© 2018 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 217/18 Diesel-Pkw – Fahrverbote und Zulassungsbeschränkungen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Februar 2018, betreffend die Luftreinhaltepläne für Stuttgart1 und Düsseldorf2, klargestellt, dass Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge zulässig und sogar geboten sein können. Es müsse sich allerdings um „die einzig geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte“ handeln.3 Ferner müsse das Verkehrsverbot „dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.“4 Erforderlich sei bei der näheren Ausgestaltung des Verbots daher eine „Abwägung zwischen den mit der Überschreitung der geltenden NO2-Grenzwerte verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeugeigentümer, Fahrzeughalter und Fahrzeugnutzer – und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft – verbunden sind.“5 Dabei sei zu differenzieren „zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen.“6 Zonale Verbote seien mit stärkeren Belastungen verbunden als streckenbezogene und müssten daher auch strengeren Anforderungen genügen als streckenbezogene.7 Zonale Verbote seien „zeitlich gestaffelt nach dem Alter und Abgasverhalten der betroffenen Fahrzeuge und unter Einschluss von Ausnahmeregelungen einzuführen.“8 Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderung der Abgasnorm Euro 4 erfüllten, könnten sofort zonalen Verboten unterworfen werden, Euro-5-Fahrzeuge hingegen nicht vor dem 1. September 2019.9 Für Euro-6-Fahrzeuge kommen zonale Beschränkungen hiernach somit überhaupt nicht in Betracht.10 Soweit zonale Verbote eingeführt würden, sei, so das Bundesverwaltungsgericht, außerdem zu prüfen, „für welche Gruppen, wie beispielsweise Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen, und für welche Einzelpersonen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von einem 1 BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 26/16 – (https://www.bverwg.de/de/270218U7C26.16.0, letzter Zugriff am 10. Oktober 2018; im Folgenden „Düsseldorf-Urteil“). 2 BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2018 – 7 C 30/17 – (https://www.bverwg.de/de/270218U7C30.17.0, letzter Zugriff am 10. Oktober 2018; im Folgenden „Stuttgart-Urteil“). 3 Stuttgart-Urteil und Düsseldorf-Urteil, jeweils Leitsatz 1 (H.d.V.). 4 Stuttgart-Urteil und Düsseldorf-Urteil, jeweils Leitsatz 2 (H.d.V.). 5 Stuttgart-Urteil Rn. 41; Düsseldorf-Urteil Rn. 38. 6 Stuttgart-Urteil Rn. 41; Düsseldorf-Urteil Rn. 38. 7 Stuttgart-Urteil Rn. 41; Düsseldorf-Urteil Rn. 38. 8 Stuttgart-Urteil Leitsatz 2. 9 Stuttgart-Urteil Rn. 42 f.; Düsseldorf-Urteil Rn. 39 f. 10 Schink/Fellenberg, Dieselfahrverbote zur Einhaltung der Grenzwerte für NO2?, NJW 2018, S. 2016. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 217/18 Seite 5 Verkehrsverbot zu gewähren sind.“11 Ferner heißt es in beiden Urteilen: „Auch Ausnahmeregelungen in Gestalt der Einräumung von Übergangsfristen für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm 5 mit geeigneter Abgasreinigungstechnik können ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots darstellen.“12 Für streckenbezogene Verbote gilt das Erfordernis der phasenweisen Einführung nicht.13 Allerdings gelte auch hier – nicht anders als bei zonalen Verboten –, dass geprüft werden müsse, ob Ausnahmeregelungen für bestimmte Gruppen oder Einzelpersonen zu gewähren seien, und dass Übergangsfristen für die Nachrüstung mit verbesserter Abgastechnik ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit sein könnten.14 Nicht aus Verhältnismäßigkeitsgründen geboten – weder bei zonalen noch bei streckenbezogenen Verboten – sei die Gewährung einer Entschädigung für den durch die Verbote gegebenenfalls verursachten Wertverlust des betroffenen Fahrzeugs.15 Rechtskräftige Gerichtsentscheidungen, welche in Anwendung dieser vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze zonale oder streckenbezogene Fahrverbote (oder entsprechende Luftreinhaltepläne) für rechtswidrig erklärt haben, gibt es, soweit ersichtlich, bisher noch nicht. Es gibt allerdings mehrere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, welche nach Verkündung der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts ergangen sind, und die Notwendigkeit des Erlasses von Fahrverboten bejaht haben. Ihnen lagen – wie auch den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts – nicht Klagen von Eigentümern von Dieselfahrzeugen zugrunde, die sich gegen ein Fahrverbot gewehrt hätten, sondern Klagen eines Umweltverbandes, welche auf den Erlass von Fahrverboten bzw. eine entsprechende, Fahrverbote vorsehende, Luftreinhaltplanung abzielten. Das Verwaltungsgericht Aachen hat in seinem Urteil vom 8. Juni 2018 das Land Nordrhein-Westfalen unter ausdrücklicher Bezugnahmen auf die beiden Bundesverwaltungsgerichtsurteile vom 27. Februar 2018 dazu verurteilt, den Luftreinhalteplan für Aachen fortzuschreiben und dabei auch die Einführung von Fahrverboten für Dieselfahrzeugen zu prüfen, die nach gegenwärtigem Kenntnisstand des Verwaltungsgerichts allein geeignet seien, die schnellstmögliche Einhaltung des NO2-Grenzwertes zu erreichen. Das Gericht ließ offen, ob es sich um ein zonales oder ein streckenbezogenes Verbot handeln müsse, gab dem Land aber auf, dies zu prüfen wie auch die Frage, welche Dieselfahrzeuge ab wann von dem Verbot erfasst würden und welche Ausnahmeregelungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit erforderlich seien.16 Das Verwaltungsgericht 11 Stuttgart-Urteil Rn. 45; Düsseldorf-Urteil Rn. 42. 12 Stuttgart-Urteil Rn. 45. 13 So auch VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, BeckRS 2018, 10850 Rn. 63. 14 Düsseldorf-Urteil Rn. 42. 15 Stuttgart-Urteil Rn. 48 f.; Düsseldorf-Urteil Rn. 45 ff. 16 VG Aachen, Urteil vom 8. Juni 2018 – 6 K 2211/15 –, BeckRS 2018, 10850 Rn. 53, 54, 62 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 217/18 Seite 6 Wiesbaden hat mit Urteil vom 5. September 201817 ein zonenbezogenes Fahrverbot für Frankfurt am Main für Dieselfahrzeuge für notwendig erachtet. Die Urteilsgründe liegen nicht vor, aber offensichtlich wurden die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtigt. Das Fahrverbot soll nämlich zunächst nur Dieselfahrzeuge bis zur Abgasnorm Euro 4 umfassen und erst ab 1. September 2019 auf Euro-5-Fahrzeuge ausgeweitet werden. Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen sind nach Auffassung des Gerichts durch zeitliche Begrenzung derselben sowie durch entsprechende Höhe der Gebühren Anreize zur Um- oder Nachrüstung zu setzen.18 Das Verwaltungsgericht Berlin19 hat am 9. Oktober 2018 streckenbezogene Dieselfahrverbote in Berlin für notwendig erachtet. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. In einer Pressemitteilung des Gerichts ist von Diesel-Pkw bis zur Schadstoffklasse Euro 5 die Rede (sowie für bestimmte Streckenabschnitte auch von Diesel-Lkw bis zur Schadstoffklasse Euro 5). Ein klägerischer Antrag, der auf ein zonenbezogenen Fahrverbots abzielte, wurde nach einem gerichtlichen Hinweis zurückgenommen .20 Alle drei Urteile sind, soweit ersichtlich, noch nicht rechtskräftig. In Hamburg ist am 1. Juni 2018 ein streckenbezogenes Fahrverbot für DieselPkw, die nicht die Abgasnorm Euro 6 erfüllen, in Kraft getreten.21 Es ist nicht bekannt, ob dieses gerichtlich angefochten worden ist. Vor den Bundesverwaltungsgerichtsurteilen vom 27. Februar 2008 wurde in Bezug auf Fahrverbote für Diesel-Pkw insbesondere die Frage diskutiert, ob das geltende Recht, namentlich das Bundesimmissionsschutzgesetz und die Straßenverkehrsordnung, überhaupt die normativen Grundlagen bereit hält, um Diesel-Fahrverbote sowie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ggf. erforderliche Ausnahmen hiervon anordnen zu können.22 Diese Frage hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen beiden Urteilen ebenfalls geklärt. Zwar ließen die derzeit geltenden Regelungen des Bundesimmissionsschutzrechts „für sich genommen“ derartige Verkehrsverbote nicht zu.23 Angesichts der unionsrechtlichen Verpflichtung24, den Zeitraum für die Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, müsse aber „dieser Verpflichtung 17 Az.: 4 K 1613/15.WI. 18 Redaktion beck-aktuell, VG Wiesbaden: Zonenbezogene Fahrverbote für Frankfurt am Main kommen, becklink 2010867. 19 Urteil vom 9. Oktober 2018 – VG 10 K 2017.16. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. 20 VG Berlin, Streckenbezogene Diesel-Fahrverbot auch in Berlin (Nr. 18/2018), Pressemittelung vom 9. Oktober 2018 (https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2018/pressemitteilung .747221.php, letzter Zugriff am 10. Oktober 2018). 21 ADAC, Fragen und Antworten zu Fahrverboten in Deutschland, 9.10.2018 (https://www.adac.de/rund-umsfahrzeug /abgas-diesel-fahrverbote/fahrverbote/dieselfahrverbot-faq/, letzter Zugriff am 10. Oktober 2018). 22 Vgl. VGH München, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 –, NVwZ 2017, S. 894 Rn. 155 ff. 23 Stuttgart-Urteil Rn. 19 ff. (Zitat in Rn. 19). 24 Niedergelegt in Art. 23 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2008/50/EG vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 vom 11.6.2008, S. 1). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 217/18 Seite 7 entgegenstehendes Bundesrecht unangewendet bleiben.“25 Mit anderen Worten: Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts ermöglicht und verlangt den Erlass von Diesel-Fahrverboten, auch wenn das nationale Recht diese an sich nicht vorsieht, vorausgesetzt, sie sind unerlässlich, um den unionsrechtlichen Vorgaben gerecht zu werden. 2. Auswirkungen von Nachrüstungen auf die rechtliche Nutzbarkeit des Fahrzeugs Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO)26 „erlischt“ die Betriebserlaubnis eines Fahrzeuges, wenn an diesem bestimmte „Änderungen vorgenommen werden “. Das Erlöschen der Betriebserlaubnis hat zur Folge, dass das Fahrzeug nur noch in Betrieb genommen werden darf, um seine Vorschriftsmäßigkeit durch einen amtlichen Sachverständigen für den Kraftverkehr begutachten zu lassen (§ 19 Abs. 5 Sätze 1, 3 und 5 StVZO). Ergibt die Begutachtung , dass das Fahrzeug trotz Änderung noch vorschriftsgemäß ist, wird auf Antrag eine neue Betriebserlaubnis erteilt (§ 19 Abs. 2 Satz 4, § 21 Abs. 1 Sätze 2 bis 6 StVZO). Ergibt die Begutachtung hingegen, dass das Fahrzeug als Folge der Änderung tatsächlich vorschriftswidrig ist, kann die zuständige (Landes-)Zulassungsbehörde dem Eigentümer oder Halter gemäß § 5 Abs. 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV)27 eine „angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen beschränken oder untersagen .“ Eine Betriebsuntersagung ist allerdings nur als ultima ratio zulässig.28 Sie hat gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 FZV zur Folge, dass der Eigentümer oder Halter bei der Zulassungsbehörde gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 FZV beantragen muss, dass das Fahrzeug außer Betrieb gesetzt wird, es sei denn, er weist nach, dass die Gründe für die Untersagung des Betriebs nicht oder nicht mehr vorliegen . Spätestens mit der daraufhin erfolgenden Außer-Betrieb-Setzung nach § 14 FZV, nach anderer Ansicht bereits mit der Betriebsuntersagung nach § 5 Abs. 1 FZV (unstreitig aber noch nicht mit dem Erlöschen der Betriebserlaubnis nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StVZO), verliert auch die Fahrzeugzulassung ihre Gültigkeit.29 Nicht jede Änderung am Fahrzeug führt jedoch zum Erlöschen der Betriebserlaubnis nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StVZO, sondern nur solche, „durch die 1. die in der Betriebserlaubnis genehmigte Fahrzeugart geändert wird, 25 Stuttgart-Urteil Rn. 31 ff. (Zitat in Rn. 31). 26 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vom 26. April 2012 (BGBl. I S. 679), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3723). 27 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) vom 3. Februar 2011 (BGBl. I S. 139), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. Juli 2017 (BGBl. I S. 3090). 28 Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 5 FZV Rn. 6. 29 Vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 3 FZV Rn. 5, § 5 FZV Rn. 6a m.w.N., § 19 StVZO Rn. 14. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 217/18 Seite 8 2. eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist oder 3. das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird.“ Darüber hinaus klammert § 19 Abs. 3 Satz 1 StVZO eine Reihe von Fällen des „Ein- oder Ausbau [s] von Teilen“ aus dem Erlöschenstatbestand des § 19 Abs. 2 Satz 2 StVZO aus. Das gilt etwa in Bezug auf Teile, für die eine EG-Typgenehmigung erteilt worden ist, sofern eventuelle Einschränkungen oder Einbauanweisungen beachtet werden (§ 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a, Satz 2 StVZO). Ähnlich ist die Situation in Bezug auf Teile, für die das Kraftfahrt-Bundesamt30 eine nationale Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) erteilt hat. Hier ist zu differenzieren, ob das KBA die Wirksamkeit der Betriebserlaubnis gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StVZO von der Abnahme des Ein- oder Ausbaus abhängig gemacht hat oder nicht. Hat es dies nicht getan, führt der Einbau des Teils (wie bei der EG-Typgenehmigung) nur dann zum Erlöschen der Betriebserlaubnis, wenn eventuelle in der Betriebserlaubnis aufgeführte Einschränkungen oder Einbauanweisungen nicht eingehalten werden (§ 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Satz 2 StVZO). Ansonsten, also wenn ein Abnahmevorbehalt in der Betriebserlaubnis enthalten ist, bedarf es noch einer unverzüglich durchgeführten Abnahme des Einbaus, die von der abnehmenden Stelle in einer bestimmten Weise zu bestätigen ist (§ 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, § 22 Abs. 1 Satz 5 StVZO).31 Die Abnahme muss von einem amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr oder von einem Kraftfahrzeugsachverständigen oder einem Prüfingenieur einer amtlich anerkannten Überwachungsorganisation zur Durchführung von Hauptuntersuchungen, Abgasuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen durchgeführt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 4 StVZO). Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass aufgrund von § 19 Abs. 3 Satz 1 StVZO die Nachrüstung eines Fahrzeugs mit standardisierten Teilen, die auf der Grundlage einer EG- Typgenehmigung oder einer nationalen Allgemeinen Betriebserlaubnis produziert werden, nicht zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führt, wenn die in der Genehmigung aufgeführten Einschränkungen , Einbauanweisungen oder Auflagen (Abnahme) beachtet werden. Ob es solche gibt und welche das gegebenenfalls sind, hängt von der Ausgestaltung der EG-Typgenehmigung bzw. Allgemeinen Betriebserlaubnis durch die genehmigende Behörde, in Deutschland also das KBA, ab. Im (unverbindlichen32) BMV-Beispielkatalog der Änderungen an Fahrzeugen und ihrer Auswirkungen auf die Betriebserlaubnis33 wird beispielsweise in Bezug auf den Einbau oder die Änderung der Abgasreinigungsanlage sowohl die Genehmigung mit als auch die Genehmigung ohne 30 Dieses ist gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1, § 20 Abs. 2 Satz 1 StVZO zuständig. 31 Den Nachweis über diese Bestätigung hat der Führer des Fahrzeugs grundsätzlich mitzuführen und zuständigen Personen auf Verlangen auszuhändigen (§ 19 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 StVZO). Enthält die Betriebserlaubnis keinen Abnahmevorbehalt, hat der Fahrzeugführer den Abdruck oder die Ablichtung der Betriebserlaubnis mitzuführen (§ 19 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 StVZO). 32 Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 19 StVZO Rn. 12. 33 Abgedruckt bei Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 19 StVZO Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 217/18 Seite 9 Abnahmeerfordernis als Regelfall gekennzeichnet.34 Unabhängig von § 19 Abs. 3 Satz 1 StVZO ist zu beachten, dass bereits der Erlöschenstatbestand des § 19 Abs. 2 Satz 2 StVZO einen von vornherein begrenzten Anwendungsbereich hat. So erfasst § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO nicht etwa jede Änderung, welche das Abgas- oder Geräuschverhalten beeinflusst, sondern von vornherein nur solche, durch die das Abgas- oder Geräuschverhalten „verschlechtert“ wird, durch die sich mit anderen Worten die entsprechenden Emissionen erhöhen.35 *** 34 Unter Gruppe 8 des Beispielkatalogs. 35 Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 19 StVZO Rn. 9.