Deutscher Bundestag Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltbezogenen Entscheidungsverfahren und Rechtsschutz Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-263/08 (Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening) und dessen Auswirkungen auf das nationale Recht Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 204/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 204/11 Seite 2 Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltbezogenen Entscheidungsverfahren und Rechtsschutz Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-263/08 (Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening) und dessen Auswirkungen auf das nationale Recht Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 204/11 Abschluss der Arbeit: 26. September 2011 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 204/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-263/08 – Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening 5 2.1. Unionsrechtliche Anforderungen an das Verhältnis von Verfahrensbeteiligung und Anfechtungsrecht 5 2.2. Zur Abhängigkeit des Anfechtungsrechts von der Mitgliederzahl des Verbands 6 3. Auswirkungen auf das deutsche Recht 6 3.1. Das Verhältnis von Verfahrensbeteiligung und Anfechtungsrecht 7 3.2. Abhängigkeit des Anfechtungsrechts von der Mitgliederzahl des Verbands 8 4. Ergebnis 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 204/11 Seite 4 1. Einleitung Der Richterspruch des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 15. Oktober 20091 betraf erstens das Verhältnis von der Beteiligung der Öffentlichkeit am Genehmigungsverfahren zu dem Recht auf gerichtliche Überprüfung und zweitens die Voraussetzungen der Anfechtung vor nationalen Gerichten. Die Norm des europäischen Sekundärrechts, um deren Auslegung der Gerichtshof ersucht wurde, war Art. 10a der Richtlinie 85/337 (UVP-Richtlinie)2, die die Rechte der Öffentlichkeit bei öffentlichen und privaten Projekten, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, und deshalb eine sog. Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erfordern, festlegt. Die Norm ist wiederum vorgeprägt durch das Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Übereinkommen von Aarhus)3. Die Europäische Gemeinschaft, nunmehr Europäische Union und die Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien dieses Abkommens.4 Der Gerichtshof urteilte zu dem Aspekt der Verfahrensbeteiligung, dass es den „Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit i.  S. v. Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der Richtlinie 85/337 in der durch die Richtlinie 2003/35 geänderten Fassung […] möglich sein [muss], die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaats zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte.“5 Zudem konstatierte der EuGH im Hinblick auf die gerichtliche Überprüfung, dass „Art. 10a der Richtlinie 85/337 in der durch die Richtlinie 2003/35 geänderten Fassung einer nationalen Rechtsvorschrift entgegen[steht], die das Recht auf Anfechtung einer Ent- 1 EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-263/08, Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening (EuZW 2010, 65). 2 Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 175, 40 in der durch die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 geänderten Fassung, ABl. L 156, 17. 3 Das Abkommen wurde am 25. Juni 1998 unterzeichnet und durch den Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 über den Abschluss des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen , die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt, ABl. L 124, 1. 4 Die Europäische Union ist gemäß Art. 1 Abs. 3 Satz 3 EU Rechtsnachfolgerin der Europäischen Gemeinschaft . 5 EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-263/08, Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening, erster Leitsatz (EuZW 2010, 65). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 204/11 Seite 5 scheidung über einen Vorgang im Sinne dieser Richtlinie in geänderter Fassung Umweltschutzvereinigungen vorbehält, die mindestens 2.000 Mitglieder haben.“6 Im Folgenden sollen das Urteil und dessen Auswirkungen auf das nationale Recht dargestellt werden. 2. Das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-263/08 – Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening Durch das Urteil vom 15. Oktober 2009 entschied der EuGH über die Vorlage eines schwedischen Gerichts7 zur Auslegung der UVP-Richtlinie. 2.1. Unionsrechtliche Anforderungen an das Verhältnis von Verfahrensbeteiligung und Anfechtungsrecht Das schwedische Verwaltungsgericht legte dem EuGH die Frage vor, „ob Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG verlangt, dass die Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaats zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anfechten können, obwohl sie die Möglichkeit hatten, sich an dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle zu beteiligen und sich in diesem Verfahren zu äußern“8. Der Grund für diese Vorlagefrage liegt insbesondere in der schwedischen Verfahrensausgestaltung begründet: Danach entscheidet nicht eine Behörde, sondern ein Gericht über die Genehmigung des Projekts.9 Die Gerichte befassen sich daher bereits im Rahmen des Genehmigungsverfahrens mit den Argumenten des Umweltverbands. Dies schränkt nach der Auffassung des EuGH dennoch die Möglichkeit des Verbands nicht ein, diese gerichtliche Genehmigungsentscheidung vor einem anderen Gericht anzufechten. Dieses Ergebnis begründete der Gerichtshof wie folgt: „Zum einen ist das Anfechtungsrecht nach Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG unabhängig davon, ob die Behörde, die die angefochtene Entscheidung oder Maßnahme erlassen hat, verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Charakter hat. Zum anderen unterscheidet sich die Beteiligung am umweltbezogenen Entscheidungsverfahren unter den Voraussetzungen der Art. 2 II und Art. 6 IV der Richtlinie 85/337/EWG von einer gerichtlichen An- 6 EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-263/08, Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening, zweiter Leitsatz (EuZW 2010, 65). 7 Das nationale Verfahren betraf die Anfechtung der Genehmigung eines Tunnelbaus zur Verlegung unterirdischer Stromleitungen durch eine schwedische Umweltschutzvereinigung. 8 EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-263/08, Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening, Rn. 32 (EuZW 2010, 65 ff.). 9 EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-263/08, Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening, Rn. 18 (EuZW 2010, 65 ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 204/11 Seite 6 fechtung und hat auch eine andere Zielsetzung als diese, da sich eine solche Anfechtung gegebenenfalls gegen die am Ende dieses Verfahrens ergehende Entscheidung richten kann. Diese Beteiligung hat daher keine Auswirkungen auf die Voraussetzungen für die Ausübung des Anfechtungsrechts.“10 2.2. Zur Abhängigkeit des Anfechtungsrechts von der Mitgliederzahl des Verbands Zudem fragte das schwedische Gericht nach der europarechtlichen Zulässigkeit einer Norm, die nur denjenigen Umweltverbänden ein Klagerecht einräumt, die mindestens 2000 Mitglieder haben. Grundsätzlich ist es nach der Richtlinie 85/337 den Mitgliedstaaten selbst überlassen, die Voraussetzungen für deren Aktivlegitimation festzulegen. Der EuGH verwies jedoch auf das Ziel der Richtlinie, einen möglichst breiten Zugang zu den Gerichten zu gewähren. Gleichwohl hielt er es unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig, eine Einschränkung dahingehend vorzunehmen, dass nur bestimmten Nichtregierungsorganisationen ein Anfechtungsrecht zukommt. So heißt es: „Insoweit kann ein nationales Gesetz verlangen, dass eine solche Vereinigung, die gerichtlich gegen ein unter die Richtlinie 85/337/EWG fallendes Projekt vorgehen möchte, ein natur- und umweltschutzbezogenes Ziel hat. […] Außerdem ist nicht auszuschließen, dass sich die Voraussetzung, dass eine Umweltschutzvereinigung eine Mindestzahl an Mitgliedern haben muss, als sachdienlich erweisen kann, um sicherzustellen, dass diese Vereinigung auch tatsächlich existiert und tätig ist. Die erforderliche Mitgliederzahl darf jedoch vom nationalen Recht nicht so hoch angesetzt werden, dass sie den Zielen der Richtlinie 85/337/EWG, insbesondere dem Ziel, die gerichtliche Kontrolle der unter die Richtlinie fallenden Vorgänge unschwer zu ermöglichen, zuwiderläuft .“11 Es müsse daher gewährleistet sein, dass es auch kleineren, lokalen Gruppen möglich ist, eine Entscheidung anzufechten.12 Eine Regelung wie die schwedische sei daher nicht mit Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG vereinbar. 3. Auswirkungen auf das deutsche Recht Nachfolgend gilt es die Auswirkungen auf das nationale Recht zu betrachten. 10 EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-263/08, Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening, Rn. 38 (EuZW 2010, 65 ff.). 11 EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-263/08, Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening, Rn. 46 f. (EuZW 2010, 65 ff.). 12 EuGH, Urteil vom 15.10.2009 – C-263/08, Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening, Rn. 50 (EuZW 2010, 65 ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 204/11 Seite 7 3.1. Das Verhältnis von Verfahrensbeteiligung und Anfechtungsrecht Im Rahmen des deutschen Genehmigungsverfahrens für UVP-pflichtige Vorhaben handelt eine Behörde und kein Gericht, so dass sich eine parallele Frage für das nationale Recht grundsätzlich nicht stellt. Jedoch stellt auch § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 des Umwelt- Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG)13 eine Verknüpfung zwischen dem Anfechtungsrecht und dem vorausgegangenen Verfahren her. Die Norm lautet: „Eine […] Vereinigung kann […] Rechtsbehelfe […] einlegen, wenn die Vereinigung zur Beteiligung in einem Verfahren […] berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. […] Hat die Vereinigung im Verfahren […] Gelegenheit zur Äußerung gehabt, ist sie im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren […] nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.“ So sieht die Norm die Präklusion derjenigen Einwendungen vor, die von den klagenden Verbänden nicht zuvor im Genehmigungsverfahren geltend gemacht worden sind.14 Dies gilt nach dem Wortlaut der Norm jedoch nur, wenn die Vereinigung tatsächlich eine Möglichkeit zur Äußerung im Rahmen des Verfahrens erhalten hat.15 Die Norm schließt das Anfechtungsrecht der Verbände nicht aus, sondern geht im Grundsatz von einem solchen auch nach Teilnahme am Genehmigungsverfahren aus. Allein im Hinblick darauf, welche Einwendungen im Rahmen der gerichtlichen Anfechtung berücksichtigt werden, trifft die Norm eine Regelung. Daher wird die Auffassung vertreten, dass diese Beschränkung nicht derart weitreichend ist, dass der vom EuGH geforderte weite Zugang zu den Gerichten konterkariert wird.16 13 BGBl. I 2006, 2816; dazu allgemein Kment, Das neue Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz und seine Bedeutung für das UVPG – Rechtsschutz des Vorhabenträgers, anerkannter Vereinigungen und Dritter, NVwZ 2007, 274 ff. 14 Ziekow, Europa und der deutsche Verwaltungsprozess – Schlaglichter auf eine unendliche Geschichte, NVwZ 2010, 793 (794 f.). 15 Die Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 UmwRG (BT Drs. 16/2495, 12) verweist auf das BNatSchG in der alten Fassung, das ähnliche Bestimmungen enthielt. In der Begründung zu § 60 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BNatSchG a.F., an den § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 UmwRG angelehnt sind, heißt es: „Der Verein ist allerdings nicht präkludiert, wenn ihm keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde.“, BT-Drs. 14/6378, 62. 16 So auch Ziekow, Fn. 14; BVerwG, Beschluss vom 14.9.2010 – 7 B 15/10 (NVwZ 2011, 364) nahm an, dass § 2 Abs. 3 UmwRG unionskonform und das EuGH-Urteil vom 15.10.2009 auf Grund der schwedischen Besonderheit des gerichtlichen Genehmigungsverfahrens ergangen sei; der VGH München bejahte die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht ebenfalls, NJOZ 2010, 563, insbes. Rn. 58 des Urteils; für die Vereinbarkeit des § 2 Abs. 2 UmwRG vgl.OVG NRW, Urteil vom 9.12.2009, 8 D 10/08.AK (ZUR 2010, 316); für die generelle Zulässigkeit von Präklusionsvorschriften im Unionsrecht Kment, Die Stellung nationaler Unbeachtlichkeits-, Heilungs- und Präklusionsvorschriften im europäischen Recht, EuR 2006, 201 (222); Bunge, „Weiter Zugang zu den Gerichten“ nach Art. 10a der UVP-Richtlinie – zum Ur- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 204/11 Seite 8 3.2. Abhängigkeit des Anfechtungsrechts von der Mitgliederzahl des Verbands Die Normen des schwedischen Rechts, die im Mittelpunkt des Vorlageverfahrens standen, sind in dieser Form im deutschen Recht nicht enthalten.17 So wird die Aktivlegitimation der Nichtregierungsorganisationen nicht an eine bestimmte Mitgliederzahl geknüpft. § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nennt insgesamt fünf Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen, um zu einer Anerkennung18 von Umweltvereinigungen zu führen, die zur Einlegung von Rechtsbehelfen berechtigt sind. Problematisch könnte allein die Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG sein, die ein dreijähriges Bestehen des Verbands fordert .19 § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 UmwRG lautet: „Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtsbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung 1. nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert, 2. im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist […].“ Dies ist insofern problematisch, als sich gerade im lokalen Kontext projektbezogene Verbände gründen, die die Verhinderung nur eines bestimmten Projekts zum Ziel haben und daher nicht bereits längere Jahre bestehen. Derartige Verbände sollen nach dem Willen der Bundesregierung gerade ausgeschlossen werden.20 Auch nach dem bestehenden teil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Oktober 2009 (Rs. C-263/08), ZUR 2010, 20 (23 f.) ist der Auffassung, die Rechtslage sei „unklar“; Schwerdtfeger, Der deutsche Verwaltungsrechtsschutz unter dem Einfluss der Aarhus-Konvention, 284 hält die deutschen Vorschriften dagegen für unionsrechtswidrig . Sie verweist darauf, dass die Aussagen des EuGH grundsätzlich seien und sich gerade nicht nur auf die besondere Rechtslage in Schweden bezögen; Schlacke, Überindividueller Rechtsschutz: Phänomenologie und Systematik, 304 f. geht von der Unionsrechtswidrigkeit des § 2 Abs. 3 UmwRG aus, § 2 Abs. 1 Nr. 3 sei dagegen mit dem EU-Recht vereinbar. 17 Bunge, Fn. 16, 21. 18 Auf den Seiten des Umweltbundesamts ist eine Liste abrufbar, die anerkannte Umweltvereinigungen aufführt, vgl. http://www.umweltbundesamt.de/umweltrecht/umweltvereinigungen.pdf (Stand 12.09.2011). 19 Bunge, Fn. 16, 21. 20 So heißt es in der Begründung des Gesetzesentwurfes: „Das Kriterium des dreijährigen Bestehens der Vereinigung in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 übernimmt das Muster […] des Bundesnaturschutzgesetzes. Dieser Zeitraum beruht auf den verwaltungspraktischen Erfahrungen der Länder, die bereits vor dem Jahre 2002 eine Verbandsklage für Naturschutzvereine im Landesrecht eingeführt hatten. Dadurch sollen Vereinigungen, die sich nur vorübergehend – etwa anlässlich eines konkreten Zulassungsverfahrens – zusammenschließen und sich nicht dauerhaft und mit einer gewissen Ernsthaftigkeit für den Umweltschutz einsetzen, ausgeschlossen werden.“ (BR-Drs. 552/06, 23). Mittlerweile wurde das Bundesnaturschutzgesetz insoweit geändert, dass § 63 BNatSchG, der die Mitwirkungsrechte von Vereinigungen regelt , auf § 3 UmwRG verweist. BT-Drs. 14/6378, 59 enthält den Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des BNatSchG. Dadurch sollte das zeitliche Kriterium in das BNatSchG eingeführt werden. Dort Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 204/11 Seite 9 schwedischen Recht müssen klagebefugte Verbände drei Jahre bestehen, jedoch hatte der EuGH im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens keine Veranlassung, sich zu dieser Norm zu äußern.21 Es gibt Auffassungen in der Literatur, die einen Zeitraum von drei Jahren als „unverhältnismäßig lang“22 im Lichte des vom EuGH geforderten weiten Zugangs zu gerichtlichem Rechtsschutz einordnen.23 4. Ergebnis Aus dem Urteil des EuGH lässt sich keine eindeutige Schlussfolgerung im Hinblick auf den Handlungsbedarf des nationalen Gesetzgebers ziehen. Jedoch gibt es in der Literatur Stimmen, die eine Unvereinbarkeit der §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG mit dem europäischen Recht annehmen. heißt es als Begründung: „Die Frage, ob ein Verein durch seine bisherigen Aktivitäten die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, kann zuverlässig nur beurteilt werden, wenn der Verein schon eine gewisse Zeit besteht. Für die Beurteilung der bisherigen Tätigkeiten ist ein Zeitraum von mindestens drei Jahren zugrunde zu legen, der erfahrungsgemäß für eine Beurteilung ausreicht. In begründeten Zweifelsfällen kann ein längerer Zeitraum gefordert werden. Mit der Regelung soll verhindert werden, dass neu gegründete Vereine ohne nennenswerte Aktivitäten, deren weitere Entwicklung nicht beurteilt werden kann, als Naturschutzvereine anerkannt werden“. 21 Bunge, Fn. 16, 21, Fn. 8. 22 Schwerdtfeger, Der deutsche Verwaltungsrechtsschutz unter dem Einfluss der Aarhus-Konvention, 285. 23 Bunge, Fn. 16, 21 bezweifelt die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht.