© 2014 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 208/14 Berücksichtigung bieterbezogener Qualitätskriterien bei der Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 2 Berücksichtigung bieterbezogener Qualitätskriterien bei der Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen Verfasser: Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 208/14 Abschluss der Arbeit: 9. Oktober 2014 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Rechtsquellen und vergaberechtliches Kaskadenprinzip 4 3. Europarechtliche Regelungen zur Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen 5 3.1. Europarechtliche Grundlagen des derzeit geltenden nationalen Vergaberechts 5 3.2. Zukünftiger Richtlinienrahmen für die Vergabe öffentlicher Aufträge 6 4. Nationales Vergaberecht 7 4.1. Erste Stufe: Parlamentsgesetz 7 4.1.1. Allgemeine Grundsätze des Vergabeverfahrens öffentlicher Aufträge 7 4.1.2. Eignungsfeststellung gemäß § 97 Absatz 4 GWB 8 4.1.3. Das wirtschaftlichste Angebot als maßgebliches Zuschlagskriterium 8 4.1.4. Preis und Qualität als maßgebliche Leistungskriterien 8 4.1.5. Ermächtigungsgrundlage des § 97 Absatz 6 GWB 8 4.2. Zweite Stufe: Rechtsverordnung – VgV 9 4.2.1. Anwendungsbereich der VgV 9 4.2.2. Höhe der Schwellenwerte 10 4.2.3. Bedeutung der Schwellenwerte 11 4.2.4. Vergabe von Dienstleistungsaufträgen der Arbeits- und Arbeitskräftevermittlung 11 4.2.5. Ergänzung des § 4 Absatz 2 VgV im Wortlaut 11 4.2.6. Zwingender Verweis auf Vorschriften der VOL/A 12 4.2.7. Auswirkungen der Ergänzung des § 4 Absatz 2 VgV 12 4.3. Dritte Stufe: Vergabe- und Vertragsordnungen – VOL/A 13 4.3.1. Vergabeverfahren unterhalb der EU-Schwellenwerte 13 4.3.2. Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte 14 5. Fazit 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 4 1. Fragestellung Seit einiger Zeit sind Verfahrensmängel bei der Vergabe von Beratungsleistungen durch die Bundesagentur für Arbeit Thema intensiver Debatte. In den Jahren 2011 und 2012 waren zahlreiche Verfahren bei den Vergabekammern des Bundes bezüglich der Ausschreibungen der Bundesagentur für Arbeit anhängig. So waren im Jahr 2011 20 Prozent und im Jahr 2012 elf Prozent aller Nachprüfungsverfahren gegen Vergabeverfahren der Bundesagentur für Arbeit gerichtet1. Bereits im Jahr 2009 richtete die Bundesagentur für Arbeit auf Empfehlung des Bundesrechnungshofs ein Vergabegremium mit dem Ziel der dauerhaften Beseitigung von Schwächen des Vergabeverfahrens ein2. Die vergaberechtlichen Bestimmungen bei Ausschreibungen durch die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der Beschaffung sozialer Dienstleistungen von Dritten – beispielswiese von Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitssuchende – sind in der jüngeren Vergangenheit modifiziert worden . Gegenstand des vorliegenden Sachstands ist die Fragestellung, inwiefern der Preis beziehungsweise die Qualität des Bieters bei der Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen durch die Bundesagentur Arbeit zu berücksichtigen sind. 2. Rechtsquellen und vergaberechtliches Kaskadenprinzip Die Regelungen, welche die Kriterien zur Berücksichtigung des Preises beziehungsweise der Qualität des Bieters bei der Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen durch die Bundesagentur als öffentlichem Auftraggeber des Bundes zum Gegenstand haben, speisen sich aus verschiedenen Rechtsquellen. Von besonderer Wichtigkeit ist das europäische Sekundärrecht in Form von Richtlinien, die im Folgenden unter Punkt 3. besprochen werden. Auf nationaler Ebene ergeben sich die Anwendungsregeln für die Vergabetätigkeit der Bundesagentur für Arbeit aus Parlamentsgesetzen und Verordnungen auf bundesrechtlicher Ebene sowie aus bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschriften . Diese sind Teil des kaskadenartigen Regelungsapparats des deutschen Vergaberechts. In diesem Aufbau steht auf erster Stufe das GWB als Parlamentsgesetz. Auf zweiter Stufe folgt als 1 BT-Drucks. 17/13675, S. 118. 2 Bemerkungen des Bundesrechnungshofs Nummer 79, 2009: „Bundesagentur will Mängel bei der Vergabe von Beratungsleistungen beseitigen“, abrufbar unter: http://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen /bemerkungen-jahresberichte/2009/teil-iii-sonstige-pruefungs-und-beratungsergebnisse/bundesagentur-fuerarbeit /2009-bemerkungen-nr-79-bundesagentur-fuer-arbeit-will-maengel-bei-der-vergabe-von-beratungsleistungen -beseitigen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 5 Rechtsverordnung die von der Bundesregierung erlassene Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge3 (Vergabeverordnung, im Folgenden VgV). Sodann stehen auf der dritten Stufe die Vergabe- und Vertragsordnungen, wie beispielsweise die Vergabe und Vertragsordnung für Leistungen /Teil A4 (im Folgenden VOL/A). Inwiefern diese nationalen Regelungen zum Tragen kommen , wird unter Punkt 4. erörtert. 3. Europarechtliche Regelungen zur Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen Die Bestimmungen zur Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen werden von zahlreichen Richtlinien auf europarechtlicher Ebene geprägt. 3.1. Europarechtliche Grundlagen des derzeit geltenden nationalen Vergaberechts Das derzeit geltende nationale Vergaberecht basiert – jedenfalls bis zur Umsetzung der drei neuen Richtlinien in deutsches Recht5 – insbesondere auf den Richtlinien 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge6 (im Folgenden Richtlinie 2004/18/EG) und der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste7 (im Folgenden Richtlinie 2004/17/EG). Nach derzeit geltendem Recht (de lege lata) ist im Rahmen der Darstellung der für das Kartellvergaberecht von Dienstleistungen relevanten Richtlinien auch auf die Basisrichtlinie 3 Vergabeverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 2003 (BGBl. I S. 169), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 15. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3854) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/vgv_2001/gesamt.pdf. 4 Bekanntmachung der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen – Teil A vom 20. November 2009 (BAnz. 2010 S. 755), abrufbar unter: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Gesetz/verdingungsordnungfuer -leistungen-vol-a-2009,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf. Der Vollständigkeit halber sind auch die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen (VOB/A) und die Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) aufzuführen, die für die weitere Untersuchung aber nur eine untergeordnete Relevanz besitzen. 5 Siehe dazu Punkt 3.2.: Die Umsetzungsfrist läuft am 18. April 2016 ab. 6 Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge vom 31. März 2004, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 134 vom 30. April 2004, S. 114 ff., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32004L0018&rid=1. 7 Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste vom 31. März 2004, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 134 vom 30. April 2004, S. 1 ff., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32004L0017&rid=1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 6 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge8 (Richtlinie 92/50/EWG) hinzuweisen. Diese wurde durch die Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Oktober 1997 zur Änderung der Richtlinien 92/50/EWG, 93/36/EWG und 93/37/EWG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträge9 (im Folgenden Richtlinie 97/52/EG) geändert. 3.2. Zukünftiger Richtlinienrahmen für die Vergabe öffentlicher Aufträge Zur Modernisierung des Vergaberechts sind am 17. April 2014 drei neue Vergaberichtlinien der Europäischen Union in Kraft getreten. Diese müssen bis zum 18. April 2016 in das deutsche Recht umgesetzt werden. Nachdem sich die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die EU-Kommission bereits im Juni 2013 auf die neuen Richtlinientexte geeinigt hatten, haben das Europäische Parlament am 15. Januar 2014 und die Mitgliedstaaten am 11. Februar 2014 die neuen EU-Vergaberichtlinien auch formal angenommen10. Es handelt sich dabei neben der Richtlinie 2014/24/EU11 (im Folgenden Richtlinie 2014/24/EU), um die Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG12 (Sektorenrichtlinie) und die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe 13 (Konzessionsrichtlinie). 8 Richtlinie 92/50/EWG des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge vom 18. Juni 1992, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 209 vom 24. Juli 1992, S. 1 ff., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:31992L0050&rid=1. 9 Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 92/50/EWG, 93/36/EWG und 93/37/EWG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträge vom 12. Oktober 1997, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 328 vom 28. November 1997, S. 1 ff., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:31997L0052&rid=1. 10 Darstellung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) zur Modernisierung des Vergaberechts, abrufbar unter: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Wirtschaft/Wettbewerbspolitik/oeffentliche-auftraege ,did=190884.html. 11 Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG vom 26. Februar 2014, Amtsblatt der Europäischen Union Nr, L 94 vom 28. März 2014, S. 65 ff., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32014L0024&rid=1. 12 Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG vom 26. Februar 2014, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 94 vom 28. März 2014, S. 243 ff., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32014L0025&rid=1. 13 Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe vom 26. Februar 2014, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 94 vom 28. März 2014, S. 1 ff., abrufbar unter: http://eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32014L0023&rid=1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 7 Ziele der Novellierung des EU-Vergaberechts sind eine Vereinfachung und Flexibilisierung der Vergabeverfahren, eine Erweiterung der elektronischen Vergabe sowie die Verbesserung des Zugangs für kleine und mittlere Unternehmen zu den Vergabeverfahren. Zudem sollen künftig strategische Aspekte zur Erreichung der Europa 2020-Ziele, insbesondere soziale und umweltpolitische Ziele, stärker in den Vergabeverfahren berücksichtigt werden14. Im Hinblick auf die vorliegend behandelte Fragestellung ist folgendes festzuhalten: In Zukunft wird gemäß den Regelungen der Richtlinie 2014/24/EU über die Vergabe öffentlicher Aufträge die bislang vorhandene Unterscheidung zwischen prioritären und nicht-prioritären Dienstleistungen entfallen. Regelungen zur Vergabe sozialer und anderer besonderer Dienstleistungen finden sich in den Art. 74 ff. in Verbindung mit Anhang XIV der Richtlinie. 4. Nationales Vergaberecht 4.1. Erste Stufe: Parlamentsgesetz Das GWB normiert in seinem vierten Teil die Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge. Maßgebliche Voraussetzungen für die Anwendung der vergaberechtlichen Bestimmungen sind (1) das Vorliegen eines öffentlichen Auftraggebers gemäß § 98 GWB sowie (2) eines öffentlichen Auftrags nach § 99 GWB. § 100 Absatz 1 GWB schränkt den sachlichen Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts ein. Es bedarf zur Anwendung der kartellvergaberechtlichen Vorschriften (3) der Überschreitung der Schwellenwerte des § 2 VgV. Ferner darf (4) keiner der in § 100 Absatz 2 GWB aufgezählten Ausnahmetatbestände eingreifen. Diese vier Voraussetzungen müssen zur Bejahung der Anwendbarkeit der vergaberechtlichen Bestimmungen der §§ 97 ff. GWB kumulativ erfüllt sein. 4.1.1. Allgemeine Grundsätze des Vergabeverfahrens öffentlicher Aufträge Im Rahmen der Vorschriften über das Vergabeverfahren sind in § 97 GWB allgemeine Grundsätze geregelt. In § 97 Absatz 1 GWB sind der Wettbewerbs- und der Transparenzgrundsatz sowie in § 97 Absatz 2 GWB der Gleichbehandlungsgrundsatz festgeschrieben. Die Verpflichtung zur vornehmlichen Berücksichtigung mittelständischer Interessen betont § 97 Absatz 3 GWB. In § 97 Absatz 4 Satz 1 GWB sind die Eignungskriterien genannt, die alle Bieter für den Erhalt des Zuschlags eines öffentlichen Auftrags erfüllen müssen. Weitere „vergabefremde Anforderungen“ trifft § 97 Absatz 4 Satz 2 GWB. Diese müssen jedoch in sachlichem Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen. Andere oder weitere Anforderungen dürfen an den Auftragnehmer entsprechend dem besonderen Gesetzesvorbehalt in § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB nur gestellt werden , wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist. Solche Kriterien können nicht nur als Eignungskriterien dienen, sondern auch – und sogar primär – als Ausführungsbedingungen für den öffentlichen Auftrag. Unter engen Voraussetzungen dürfen sie – dann im Kontext 14 Darstellung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) zur Modernisierung des Vergaberechts, abrufbar unter: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Wirtschaft/Wettbewerbspolitik/oeffentliche-auftraege ,did=190884.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 8 des § 97 Absatz 5 GWB – im Rahmen der Zuschlagserteilung Berücksichtigung finden15. § 97 Absatz 4a GWB sieht ausdrücklich die Einführung von sogenannten Präqualifikationssystemen zur Vereinfachung der Eignungsnachweise vor. 4.1.2. Eignungsfeststellung gemäß § 97 Absatz 4 GWB Die Eignungsfeststellung ist ein Vorfilter, mit dem diejenigen Angebote vom weiteren Verfahren ausgeschlossen werden, die bestimmte grundlegende Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Ausführung des Auftrags nicht erfüllen. Deshalb stellt die Eignungsprüfung der Bieter eine selbständige , der Angebotsabgabe nachfolgende, der Auswahlentscheidung jedoch vorgelagerte und von ihr zu trennende Wertungsstufe dar16. 4.1.3. Das wirtschaftlichste Angebot als maßgebliches Zuschlagskriterium In Ausformung des Wettbewerbsgrundsatzes bestimmt § 97 Absatz 5 GWB das wirtschaftlichste Angebot als maßgebliches Zuschlagskriterium. § 97 Absatz 5 GWB bezieht sich auf zwei ineinandergreifende , aber dennoch zu trennende Verfahrensschritte: Der „Zuschlag“ bildet bei allen Arten der Vergabe den Abschluss des Vergabeverfahrens. Er bezeichnet den Vertragsschluss mit dem erfolgreichen Bieter. Vorgelagert ist die interne Bewertung der Angebote daraufhin, welcher Bieter das „wirtschaftlichste Angebot“ gemacht hat und deshalb den Zuschlag erhalten soll17. 4.1.4. Preis und Qualität als maßgebliche Leistungskriterien Die Leistungskriterien, die bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots maßgeblich sein können, sind nicht abschließend festgelegt. Entscheidend ist der Bezug zum Auftragsgegenstand , wie auch § 97 Absatz 4 GWB betont18. Ausdrücklich sind in Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe a) der Richtlinie 2004/18/EG die Qualität und der Preis als Zuschlagskriterien genannt. Zusätzlich werden dort weitere Zuschlagskriterien aufgeführt, die allerdings im Hinblick auf Arbeitsmarktdienstleistungen nicht in Gänze von Relevanz sein dürften: der technische Wert, die Ästhetik, die Zweckmäßigkeit, die Umwelteigenschaften, die Betriebskosten, die Rentabilität, der Kundendienst, die technische Hilfe, der Lieferzeitpunkt sowie die Lieferungs- und/oder die Ausführungsfrist 19. 4.1.5. Ermächtigungsgrundlage des § 97 Absatz 6 GWB Eine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen über das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren, insbesondere über die Bekanntmachung, den Ablauf und die Arten der Vergabe, über 15 Fehling, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 1. Auflage 2011, GWB § 97 Rn. 5. 16 Fehling, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 1. Auflage 2011, GWB § 97 Rn. 106. 17 Fehling, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 1. Auflage 2011, GWB § 97 Rn. 176. 18 Frenz, in: Willenbruch/Wieddekind, Kompaktkommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2014, GWB § 97 Rn. 84. 19 Vgl. Frenz, in: Willenbruch/Wieddekind, Kompaktkommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2014, GWB § 97 Rn. 85. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 9 die Auswahl und Prüfung der Unternehmen und Angebote, über den Abschluss des Vertrags und sonstige Fragen des Vergabeverfahrens findet sich in § 97 Absatz 6 GWB. Auf Grundlage des Verordnungsermächtigung des § 97 Absatz 6 GWB ist die VgV von der Bundesregierung erlassen worden. 4.2. Zweite Stufe: Rechtsverordnung – VgV Die VgV dient der Umsetzung der Richtlinie 97/52/EG und der Richtlinie 98/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Änderung der Richtlinie 93/38/EWG zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor20 (Richtlinie 98/4/EG) in deutsches Recht. Am 15. Oktober 2013 hat die Bundesregierung die VgV durch die Siebte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die öffentlichen Aufträge letztmalig modifiziert21. Als Verordnung ist die VgV ein Gesetz im materiellen Sinne, ihr kommt unmittelbare Außenwirkung zu22. Gemäß § 1 VgV trifft diese Verordnung nähere Bestimmungen über das einzuhaltende Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, die in den Anwendungsbereich nach § 2 dieser Verordnung fallen. 4.2.1. Anwendungsbereich der VgV § 2 VgV regelt den sachlichen Anwendungsbereich der VgV. Diese Vorschrift ist auch für die Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen maßgeblich. Im Rahmen der Neuregelung der VgV vom 15. Oktober 2013 wurde § 2 Absatz 1 VgV geändert. Die Vorschrift lautet nun im Wortlaut: „Diese Verordnung gilt nur für Aufträge, deren geschätzter Auftragswert ohne Umsatzsteuer die Schwellenwerte erreicht oder überschreitet, die in Artikel 7 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (…) in der jeweils geltenden Fassung festgelegt werden (EU-Schwellenwerte). Der sich hieraus für zentrale Regierungsbehörden ergebende Schwellenwert ist von allen obersten Bundesbehörden sowie allen oberen Bundesbehörden und vergleichbaren Bundeseinrichtungen anzuwenden . Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gibt die geltenden Schwellenwerte unverzüglich, nachdem sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, im Bundesanzeiger bekannt.“ 20 Richtlinie 98/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 93/38/EWG zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor vom 16. Februar 1998, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 101 vom 1. April 1998, S. 1 ff., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:31998L0004&qid=1411991727862&from=DE. 21 BGBl. I 2013, S. 3854. 22 Vgl. Alexander, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 1. Auflage 2011, VgV § 1 Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 10 4.2.2. Höhe der Schwellenwerte Die Europäische Kommission hat die Schwellenwerte mit Wirkung zum 1. Januar 2014 erhöht23. Gemäß Artikel 7 Buchstabe b) der Richtlinie 2004/18/EG beträgt der Schwellenwert bei Dienstleistungsaufträgen EUR 207.000,- ohne Mehrwertsteuer, wenn diese nicht von den in Anhang IV der Richtlinie 2004/18/EG genannten zentralen Regierungsbehörden als öffentlichen Auftraggebern ausgeschrieben werden. Der gleiche Schwellenwert gilt gemäß Artikel 8 Buchstabe b) der Richtlinie 2004/18/EG bei Dienstleistungsaufträgen, die zu mehr als 50 Prozent von öffentlichen Auftraggebern direkt subventioniert werden und deren geschätzter Wert ohne Mehrwertsteuer mindestens EUR 249.000,- beträgt, wenn diese Aufträge mit einem Bauauftrag im Sinne des Buchstaben a) des Artikels 8 der Richtlinie 2004/18/EG verbunden sind. Alle zwei Jahre werden die EU-Schwellenwerte von der Kommission geprüft und durch Verordnung geändert. Diese Verordnungen erlangen gemäß Artikel 288 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union24 (AEUV) allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Durch die dynamische Verweisung in § 2 VgV wird auf die jeweils angepasste Verordnung verwiesen. Eine Anpassung im deutschen Recht ist deshalb nicht mehr erforderlich. Gemäß Artikel 4 Buchstabe d) der Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge beträgt der Schwellenwert bei öffentlichen Dienstleistungsaufträgen betreffend soziale oder andere Dienstleistungen gemäß Anhang XIV der Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge – darunter zählen auch Dienstleistungen im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung25 – EUR 750.000,- ohne Mehrwertsteuer. Bei öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, die von subzentralen öffentlichen Auftraggebern vergeben werden, und bei von diesen Behörden ausgerichteten Wettbewerben liegt der Schwellenwert gemäß Artikel 4 Buchstabe c) der Vergaberichtlinie bei EUR 207.000,- ohne Mehrwertsteuer. 23 Verordnung Nr. 1336/2013 der Kommission zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG, 2004/18/EG und 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Schwellenwerte für Auftragsvergabeverfahren vom 13. Dezember 2013, Amtsblatt Nr. L 335 vom 14. Dezember 2013, S. 17 f., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32013R1336&rid=1. 24 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 1. Dezember 2009, aktuelle Fassung in Amtsblatt Nr. C 326 vom 26. Oktober 2012, S. 1 ff., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:12012E/TXT. 25 Gemäß Anhang XIV der Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge ist diese im Falle von Beihilfen, Unterstützungsleistungen und Zuwendungen anwendbar. Grundsätzlich gilt dies auch bei Dienstleistungen der gesetzlichen Sozialversicherung. Eine Ausnahme liegt jedoch vor, wenn sie als nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse organisiert werden. Es steht den Mitgliedsstaaten insofern frei, die Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen der gesetzlichen sozialen Dienstleistungen oder anderen Dienstleistungen als Dienstleistungen von allgemeinem Interesse oder als nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu organisieren. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 11 4.2.3. Bedeutung der Schwellenwerte Das Erreichen der Schwellenwerte des § 2 VgV ist – wie bereits dargestellt – maßgebliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Vergaberechts26. Wird der Schwellenwert nicht erreicht, unterliegt ein öffentlicher Auftrag nach Auffassung der Rechtsprechung selbst dann nicht den kartellvergaberechtlichen Bestimmungen der §§ 97 ff GWB, wenn der Auftraggeber fälschlicherweise eine europaweite Ausschreibung vorgenommen hat27. 4.2.4. Vergabe von Dienstleistungsaufträgen der Arbeits- und Arbeitskräftevermittlung Die Vorschrift des § 4 VgV regelt die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen. Während § 4 Absatz 1 VgV Regelungen für die Vergabe von Lieferaufträgen trifft, bestimmt § 4 Absatz 2 VgV die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen. Bereits in der Vergangenheit konnten bei Vergabeverfahren Mindestanforderungen an die Eignung der Bieter hinsichtlich der Qualifikation und Fachkenntnisse der Ausführungskräfte, sowie hinsichtlich der Erfahrungen und Erfolge bei der Maßnahmendurchführung geprüft werden. Diese Kriterien durften jedoch nicht zugleich in die Wertung der Angebote und damit in die Zuschlagsentscheidung einfließen. 4.2.5. Ergänzung des § 4 Absatz 2 VgV im Wortlaut Im Rahmen der Neuregelung der VgV wurden an die numerische Aufzählung des § 4 Absatz 2 VgV einige Sätze angefügt. Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 lautet nun folgendermaßen: „Bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen und bei Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungsaufträgen führen sollen, müssen Auftraggeber nach § 98 Nummer 1 bis 3 und 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen folgende VOL/A anwenden , soweit in § 5 nichts anderes bestimmt ist: 1. bei Aufträgen, die Dienstleistungen nach Anlage 1 Teil A zum Gegenstand haben, die Bestimmungen des zweiten Abschnitts der VOL/A; 2. bei Aufträgen, Dienstleistungen nach Anlage 1 Teil B zum Gegenstand haben, die Bestimmungen des § 8 EG VOL/A, § 15 EG Absatz 10 VOL/A und § 23 EG VOL/A sowie die Bestimmungen des ersten Abschnitts der VOL/A mit Ausnahme von § 7 VOL/A; 3. bei Aufträgen, die sowohl Dienstleistungen nach Anlage 1 Teil A als Dienstleistungen nach Anlage 1 Teil B zum Gegenstand haben die in Nummer 1 genannten 26 Wieddekind, in: Willenbruch/Wieddekind, Kompaktkommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2014, VgV § 2 Rn. 1; Alexander, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 1. Auflage 2011, VgV § 2 Rn. 1. 27 OLG München, Urteil vom 28.09.2005 - Verg 19/05, juris Rn. 16 ff.; OLG Stuttgart, Urteil vom 12.08.2002 - 2 Verg 9/02, juris Rn. 19 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 12 Bestimmungen, wenn der Wert der Dienstleistungen nach Anlage 1 Teil A überwiegt ; ansonsten müssen die in Nummer 2 genannten Bestimmungen angewendet werden. Wenn im Fall des Satzes 1 Nummer 2 tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Organisation, die Qualifikation und die Erfahrung des bei der Durchführung des betreffenden Auftrags eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf die Qualität der Auftragsausführung haben können, können diese Kriterien bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots berücksichtigt werden. Bei der Bewertung dieser Kriterien können insbesondere der Erfolg und die Qualität bereits erbrachter Leistungen berücksichtigt werden. Die Gewichtung der Organisation, der Qualifikation und der Erfahrung des mit der Durchführung des betreffenden Auftrags betrauten Personals soll zusammen 25 Prozent der Gewichtung aller Zuschlagskriterien nicht überschreiten.“ 4.2.6. Zwingender Verweis auf Vorschriften der VOL/A § 4 Absatz 2 Nummer 2 sieht zwingende Verweisungen auf Bestimmungen des § 8 EG VOL/A, § 15 EG Absatz 10 VOL/A und § 23 EG VOL/A sowie auf die Bestimmungen des ersten Abschnitts der VOL/A mit Ausnahme von § 7 VOL/A für den Fall vor, dass es sich um Dienstleistungen nach Anlage 1 Teil B der VgV handelt28. In Anlage 1 Teil B der VgV sind in Kategorie 22 die Dienstleistungen der Arbeitsvermittlung und Arbeitskräftevermittlung – mit Ausnahme von Arbeitsverträgen – genannt. Für Arbeitsmarktdienstleitungen kommen weiterhin die Kategorie 24 „Unterrichtswesen und Berufsausbildung“ sowie die Kategorie 25 „Gesundheits- und Sozialwesen“ in Betracht. Die unterschiedlichen Leistungsgegenstände der einzelnen Kategorien sind in Anhang II der Richtlinie 2004/18/EG aufgelistet 29. 4.2.7. Auswirkungen der Ergänzung des § 4 Absatz 2 VgV Gemäß der Neuregelung des § 4 Absatz 2 VgV können bieterbezogene Qualitätskriterien – die Organisation , Qualifikation und Erfahrung des bei der Durchführung des betreffenden Auftrags eingesetzten Personals – bei der Angebotswertung berücksichtigt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Kriterien einen erheblichen Einfluss auf die Qualität der Auftragsausführung haben können. Der Erfolg und die Qualität bereits erbrachter Maßnahmen 28 Vgl. ausführlich Wieddekind, in: Willenbruch/Wieddekind, Kompaktkommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2014, VgV § 4 Rn. 20. 29 Anhang II der Richtlinie 2004/18/EG, „Tabelle der Entsprechungen zwischen dem CPV und der CPC PORV.“, S. 72 ff., abrufbar unter: https://www2.jurion.de/files/lexsoft/share/pdf/euer_a08-a2.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 13 werden nach § 4 Absatz 2 VgV als Indiz dafür angesehen, inwieweit die Organisation und Qualifikation sowie die Erfahrung des eingesetzten Personals gegeben ist30. Die bieterbezogenen Kriterien dürfen bei der Zuschlagsentscheidung zusammen höchstens mit einem Anteil von 25 Prozent gewichtet werden31. In diesem Zusammenhang ist ein Ausblick auf Artikel 67 Absatz 2 der Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge hilfreich32, wonach für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots bei öffentlichen Aufträgen die Organisation, die Qualifikation und die Erfahrung des mit der Durchführung des Auftrags betrauten Personals berücksichtigt werden können. Dies soll aber nur dann gelten, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragserfüllung haben kann, Artikel 67 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge. 4.3. Dritte Stufe: Vergabe- und Vertragsordnungen – VOL/A Die Vergabe- und Vertragsordnungen regeln die weitere Ausgestaltung des Vergabeverfahrens. Die wichtigsten Bestimmungen für die Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen im Hinblick auf die Berücksichtigung von Qualität beziehungsweise Preis finden sich in der VOL/A. Bezüglich der Außenwirkung der VOL/A ist zwischen deren Abschnitten 1 und 2 zu unterscheiden. 4.3.1. Vergabeverfahren unterhalb der EU-Schwellenwerte In Abschnitt 1 der VOL/A ist das Vergabeverfahren für Ausschreibungen geregelt, deren Auftragsvolumen unterhalb der EU-Schwellenwerte bleibt. Bei Aufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte ist die VOL weder Gesetz noch Rechtsverordnung – und besitzt damit keine Außenwirkung –, sondern lediglich eine interne Verhaltensregel, die in erster Linie eine gleichmäßige Behandlung der Beschaffungsvorgänge, die Wahrung des freien Wettbewerbs sowie eine Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots sicherstellen soll33. 30 VgV-Fachinformation des Paritätischen Gesamtverbandes vom 6. November 2013, abrufbar unter: http://www.der-paritaetische.de/index.php?eID=tx_nawsecuredl &u=0&g=0&t=1410299491&hash=bf1bd8eab4f097ab6f38b6c79c88f734ada4f45e&file=/uploads/media /VgVFachinfo.pdf. 31 Siehe zum Ganzen die VgV-Fachinformation des Paritätischen Gesamtverbandes vom 6. November 2013, abrufbar unter: http://www.der-paritaetische.de/index.php?eID=tx_nawsecuredl &u=0&g=0&t=1410299491&hash=bf1bd8eab4f097ab6f38b6c79c88f734ada4f45e&file=/uploads/media /VgVFachinfo.pdf. 32 Zur Umsetzungsfrist siehe Punkt 3.2. sowie Fn. 6. 33 Schaller, Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) Teile A und B, 5. Auflage 2014, Einführung Rn. 11; siehe dazu auch Gröpl, Bundeshaushaltsordnung/Landeshaushaltsordnung, Kommentar, 1. Auflage 2011, BHO § 55 Rn. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 14 Bei diesen Ausschreibungen gilt das Haushaltsrecht, das im Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder34 (Haushaltsgrundsätzegesetz, HGrG) sowie in der Bundeshaushaltsordnung35 (BHO) und den Haushaltsordnungen der Länder36 (LHO) geregelt ist37. Für diese Fälle benennt § 3 Absatz 1 VOL/A die Arten der Vergabe von Lieferungen und Leistungen , sofern es sich nicht um Bauaufträge oder freiberuflichen Leistungen handelt: die öffentliche Ausschreibung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 VOL/A, die beschränkte Ausschreibung nach § 3 Absatz 1 Satz 2 VOL/A und die freihändige Ausschreibung nach § 3 Absatz 1 Satz 2 VOL/A38. 4.3.2. Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte Im Falle der Überschreitung der EU-Schwellenwerte – und damit im Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG – kommt Abschnitt 2 der VOL/A zum Tragen. Im Gegensatz zu dessen Abschnitt 1 besitzen die Bestimmungen in Abschnitt 2 VOL/A durch die Verweisung der VgV Rechtsnormcharakter und damit Außenwirkung39. In § 3 EG VOL/A sind die verschiedenen Vergabearten statuiert: das offene Verfahren nach § 3 EG Absatz 1 VOL/A und das nicht offene Verfahren nach § 3 EG Absatz 2 EG VOL/A40. Liegt einer der in Anlage 1 Teil B der VgV aufgelisteten Leistungsgegenstände – insbesondere der Kategorien 22, 24 oder 25 – vor, sind gemäß § 4 Absatz 2 Nummer 2 VgV die Vorschriften §§ 8 EG VOL/A, 15 EG Absatz 10 VOL/A und 23 EG VOL/A sowie die Bestimmungen des ersten Abschnitts der VOL/A mit Ausnahme von § 7 VOL/A zwingend zu beachten41. 34 Haushaltsgrundsätzegesetz vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1273), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2398) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet .de/hgrg/BJNR012730969.html. 35 Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2395) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet .de/bho/BJNR012840969.html. 36 Eine Übersicht zu den Landeshaushaltsordnungen findet sich bei Pache, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 1. Auflage 2011, Gesetzestexte BHO und LHO, S. 1991 ff. 37 Gröpl, Bundeshaushaltsordnung/Landeshaushaltsordnung, Kommentar, 1. Auflage 2011, Einl. Rn. 20 und BHO § 55 Rn. 1 ff. 38 Vgl. dazu ausführlich Pünder, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 1. Auflage 2011, VOL/A § 3 Rn. 1 ff. 39 Wieddekind, in: Willenbruch/Wieddekind, Kompaktkommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2014, VgV § 4 Rn. 1; Schaller, Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) Teile A und B, 5. Auflage 2014, Einführung Rn. 13. 40 Vgl. dazu ausführlich Pünder, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 1. Auflage 2011, EG VOL/A § 3 Rn. 1 ff. 41 Siehe dazu die Punkte 4.2.5. und 4.2.6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 208/14 Seite 15 5. Fazit Im Bereich der Ausschreibung von Arbeitsmarktdienstleistungen durch die Bundesagentur für Arbeit existieren keine vergaberechtlichen Sonderregelungen. Anwendbar sind die allgemeinen vergaberechtlichen Vorschriften. Diese unterliegen einem steten Wandel. In diesem Zusammenhang sind zukünftig insbesondere die drei neuen Vergaberichtlinien der Europäischen Union zu beachten, die bis zum 18. April 2016 in nationales Recht umzusetzen sind. Nach derzeit geltendem Recht ist insbesondere die Richtlinie 2004/18/EG maßgeblich. Strukturell zeichnet sich das nationale Vergaberecht durch seinen kaskadenartigen Aufbau aus. Dieses Prinzip besteht aus (1) den §§ 97 ff. GWB auf der Stufe des Parlamentsgesetzes, (2) der VgV auf der Stufe der Rechtsverordnung und (3) der VOL/A als Vergabe- und Vertragsordnung. Die Bestimmungen der VOL/A erlangen oberhalb der EU-Schwellenwerte Außenwirkung. Mit Wirkung zum 1. Januar 2014 hat die EU-Kommission die Schwellenwerte angehoben. Der Schwellenwert für Arbeitsmarktdienstleistungen der Bundesagentur liegt derzeit bei EUR 207.000,- ohne Mehrwertsteuer. Die Qualität und der Preis sind bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots als zu berücksichtigende Leistungskriterien in Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe a) der Richtlinie 2004/18/EG ausdrücklich genannt. Verbunden mit den Neuregelungen der VgV wird es den Arbeitsagenturen und Jobcentern ermöglicht, bei der Vergabe von Maßnahmen zur Arbeits- und Arbeitskräftevermittlung sowie anderen Dienstleistungen am Arbeitsmarkt bieterbezogene Qualitätskriterien im Rahmen der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots berücksichtigen zu können. Bei der Zuschlagsentscheidung dürfen die bieterbezogenen Qualitätskriterien zusammen jedoch höchstens mit einem Anteil von 25 Prozent gewichtet werden.