Einzelfragen zur Zuständigkeit für Infrastrukturmaßnahmen und Infrastrukturfinanzierung der Eisenbahn - Ausarbeitung - © 2008 Deutscher Bundestag WD 7 - 200/08 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Einzelfragen zur Zuständigkeit für Infrastrukturmaßnahmen und Infrastrukturfinanzierung der Eisenbahn Ausarbeitung WD 7 - 200/08 Abschluss der Arbeit: 14. Oktober 2008 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Leiters der Abteilung W. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Die Zuständigkeitsverteilung für die Eisenbahninfrastruktur nach dem Grundgesetz 3 3. Die Zuständigkeit für die Finanzierung des Ausbaus von zwei Strecken im Schienenpersonennahverkehr im Freistaat Bayern 5 3.1. Strecke Augsburg - Neusäß - Diedorf - Dinkelscherben 6 3.2. Strecke Augsburg - Donauwörth - Nürnberg 9 3.3. Möglichkeit einer Vorfinanzierung durch den Freistaat Bayern trotz bestehender Bundeszuständigkeit? 9 3.4. Fazit 10 4. Anpassung von Bahnsteighöhen 10 5. Literaturverzeichnis 10 - 3 - 1. Einleitung Den Gegenstand dieser Arbeit bilden Einzelfragen zur Zuständigkeit für Maßnahmen zur Verbesserung der Eisenbahninfrastruktur. Die ersten beiden Fragen betreffen den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in der Region Augsburg (Freistaat Bayern) und zwar hinsichtlich der Finanzierung zweier Streckenausbauvorhaben. Es soll geklärt werden, ob die Zuständigkeit für die Finanzierung dieser Vorhaben beim Bund oder beim Freistaat Bayern liegt. Die dritte Frage ist dagegen in örtlicher Hinsicht nicht konkretisiert und zielt auf eine mögliche Zuständigkeit des Bundes für ein Programm zur Anpassung der Bahnsteighöhen zur Vermeidung unvertretbar hoher Einsteigestufen. Im Einzelnen lauten die Fragen wie folgt: a) Wer wäre zuständig für die Finanzierung des Ausbaus der Bahnlinie Augsburg - Neusäß - Diedorf - Dinkelscherben in Form eines dritten Gleises? b) Wer wäre zuständig für die Finanzierung des Ausbaus der Bahnlinie Augsburg - Donauwörth - Nürnberg? (Und anknüpfend an a) und b): Kann der Freistaat Bayern trotz einer etwaigen Zuständigkeit des Bundes den Streckenausbau vorfinanzieren?) c) Gibt es ein Programm des Bundes zur Durchführung eines Bahnsteiganpassungsprogramms , durch welches die Bahnsteighöhen so an die neuen Züge angepasst werden, dass unvertretbar hohe Einsteigestufen, wie sie bislang auftreten , vermieden werden? Gemeinsames Thema aller drei Fragen ist die Verantwortlichkeit für das Schienennetz, wozu alle Anlagen zählen, die unmittelbar zur Abwicklung des Schienenverkehrs erforderlich sind, nicht nur Gleise, sondern auch Signalanlagen oder Bahnsteige, also die Eisenbahninfrastruktur.1 Zu den Besonderheiten der in a) und b) genannten Strecken und zur Frage c), haben sich die Verfasser an die Bayerische Eisenbahngesellschaft und an das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) gewandt (auf deren Auskünfte im Text gesondert hingewiesen wird). Von diesen Stellen liegen bislang nur skizzenhafte (und teils fernmündliche) Stellungnahmen vor. Die Antwort auf die Frage c) gibt lediglich die knapp gehaltene Auskunft des BMVBS wieder. 2. Die Zuständigkeitsverteilung für die Eisenbahninfrastruktur nach dem Grundgesetz Vorausgeschickt werden muss, dass die Infrastruktur (das Netz) grundlegend zu unterscheiden ist von dem Bereich der Verkehrsleistungen, also dem Betrieb der Schienenwege mit Zügen. Die Trennung dieser beiden Bereiche geht zurück auf europarechtliche 1 Uerpmann, Robert, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar III, 5. Auflage 2003, Rn. 16 b zu Artikel 87 e. - 4 - Vorgaben, genauer auf Artikel 6 der Richtlinie 91/440/EWG2. Hintergrund der Trennung von Netz und Verkehr ist das Ziel, im Bereich des Verkehrs für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen (Anbieter von Verkehrsleistungen) einen diskriminierungsfreien Netzzugang zu gewährleisten, unabhängig von einem natürlichen Monopol im Bereich des Netzes (Stichwort Unsinnigkeit von Parallelnetzen).3 Die Verantwortlichkeit für die Eisenbahninfrastruktur hat 19934 im Zuge der Bahnreform eine wichtige Änderung erfahren durch die Aufnahme von Artikel 87e in das Grundgesetz (GG)5. Artikel 87e GG regelt das gesamte Eisenbahnverfassungsrecht neu, weist aber zugleich einen fragmentarischen Charakter auf, der unter anderem darin zum Ausdruck kommt, dass die Norm nur Aussagen für die Eisenbahnen des Bundes macht, nicht jedoch für die nichtbundeseigenen Eisenbahnen, für die gemäß Artikel 83, 30 GG die Länder zuständig sind.6 Dabei sind nach der Legaldefinition in Artikel 73 Abs. 1 Nr. 6a GG Eisenbahnen des Bundes solche Eisenbahnen, die ganz oder mehrheitlich im Eigentum des Bundes stehen. Dieses formale Kriterium der Eigentumsverhältnisse entscheidet aber nicht unabänderlich über die Zuständigkeiten: Letztlich gibt das Grundgesetz die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern für das Eisenbahnwesen in die Hand des einfachen Gesetzgebers, da Artikel 87e Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG die Übertragung von Aufgaben des Bundes auf die Länder und umgekehrt ermöglicht. Zur Eisenbahninfrastruktur, die allein hier von Interesse ist, finden sich wichtige Regelungen in Artikel 87e Abs. 3 und Abs. 4 GG, dessen Satz 1 eine Grundverantwortung des Bundes für das gesamte Eisenbahnwesen einschließlich der Eisenbahninfrastruktur normiert.7 Dies schließt auch Finanzhilfen für die Infrastruktur und eine entsprechende Bindung des Haushaltsgesetzgebers ein. Der Bund hat also zu gewährleisten, dass die nach der in Artikel 87e Abs. 3 GG geregelten Organisationsprivatisierung in privatwirtschaftlicher Form geführten Eisenbahnunternehmen weiterhin die öffentlichen Infrastrukturinteressen hinreichend berücksichtigen. Dies betrifft heute die unter dem Dach 2 Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft, ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 25–28, abgerufen unter http://eurlex .europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31991L0440:EN:HTML (Stand: 7. Oktober 2008). 3 Möstl, in: Maunz/Dürig GG-Kommentar (Loseblatt), Rn. 111 - 113 in der umfangreichen Kommentierung zu Artikel 87 e, 48. Ergänzungslieferung November 2006. 4 Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2089), in Kraft getreten am 23. Dezember 1993. 5 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (BGBl. S. 1), vom 23. Mai 1949, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG vom 28. 8. 2006 (BGBl. I S. 2034). 6 Zum fragmentarischen Charakter des Artikels 87 e GG siehe Möstl, in: Maunz/Dürig GG- Kommentar (Loseblatt), Rn. 13 in der umfangreichen Kommentierung zu Artikel 87 e, 48. Ergänzungslieferung November 2006. 7 Uerpmann, Robert, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar III, 5. Auflage 2003, Rn. 16 zu Artikel 87 e. - 5 - der Deutschen Bahn AG versammelten Eisenbahnunternehmen, die aus der früheren Bundesbahn bzw. Reichsbahn hervorgegangen sind. Zu einem dauerhaften Infrastrukturauftrag des Bundes wird dieser Gewährleistungsauftrag durch den in Artikel 87e Abs. 3 Sätze 2 und 3 GG enthaltenen sogenannten Schienenwegevorbehalt , welcher einer Kapitalprivatisierung der Eisenbahnen des Bundes im Bereich der Schienenwegeinfrastruktur Grenzen zieht: Das Grundgesetz schreibt vor, dass eine solche Kapitalprivatisierung der Infrastrukturunternehmen erstens eines zustimmungsbedürftigen Gesetzes (Gesetzesvorbehalt) bedarf und dass zweitens die Anteilsmehrheit im Bereich der Schienenwege beim Bund verbleiben muss. 3. Die Zuständigkeit für die Finanzierung des Ausbaus von zwei Strecken im Schienenpersonennahverkehr im Freistaat Bayern Die ersten beiden Fragen (siehe oben a) und b)) beziehen sich auf die Finanzierung von Ausbaumaßnahmen für den SPNV, der vom Personenfernverkehr und vom Güterverkehr zu unterscheiden ist. Der SPNV ist Teil des Öffentlichen Personennahverkehrs, der in § 2 Regionalisierungsgesetz (RegG)8 einfachgesetzlich legaldefiniert ist als Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr, in dem die Mehrzahl der Fahrgäste nicht mehr als 50 Kilometer zurücklegt oder nicht länger als eine Stunde unterwegs ist. Der Nahverkehr weist Besonderheiten gegenüber dem Fernverkehr auf. Neben der Organisationsprivatisierung der Eisenbahnen des Bundes und der Ermöglichung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs verfolgte die Bahnreform ein weiteres Ziel, nämlich die Übertragung der Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung für das Verkehrsangebot im SPNV auf die Länder, was als Regionalisierung bezeichnet wird. Anders als der Fernverkehr stellt der öffentliche Nahverkehr ein strukturell defizitäres Marktsegment dar.9 Gleichzeitig kommt einem ausreichenden Nahverkehrsangebot und insbesondere der Schiene eine eminent wichtige Bedeutung als Alternative zum Individualverkehr zu. § 1 Abs. 1 RegG bestimmt deshalb, dass die Gewährleistung des öffentlichen Personennahverkehrs eine Aufgabe der Daseinsvorsorge ist. Die durch die Bahnreform herbeigeführte Zuständigkeit der Länder für die Verkehrsangebote im SPNV ergibt sich aus einer Gesamtschau der folgenden Verfassungsnormen: - Artikel 143a Abs. 3 GG, der anordnet, dass die Verwaltungskompetenz des Bundes für den SPNV am 31.12.1995 endete (argumentum e contrario), 8 Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs, vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378), zuletzt geändert durch Art. 1 Zweites ÄndG vom 12. 12. 2007 (BGBl. I S. 2871). 9 Möstl, in: Maunz/Dürig GG-Kommentar (Loseblatt), Rn. 138 in der umfangreichen Kommentierung zu Artikel 87 e, 48. Ergänzungslieferung November 2006. - 6 - - Artikel 30 GG, der mangels einer anderweitigen Grundgesetzbestimmung die Erfüllung der staatlichen Aufgaben grundsätzlich den Ländern zuweist und schließlich aus dem - Umkehrschluss aus Artikel 87 e Abs. 4 Satz 1 letzter Halbsatz, der vom Gewährleitungsauftrag des Bundes eine Ausnahme für den SPNV macht. Als Ausgleich für die sich aus der Regionalisierung ergebenden neuen Aufgaben der Länder ordnet Artikel 106a GG abweichend von dem Konnexitätsgrundsatz nach Artikel 104a Abs. 1 GG an, dass die Länder aus dem Steueraufkommen des Bundes einen Ausgleichsbetrag zur Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs erhalten.10 Das Nähere ist im Regionalisierungsgesetz geregelt. Die aufgrund dieses Gesetzes an die Länder verteilten Geldmittel werden Regionalisierungsmittel genannt. Jedoch bezieht sich die Regionalisierung ausschließlich auf den Bereich der Verkehrsleistungen , nicht jedoch auf die Schieneninfrastruktur: Schon vom Wortlaut des Artikels 87e Abs. 4 GG her seien nämlich nur die Verkehrsangebote, aber nicht das zugehörige Streckennetz vom Gewährleistungsauftrag des Bundes ausgenommen.11 Im Infrastrukturbereich ist zudem wohl eine klare Trennung nach Nah- und Fernverkehr sowieso nicht möglich, da viele Strecken sowohl dem Fern- als auch dem Nahverkehr dienen. Somit hat der Bund einen Infrastrukturauftrag trotz Regionalisierung auch für den SPNV. 3.1. Strecke Augsburg - Neusäß - Diedorf - Dinkelscherben Die obigen Ausführungen stecken den verfassungsrechtlichen Rahmen für die Frage ab, wer für die Finanzierung eines dritten Gleises auf der Nahverkehrsstrecke Augsburg - Neusäß - Diedorf - Dinkelscherben zuständig ist. Aus dem Gesagten erhellt aber noch nicht, wie der Bund seiner Infrastrukturgewährleistungspflicht aus Artikel 87e Abs. 4 GG in concreto nachkommt, und welche Rolle die Eisenbahnen des Bundes, die Länder und die Gemeinden bei der Infrastrukturfinanzierung spielen. Gemäß Artikel 87e Abs. 4 Satz 2 GG wird das Nähere durch Bundesgesetz geregelt. Nähere Regelungen finden sich im Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSchwAG)12 für die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes, speziell auch für den SPNV. 10 Kube, in: Beck’scher Online-Kommentar, Artikel 106a (Stand: 01.02.2008); Hidien, Der spezielle Finanzierungsausgleich gem. Art. 106a GG, in: DVBl. 1997, 595. 11 Uerpmann, Robert, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar III, 5. Auflage 2003, Rn. 17a zu Artikel 87 e. 12 Gesetz über den Ausbau der Schienenwege des Bundes [VI-B-57], vom 15.11.1993 (BGBl. I S. 1874), zuletzt geändert Neunte ZuständigkeitsanpassungsVO vom 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407, 2448). - 7 - Gemäß § 8 Abs. 1 BSchwAG finanziert der Bund Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes, auch in ihren Ausbau. Welche Vorhaben vom Bund im Einzelnen finanziert werden richtet sich nach dem Bedarfsplan im Anhang zum BSchwAG. Gemäß Absatz 2 sind von diesen Investitionsmitteln des Bundes 20 Prozent für den SPNV zu verwenden. Dabei soll sich die Deutsche Bahn AG mit dem jeweiligen Bundesland abstimmen, in dem die Investitionsmaßnahme stattfinden soll. Die Beteiligung des jeweiligen Landes erscheint schon deshalb unerlässlich, weil für die Verkehrsangebote auf den Nahverkehrswegen wegen der Regionalisierung die Länder zuständig sind und sich daraus ein Spannungsverhältnis zu der Verantwortlichkeit des Bundes für das Gesamtnetz ergibt.13 Gemäß § 8 Abs. 3 BSchwAG berühren diese Vorgaben der ersten beiden Absätze zu Bundesinvestitionen nicht die Möglichkeiten einer Finanzierung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG)14 sowie einer Finanzierung durch andere Gebietskörperschaften (Länder oder Gemeinden) oder durch Dritte. Das GVFG dient der Verbesserung der Finanzverhältnisse der Gemeinden durch Finanzhilfen des Bundes. Zu der Frage, inwieweit auch die oben bereits erwähnten Regionalisierungsmittel, die den Ländern als Ausgleich für SPNV-Aufgaben vom Bund zufließen und die im RegG geregelt sind, von den Ländern für Infrastrukturinvestitionen verwendet werden bzw. verwendet werden dürfen, haben die Verfasser keine klaren Hinweise aus allgemein zugänglichen Quellen gefunden. Jedenfalls scheinen Mittel für die Infrastruktur bisher in den Zuweisungen nach Artikel 106a GG nicht enthalten zu sein.15 Das BSchwAG macht, wie auch Artikel 87e GG, die Kompetenzfrage von zwei verschiedenen Unterscheidungsmerkmalen abhängig: erstens die Unterscheidung Eisenbahnen des Bundes/nichtbundeseigene Eisenbahnen und zweitens die Unterscheidung SPNV/Fernverkehr. Dies erscheint verwirrend, weil Bundeseisenbahnen auch im Nahverkehr tätig werden und nichtbundeseigene Eisenbahnen nicht auf diesen beschränkt sind.16 13 Möstl spricht in diesem Zusammenhang von überschießenden Kompetenzen des Bundes, in: Maunz/Dürig GG-Kommentar (Loseblatt), Rn. 140 in der umfangreichen Kommentierung zu Artikel 87 e, 48. Ergänzungslieferung November 2006. 14 Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden [VII-B-71], zuletzt geändert Neunte ZuständigkeitsanpassungsVO, vom 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407, 2444). 15 Möstl, in: Maunz/Dürig GG-Kommentar (Loseblatt), Rn. 142 in der umfangreichen Kommentierung zu Artikel 87 e, 48. Ergänzungslieferung November 2006. 16 Möstl beschreibt dies als Querstehen des formalen (auf die Eigentumsverhältnisse abstellenden) Kriteriums zu dem materiellen (auf den Nahverkehr bezogenen) Kriterium, in: Maunz/Dürig GG- Kommentar (Loseblatt), Rn. 6 und 141 in der umfangreichen Kommentierung zu Artikel 87 e, 48. Ergänzungslieferung November 2006. - 8 - Eine Finanzierung durch den Bund nach § 8 Abs. 2 BSchwAG setzt jedenfalls voraus, dass ein Schienenweg der Eisenbahn des Bundes vorliegt und die Mittel dem SPNV dienen. Deshalb haben sich die Bearbeiter um eine Einstufung der Bahnstrecke Augsburg - Dinkelscherben unter diesen Gesichtspunkten bemüht. Auf telefonische Nachfrage hat die Bayerische Eisenbahngesellschaft dazu folgendes mitgeteilt: - Die Strecke Augsburg - Neusäß - Diedorf - Dinkelscherben wird von der DB Netz AG betrieben. - Die Verkehrsleistungen werden für den SPNV bei der DB Regio AG bestellt. Daneben wird die Strecke aber auch von Fernverkehrszügen befahren. - Im Übrigen sei unklar, ob der Ausbaubedarf aus einem höheren Nahverkehrsaufkommen oder aber aus einer stärkeren Nutzung als Fernverkehrsstrecke resultiert . Bei der DB Netz AG handelt es sich um ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Deutschen Bahn AG, die im Eigentum des Bundes steht.17 Dies spricht dafür die Strecke Augsburg - Dinkelscherben als Schienenweg der Eisenbahnen des Bundes im Sinne des BSchwAG zu qualifizieren. Ob es sich bei der geplanten Ausbaumaßnahmen dieser Strecke um eine Investition handelt, die im Sinne des § 8 Abs. 2 BSchwAG dem Schienenpersonennahverkehr dient, kann von hiesiger Seite nicht abschließend beurteilt werden. Außerdem ist folgenden zu beachten: Selbst wenn es sich bei dem Ausbauvorhaben um eine Investition in Schienenwege des Bundes handelt, die dem SPNV dient, sagt dies im konkreten Einzelfall noch nichts über eine Verpflichtung des Bundes zu seiner Finanzierung aus. Denn nach dem BSchwAG wird ein Infrastrukturvorhaben nur dann gefördert , wenn es in den Bedarfsplan für die Bundesschienenwege aufgenommen wird, der nach politisch-wirtschaftlichen Gesichtspunkten aufgestellt wird.18 Ein Anspruch auf Aufnahme eines bestimmten Vorhabens in den Bedarfsplan kann dem BSchwAG nicht entnommen werden. An dieser Stelle soll noch darauf hingewiesen werden, dass sich aus § 8 Abs. 3 BSchwAG ergibt, dass der Freistaat Bayern Investitionen in die Schienenwege des SPNV auch dann mit eigenen Mitteln fördern kann, wenn es sich um Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes handelt. Jedenfalls ist der Freistaat gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BSchwAG in die entsprechenden Planungen einzubeziehen. Investitionen des Bundes 17 Nota bene: Die Konzernstruktur der Deutschen Bahn AG wird umstrukturiert, siehe hierzu http://www.db.de/site/bahn/de/unternehmen/unternehmen.html. 18 Burger, Zuständigkeit und Aufgaben des Bundes für den öffentlichen Personenverkehr nach Art. 87e GG, Seite 124 ff., Baden-Baden 1998. - 9 - nach BSchwAG setzen eine Aufnahme in den Bedarfsplan voraus. Der Bedarfsplan wird vom Deutschen Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates als Anhang zu BSchwAG beschlossen.19 Nach Auskunft des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) liege die Zuständigkeit für die Verbesserung des Nahverkehrs in der Region Augsburg durch ein S-Bahn-System aus Sicht des Eisenbahn-Bundesamts beim Freistaat . Für derartige Projekte, die der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden dienen, käme bislang allerdings eine Förderung nach dem GVFG in Betracht. Falls zeitgleich eine Ausbaunotwendigkeit im Zuge des in den Bedarfsplan nach BSchwAG aufgenommenen Vorhabens ABS/NBS Stuttgart - Ulm - Augsburg gegeben sei, komme eine Teilung der Kosten zwischen BSchwAG und Nachfolgeregelung GVFG in Betracht. Sowohl BSchwAG als auch GVFG haben -wie bereits oben dargestellt - Investitionen bzw. Finanzhilfen des Bundes zum Gegenstand. 3.2. Strecke Augsburg - Donauwörth - Nürnberg Die Bayerische Eisenbahngesellschaft hat hinsichtlich der Strecke Augsburg - Donauwörth - Nürnberg die gleiche Auskunft erteilt wie zu der Strecke Augsburg Dinkelscherben . Deswegen kann hier auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Auch für dieses Vorhaben liege nach Auskunft des BMVBS aus Sicht des Eisenbahn- Bundesamtes die Zuständigkeit beim Freistaat. Ziel des Vorhabens sei offensichtlich ebenfalls die Verbesserung des Nahverkehrs in der Region Augsburg durch ein S-Bahn- System. Da das Vorhaben der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden diene, komme auch hier eine Förderung nach GVFG in Betracht. 3.3. Möglichkeit einer Vorfinanzierung durch den Freistaat Bayern trotz bestehender Bundeszuständigkeit? Zwar trifft den Bund der Gewährleistungsauftrag für die Schieneninfrastruktur aus Artikel 87e Abs. 4 GG, der aber der näheren einfachgesetzlichen Ausgestaltung bedarf. Aus dem BSchwAG, das das Nähere regelt, ergibt sich keine Zuständigkeit des Bundes für die Finanzierung der beiden genannten Vorhaben in der Region Augsburg, soweit sie nicht etwa dem im Bedarfsplan ausgewiesenen Vorhaben ABS/NBS Stuttgart - Ulm - Augsburg zuzurechnen sind. Erforderlich wäre also eine Aufnahme der Projekte in den Bedarfsplan nach BSchwAG, was in der Hand des Bundesgesetzgebers liegt. Die in der Frage vorausgesetzte Bundeszuständigkeit besteht deshalb augenblicklich nicht. Aus Sicht des Eisenbahn-Bundesamts liegt die Zuständigkeit ohnehin beim Freistaat. 19 BGBl. I 2004, 2322 - 2323. - 10 - 3.4. Fazit Ob der Bund mit dem BSchwAG und dem Bedarfsplan seinem Gewährleistungsauftrag für das Gesamtnetz aus Artikel 87e Abs. 4 GG genügt, ist nicht Gegenstand dieser Arbeit 20. Ohne eine Aufnahme der Vorhaben in den Bedarfsplan, ist der Freistaat für die Finanzierung zuständig, auch wenn hierfür auf Bundesmittel jedenfalls aus dem GVFG zurückgegriffen werden kann. Auf Seiten der Bayerischen Eisenbahngesellschaft wird laut telefonischer Auskunft aber möglicherweise der Standpunkt vertreten, dass dem Bund für die Finanzierung der Vorhaben die Zuständigkeit nach BSchwAG zugewiesen werden könnte. Aus Sicht des Eisenbahnbundesamtes liegt wohl dagegen die Zuständigkeit beim Freistaat Bayern. 4. Anpassung von Bahnsteighöhen Laut BMVBS hat das Eisenbahn-Bundesamt wie folgt Stellung genommen: Es existiere kein explizites Programm des Bundes zur Bahnsteighöhenanpassung. Sofern Bahnsteige abgängig seien und erneuert werden müssten und die Bahnsteige sich im Eigentum der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes befänden, stehe das BSchwAG zur Verfügung, das Investitionen in die Schieneninfrastruktur durch den Bund regelt. 5. Literaturverzeichnis Burger, Benedikt, Zuständigkeit und Aufgaben des Bundes für den öffentlichen Personenverkehr nach Art. 87e GG, Baden-Baden 1998. Hidien, Jürgen W., Der spezielle Finanzierungsausgleich gem. Art. 106a GG, in: DVBl. 1997, 595. Kube, Hanno, in: Beck’scher Online-Kommentar, Artikel 106a (Stand: 01.02.2008) Uerpmann, Robert, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar III, 5. Auflage 2003, Rn. 16 b zu Artikel 87 e. Möstl, Markus, in: Maunz/Dürig GG-Kommentar (Loseblatt), Rn. 111 - 113 in der umfangreichen Kommentierung zu Artikel 87 e, 48. Ergänzungslieferung November 2006. 20 Zum Verhältnis von §§ 8 ff. BSchwAG zu den grundgesetzlichen Vorgaben siehe die Monographie von Burger, Zuständigkeit und Aufgaben des Bundes für den öffentlichen Personenverkehr nach Art. 87e GG, Seite 100 ff., Baden-Baden 1998.