© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 213/15 Gemeinnütziger Wohnungsbau in EU-Mitgliedstaaten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 2 Gemeinnütziger Wohnungsbau in EU-Mitgliedstaaten Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 213/15 Abschluss der Arbeit: 06. Januar 2016 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Wohnungsgemeinnützigkeit in Deutschland 5 3. Dänemark 5 4. Estland 6 5. Finnland 6 6. Frankreich 7 7. Griechenland 8 8. Großbritannien 8 9. Lettland 9 10. Litauen 9 11. Niederlande 9 12. Österreich 10 13. Polen 10 14. Portugal 10 15. Rumänien 11 16. Schweden 12 17. Slowenien 12 18. Slowakei 13 19. Spanien 13 20. Tschechien 13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 4 21. Ungarn 14 22. Fazit 14 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 5 1. Einleitung Diesem Sachstand liegt die Frage zugrunde, ob es in anderen EU-Mitgliedstaaten ein funktionierendes Modell der Wohnungsgemeinnützigkeit bzw. des gemeinnützigen Wohnungsbaus, ähnlich wie dem in Deutschland, gibt. Dazu wurde diese Frage über die EZPWD an die Mitgliedsländer der EU gestellt. Antworten kamen aus neunzehn Ländern, die im Folgenden, teilweise zusammengefasst, wiedergegeben sind. 2. Wohnungsgemeinnützigkeit in Deutschland Zu den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen zählt man Unternehmen und Genossenschaften, deren Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, breite Bevölkerungskreise beziehungsweise mittlere und niedrigere Einkommensschichten mit bezahlbarem Wohnungsraum zu versorgen. Für diese Unternehmensform ist nicht der erwerbswirtschaftliche Gewinn Zweck der Geschäftstätigkeit , sondern Mittel zum Zweck, um über die Selbstfinanzierung Investitionen durchführen zu können. Die Unternehmen sind an Gewinnverzicht, Zweckbindung der Mittel und bedarfs- und bedürftigkeitsdeckende Bauverpflichtung gebunden. Dafür erhalten sie Steuerbegünstigungen und Steuerbefreiungen , zinsgünstige oder zinslose Kapitaldarlehen, befristete Zins- oder Aufwendungszuschüsse und Gebührenbefreiuung oder Ermäßigung für z.B. notarielle Handlungen. Geregelt wurde der gemeinnützige Wohnungsbau durch das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), welches durch das Steuerreformgesetz 1990 aufgehoben wurde. 3. Dänemark Die zwei wichtigsten gesetzliche Regelungen im Bereich des sozialen Wohnungsbausektors sind der Consolidation Act on Social Housing und der Consolidation Act on the Rent of Social Dwellings. Das „Soziale Wohnungswesen“ gliedert sich in drei verschiedene Arten von Wohnungen: Sozialwohnungen für Familien, für Senioren und für junge Menschen. Die Sozialwohnungen werden von Sozialwohnbaugenossenschaften entwickelt und betrieben. Sozialwohnungen für Senioren werden jedoch von einzelnen Gemeinden, Regierungsbezirken oder unabhängigen Genossenschaften betrieben. Etwa 20 % des gesamten Wohnungsbestandes in Dänemark sind Sozialwohnungen. Die Wohnbaugesellschaften unterliegen der kommunalen Aufsicht. Im Lauf der Jahre hat sich das Sozialwohnungsbauwesen auf unterschiedliche Weise finanziert und die Höhe der staatlichen und kommunalen Förderungen sowie die Höhe der Mieteinnahmen variierte. Eine Gemeinsamkeit ist jedoch, dass die Gemeinden beides – eine Direktbeihilfe als auch Subventionen zur Darlehenstilgung stellten. Seit dem Jahr 2008 wurden die Erwerbskosten für Sozialwohnungen, bei denen sich die Gemeindevertretungen verpflichtet haben, einen Zuschuss für Darlehensrückzahlung zu gewähren, wie folgt finanziert: - Einnahmen aus Mietverträgen: 2 % Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 6 - Grundkapital der Gemeinde: 14 % - Hypothekenkredit: 84 % Bezüglich der Sozialwohnungen für junge Menschen werden weitere Zuschüsse gewährt, um eine möglichst geringe Miete zu gewähren. Für die Versorgungsgebiete, in denen Sozialwohnungen für Senioren geschaffen worden sind, werden staatliche Zuschüsse in Höhe von bis zu 40.000 DK pro Wohnung gewährt, maximal jedoch in Höhe von 60 % des Erwerbspreises. 4. Estland Estland hat kein vergleichbares Modell der Wohnungsgemeinnützigkeit. 5. Finnland Das Housing Finance and Development Centre of Finland (ARA) spielt eine zentrale Rolle für die Umsetzung der staatlichen Wohnungspolitik in Finnland. ARA gewährt Subventionen, bewilligt, kontrolliert und überwacht die Verwendung des Wohnungsbestands. Eine von ARA`s Aufgaben ist die Ernennung von gemeinnützigen Organisationen, die ohne Gewinnerzielungsabsicht Mietobjekte anschaffen oder in Betrieb nehmen, um sie auf gemeinnütziger Basis zu vermieten. Jede Gesellschaft oder andere Vereinigung, die in Finnland tätig ist kann ARA darum ersuchen, sie zu einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft zu ernennen. Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften müssen die im Act on Interest Subsidies for Rental Housing and Right-of Occupancy Building Loans und dem Arava Act vorgeschriebenen Kriterien erfüllen, die Folgendes betreffen: - Den Gewerbezweig der Institution - Das Mieterbewerbungsverfahren - Die Gewinnrealisierung der Institution - Die Übergabe der Wohnungen ohne Einschränkungen - Die Vereinbarungen, anlehnend an institutionelle Strukturen und die Eigentumsverhältnisse der Wohnungen - Die Risikobereitschaft und - Gewährung von Krediten und Bürgschaften Aktien und andere Beteiligungsrechte gemeinnütziger Wohnungsbaugesellschaften (ca. 540 in Finnland) dürfen nicht öffentlich gehandelt werden. Zudem überwacht ARA die von ihr ernannten gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften, um sicherzustellen, dass sie ihre gesetzlichen Anforderungen erfüllen und im Einklang mit ihnen handeln. Die Überwachung konzentriert sich auf die Prüfung der Eckdaten, jährliche Berichte und zugehörige Abschlüsse, die durch die Gesellschaften eingereicht werden. Mietshäuser, die mit Hilfe staatlicher Fördermittel gebaut worden sind, gehören gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften, den Gemeinden und anderen öffentlichen Körperschaften. Die Verwendung , Auswahl der Mieter und Festsetzung der Miete der ARA-Häuser sind beschränkt und ARA kontrolliert und überwacht die Einhaltung dieser Einschränkungen. Soziale Aspekte bestimmen Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 7 die Auswahl der Mieter der durch ARA-Kredite finanzierten Wohnungen: Es sollen Menschen bevorzugt werden, die unvermögend sind, ein geringes Einkommen haben und besonders dringend eine Wohnung brauchen. Die Miete bestimmt sich nach der Vollkostenrechnung, z.B. darf die Miete nur die Investitionskosten des Gebäudes, die Hausverwaltung und die Instandsetzungskosten decken. Die Vermittlung dieser Wohnungen wird durch Gesetz geregelt. 6. Frankreich Frankreich definiert Sozialwohnungen als Wohnungen, welche der Institution HLM ((Habitation à loyer modéré = Sozialwohnung) oder einem anderen Vermieter von Sozialwohnungen (z.B. Wohnungen im Besitz von gemischtwirtschaftlichen Immobiliengesellschaften (SEM – Sociétés immobilières d’économie mixte) gehören und die der Gesetzgebung über die HLM unterworfen sind im Hinblick auf ihre Mietfestsetzung sowie Wohnungen außerhalb des Anwendungsbereiches von HLM, die aber eine HLM Miete verlangen. Vermieter von Sozialwohnungen (Bailleurs sociaux) sind in Frankreich juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts. Es gibt einmal öffentliche Anstalten (OPH - Les offices publics de l’habitat) wie z.B. Wohnungsbauämter, die von einem Verwaltungsrat geleitet werden. Die bedeutendste OHP ist die OHP de Paris, auch Paris Habitat genannt, mit 120 000 Wohnungen. Dann gibt es noch private gemeinnützige Unternehmen für sozialen Wohnungsbau (ESH - Entreprises sociales pour l’habitat) deren Kapital von privaten oder öffentlichen juristischen Personen gehalten werden kann. Sie müssen einen Mehrheitsaktionär (oder Referenzaktionär) haben. Die Mieter sind ebenfalls Aktionäre. Die bedeutendste ESH ist die Gesellschaft „Groupe 3F“, die nahezu 200 000 Wohnungen zählt. Es gibt drei unterschiedliche Arten von Sozialwohnungen: - Sozialwohnungen, die von einer öffentlichen oder privaten Einrichtung gebaut und verwaltet werden (HLM), - staatlich geförderte Wohnungen oder Vertragswohnungen, die von privaten Unternehmen gebaut und gelegentlich verwaltet werden, - Wohnungsgenossenschaften, deren Bildung von öffentlichen Hand unterstützt wird. Das soziale Wohnungswesen in Frankreich deckt sehr unterschiedliche Sachverhalte ab: Großwohnanlagen (grands ensembles), kleine Gemeinschaften (petit collectif), Einzelwohnungen im Gemeineigentum, etc. Sie werden aus vier Quellen finanziert: Der Staat finanziert - durch Zuschuss aufgrund der sozialen Bestimmung des Projekts (Mörtel(bei)hilfe), - Steuerbefreiungen, vor allem von der Grundabgabe auf bebaute Grundstücke, - ermäßigter Mehrwertsteuersatz, - Zahlung von Wohngeld (diese wird direkt an den Vermieter geleistet). Territoriale Gemeinschaften können zum Wohnungsunternehmen beitragen durch: - Bewilligung von Subventionen, ergänzend zu den staatlichen Unterstützungen, Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 8 - Grundübertragungen zu niedrigeren Preisen als zu Marktpreisen, - Umsetzung von Erbpachtverträgen, - direkte Subventrionen an die eigenen OPH. 1% Wohnungen (1% logement): - ein paritätischen System, das 1943 gegründet wurde. Arbeitgeber aus industriellen oder kaufmännischen Tätigkeiten mit mindestens 20 Arbeitnehmern müssen für ihre Arbeitnehmer mindestens 1% der Lohnmenge aufwenden. Die Beiträge erlauben Investitionen für die Reservierung von Wohnungen oder der Finanzierung von Krediten/ Darlehen. Dispositen- und Hinterlegungskasse (La caisse des dépôts et consignations): - ein historischer Finanzierer von Sozialwohnungen. Die Finanzierung erfolgt durch Kredite /Darlehen, deren Zinsen deutlich unter denjenigen des Marktes liegen, welche sie dank ihrer Stellung als Verwalterin der Mittel der Sparkassen an die Sozialvermieter vergibt. 7. Griechenland In Griechenland gibt es gegenwärtig keine gemeinnützigen Wohnungsunternehmen. 8. Großbritannien Der Begriff der Wohnungsbaugesellschaft bezieht sich in Großbritannien auf unabhängige, gemeinnützige Einrichtungen, die Sozialwohnungen bereitstellen. Gegenwärtig bauen oder betreuen sie den Großteil der erschwinglichen Wohnungen im Land. Es gibt ca. 1800 registrierte Anbieter von Sozialwohnungen in Großbritannien, wovon etwa 1550 Wohnungsbaugesellschaften sind. Die Wohnungsbaugesellschaften unterscheiden sich in Größe (von weniger als 10 Wohnungen bis über 50.000), ihrer Rechtsform und ob sie als Wohltätigkeitsgesellschaft organisiert sind oder nicht. Die registrierten Wohnungsbaugesellschaften können über die Homes and Communities Agency, eine von der britischen Regierung unabhängige Organisation, staatliche Fördermittel bekommen. Andere Finanzierungsquellen für Wohnungsbaugesellschaften können auch Privatfinanzierung, Mieteinnahmen oder Einnahmen aus anderen Geschäftstätigkeiten (wie dem Bau und dem Verkauf der Wohnungen zu Marktpreisen) sein. Die registrierten Anbieter der Sozialwohnungen, die Wohnungsbaugesellschaften inbegriffen, werden durch ein Komitee der Home and Communities Agency reguliert. Die Vielzahl der behördlichen Richtlinien legt die Erwartungen an die Anbieter dar. Es gibt drei wirtschaftliche Richtlinien (Governance and Financial Viability Standard, Value for Money Standard, Rent Standard ) und vier Verbraucherschutzrichtlinien (Tenant Involvement and Empowerment Standard, Home Standard, Tenancy Standard, Neighbourhood and Community Standard). Weitere Informationen zu der Regulierung von Wohnungsbaugesellschaften sind in der Anleitung verfügbar, welche von der Home and Communities Agency veröffentlicht worden ist: A guide to regulation of registered providers. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 9 9. Lettland Sozialer Wohnungsbau ist in Lettland im Law on social apartments and social housing geregelt. Er ist als Eigentum in Selbstverwaltung festgelegt. Die Unterhaltskosten finanzieren sich aus dem Budget der Verwaltung, staatlichen Geldern, Mieteinnahmen und sonstiger Quellen. Es gibt keine gemeinnützigen sozialen Wohnungsbaugesellschaften in Lettland. 10. Litauen In Litauen ist es gängige Praxis, dass die einzelnen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern Privateigentümern und nicht einer Wohnungsbaugesellschaft gehören. Es gibt zwei Arten von Wohnungsbaugesellschaften: 1) Gesellschaften zum Bau von Mehrfamilienwohnhäusern, 2) Eigentümergemeinschaften von Mehrfamilienwohnhäusern. Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften gibt es in Litauen nicht. 11. Niederlande Im Jahr 2014 führte das niederländische Repräsentantenhaus eine parlamentarische Untersuchung zu dem Thema „Wohnungsbaugesellschaften und ihre Politik“ durch. Unmittelbarer Beweggrund dieser Untersuchung waren Vorfälle finanzieller Natur, bei denen mehrere Wohnungsbaugesellschaften Millionen bei fragwürdigen Investitionen in Derivate und Immobilienprojekte verloren haben. Dies war der Tatsache geschuldet, dass sie ihre Haupttätigkeit, nämlich die Schaffung erschwinglichen Wohnraums für einkommensschwache Gruppen, aus den Augen verloren haben. Zusammen mit dieser Untersuchung hat die niederländische Regierung daher die entsprechenden Gesetze geändert, um die Überwachung der Wohnungsbaugesellschaften zu verbessern und zu verstärken. Konkret geschah dies durch die Änderung des sogenannten "Woningwet '' (Housing Act, Kunst 60 – 61 Ib) und die Einführung des neuen " Regeling toegelaten instellingen Volkshuisvesting 2015 "(wörtlich:" Verordnung, die Institutionen den sozialen Wohnungsbau erlaubt"). Diese Regelung ersetzt eine vorläufige Regelung vom 1. Juli 2015. Die Lage in Deutschland und den Niederlanden bezüglich der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften ist vergleichbar. Wie in Deutschland definiert man Wohnungsbaugesellschaften als Unternehmen und Genossenschaften, die im Fokus ihrer Tätigkeit die Bereitstellung erschwinglichen Wohnraums für einkommensschwache Gesellschaftsgruppen haben (Housing Act. Art. 47 – 48). Die Vorfälle, die Ursache der parlamentarischen Untersuchung waren, führten zu einer Verschärfung der Rechtsvorschriften über die Finanzverwaltung der Wohnungsbaugesellschaften. Gemäß Art. 55a Housing Act müssen die Wohnungsgesellschaften eine Finanzverwaltung aufstellen, um ihre finanzielle Kontinuität zu wahren. Um dies umzusetzen, muss jede Wohnungsbaugesellschaft eine Verordnung verfassen, in der angegeben ist, welche bezahlbaren finanziellen Risiken es für die Gesellschaft gibt und welche Strategie sie verfolgen wird, sollte die finanzielle Kontinuität in Gefahr sein. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 10 Die Verordnung erlaubt die Gründung sozialer Wohnungsbaugesellschaften und beinhaltet zusätzliche Bestimmungen auf Grundlage des Inhalts von Art. 41 Housing Act. 12. Österreich Die rechtlichen Rahmenbedingungen des gemeinnützigen Wohnbaus sind in Österreich grundsätzlich mit jenen in Deutschland vergleichbar. Das zuständige Bundesministerium für Wissenschaft , Forschung und Wirtschaft verweist in diesem Zusammenhang auf die Studie des Kommunalwissenschaftlichen Dokumentationszentrums, die wir als Anlage 1 weiterleiten. 13. Polen In Polen gibt es gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften (towarzystwa budownicta spolecznego , TBS), die als gemeinnützige Einrichtungen durch die Verordnung Act on Selected Forms of Housing Support von 1995 geregelt werden. Die TBS-Wohnungsbaugesellschaften können folgende Rechtsformen annehmen: - Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) - Aktiengesellschaft (AG) - Zusammenschluss mehrerer juristischer Personen Die meisten dieser Gesellschaften stehen im Mit- oder Alleineigentum der Gemeinden. Gründungszweck der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften ist der Bau und die Vermietung von günstigen Wohnungen für Menschen, deren Einkommen zwar so weit über dem gesetzlichen Grenzwert liegt, dass sie keine Sozialhilfeleistungen beziehen dürfen, ihre finanziellen Mittel jedoch dennoch nicht ausreichen, um einen Baukredit aufzunehmen. Die Gesellschaften, die Nutznießer des TBS-Programms sind, sind verpflichtet alle zwei Jahre eine Erfolgsrechnung zu erstellen. Die jährliche Miete darf nicht höher als 4 Prozent des Wiederbeschaffungswertes der Wohnung sein. Praktisch bedeutet dies, dass die von der TBS geforderte Wohnungsmiete bei 50 bis 70 Prozent der marktüblichen Wohnungsmiete liegt. Die derzeitige staatliche Regelung erlaubt eine Förderung der TBS durch zinsgünstige Darlehen der im Alleineigentum des Staates stehenden Bank Gospodarstwa Krajowego (BGK). Gegenwärtig bestehen 242 solcher gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften in Polen, die seit 1996 bereits um die 100.000 Wohnungen gebaut haben. 14. Portugal Gemäß der portugiesischen rechtlichen Bestimmungen werden gemeinnützige Wohnbaugesellschaften als solche definiert, die sich als Hauptziel die Förderung, den Bau oder Erwerb von Wohnhäusern für Wohnungen ihrer Mitglieder als auch deren Wartung, Instandhaltung und Umbau gesetzt haben. Daneben sollen sie auch bei der Verbesserung der Wohnqualität der Wohnungen mitwirken, die Versorgung der Umgebung der Bauprojekte, für die sie verantwortlich sind, einschließlich der Naherholungsgebiete und die fortlaufende Instandhaltung des guten Zustands der Wohnhäuser sicherstellen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 11 Rechte und Pflichten der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften werden im Executive-Law No. 502/99 of 19 November geregelt. Dieses setzt einen rechtlichen Rahmen für Wohnungsbaugesellschaften und die Baubranche an sich fest und ersetzt durch die Änderung des Executive-Law No. 76-A/2006 of March 29 die Verordnung Executive-Law No. 218/82 of 2 June. Durch diese Rechtsverordnung soll ein besseres und anpassungsfähigeres Verwaltungsmodell für Aktiengesellschaften sichergestellt werden, in dem eine Vereinfachung bzw. Aufhebung der notariellen Beurkundungspflicht , des Verfahrens sowie der Zulassung aufgenommen und ein neuer Rechtsrahmen für die Auflösung und Abwicklung von Wirtschaftsgesellschaften zugelassen wird. 15. Rumänien In Rumänien ist gem. des Gesetzes Nr. 152 vom 15. Juli 1998 die Nationale Behörde für Wohnungsbau (Agentia Nationala pentru Locuinte – ANL) für den sozialen Wohnungsbau zuständig. Die Regelungen dazu stehen im Gesetz Nr. 152 vom 15. Juli 1998 im Kapitel 1 Allgemeine Vorschriften. Art. 1 (1) Für die Entwicklung des Wohnungsbaus auf nationaler Ebene wird die nationale Behörde für Wohnungsbau (ANL) unter der Aufsicht des Ministeriums für Regionalentwicklung und öffentliche Verwaltung eingerichtet. (2) Die ANL ist eine gemeinnützige und finanziell unabhängige Rechtskörperschaft , die Finanzierungsquellen auf dem Gebiet des Wohnungsbaus koordiniert. (4) Innerhalb der Struktur der Investitionsausgaben, die in Abs. (1) lit. c und e) vorgesehen sind, werden 5 % des Kontingents verwendet für: a) das Erreichen der notwendigen Finanzstruktur, die Vergabe von Bauprojekten, die Vergabe und Überwachung der Ausführungsarbeiten für die Regierungsprogramme , die in Abs. (1) lit. c) vorgesehen sind; (6 (1) Die regionalen und/ oder zentralen öffentlichen Verwaltungsstellen sind für die Umsetzung der Wohnungsbauprogramme, die auf Anforderung der vier in Abs. 1 lit. c) erwähnten Stellen ausgeführt werden, auf der Ebene der Verwaltungs- und Gebietseinheit zuständig. Art. 6 (1) Die Mittel der ANL werden auf Konten, die auf den Namen dieser Behörde laufen, vorgehalten und können stammen aus: a) Zuwendungen aus dem Budget des Staatshaushaltes und/oder des kommunalen Haushaltes; b) Geldbeträgen, die aus Ratenzahlungen und Kreditzinsen, die aus den Mitteln der Behörde gewährt worden sind, stammen; c) Erlösen aus dem Verkauf der nach in Art. 2 Abs. (1) lit. c) gebauten Wohnungen an junge Menschen, die auf das, bei der Staatskasse errichtete Konto der ANL überwiesen werden; Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 12 c (1) Einnahmen aus den Mieterlösen abzüglich der Investitionskosten, berechnet nach der standarisierten Lebensdauer des Gebäudes d) Einnahmen aus verschiedenen ausgeführten (Dienst-)Leistungen zur Förderung und Entwicklung, sowohl der Investitionsprogramme auf dem Gebiet des Wohnungsbaus auf regionaler und staatlicher Ebene als auch solcher im privaten Sektor; e) Einnahmen aus Anlagen eigener wie auch anderer Finanzmittel in Staatsanleihen und Bankeinlagen; f) Spenden in- und ausländischer natürlicher wie auch juristischer Personen; g) Mittel aus Erfüllung von Gewährleistungsansprüchen aus allen von ANL unterzeichneten Verträgen g (1) Einnahmen aus Verzugszinsen h) gesetzlich festgesetzten Mitteln 16. Schweden Streng genommen gibt es kein Modell der Wohnungsgemeinnützigkeit/des gemeinnützigen Wohnungsbaus in Schweden. Der kommunale soziale Wohnungssektor ("allmännyttan") erlaubt die Zahlung einer Dividende von den Wohnungsbauunternehmen an die Eigentümer, und seit 2012 schreibt ein neues Gesetz vor, dass diese Wohnungsbauunternehmen kommerziell ausgerichtet sein müssen. Gleichzeitig wird der kommunale soziale Wohnungssektor in Schweden aber als das schwedische Modell der Wohnungsgemeinnützigkeit angesehen, das den sozialen Wohnungsbau, den gemeinnützigen Wohnungsbau und den Bau von Genossenschaftswohnungen einschließt. Historisch gesehen, wird der öffentliche Wohnungsbau in Schweden als gemeinnütziger Wohnungsbau bezeichnet. 17. Slowenien In Slowenien wird der Bereich des gemeinnützigen Wohnungsbaus durch den Housing Act und die Rules on the Rental of Non-Profit Apartments geregelt. Die zuständigen Institutionen für die Umsetzung der Wohnungspolitik auf nationaler Ebene in Slowenien sind vor allem der Wohnungsfonds der Republik Slowenien, die Vermessungs- und Kartierungsbehörde der Republik Slowenien, der Eco Fund und den zuständigen Kontrollorgane der Wohn- und Steueraufsicht. Auf lokaler Ebene sind die Gemeinden, die örtlichen Wohnungsfonds und die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften diejenigen, welche die Wohnungspolitik im öffentlichen Interesse umsetzen. Der Wohnungsfonds der Republik Slowenien wurde in erster Linie gegründet, um den Bau von gemeinnützigen Wohnhäusern zu fördern und stellt, gemeinsam mit den lokalen Gemeinden, eine wichtige Finanzierungsquelle für den Wohnungsbau dar. Die kommunalen Sozialwohnungsfonds werden von den Kommunen errichtet, um die Entwicklung der Wohnungsbau-Infrastruktur und die Umsetzung der örtlichen Entwicklungsprogramme zu fördern. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 13 Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften agieren als eine Art Bindeglied zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor. Nach den Vorschriften der Specific Operating Conditions of Non-profit Housing Organisations sind gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften juristische Personen, die den Bestand der eigenen gemeinnützigen Wohnungen oder für Rechnung der Eigentümer der Wohnungen auf der Grundlage von für eine Mindestlaufzeit von 50 Jahren abgeschlossenen Einzelverträge verwalten. Auf die gleiche Weise verfügen sie auch über bebautes oder freies Bauland für Wohnzwecke. Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften werden gegründet, um das öffentliche Interesse im Wohnungsbausektor zu gewährleisten. Daher genießen sie gewisse Vorteile gemäß des Housing Act und der nationalen und kommunalen Wohnungsbauprogramme zur Errichtung und Verwaltung solcher gemeinnützigen Wohnungsbauvorhaben. Eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft muss den Nettogewinn, der sich aus der jährlichen Gewinn- und Verlustrechnung errechnet , vollständig für den Kauf, Bau, Renovierung, Umbau und Wartung von Wohnungen ausgegeben , von denen mindestens 70% gemeinnützige Wohnungen sein müssen. Die Miete für Wohnungen gemeinnütziger Wohnungsbaugesellschaften wird nach den Regeln der Methodik zur Ermittlung der Mieten gemeinnütziger Wohnungen bestimmt (Quelle: PISRS). 18. Slowakei In der Slowakei gibt es keine vergleichbaren Regelungen. 19. Spanien In Spanien gibt es keine vergleichbaren Regelungen des sozialen Wohnungsbaus, obgleich manche Wohnungsgenossenschaften ähnlich geregelt sind. Diese Genossenschaften sind in dem besonderen Gesetz der Autonomen Gemeinschaften geregelt. 20. Tschechien Derzeitig gibt es in der Tschechischen Republik keine gesetzliche Regelung zum sozialen Wohnungsbau bzw. zu gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften. Vor kurzem hat die Regierung eine Verordnung zum sozialen Wohnungsbau Social Housing Concept of the Chech Republic für die Jahre 2015 bis 2025 verabschiedet. Das dem zugrundeliegende Konzept geht von der Annahme einer neuen Legalisierung zur Regelung des sozialen Wohnungsbaus aus. Es wird zwischen drei verschiedenen Wohnungstypen : - die „Krisen-Unterbringung“ (crisis housing) - die „Sozialwohnung“ (social house) - die „verfügbare Wohnung“ (available house) Dabei sollen die „verfügbaren Wohnungen“ eine alternative Wohnmöglichkeit für Menschen mit geringem Einkommen, wie Rentnern, Familien, Alleinerziehenden, Behinderten oder Opfern von häuslicher Gewalt bieten. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 213/15 Seite 14 Das Konzept erfasst auch die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften. Ihre Aufgaben sind jedoch nur sehr allgemein - als Anbieter von Sozialwohnungen umrissen, Details werden mit dem neuen Gesetz zum Sozialwohnungsbau festgesetzt. 21. Ungarn In Ungarn gibt es schon seit langem Wohnbaugenossenschaften, die als juristische Person gegründet werden, um Wohnhäuser zu bauen bzw. zu verwalten. Sie sind als gemeinnützige Genossenschaft organisiert und betreiben ihre Tätigkeiten zu ihrem eigenen Nutzen und Vorteil, dem ihrer Mitglieder und anderer Eigentümer. Ihr wichtigstes Ziel liegt nicht im Gewinnzuwachs, sondern in der Darbringung ihrer Dienstleistungen zu einem günstigen Preis. Im Gegensatz zu dem deutschen Modell liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit der ungarischen Wohnungsbaugenossenschaften nicht auf den Bau von Wohnungen für Menschen mit einem geringen Einkommen, sondern auf dem Wohnungsbau im Allgemeinen. Seit Kurzem wird über einen Lösungsvorschlag der Experten aus der Wohnungswirtschaft, wie man Menschen mit besonderen Schwierigkeiten oder mit geringem Einkommen helfen kann, diskutiert . Der Lösungsvorschlag geht von der Errichtung sogenannter „Sozialer Mietwohnungsagenturen “ (social rental agencies)aus, die die Nachfrage der Menschen mit geringem Einkommen nach Wohnungen mit dem Angebot an leerstehenden Wohnungen privater Eigentümer abgleichen könnten. Diese Agenturen könnten durch staatliche Subventionen betrieben und teilweise finanziert werden. 22. Fazit Wohnungsgemeinnützigkeit und sozialer Wohnungsbau gibt es in den meisten der EU-Mitgliedstaaten . Allerdings sind sie in allen Ländern unterschiedlich definiert, geregelt und finanziert. Gemeinsam sind in vielen Staaten die Gewährung von staatlichen Zuschüssen und Krediten/Darlehen mit günstigen Zinsen sowie der geringe Mietpreis, der nur zu Deckung der Kosten und nicht der Gewinnerzielung dient. - Ende der Bearbeitung -