsverfahren, die im Jahr 2017 noch nicht abgeschlossen waren, bezogen sich 46,1 % auf eine Schuldnerberatung ohne Insolvenzverfahren, 35,5 % auf einen außergerichtlichen Einigungsversuch, 15,6 % auf eine Begleitung während eines Insolvenzverfahrens und 2,8 % auf einen Begleitung bei der Vergleichserfüllung.104 4.2.3. SchuldnerAtlas 2017 Laut dem von der Creditreform-Unternehmensgruppe herausgegebenen SchuldnerAtlas Deutschland 105 waren im Jahr 2017 6,91 Mio. Personen (2,68 Mio. Frauen, 4,24 Mio. Männer) überschuldet .106 Davon waren 1,66 Mio (14,06 %) unter 30 Jahre alt, 1,92 Mio (18,93 %) zwischen 30 und 39 Jahre alt, 1,48 Mio (12,88 %) zwischen 40 bis 49 Jahre, 1,14 Mio (8,8 %) zwischen 50 und 59, 0,52 Mio (5,48 %) zwischen 60 und 69 und 0,19 Mio (1,5 %) über 70.107 Überschuldung im Sinne des SchulderAtlas liegt vor, wenn der Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitraum nicht begleichen kann und ihm zur Deckung seines Lebensunterhalts weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dabei wird zwischen Fällen mit hoher Überschuldungsintensität und solchen mit geringer Überschuldungsintensität unterschieden. Erstere basierten auf einer hohen Anzahl von miteinander verknüpften sog. Negativmerkmalen, meist juristischen Sachverhalten und unstrittigen Inkasso-Fällen sowie nachhaltigen Zahlungsstörungen. Bei letzteren lägen nur wenige Negativmerkmale vor, oft sog. nachhaltige Zahlungsstörungen, die durch mindestens zwei, meist aber mehr vergebliche Mahnungen mehrerer Gläubiger gekennzeichnet seien.108 *** 103 Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 22. 104 Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2017 (Fn. 90), S. 21. 105 https://www.creditreform.de/fileadmin/user_upload/crefo/download_de/news_termine/wirtschaftsforschung /schuldneratlas/2017_Analyse_SchuldnerAtlas.pdf, zuletzt aufgerufen am 30. Oktober 2018. 106 SchuldnerAtlas Deutschland (Fn. 105), S. 69 f. 107 SchuldnerAtlas Deutschland (Fn. 105), S. 73 f.; alle genannten Zahlen für 2017 sind auch in der Tabelle vor S. 1 zusammengefasst. 108 SchuldnerAtlas Deutschland (Fn. 105), „Wichtige Definitionen“, vor S. 1.