Deutscher Bundestag Militärischer Flugbetrieb in Deutschland stationierter ausländischer Streitkräfte Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 216/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 216/11 Seite 2 Militärischer Flugbetrieb in Deutschland stationierter ausländischer Streitkräfte Verfasser: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 216/11 Abschluss der Arbeit: 20. Januar 2012 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 216/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Rechtliche Grundlage des Flugbetriebs in Deutschland stationierter ausländischer Streitkräfte 4 3. Bindung in Deutschland stationierter ausländischer Streitkräfte an Regelungen über den Flugverkehr 5 3.1. Verpflichtung aus dem Stationierungsrecht 5 3.2. Privilegierung des militärischen Flugbetriebs gemäß § 30 Abs.1 LuftVG 6 3.3. Regeln des militärischen Flugbetriebs 7 3.4. Materielle und formelle Bindung an deutsches Luftverkehrsrecht 8 4. Folgen rechtlicher Gleichsetzung von militärischem und zivilem Fluglärm für den Flugverkehr 8 5. Möglichkeiten legislativer Regelung von Flugbewegungen in Deutschland stationierter ausländischer Streitkräfte 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 216/11 Seite 4 1. Einführung Vorliegende Ausarbeitung hat folgende Fragestellungen zum Gegenstand, die vor dem Hintergrund der seit geraumer Zeit anhaltenden Bemühungen, die vom Flugbetrieb an den Standorten Ansbach-Katterbach und Illesheim der 12. US-Heeresfliegerbrigade (12th Combat Aviation Brigade ) ausgehende Lärmbelastungen für die benachbarte Wohnbevölkerung zu reduzieren1, aufgeworfen werden: - Auf welcher rechtlichen Grundlage bewegen sich ausländische Streitkräfte (konkret: USamerikanische fliegende Kräfte, sog. Combat Aviation Brigades) über dem Hoheitsgebiet der BRD und wie werden deren "Sonderrechte" (z.B. gegenüber der Bundeswehr) begründet? - Gibt es für diese Streitkräfte irgendwelche bindenden Regelungen für den Flugverkehr (konkret : Ausbildung von Hubschrauberpiloten mit Nacht- und Tiefflügen über bewohntem Gebiet), ggf. auch durch Regelungen, die im jeweiligen Heimatland für die gleichwertige Ausbildung Gültigkeit besitzen und falls ja, welche bindenden Regelungen bestehen? - Hätte eine rechtliche Gleichsetzung von militärischem und zivilem Fluglärm im deutschen Recht irgendwelche Auswirkungen auf die Regelungen für den Flugverkehr der ausländischen Streitkräfte, die auf deutschem Boden stationiert sind und hier auch trainieren? - Besteht seitens der Bundesregierung und des Bundestages die Möglichkeit, über einen legislativen Akt die Flugbewegungen (z.B. Regelungen analog zur Bundeswehr) für ausländische Streitkräfte zu limitieren? 2. Rechtliche Grundlage des Flugbetriebs in Deutschland stationierter ausländischer Streitkräfte Der Aufenthalt in Deutschland stationierter Streitkräfte aus NATO-Mitgliedstaaten (Stationierungsstreitkräfte ) ist durch das Truppenstationierungsrecht geregelt. Hierbei ist zwischen dem Recht zum Aufenthalt und dem Recht des Aufenthalts zu unterscheiden. Ersteres beinhaltet die notwendige Zustimmung zur Stationierung durch Deutschland und stellt damit die Rechtsgrundlage des Aufenthalts dar.2 Hingegen richten sich die eigentlichen Rechte und Pflichten der Streitkräfte , die sich aus der Stationierung in Deutschland ergeben, also ihre Rechtsstellung in Deutschland, nach dem NATO-Truppenstatut vom 19. Juni 1951 (NTS)3 sowie dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut vom 3. August 1959 (ZA-NTS)4. Letzteres hat nach der deut- 1 Vgl. dazu http://www.ansbach.de/cda/showpage.php?SiteID=375&language=uk (Stadt Ansbach); http://www.landkreis-ansbach.de/index.phtml?sNavID=1504.236&La=1 (Landkreis Ansbach); http://www.etzlangts .de/ (Bürgerinitiative „Etz langt’s“) 2 Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Oktober 1954 (BGBl. 1955 II S. 253). 3 Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen vom 19. Juni 1951 (BGBl. 1961 II S. 1190). 4 Zusatzabkommen zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. 1183, 1218). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 216/11 Seite 5 schen Wiedervereinigung grundlegende Änderungen erfahren, die allerdings erst im Jahr 1998 in Kraft getreten sind.5 Die rechtlichen Grundlagen für den militärischen Flugbetrieb der Stationierungsstreitkräfte ergeben sich aus den Artikeln 53, 57 und 46 ZA-NTS6: - Gemäß Art. 53 Abs. (1) Satz 1 i.V.m. Abs. (2) Satz 1 ZA-NTS können eine Truppe und ein ziviles Gefolge im Luftraum über einer ihnen zur ausschließlichen Benutzung überlassenen Liegenschaften die zur befriedigenden Erfüllung ihrer Verteidigungspflichten erforderlichen Maßnahmen treffen, vorausgesetzt, dass Maßnahmen, welche zu Störungen des Luftverkehrs führen könnten, nur in Koordinierung mit den deutschen Behörden getroffen werden.“ (Flugbetrieb im Luftraum über Stationierungsliegenschaft) - Gemäß Art. 57 Abs. (1)(a) Satz 1, 1. Halbsatz ZA-NTS sind „eine Truppe, ein ziviles Gefolge, ihre Mitglieder und Angehörigen (…) vorbehaltlich der Genehmigung der Bundesregierung berechtigt , mit Land-, Wasser- und Luftfahrzeugen in die Bundesrepublik oder sich in und über dem Bundesgebiet zu bewegen.“ (Flugbetrieb im Luftraum außerhalb Stationierungsleigenschaften ) - Gemäß Art. 46 Abs. 1 Satz ZA-NTS hat „eine Truppe (…) auf der Grundlage dieses Artikels vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen deutschen Behörden das Recht, Manöver und andere Übungen im Luftraum der Bundesrepublik in dem Umfang durchzuführen, der zur Erfüllung ihrer Verteidigungsaufgabe erforderlich ist.“ (Manöver- und Übungsflugbetrieb)“ 3. Bindung in Deutschland stationierter ausländischer Streitkräfte an Regelungen über den Flugverkehr 3.1. Verpflichtung aus dem Stationierungsrecht Nach Art. II Satz 1 NTS sind Stationierungsstreitkräfte und ihr ziviles Gefolge verpflichtet, das Recht des Aufnahmestaates zu achten. Diese Verpflichtung wird für den militärischen Flugbetrieb in Art. 57 Abs.(3) Satz 1 ZA-NTS im allgemeinen und in Art. 46 Abs. 2 ZA-NTS für den Manöver- und Übungsbetrieb konkretisiert So heißt es in Art. 57 Abs. (3) Satz 1 ZA-NTS: „Eine Truppe, ein ziviles Gefolge, ihre Mitglieder und Angehörigen befolgen die deutschen Verkehrsvorschriften (…).“ 5 Abkommen zur Änderung des Zusatzabkommens vom 3. August 1959 in der durch das Abkommen vom 21. Oktober 1971 und die Vereinbarung vom 18. Mai 1981 geänderten Fassung zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 18. März 1993 (BGBl. 1994 II S. 2598). 6 Der Wortlaut der im folgenden angeführten Vereinbarungen des Truppenstationierungsrechts kann im Internet unter http://www.abg-plus.de/abg2/ebuecher/abg_all/index.html abgerufen werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 216/11 Seite 6 Und Art. 46 Abs. (2) ZA-NTS sieht vor: “Für die Abhaltung von Manövern und anderen Übungen nach Absatz (1) gelten die deutschen Vorschriften über den Einflug in den deutschen Luftraum und seine Benutzung sowie die Inanspruchnahme von Anlagen und Einrichtungen der Luftfahrt, die sich im Rahmen der Richtlinien und Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation halten, sowie die geltenden Anmeldungs-, Zustimmungs- und Koordinierungsverfahren, wie sie in den entsprechenden Gesetzen, sonstigen Vorschriften und Veröffentlichungen enthalten sind.“ Demgemäß richten sich die Stationierungsstreitkräfte nach den in Deutschland geltenden Vorschriften zur Benutzung des Luftraums. Neben den anwendbaren internationalen Luftverkehrsregeln sind namentlich das Luftverkehrsgesetz (LuftVG)7, die Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO)8 und das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG)9 sowie die hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften zu beachten.10 3.2. Privilegierung des militärischen Flugbetriebs gemäß § 30 Abs.1 LuftVG Für aufgrund des NATO-Truppenstatuts stationierte Truppen gilt jedoch in gleichem Maße wie für die Bundeswehr gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG, dass sie von den Vorschriften des Ersten Abschnitts des LuftVG (i.e. die Vorschriften über den Luftverkehr) - ausgenommen die §§ 12, 13 und 15 bis 19 - und den zu seiner Durchführung erlassenen Vorschriften abweichen dürfen. Diese Abweichungsbefugnis steht ihnen jedoch nur zu, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist (§ 30 Abs. 1 Satz 1), sofern sie von den Vorschriften über das Verhalten im Luftraum abweicht nur, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zwingend notwendig ist (§ 30 Abs. 1 Satz 3). 7 Luftverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 698), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 5. August 2010 (BGBl. I S. 1126). 8 Luftverkehrs-Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. März 1999 (BGBl. I S. 580), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 18. Januar 2010 (BGBl. I S. 11). 9 Luftsicherheitsgesetz vom 11. Januar 2005 (BGBl. I S. 78), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2424). 10 Siehe dazu die im Unterzeichnungsprotokoll zum NATO-Truppenstatut und zum Zusatzabkommen (BGBl. 1961 II S. 1313) in Teil II niedergelegte Erklärung der Vertragsstaaten zu Art. 46 ZA-NTS: „Deutsche Vorschriften über den Einflug in den deutschen Luftraum, seine Benutzung und die Inanspruchnahme von Anlagen und Einrichtungen der Luftfahrt sowie die geltenden Anmeldungs-, Zustimmungs- und Koordinierungsverfahren, wie sie in den entsprechenden Gesetzen, sonstigen Vorschriften und Veröffentlichungen enthalten sind, umfassen das Luftverkehrsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung und die hierzu erlassenen Verordnungen und Verwaltungsregelungen ziviler und militärischer Art sowie die in dem AFCENT LOW FLYING HANDBOOK oder einer entsprechenden Nachfolgepublikation veröffentlichten einschlägigen Verfahren und innerstaatlichen Vorschriften . (…)“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 216/11 Seite 7 3.3. Regeln des militärischen Flugbetriebs Bundesministerium der Verteidigung und Bundeswehr haben auf der Grundlage der Verwaltungszuständigkeiten , die ihnen durch § 30 Abs. 2 Satz LuftVG für den Dienstbereich der Bundeswehr und, soweit völkerrechtliche Verträge nicht entgegenstehen, der stationierten Truppen zugewiesen sind,11 eigene Vorschriften für den militärischen Flugbetrieb erlassen, die die Sicherheit des militärischen Luftverkehrs gewährleisten und dessen Besonderheiten Rechnung tragen, etwa die besonderen Aufgaben der fliegenden Verbände auch die besonderen Aufgaben der fliegenden Verbände auch in Übungen und Manövern soweit wie möglich wirklichkeitsgetreu und vor allem sicher trainieren zu können.12 Diese Sonderregeln, die unter anderem Mindestflughöhen, Betriebszeiten für Tages- und Nachttiefflug sowie Vorgaben für Fluggeschwindigkeiten und Überschallflüge betreffen, sind im „Militärisches Luftfahrthandbuch“13 festgehalten. Siehe darin im Hinblick auf die durch den Flugbetrieb bedingte Lärmsituation insbesondere: - Militärische Flugbetriebsordnung (ENR 1.1 Absatz 2) mit Regelungen über den Flugbetrieb an Wochenenden und Feiertagen (ENR 1.1-Absatz 2.2) - Regeln über das Verhalten im Luftraum (ENR 1.1. Absatz 3) u.a. zu - Lärmbegrenzungspflicht (Absatz 3.1.2) - Mindestflughöhen (Absatz 3.3.) - Regeln über den Tiefflug (ENR 1.15) mit - Besonderen Bestimmungen für Hubschrauber (ENR 1.15 - 3) Für den Hubschrauberflugbetrieb der Stationierungsstreitkräfte sind ferner folgende vom Bundesministerium der Verteidigung angeordnete Regelwerke zu beachten: - Allgemeine Bestimmungen über den Hubschrauberflugbetrieb an militärischen Hubschrauberflugplätzen in der Bundesrepublik Deutschland vom 6. November 1995 und - Besondere Bestimmungen über den Hubschrauberflugbetrieb an den militärischen Hubschrauberplätzen Ansbach-Katterbach, Erlensee, Illesheim und Wiesbaden-Erbenheim herausgegeben.14 sowie 11 Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz-Kommentar (Stand 2010), § 30 Rn. 28. 12 Vgl. Informationen zum militärischen Flugbetrieb in der Bundeswehr, Stichwort „Ein kleiner Blick in die Bestimmungen “, abrufbar unter: http://www.luftwaffe.de/Service>Die Abteilung Flugbetrieb in der Bundeswehr. 13 Herausgegeben vom Amt für Flugsicherung der Bundeswehr; im Internet abrufbar unter:http://www.mil-aip.de/. 14 Die Bestimmungen sollen dem Interessenausgleich zwischen Einsatzbereitschaft der Streitkräfte und Verringerung des Fluglärms dienen. Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Harald Weinberg, Christine Buchholz, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE vom 9. März 2011, BT-Drs. 17/5004, S. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 216/11 Seite 8 - Ergänzende Regelung zu den „Nachttiefflugbetriebszeiten für die Hubschrauberausbildung mit Nachtsehhilfen in den Sommermonaten in der Bundesrepublik Deutschland“ vom 29. April 2011 3.4. Materielle und formelle Bindung an deutsches Luftverkehrsrecht Gemäß der völkerrechtlich begründeten Maßgaben der Art. II NTS und Art. 57 und 46 ZA-NTS haben sich die Stationierungsstreitkräfte an die innerstaatlichen Vorschriften und Regeln des Militärischen Flugbetriebs zu halten. Allerdings ist es den deutschen Behörden nicht möglich, deren Befolgung durch einseitige Anordnungen durchzusetzen, da es der allgemeine völkerrechtliche Grundsatz der Staatenimmunität, wonach im Einverständnis stationierte Streitkräfte anderer Staaten in verfahrensrechtlicher Sicht der deutschen Hoheitsgewalt entzogen sind, ihnen verwehrt, das Verhalten der Stationierungsstreitkräfte der deutschen Gerichtsbarkeit oder sonstigen deutschen Hoheitsakten zu unterwerfen.15 Konflikte, welche die völkerrechtliche Verpflichtung der Stationierungsstreitkräfte betreffen, sich entsprechend dem Recht des Aufenthaltsstaates zu verhalten, sind deshalb in Erfüllung der in Art. 3 und Art. 53 Abs. (4) ZA-NTS niedergelegten beiderseitigen Pflicht zur Zusammenarbeit16 im Verhandlungswege zu lösen. 4. Folgen rechtlicher Gleichsetzung von militärischem und zivilem Fluglärm für den Flugverkehr Fluglärm ist Gegenstand des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (FluLärmG)17, dessen Zweck es ist, in der Umgebung von Flugplätzen bauliche Nutzungsbeschränkungen und baulichen Schallschutz zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Fluglärm sicherzustellen (§ 1 FluLärmG). Dazu werden in der Umgebung von Flugplätzen Lärmschutzbereiche eingerichtet, die nach dem Maß der Lärmbelastung in Schutzzonen (zwei Schutzzonen für den Tag und eine Schutzzone für die Nacht) gegliedert sind (§ 2 Abs. 1 und 2 FluLärmG). § 4 Abs. 1 FluLärmG enthält eine abschließende Liste für Flugplätze, an denen die Festsetzung eines Lärmschutzbereichs generell erforderlich ist. Hierzu gehören auch bestimmte Militärflugplätze , die dem Betrieb von Flugzeugen dienen (Nrn. 3 und 4). § 4 Abs. 8 FluLärmG sieht für alle übrigen Flugplätze, zu denen auch Hubschrauberstützpunkte gehören18, vor, dass Lärmschutzbereiche festgesetzt werden sollen, wenn der Schutz der Allgemeinheit es erfordert. 15 Vgl. nur Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz, 8. Auflage 2010, § 60 Rn. 15 mit weiteren Nachweisen. 16 Siehe schon Heitmann, Die Benutzung von Liegenschaften durch ausländische Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland, in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1989, S. 432, 425 („Ein Kernstück der Verträge“). 17 Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2550). 18 Siehe dazu , Schallschutzmaßnahmen an Hubschrauberstützpunkten, Ausarbeitung WD 7-3000- 112/09, S. 4 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 216/11 Seite 9 Rechtsfolge der Einrichtung eines Lärmschutzbereichs, dessen Festsetzung durch Rechtsverordnung der Landesregierung erfolgt (§ 4 Abs. 2 Satz 1), ist insbesondere, dass den Eigentümern von in der festgesetzten Schutzzone gelegenen Grundstücken auf der Grundlage von § 9 Absatz 1 bis 3 FluLärmG in Verbindung mit den nach §§ 7 und 9 Absatz 4 Satz 2 FluLärmG erlassenen Rechtsverordnungen19 Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen erstattet werden. Zur Erstattung der Aufwendungen wäre grundsätzlich der Halter des Flugplatzes verpflichtet (§ 12 Abs. 1 FluLärmG). Soweit die auf Grund völkerrechtlicher Verträge in der Bundesrepublik stationierten Streitkräfte Flugplätze benutzen und ein Entsendestaat als Flugplatzhalter zahlungspflichtig ist, steht allerdings die Bundesrepublik für die Zahlungspflicht ein (§ 12 Abs. 2 Satz 1 FluLärmG). Die für die Einrichtung von Fluglärmschutzbereichen derzeit maßgeblichen Werte lassen sich tabellarisch folgendermaßen erfassen:20 neue/wesentl. baulich erweiterte zivile Flugplätze bestehende zivile Flugplätze neue/wesentl. baulich erweiterte militärische Flugplätze bestehende militärische Flugplätze Tag- Schutzzone 1 LAeq Tag = 60 dB(A) LAeq Tag = 65 dB(A) LAeq Tag = 63 dB(A) LAeq Tag = 68 dB(A) Tag- Schutzzone 2 LAeq Tag = 55 dB(A) LAeq Tag = 60 dB(A) LAeq Tag = 58 dB(A) LAeq Tag = 63 dB(A) Nacht- Schutzzone LAeq Nacht = 53 dB(A) LAmax = 6 mal 57 dB(A) innen (bis 31. 12. 2010) LAeq Nacht = 50 dB(A) LAmax = 6 mal 53 dB(A) innen (ab 1. 1. 2011) LAeq Nacht = 55 dB(A) LAmax = 6 mal 57 dB(A) innen LAeq Nacht = 53 dB(A) LAmax = 6 mal 57 dB(A) innen (bis 31. 12. 2010) LAeq Nacht = 50 dB(A) LAmax = 6 mal 53 dB(A) innen (ab 1. 1. 2011) LAeq Nacht = 55 dB(A) LAmax = 6 mal 57 dB(A) innen Militärische Flughäfen werden somit nach geltender Gesetzeslage sowohl beim Neu- und Ausbau wie auch im Bestand gegenüber zivilen Flughäfen durch erhöhte Schutzzonenwerte begünstigt.21 Im Koalitionsvertrag für die laufende Wahlperiode haben sich die Regierungsparteien allerdings darauf verständigt, das FluLärmG so zu ändern, dass Anwohner von Militärflughäfen bei den gleichen Grenzwerten Anspruch auf Erstattung von Lärmschutzkosten haben wie an Verkehrsflughäfen .22 Nach Angaben der Bundesregierung ist die dem Koalitionsvertrag zu entnehmende 19 Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (Flugplatz- Schallschutzmaßnahmenverordnung – 2. FlugLSV) vom 8. September 2009 (BGBl. I S. 2992). 20 Tabelle übernommen von Koch/Braun, Aktuelle Entwicklungen des Immissionsschutzrechts, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2010, S. 1271 (1277). 21 Koch/Braun (Fn. 21), S. 1277. 22 „Wachstum. Bildung. Zusammenhalt.“ Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP - 17. Legislaturperiode vom 26. Oktober 2009, S. 32. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 216/11 Seite 10 Ankündigung nicht dahingehend zu verstehen, dass eine generelle rechtliche Gleichstellung von Verkehrs- und Militärflughäfen erfolgen solle.23 Jedenfalls wird vorliegend davon ausgegangen, dass die Koalitionspartner nicht nur Zivil- und Militär-„Flughäfen“ im engeren Sinne (§ 4 Abs.1 FluLärmG), sondern sämtliche Flugplätze, die in § 4 Abs. 8 FluLärmG angesprochenen, im Auge haben. Die mit dem Vorhaben verbundene Anpassung der Schutzzonenwerte für Militärflugplätze an diejenigen für Zivilflugplätze hätte allerdings lediglich Auswirkungen auf den vom Fluglärmschutzgesetz geregelten Lebensbereich der städtebaulichen Gebote, Verbote und Ansprüche. Die geltende Rechtslage für den Luftverkehr wird dadurch nicht berührt. 5. Möglichkeiten legislativer Regelung von Flugbewegungen in Deutschland stationierter ausländischer Streitkräfte Der Bund hat gemäß Art. 73 Nr. 6 Grundgesetz (GG)24 die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den gesamten Luftverkehr. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erlässt gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 LuftVG mit Zustimmung des Bundesrates die zur Durchführung des LuftVG und von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft notwendigen Rechtsverordnungen über das Verhalten im Luftraum und am Boden, insbesondere Flugvorbereitungen, Verhalten bei Start und Landung, die Benutzung von Flughäfen. Das Bundesministerium der Verteidigung und die Dienststellen der Bundeswehr haben gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 LuftVG die luftverkehrsrechtliche Verwaltungszuständigkeit für den Dienstbereich der Bundeswehr und nach Maßgabe der Stationierungsverträge für denjenigen der Stationierungsstreitkräfte. Im Rahmen der genannten Zuständigkeiten haben Bundesgesetzgeber, Verordnungsgeber und die für den militärischen Flugbetrieb zuständigen Luftfahrtbehörden im jeweiligen Regelungsbereich die Befugnis, die Rahmenbedingungen für die Benutzung des Luftraums zu militärischen Zwecken auszugestalten und geltende Vorschriften oder Verwaltungsbestimmungen anzupassen oder zu ändern. Sobald sie aber von der jeweiligen Befugnis Gebrauch machen wollen, sind sie gemäß Art. 46 Abs. (2) Satz 2 und 3 ZA-NTS angehalten, rechtzeitig mit den Behörden der Entsendestaaten Erörterungen über die vorgesehenen Änderungen aufzunehmen. Die Vertragsparteien bedienen sich der in diesem Bereich zuständigen Organisationen, um solche Änderungen zu erörtern. 23 Siehe die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Harald Weinberg, Christine Buchholz, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE vom 9. März 2011, BT-Drs. 17/5004, S. 3. 24 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. I S.1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 29. Juni 2009 (BGBl. I S. 2248).