© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 199/19 Entschädigungszahlungen des Staates an Pauschalreisende Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 199/19 Seite 2 Entschädigungszahlungen des Staates an Pauschalreisende Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 199/19 Abschluss der Arbeit: 9. Januar 2020 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 199/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Rechtslage in Deutschland 4 3. Bestrebungen der Bundesregierung 5 4. Bisherige parlamentarische Beratungen 6 5. Entschädigungsverpflichtung 7 6. Vergleichbare Fälle 8 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 199/19 Seite 4 1. Einleitung Im Insolvenzfall des Reiseunternehmens Thomas Cook beabsichtigt die Bundesregierung, die Kunden zu entschädigen. Im Gegenzug sollen die Kunden ihre Ansprüche, die sie gegenüber der Zurich Versicherung haben, an die Bundesregierung abtreten. Diese beabsichtigt, die abgetretenen Ansprüche dann „aus einer Hand zu verfolgen“. Von Interesse ist es auch, wie die Bundesregierung in ähnlich gelagerten Fällen vorgegangen ist. In diesem Zusammenhang wird zunächst die Rechtslage in Deutschland bei Pauschalreisen vorgestellt (Ziffer 2.). Dem schließen sich Ausführungen zu der Pressemitteilung der Bundesregierung zu entsprechenden Entschädigungsleistungen (Ziffer 3.). Die bisherigen parlamentarischen Beratungen werden sodann dargestellt (Ziffer 4.). Im Anschluss daran wird die Frage beleuchtet, ob für diese Entschädigungsleistungen eine rechtliche Verpflichtung, beispielsweise nach dem möglicherweise in Betracht kommenden Staatshaftungsrecht bestehen könnte (Ziffer 5.). Schließlich werden unter Ziffer 6. ähnliche Fallkonstellationen vorgestellt. 2. Rechtslage in Deutschland Der Art. 17 der EU-Pauschalreiserichtlinie wurde durch die §§ 651r und 651t des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in deutsches Recht umgesetzt. Hiermit wird der Reiseveranstalter verpflichtet , den Reisenden für den Fall der Insolvenz abzusichern. Zur Erfüllung dieser Pflicht schließt der Reiseveranstalter einen Versicherungsvertrag mit einem Versicherer. Dieser Vertrag enthält eine Versicherung zu Gunsten des Reisenden. Erfolgt keine derartige Versicherung , so darf er von dem Reisenden nach § 651t BGB auch nicht verlangen, für die Reise im Voraus zu zahlen. Außerdem hat er dem Reisenden den Namen und die Kontaktdaten des Versicherers vor der Bezahlung mitzuteilen. Im Falle der Insolvenz hat der Reisende dann einen unmittelbaren Anspruch gegen die Versicherung . Von dieser kann er entweder die Fortsetzung der Reise oder die Erstattung seiner Mehraufwendungen verlangen. Diese Forderung hat die Versicherung unverzüglich zu erfüllen, vgl. hierzu im Einzelnen das 3. Reiserechtsänderungsgesetz (ReiseRÄndG) vom 17.7.2017 (BGBl. 2017 I, S. 2394), abrufbar unter (Stand: 30.12.2019):https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger _BGBl&start=//*[@attr_id=%27bgbl117s2394.pdf%27]#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr _id%3D%27bgbl117s2394.pdf%27%5D__1577714072454. Nach deutschem Recht (vgl. § 651 Abs. 3 S. 1 BGB) kann die Versicherung ihre Haftung für auf diese Weise zu erstattende Beträge für ein Geschäftsjahr auf einen Betrag von insgesamt 110 Millionen Euro beschränken. Zu den Erwägungsgründen des Gesetzgebers im Einzelnen wird besonders verwiesen auf BT-Drucks. 18/10822, S. 89 und 118, abrufbar unter: http://dip21.bundestag .de/dip21/btd/18/108/1810822.pdf (Letzter Abruf: 30.12.2019), Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 199/19 Seite 5 zur Grenze von 110 Millionen Euro vgl. auch Antwort der Bundesregierung auf BT- Drucks. 19/13890, S. 60/61, abrufbar unter (Stand: 30.12.2019): https://dipbt.bundestag .de/doc/btd/19/138/1913890.pdf. Übersteigen die Ersatzforderungen diesen Betrag, verringern sich die einzelnen Erstattungsansprüche der Reisenden in dem Verhältnis, in dem ihr Gesamtbetrag zum Höchstbetrag steht. 3. Bestrebungen der Bundesregierung Nach einer Pressemitteilung der Bundesregierung sollen Kunden einen Ausgleich für die Schäden erhalten, die Ihnen durch die Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook entstanden sind. Schäden, die nicht von anderer Seite ausgeglichen werden, seien durch den Bund zu ersetzen . Der Reiseveranstalter Thomas Cook sei nach der EU-Pauschalreiserichtlinie verpflichtet gewesen, die Vorauszahlungen von Reisenden gegen Insolvenz abzusichern. Dies sei durch eine Kundengeldversicherung bei der Zurich Public Limited Company (plc) erfolgt. Hierauf hätten die Kunden vertraut. Die Zurich-Versicherung habe signalisiert, dass sie die Reisevorauszahlungen der betroffenen Kunden nur zu einem geringen Teil erstatten werde. Die Versicherung berufe sich dabei auf die Haftungsbegrenzung in Höhe von 110 Millionen Euro pro Geschäftsjahr. Das deutsche Reiserecht orientierte sich bei der Begrenzung der Kundengeldabsicherung an der Größe der bisher bekannten Insolvenzen von Reiseveranstaltern. Die Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas-Cook sprenge diesen Rahmen bei weitem. Der Fall werfe eine Vielzahl von schwierigen Rechtsfragen auf, die bislang ungeklärt seien. Unter anderem stelle sich die Frage, ob die Haftungssumme richtig berechnet worden sei. Außerdem könnten Ansprüche an der Insolvenzmasse oder gegenüber anderen Beteiligten bestehen. Es sei den Kunden nicht zumutbar, jeweils auf sich gestellt für die Klärung der komplexen offenen Rechtsfragen zu sorgen. Tausende von Klageverfahren – gegebenenfalls sogar gegen verschiedene Beteiligte - müssten geführt werden. Langjährige Rechtsstreitigkeiten mit entsprechend hohen Anwalts- und Verfahrenskosten - bei ungewissem Ausgang - wären die Folge. Die Bundesregierung lasse es hierbei nicht bewenden. Die Pauschalreisenden hätten darauf vertraut , dass die ausgegebenen Sicherungsscheine ihre Schäden im Falle einer Insolvenz abdecken würden. Es sei deshalb beabsichtigt, den Kunden des Reiseveranstalters Thomas-Cook anzubieten, die Differenz zwischen ihrer Zahlung und dem, was sie von der Versicherung Zurich oder von anderer Seite zurückerhalten, auszugleichen. Dies erfolge ohne Anerkennung einer Rechtspflicht aus Gründen des Vertrauensschutzes und zur Vermeidung zahlreicher Rechtsstreitigkeiten. Im Gegenzug seien die Ansprüche der Betroffenen an den Bund abzutreten, der diese Ansprüche aus einer Hand verfolgen werde. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 199/19 Seite 6 Nur so könne eine erhebliche Prozesslawine verhindert, eine konzentrierte Rechtsklärung vorangetrieben und am Ende der mögliche Schaden für den Steuerzahler so gering wie möglich gehalten werden. Für die Abwicklung und Auszahlung an die Kunden werde ein möglichst einfaches und kostenfreies Verfahren bereitgestellt. Die Kunden müssten aktuell nicht selbst aktiv werden, um ihre Rechte zu wahren. Die Bundesregierung werde sie Anfang 2020 über die weiteren Schritte zur Abwicklung informieren, Vgl. Pressemitteilung der Bundesregierung Nr. 417 vom 11.12.2019, abrufbar unter (Stand: 23.12.2019): file:///W:/GLW_wd7-gl/Elektronische%20Akten %202019/WD%207-3000-205-19%20%20Hil%20Insolvenz%20abtretung %20der%20Anlsprüche%20an%20Bundesregierung/Bundesregierung%20_%20Aktuelles %20_%20Bundesregierung%20lässt%20Thomas-Cook-Kunden %20nicht%20im%20Regen%20stehen.html . 4. Bisherige parlamentarische Beratungen Zu diesen Bestrebungen der Bundesregierung wird in einer Presseberichterstattung darauf verwiesen , dass Schätzungen zufolge sich die Entschädigungsleistungen in der Höhe eines dreistelligen Millionenbetrages bewegten und letztlich der Steuerzahler die Kunden entschädige, die Opfer einer Insolvenz geworden seien. Die Bundesregierung sei hierdurch „höchstwahrscheinlich“ Gerichtsurteilen zuvor gekommen, die sie zur Zahlung hätten verpflichtet. Es bestehe der „dringende Verdacht“, dass der Staat „im Leichtsinn“ die EU-Pauschalreiserichtlinie unzureichend umgesetzt habe, weil dies allen Beteiligten als kostengünstige Lösung erschienen sei, vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 11.12.2019,“Thomas Cock – Teure Urlaubshilfe “; abrufbar unter (Stand: 24.12.2019): https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen /insolvenz-von-thomas-cook-teure-urlauberhilfe-16530176.html. Die (mündliche) Unterrichtung durch die Bundesregierung „über die von der Bundesregierung beschlossene Entschädigung der Kunden des insolventen Reiseunternehmens Thomas Cook, insbesondere über die Aspekte der Rechtsgrundlage, der Abgrenzung der Anspruchsberechtigten, der Finanzierung der Entschädigung, die Überarbeitung des Systems des Insolvenzschutzes im Reiserecht sowie über das weitere Verfahren mit den an den Bund abzutretenden Forderungen der Geschädigten“ war als Tagesordnungspunkt 26 für die 52. Sitzung des Haushaltsausschusses am Mittwoch, dem 18. Dezember 2019, 15:00 Uhr zur Beratung vorgesehen, vgl. Deutscher Bundestag, Tagesordnung des Haushaltsausschusses vom 17.12.2019; abrufbar unter (Stand: 24.12.2019): https://www.bundestag.de/resource /blob/672978/f5e3fef8adf36c2132908ebcbaa2074f/052_sitzung-data.pdf. Nach einer weiteren Presseberichterstattung sei dieser Tagesordnungspunkt jedoch wieder von der Tagesordnung der nichtöffentlichen Sitzung des Haushaltsausschusses abgesetzt worden. Ein entsprechender Tagesordnungspunkt sei auch zuvor in der 72. Sitzung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch, dem 18.12.2019, 09:00 Uhr nicht beraten worden, Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 199/19 Seite 7 vgl. Manfred Schäfers, FAZ vom 18.12.2019, „Woher soll das Geld für Thomas-Cook- Kunden kommen?“; abrufbar unter (Stand: 24.12.2019): https://www.faz.net/aktuell /wirtschaft/thomas-cook-regierung-hat-keine-geldquelle-fuer-entschaedigung- 16541707.html Als Tagesordnungspunkt 16 lit. b) war auf einer Sammelliste – ohne Aussprache - die Beratung der Auswirkungen der Insolvenz des Thomas-Cook Konzerns vorgesehen (Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. Oktober 2019 zu den negativen Auswirkungen der Insolvenz von Thomas Cook auf den Tourismus in der EU), vgl. Deutscher Bundestag, Tagesordnung für die 72. Sitzung des Ausschusses für Verbraucherschutz und Recht vom 16.12.2019,; abrufbar unter (Stand: 24.12.2019): https://www.bundestag.de/resource /blob/673164/db16ba15356d608c159a4baf38752f52/a06_to74-data.pdf. 1. Änderungs-/Ergänzungsmitteilung vom 16.12.2019; https://www.bundestag.de/resource /blob/673690/04a392574cbc41c962ecd1f9b7b05bab/a06_to74_1-ergaend--data.pdf. 2. Änderungs-/Ergänzungsmitteilung vom 17.12.2019; https://www.bundestag.de/resource /blob/674380/c3a05d8cb76febe8dced6fa83f533ecc/a06_to73_2-ergaend--data.pdf 5. Entschädigungsverpflichtung Eine Entschädigungspflicht der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den Kunden des Pauschalreiseveranstalters Thomas Cook könnte sich nach einer Medienberichterstatttung aus dem Staatshaftungsrecht wegen der mangelnden Umsetzung der angesprochenen Pauschalreiserichtlinie ergeben, vgl. bspw. FOCUS-Online vom 28.11.2019, „Thomas-Cook-Kunde verklagt den deutschen Staat auf höhere Entschädigung“, abrufbar unter (Stand: 26.12.2019: https://www.focus.de/finanzen/boerse/thomas-cook-pleite-thomas-cook-kunde-verklagtden -deutschen-staat-auf-hoehere-entschaedigung_id_11397602.html. Inwiefern derartige Klagen Aussicht auf Erfolg haben, bestimmt sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles. Nach seinen Verfahrensgrundätzen prüfen die Wissenschaftlichen Dienste keine derartigen Fallkonstellationen. Festzustellen ist allerdings, dass zurzeit keine gesetzliche Verpflichtung besteht, die Pauschalreisenden des insolventen Reiseveranstalters zu entschädigen , vgl. auch Wissenschaftliche Dienste (Hrsg.), Unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch wegen fehlerhafter Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie, Ausarbeitung PE 6 - 3000 – 092/19; abrufbar unter (Stand: 08.01.2020): https://www.bundestag.de/resource /blob/672044/55d940ccec830f73e2b58c7d66e7fdfc/PE-6-092-19-pdf-data.pdf. Teilweise wird auch die Auffassung vertreten, dass die Kosten für die Rückholung von Pauschalreisenden eines insolventen Reiseveranstalters zusätzlich zu der erwähnten Obergrenze von 110 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 199/19 Seite 8 Millionen zu rechnen seien. Dann beliefe sich die Deckungssumme auf insgesamt 170 Millionen Euro. Darüber sei mit dem Versicherer bislang keine Einigung erzielt worden und gegebenenfalls gerichtlich zu klären, vgl. Anger, Heike/Neuerer, Dietmar, „Bundesjustizministerin im Interview, Lambrecht droht Zurich in Thomas-Cook-Streit mit Klage – Bundesregierung kauft sich nicht frei“, Handelsblatt vom 26.12.2019, abrufbar unter (Stand: 26.12.2019: https://www.handelsblatt .com/politik/deutschland/bundesjustizministerin-im-interview-lambrecht-droht-zurich -in-thomas-cook-streit-mit-klage-bundesregierung-kauft-sich-nichtfrei /25356992.html?ticket=ST-36544094-iFcWKCnIHf0VWnK7efvF-ap6 Es entspricht einer gängigen Rechtspraxis, einen möglichen Rechtsstreit mit komplexen Rechtsfragen und einem ungewissen gerichtlichen Ausgang im Wege eines außergerichtlichen Vergleichs beizulegen. Bestandteil eines derartigen Vergleichs oder entsprechenden Entschädigungsregelungen ist dabei regelmäßig, dass mögliche Ansprüche des Entschädigten gegenüber der Insolvenzmasse , vgl. hierzu bspw. Zeit-Online vom 30.12.2019, „Fonds kauft Call-Center-Tochter von Thomas Cook“, abrufbar unter (Stand: 30.12.2019): https://www.zeit.de/news/2019- 12/30/fonds-kauft-call-center-tochter-von-thomas-cook, oder gegen Dritte an den Bund abgetreten werden. 6. Vergleichbare Fälle Vergleichbare Fälle, in denen die Bundesregierung die Rechtsdurchsetzung der Ansprüche von Pauschalreisenden gegenüber einem Reiseveranstalter übernimmt, wie im Fall der Thomas-Cook- Insolvenz, sind nicht ersichtlich. Allerdings sind aus der Vergangenheit Fälle bekannt, in denen die Bundesrepublik Deutschland versuchte, private Interessen durch Entschädigungszahlungen, Stiftungsgelder oder Bürgschaften auszugleichen. Vor allem bei drohender Unternehmensinsolvenz und dem Verlust zahlreicher Arbeitsplätze hat der Bund staatliche Hilfe in Aussicht gestellt. So etwa im Fall der ehemaligen Fluggesellschaft Air Berlin. Nachdem der Hauptaktionär seine finanzielle Unterstützung einstellte, beantragte diese Flurgesellschaft am 15. August 2017 die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Der Flugbetrieb konnte durch eine Bundesbürgschaft noch bis zum 27. Oktober 2017 fortgeführt werden, vgl. Handelsblatt (Stand: 08.01.2019): https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel -konsumgueter/luftfahrt-die-groessten-pleite-airlines-der-geschichte /24007760.html?ticket=ST-41714030-ckUzTmQvg1mrLZnZ1Hq7-ap6; https://de.wikipedia.org/wiki/Air_Berlin. Staatliche Hilfe für private Unternehmen erfolgt unter anderem auch durch sogenannte Hermesbürgschaften . Hierbei handelt es sich um Exportversicherungen der Bundesrepublik Deutschland zugunsten deutscher Exporteure und Kreditinstitute. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 199/19 Seite 9 Kreditinstitute oder die Exporteure von Waren erhalten dabei vom Bund Ausfuhrgarantien und Bundesbürgschaften für den Fall, dass ihr Geschäft auf Grund unvorhersehbarer Risiken scheitern sollte. Die Risiken können wirtschaftlicher (Zahlungsunfähigkeit des Kunden) oder politischer Art (Krieg, Enteignung etc.) sein, vgl. hierzu im einzelnen BMF (Stand: 08.01.2020): https://www.bundesfinanzministerium .de/Web/DE/Themen/Internationales_Finanzmarkt/Finanz_und_Waehrungspolitik /Auslandsgewaehrleistungen_des_Bundes/auslandsgewaehrleistungen.html; vgl. auch Zeit Online (Stand 08.01.2020): https://www.zeit.de/1970/47/bonn-kassier-mit-hermes; vgl. auch https://de.wikipedia.org/wiki/Hermesdeckungen#cite_note-1. Ein weiterer Fall staatlicher Förderung Privater besteht etwa im Fall des Contergan-Skandals. Hier ergänzte der Bund die durch den Arzneimittelhersteller in die Conterganstiftung eingebrachte Zahlung von 100 Millionen DM zunächst um ebenfalls 100 Millionen DM. Im Laufe der Jahre wurden weitere 220 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Seit keine Stiftungsmittel mehr vorhanden sind, werden entsprechende Rentenbeträge seit Mitte 1997 aus dem Bundeshaushalt gezahlt. Seit 2013 erhalten Contergan- Geschädigte jeweils nach dem Grad ihrer Schädigung eine monatliche Rente zwischen 612 und 6.912 Euro, vgl. Bund Contergan geschädigter und Grünenthalopfer e.V. (Stand 07.01.2019): http://www.gruenenthal-opfer.de/Kurzdarstellung; https://www.contergan.de/images/zahlen -daten-fakten/20140317113301CON_Zahlen-Daten-Fakten_140311_mit_links.pdf. Entschädigungsleistungen gewährte der Bund auch nach dem Anschlag am Berliner Breitscheidplatz , bei dem insgesamt 12 Menschen getötet und 55 zum Teil schwer verletzt wurden, vgl. hierzu bspw. Spiegel Online vom 14.12.2018, abrufbar unter (Stand 07.01.2020): https://www.spiegel.de/politik/deutschland/anschlag-in-berlin-3-8-millionen-euro-entschaedigung -fuer-opfer-und-angehoerige-a-1243666.html; im Einzelnen wird verwiesen auf das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV), Abschlussbericht des Bundesbeauftragten für die Opfer und Hinterbliebenen des Terroranschlags auf dem Breitscheidplatz, abrufbar unter (Stand 07.01.2020): https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/News/Artikel/121317_Abschlussbericht _Opferbeauftragter.pdf?__blob=publicationFile&v=1. Darüber hinaus erbringt der Bund in zahlreichen Bereichen freiwillige Leistungen, zu denen er gesetzlich nicht verpflichtet ist. ***