Deutscher Bundestag Die Errichtung von Windenergieanlagen in besonderen Schutzgebieten Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Juli 2011 Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 202/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 202/11 Seite 2 Die Errichtung von Windenergieanlagen in besonderen Schutzgebieten Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Juli 2011 Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 202/11 Abschluss der Arbeit: 26. September 2011 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 202/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Das Urteil des EuGH vom 21. Juli 2011 4 3. Folgen für das nationale Recht 6 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 202/11 Seite 4 1. Einleitung Im Rahmen eines Rechtsstreits vor dem Verwaltungsgericht der Region Apulien (Italien) über eine verweigerte Genehmigung zum Bau einer zu gewerblichen Zwecken bestimmten Windenergieanlage in einem zum europäischen Netz „Natura 2000“ gehörenden Gebiet ersuchte dieses Gericht den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um eine Vorabentscheidung. Das „Natura 2000“-Netz beinhaltet verschiedene Gebiete, die zum Arten- bzw. Naturschutz besonderen Bestimmungen unterliegen. Der EuGH konstatierte, das europäische Recht sei dahingehend auszulegen, dass es einer Regelung nicht entgegenstehe, „die die Errichtung nicht zur Eigennutzung bestimmter Windenergieanlagen in zum Natura-2000-Netz gehörenden Gebieten ohne vorherige Prüfung der ökologischen Auswirkungen des Projekts auf das spezifisch betroffene Gebiet verbietet, sofern die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit gewahrt sind“1. Im Folgenden wird die Entscheidung des EuGH vom 21. Juli 2011 dargestellt und im Anschluss daran deren Auswirkungen für das nationale Recht analysiert. 2. Das Urteil des EuGH vom 21. Juli 2011 Vor dem italienischen Gericht haben zwei Unternehmen eine ablehnende Entscheidung der italienischen Regionalverwaltung angefochten. Die Unternehmer begehrten eine Genehmigung zum Bau einer zu gewerblichen Zwecken bestimmten Windenergieanlage in einem Nationalpark . Es handelt sich dabei um ein Gebiet, das zu dem europäischen Netz „Natura 2000“ gehört. Normativer Rahmen des Rechtsstreits waren vier Richtlinien: zwei der Richtlinien betrafen den Schutz der Pflanzen und Tiere (Richtlinie 92/43/EWG, sog. Habitatrichtlinie2, und Richtlinie 79/409/EWG, sog. Vogelschutzrichtlinie3), die anderen beiden behandelten die Förderung der erneuerbaren Energien (Richtlinie 2009/28/EG4 und Richtlinie 2001/77/EG5). Die Schutzregelungen, die die Habitat- und die Vogelschutzrichtlinie für die zum „Natura- 2000“-Netz gehörenden Gebiete schaffen, verbieten nach der Auffassung des EuGH nicht 1 EuGH, Urteil vom 21.7.2011, Rs. C-2/10 – Azienda Agro-Zootecnica Franchini Sarl, Eolica di Altamura Srl/Regione Puglia, Rn. 75 (NVwZ 2011, 1057). 2 Richtlinie des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen ABl. EG L 206, 7. 3 Richtlinie des Rates vom 2.4.1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten, ABl. EG L 103, 1. 4 Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.4.2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG, ABl. EG L 140, 16. 5 Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.9.2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt, ABl. EG L 283, 33. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 202/11 Seite 5 „jede menschliche Tätigkeit“6 in diesen Schutzgebieten. Sie machen stattdessen die Genehmigung dieser Tätigkeiten von einer vorherigen Prüfung der Umweltverträglichkeit des betreffenden Projekts abhängig.7 Die italienischen Reglungen gehen allerdings über den geforderten europäischen Schutzstandard hinaus, indem sie die Errichtung einer Anlage generell in derartigen Gebieten versagen. Es kommt nach diesen Normen nicht auf eine Einzelfallprüfung an.8 Der Gerichtshof untersuchte daher zunächst, ob es mit dem Unionsrecht vereinbar ist, wenn ein Mitgliedstaat weitergehende Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Tiere trifft, als von der Habitat- und der Vogelschutzrichtline vorgesehen. Der EuGH wies darauf hin, dass im Umweltbereich keine vollständige Harmonisierung angestrebt werde. Die Vogelschutzrichtlinie selbst gestatte in Art. 149 weitergehende nationale Schutzmaßnahmen. Auch das Primärrecht lasse durch Art. 193 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)10 weitergehende Schutzmaßnahmen der Mitgliedstaaten zu.11 In einem nächsten Schritt konstatierte der EuGH, dass es Sache der Mitgliedstaaten sei, die Spannungslage zwischen dem Schutz der Umwelt und der Förderung erneuerbarer Energien aufzulösen. Es gelte dabei einerseits das Diskriminierungsverbot und andererseits die Verhältnismäßigkeit der Reglungen zu achten. Nachfolgend legte der EuGH einige Kriterien für die nationale Entscheidung fest: „Im vorliegenden Fall ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die unterschiedliche Behandlung von Projekten zum Bau von Windenergieanlagen und Projekten im Zusammenhang mit anderen gewerblichen Tätigkeiten, die für zum Natura-2000-Netz gehörende Gebiete eingereicht werden, auf bestehende objektive Unterschiede zwischen diesen beiden Projektarten gestützt werden kann. Dabei muss dieses Gericht die Besonderheiten von Windenergieanlagen berücksichtigen, nämlich insbesondere die Gefahren, die diese für die Vögel darstellen können, 6 EuGH, Urteil vom 21.7.2011, Rs. C-2/10 – Azienda Agro-Zootecnica Franchini Sarl, Eolica di Altamura Srl/Regione Puglia, Rn. 40 (NVwZ 2011, 1057). 7 EuGH, Urteil vom 21.7.2011, Rs. C-2/10 – Azienda Agro-Zootecnica Franchini Sarl, Eolica di Altamura Srl/Regione Puglia, Rn. 40 ff. (NVwZ 2011, 1057). 8 EuGH, Urteil vom 21.7.2011, Rs. C-2/10 – Azienda Agro-Zootecnica Franchini Sarl, Eolica di Altamura Srl/Regione Puglia, Rn. 45. (NVwZ 2011, 1057). 9 Nach Art. 14 der Richtlinie 79/409/EWG (Vogelschutzrichtlinie) können die "Mitgliedstaaten […] strengere Schutzmaßnahmen ergreifen, als sie in dieser Richtlinie vorgesehen sind". 10 Dieser lautet: „Die Schutzmaßnahmen, die aufgrund des Artikels 192 getroffen werden, hindern die einzelnen Mitgliedstaaten nicht daran, verstärkte Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen. Die betreffenden Maßnahmen müssen mit den Verträgen vereinbar sein. Sie werden der Kommission notifiziert.“ Die italienische Regierung hatte allerdings die Notifizierung unterlassen, dies führe nach Ansicht des EuGH jedoch nicht zur Unionsrechtswidrigkeit der mitgliedstaatlichen Vorschriften, vgl. EuGH, Urteil vom 21.7.2011, Rs. C-2/10 – Azienda Agro-Zootecnica Franchini Sarl, Eolica di Altamura Srl/Regione Puglia, Rn. 53. 11 EuGH, Urteil vom 21.7.2011, Rs. C-2/10 – Azienda Agro-Zootecnica Franchini Sarl, Eolica di Altamura Srl/Regione Puglia, Rn. 48 ff. (NVwZ 2011, 1057). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 202/11 Seite 6 wie die Gefahr von Zusammenstößen, Störungen und Verdrängungen, die Barrierewirkung, die die Vögel dazu zwingt, ihre Richtung zu ändern, oder den Verlust bzw. die Verschlechterung der Lebensräume. […] Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, die Verhältnismäßigkeit der fraglichen nationalen Maßnahme zu prüfen. Dieses Gericht muss dabei insbesondere berücksichtigen, dass die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung auf Windenergieanlagen beschränkt ist […]. Außerdem soll das Verbot ausschließlich auf neue Windenergieanlagen zu gewerblichen Zwecken Anwendung finden[…].“12 Der EuGH bejahte im Grundsatz die Vereinbarkeit strengerer Regelungen mit dem Unionsrecht . 3. Folgen für das nationale Recht Im nationalen Recht ist das Verfahren im Hinblick auf die Genehmigung einer Windkraftanlage abhängig davon, welche Höhe die Anlageneinrichtung hat.13 Die Errichtung einer solchen Anlage bedarf einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, wenn die Höhe der Anlage 50 Meter übersteigt, §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 3 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (BImSchG)14 i.V.m. Nr. 1.6 Spalte 2 des Anhangs der 4. Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV)15. Windkraftanlagen, die eine solche Höhe nicht überschreiten, werden im Rahmen eines baurechtlichen Verfahrens nach dem jeweiligen Landesrecht genehmigt.16 12 EuGH, Urteil vom 21.7.2011, Rs. C-2/10 – Azienda Agro-Zootecnica Franchini Sarl, Eolica di Altamura Srl/Regione Puglia, Rn. 65 f., 74 (Hervorhebung durch die Verf.) (NVwZ 2011, 1057); vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf Art. 193 AEUV Calliess, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Auflage 2011, Art. 193 AEUV, Rn. 11. 13 Die nachfolgende Analyse bezieht sich nicht auf die Errichtung von Windenergieanlagen in der ausschließlichen Wirtschaftszone (Gebiet seewärts des Küstenmeeres (12-Seemeilen-Zone) bis max. zur 200- Seemeilen-Grenze). 14 BGBl. I 2002, 3830. § 4 Abs. 1 Satz 1, 3 BImSchG lautet: „Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden , erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. […]Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird.“ 15 BGBl. I 1997, 504; zum Wegfall des Kriteriums der „Windfarm“ vgl. Wustlich, Die Änderungen im Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen, NVwZ 2005, 998; Weidemann, E = ?/2 · r2 · ? · v3 · t oder: Rechtsfragen der Zulassung von Windkraftanlagen im Spannungsfeld zwischen Klima- und Umweltschutz , DÖV 2011, 19. 16 Weidemann, Fn. 15 m.V.a. Wustlich, Fn. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 202/11 Seite 7 Zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Windkraftanlage darf diese „schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht [hervorrufen]“, §§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Es wird geprüft, ob die Windenergieanlage den Voraussetzungen des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (BNatSchG)17 entspricht. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG lautet: „Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen.“ Das deutsche Recht geht demnach – anders als das italienische – nicht von einem generellen Verbot von Windenergieanlagen in einem „Natura 2000“-Gebiet aus, sondern ordnet eine Verträglichkeitsprüfung unter den genannten Voraussetzungen an. Das Bundesverwaltungsgericht konstatierte, dass eine solche Verträglichkeitsprüfung dann erforderlich sei, „wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht ‚offensichtlich ausgeschlossen werden können‘“18.19 § 34 Abs. 7 Satz 1 BImSchG sieht für bestimmte geschützte Bereiche die Zulässigkeit strengerer Reglungen vor.20 § 34 Abs. 7 Satz 1 BImSchG lautet: „Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden , als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.“ Der Erlass strengerer, mitgliedstaatlicher Reglungen ist nach der dargestellten Rechtsprechung des EuGH zulässig. Die Normen, auf die der siebte Absatz des § 34 BImSchG verweist , enthalten zum Teil auch Verbote. So heißt es in § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG: „Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten.“ 17 BGBl. I 2009, 2542. 18 BVerwGE 128, 1, Rn. 60; BVerwG, Beschluss vom 26.2.2008 – 7 B 67.07, 7 B 67/07, Rn. 7 betrifft das Ausmaß und die Dichte der Verträglichkeitsprüfung (BeckRS 2008, 33770). 19 Weidemann, Fn.15, 25, verweist darauf, dass dies eine naturschutzfachliche Fragestellung sei, die nicht anhand rechtlicher Kriterien beantwortet werden könnte. 20 Gellermann, in: Landmann/Rohmer (Hrsg.), Umweltrecht, 61. Ergänzungslieferung 2011, § 20, Rn. 3 verweist darauf, dass der Bundesgesetzgeber diese verschiedenen Gebietstypen im Rahmen der §§ 20 ff. BNatSchG festgelegt hat, um trotz des Abweichungsrechts der Länder gemäß Art. 72 Abs. 3 Nr. 2 Var. 1 GG eine Einheitlichkeit zu bewahren; vgl. zum Abweichungsrecht der Länder allgemein Schulze Harling, Das materielle Abweichungsrecht der Länder. Art. 72 Abs. 3 GG, 2011, 85 f., 103 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 202/11 Seite 8 Diese Norm gilt über eine Verweisung auch für die Nationalparke, § 24 Abs. 4 BNatSchG. Dieser lautet: „Nationalparke sind unter Berücksichtigung ihres besonderen Schutzzwecks sowie der durch die Großräumigkeit und Besiedlung gebotenen Ausnahmen wie Naturschutzgebiete zu schützen.“21 Die genannten strengeren Reglungen i.S.v. § 34 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG verstoßen nicht gegen das Diskriminierungsverbot, da sie sich nicht allein auf Windkraftanlagen, sondern auf alle Handlungen beziehen, die die Gebiete bedrohen könnten. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit scheint gewahrt. Die genannten Normen sehen – anders als die italienischen – eine Prüfung der ökologischen Auswirkungen vor und ordnen nicht allein auf Grund des Status eines Gebiets, etwa als Nationalpark, ein Verbot der Errichtung bestimmter Anlagen an. Neben die Anforderungen an die „Natura 2000“-Gebiete treten diejenigen des Artenschutzes, die auch der Erhaltung der wildlebenden Vogelarten dienen, §§ 37 ff. BNatSchG. Auch diese Normen führen jedoch nicht zu einem generellen Verbot der Errichtung einer Windenergieanlage , vielmehr ist diese an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. So ordnet § 44 Abs. 1 BNatSchG ein Verbot ebenfalls nur unter den von ihm aufgestellten Bedingungen sowie nach vorheriger Prüfung und nicht allein für Windenergieanlagen an.22 Auch in dieser Hinsicht ist daher von einer Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Gerichtshofs auszugehen. Nach alledem löst das Urteil des EuGH für den nationalen Gesetzgeber keinen Handlungsbedarf aus. 21 Vgl. ferner § 30 BNatSchG: „Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten.“ 22 Dieser lautet: „Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören.“; vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 26.2.2008 – 7 B 67.07, 7 B 67/07, Rn. 10 (BeckRS 2008, 33770).