Deutscher Bundestag Photovoltaikanlagen an Lärmschutzwänden Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 194/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 2 Photovoltaikanlagen an Lärmschutzwänden Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 194/10 Abschluss der Arbeit: 3. September 2010 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Rechtliche Rahmenbedingung 6 2.1. Zuständigkeit des Bundes und der Länder 7 2.2. Gestattungsvoraussetzungen nach dem FStrG 8 2.2.1. Widmung der Fernstraße 8 2.2.2. Abgrenzung von Gemeingebrauch und Sondernutzung 8 2.2.3. Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs durch die Sondernutzung 9 2.2.4. Sondernutzung nach öffentlichem Recht 10 2.2.4.1. Sondernutzungserlaubnis 11 2.2.4.2. Sondernutzungsgebühren 12 2.2.5. Sondernutzung nach bürgerlichem Recht 12 2.2.5.1. Abschluss eines Miet-, Pacht,- oder Leihvertrages zwischen Bund und privatem Investor 13 2.2.5.2. Leasing- und Konzessionsvertragsmodell 13 2.2.5.2.1. Abschluss eines Leasingsvertrages 13 2.2.5.2.2. Abschluss eines Konzessionsvertrages 14 2.3. Zwischenergebnis 14 2.4. Baurechtliche Zulässigkeit der Errichtung 14 2.5. Vergütungsrechtliche Sonderregelungen nach dem EEG 15 3. Bewertung der Modelle 16 3.1. 1. Modell 16 3.2. 2. Modell 17 3.3. 3. Modell 18 4. Möglichkeit der Zweckbindung der Einnahmen aus dem Stromverkauf 19 5. Literaturverzeichnis 21 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 4 1. Einleitung Bei der Autobahnraststätte Ammersee auf der A 96 zwischen München und Bodensee wurde bereits im Jahre 1997 eine erste drei 10 Kilowatt (kW) Photovoltaik-Pilotanlage errichtet. Das Projekt wurde im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit privatwirtschaftlichen Partnern realisiert und steht immer noch in Betrieb. Trotz zahlreicher Pilotprojekte in den darauf folgenden Jahren stand die 16. Internationale Konferenz am 5./6. Oktober 2007 in Dresden unter der Überschrift „Verschlafen die Deutschen Straßenbehörden den Solarenergie -Boom bei den Lärmschutzwänden?“. Auf dieser Konferenz wurde insbesondere angesichts der „leeren Staatskassen von Kommunen und Öffentlichkeit“ die Frage diskutiert, wieso die Lärmschutzindustrie und deren Auftraggeber das ökonomische Potential der Doppelnutzung von Lärmschutz und Solarstrom nicht besser nutzen. Diese Frage stellt sich besonders vor dem Hintergrund, dass „Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie, die ausschließlich an […] einer Lärmschutzwand angebracht sind, […]“ ausdrückliche Erwähnung in § 33 Abs. 1 des Gesetzes über den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG)1 finden. In diesem Zusammenhang wurden einzelne Photovoltaik-Schallschutz-Projekte in der Schweiz, den Niederlanden und in Deutschland (Freising) vorgestellt, an denen vor allem die Firma TNC aus der Schweiz beteiligt war.2 Zwischenzeitlich wurden Photovoltaik-Schutzanlagen auch an der A 3 bei Aschaffenburg installiert3 und eine weitere an der A 31 bei Emden realisiert.4 Nach einer Veröffentlichung in der Zeitschrift „ep (Elektropraktiker) Photovoltaik“ vom 2. August 2010 hat der Bund mehr als 3.300 Kilometer Lärmschutzwälle und Lärmschutzwände an seinen Autobahnen und Bundestraßen gebaut. Die Fläche an Lärmschutzwänden ist im Schnitt der letzten Jahre um mehr als 250.000 Quadratmeter jährlich auf rund 8 Millionen Quadratmeter gewachsen. In einem Gespräch unter anderem mit dem Bundestagsabgeordneten Norbert Geis (MdB), dem Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg Klaus Herzog und dem Vorstand der Firma „Schott Solar“ hat der Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) Rainer Bomba erklärt, dass diese Flächen für den Einsatz von Photovoltaik genutzt werden sollten; Versuche an deutschen Autobahnen und im Ausland zeigten ermutigende Ergebnisse. Durch die Kombination von Lärmschutz und Photovoltaik ließe sich ein doppelter Nutzen für die Umwelt erzielen. Deshalb werbe der Bund darum, von dieser Option verstärkt Gebrauch zu machen. Mit den Ländern, die die Bundesfernstraßen verwalten, soll deshalb ein 1 Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG, vom 25. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2074), zuletzt geändert durch Art. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes vom 11. August 2010 (BGBl. I S. 1170). 2 Vgl. Thomas Nordmann – TNC Consulting AG, Schweiz, abrufbar unter: http://www.billhemelingen .de/resources/Nordmann_Verkehrslaerm_07.pdf [Stand: 30. August 2010]. 3 Vgl. photovoltaik-Magazin online vom 27. Februar 2009, „Frei Fahrt für Solarstrom“, abrufbar unter: http://www.photovoltaik.eu/nachrichten/details/beitrag/freie-fahrt-fr-solarstrom_100001247/ [Stand: 30. August 2010]. 4 Vgl. Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, Niedersachsen, Photovoltaik (PV)-Anlage Lärmschutzwand A 31 Emden, abrufbar unter: http://www.umwelt,niedersachsen.de [Stand: 30. August 2010]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 5 Leitfaden erarbeitet werden, um die Planung und Realisierung solcher Projekte zu beschleunigen .5 Die Bundestagsabgeordnete Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) hat Bezug nehmend auf das „Hamburger Abendblatt“, Ausgabe vom 18. Mai 2009, hierzu die Frage an die Bundesregierung gerichtet, wann mit der Fertigstellung und Veröffentlichung des Behördenleitfadens zur Nutzung der Photovoltaik an Lärmschutzwänden an Bundesautobahnen und anderen Bundesstraßen zu rechnen sei, der als Entwurf seitens der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) bereits vor längerer Zeit an das BMVBS übersandt und im Mai 2009 Vertretern des BMVBS und der Straßenbauverwaltungen vorgestellt worden sei. Hierauf teilte der Parlamentarischen Staatssekretär im BMVBS Enak Ferlemann in einer Antwort vom 9. August 2010 mit, dass die BASt den Entwurf „Behördenleitfaden: Erhöhung der Wirksamkeit von Lärmschutzwänden durch Photovoltaik“ vorgelegt habe. Nach Vorlage der Endfassung werde dieser innerhalb der Bundesregierung ausgewertet und mit den Obersten Straßenbaubehörden der Länder diskutiert. Nach Berücksichtigung der Ergebnisse sei vorgesehen, die Endfassung den Ländern zur Anwendung an Bundesfernstraßen zur Verfügung zu stellen und im Internet zu veröffentlichen. Voraussichtlich werde dies noch in diesem Jahr erfolgen.6 Die vorliegende Ausarbeitung soll die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Errichtung und den Betrieb von Photovoltaikanlagen an Lärmschutzwänden erhellen (dazu unten 2.) und Möglichkeiten rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten für die Unterhaltung solcher Anlagen durch den Bund oder private Dritte aufzeigen (dazu unten 3.). Folgende Modelle sollen dabei diskutiert werden: - 1. Modell: Die Photovoltaikanlage wird vom Bund gebaut und betrieben und diese Aufgabe wird im Wege der Auftragsverwaltung an eine nachgeordnete Bundes- oder Landesbehörde übergeben; - 2. Modell: Die Photovoltaikanlage verbleibt im Eigentum des Bundes und wird gegen Zahlung einer Pacht oder eines Nutzungsentgeltes von einem Dritten gebaut und betrieben; - 3. Modell: Die Photovoltaikanlage wird von einem Dritten gebaut und betrieben und ist dauerhaft in dessen Eigentum. Schließlich soll noch analysiert werden, ob es solche Gestaltungsmöglichkeiten gibt, bei denen der Erlös aus dem Stromverkauf zweckgebunden für andere Aufgaben eingesetzt werden kann (dazu unten 4). 5 Abrufbar im Internet unter: http://www.ep-photovoltaik.de/doppelter-nutzen-l%C3%A4rmschutzwand-alsenergielieferant /2010/08/02 [Stand: 30. August 2010]. Vgl. auch Fuldaer Zeitung online, vom 23. August 2010 zu Pilotprojekten in Magdeburg und Bad Soden-Salmünster an der A 66, abrufbar unter: http://www.fuldaerzeitung.de/newsroom/kinzigtal/Kinzigtal-A-66-Per-Laermschutz-Stromgewinnen ;art40,334008 [Stand: 30. August 2010]. 6 BT-Drucks. 17/2748, S. 65. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 6 2. Rechtliche Rahmenbedingung Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen ist eine Stellungnahme des BMVBS eingeholt worden. Hierin bezieht sich das BMVBS zunächst auf den Koalitionsvertrag zur 17. Legislaturperiode „Wachstum. Bildung. Zusammenhalt“, der ein Bekenntnis zur Solarenergie als wichtigste Zukunftstechnologie am Standort Deutschland enthalte. Das BMVBS weist darauf hin, während bereits in erheblichem Umfang Photovoltaikanlagen auf Dächern installiert worden seien, beschränke sich die Kombination von Photovoltaik mit Lärmschutzanlagen entlang von Verkehrswegen auf Einzelfälle. Daher verfolge das BMVBS verstärkt das Ziel, die Möglichkeiten des Einsatzes von Photovoltaik an Verkehrswegen des Bundes zu ermitteln. Die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen würden derzeit in weiteren Schritten erarbeitet. Bereits heute vorliegende Erfahrungen mit Photovoltaikanwendungen würden ausgewertet, Entwicklungsansätze der Industrie genutzt und das Interesse der Energieversorgungsunternehmen erfragt werden. Mit ausländischen Verkehrsverwaltungen würden Erfahrungen ausgetauscht. Pilotvorhaben sollten die für eine standardmäßige Nutzung von Photovoltaik an Verkehrswegen erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen liefern. Lärmschutzanlagen und Brücken seien im Zuge von oder über Bundesfernstraßen nach § 1 Abs. 3 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG)7 Teil dieser Straßen und unterlägen damit der straßenrechtlichen Widmung. Das BMVBS nimmt Bezug auf Art. 90 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG)8, nach dem die Länder die Bundesfernstraßen im Auftrag des Bundes verwalten. Diese verfassungsrechtlich vorgesehene Auftragsverwaltung sei originäre Landesverwaltung und umfasse alle Maßnahmen einschließlich des Abschlusses von sogenannten Gestattungs- und Nutzungsverträgen im Zusammenhang mit der Bereitstellung von bundeseigenen Grundstücken, die Verkehrszwecken dienen. Rechtsverbindliche Handlungen mit Außenwirkung könnten daher nur durch die Auftragsverwaltung vorgenommen werden. Grundstücke des Bundes, die nicht bzw. nicht mehr zu Verkehrszwecken genutzt würden, seien gemäß dem Gesetz über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3235) der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zu übertragen. Auf diese Flächen könnten die Auftragsverwaltungen nicht zugreifen. Vor dem Hintergrund dieser Stellungnahme des BMVBS stellen sich die rechtlichen Rahmenbedingungen im einzelnen wie folgt dar: 7 Bundesfernstraßengesetz (FStrG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I Seite 1206), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 (BGBl. I Seite 2585). 8 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. I S. 1), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Juni 2010 (BGBl. I S. 944). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 7 2.1. Zuständigkeit des Bundes und der Länder Der Bund hat nach Art. 74 Nr. 22 in Verbindung mit Art. 90 GG die konkurrierende Gesetzgebung für den Bau und die Unterhaltung der Bundesstraßen und Bundesautobahnen. Mit dem FStrGhat der Bund seine verfassungsrechtlichen Kompetenzen für die Fernverkehrsstraßen wahrgenommen und die „Bundesfernstraßen“ als öffentliche Straßen bezeichnet, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind (§ 1 Abs. 1 FStrG). Art. 90 Abs. 1 GG weist das Eigentum an den Fernstraßen, gleich ob es sich um die bisherigen Reichsautobahnen und Reichstraßen oder neue Fernstraßen handelt, dem Bund zu.9 Verwaltet werden die Bundesfernstraßen nach Art. 90 Abs. 2 GG durch die Länder im Auftrag des Bundes (Bundesauftragsverwaltung). Die Auftragsverwaltung als Verwaltungstypus bedeutet dabei Landesverwaltung unter dem Korrektiv umfassender Direktionsmacht des Bundes10 und stellt damit eine Ausnahme zum Grundsatz der eigenverantwortlichen Verwaltungszuständigkeit der Länder (Art. 30, 83, 84 GG) dar. Die Landesbehörden unterstehen den Weisungen der zuständigen Bundesministerien mit der Maßgabe, dass der Vollzug der Weisungen von den Landesministerien sicherzustellen ist (Art. 85 Abs. 4 GG). Aus Art. 90 Abs. 2 und Art. 85 Abs. 1 GG ergibt sich insofern die Sachkompetenz des Bundes und eine Wahrnehmungskompetenz der Länder. Der Bund hat danach die Aufgabe, die Zweckausgaben aus der Wahrnehmung der Straßenbaulast und diejenigen im Zusammenhang mit der Erhaltung und Bewirtschaftung des bundeseigenen Vermögens zu tragen, während die Bundesländer die Aufgabe haben, die bei ihrer Behörde entstehenden Verwaltungsausgaben, insbesondere die Personal- und Sachkosten, bereitzustellen. D.h., dass die faktische Verwirklichung der Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen aufgrund ihrer Wahrnehmungskompetenz Sache der Länder ist.11 Hierzu und insbesondere zur Nutzung der Bundesfernstraßen hat aber das BMVBS umfangreiche „Richtlinien für die Benutzung der Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes (Nutzungsrichtlinien )“12 erlassen und zuletzt mit seinem Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau Nr. 5/2009 vom 11. Mai 2009 im Verkehrsblatt 2009, Seite 346 ff. bekanntgemacht. In Teil A dieser Nutzungsrichtlinien werden die Begriffe, wie „Gemeingebrauch“ und „sonstige Benutzung“ definiert , während die Sondernutzung in Teil B ausführlich im Einzelnen behandelt wird. Die sonstige Nutzung wird auch im Teil C nochmals behandelt, insbesondere werden dort Sonderfälle dargestellt. In den Teilen D und E dieser Nutzungsrichtlinien erfahren die „Ver- und Entsorgungsleitungen “ sowie die „Telekommunikationslinien“ eine besondere Darstellung. Schließlich 9 Kodal, Kurt/Krämer, Helmut, Straßenrecht, Systematische Darstellung des Rechts der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze in der Bundesrepublik Deutschland, 6. Auflage, München 1999, S. 39 f. 10 BVerfGE 81, 310 (331). 11 Wiesinger, Manfred/Markuske, Sven, Straßenrecht, Rechtshandbuch für Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb von Straßen, Berlin 2003, S. 45. 12 http://www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/Strasse/nutzungsrichtlinien.html [Stand: 03. September 2010]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 8 werden im Teil F die „Technischen Bestimmungen, Normen und sonstigen Regelwerke“ vorgestellt , die bei der Benutzung der Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes zu beachten sind. Der Anhang zu den Nutzungsrichtlinien enthält darüberhinaus zahlreiche Vertragsmuster zu den dargestellten Nutzungsmöglichkeiten der Bundesfernstraßen. Photovoltaikanlagen an Lärmschutzwänden finden in den Nutzungsrichtlinien des BMVBS keine Erwähnung. 2.2. Gestattungsvoraussetzungen nach dem FStrG Da die Photovoltaikanlagen in oder auf Lärmschutzanlagen von Bundesfernstraßen errichtet werden sollen und letztere nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG der Bundesfernstraße als Bestandteil zugerechnet werden, richten sich die Voraussetzungen für die Gestattung der Errichtung einer solchen Anlage zunächst nach den Vorschriften des FStrG. 2.2.1. Widmung der Fernstraße Um feststellen zu können, ob und gegebenenfalls welche förmlichen Voraussetzungen für die Gestattung der Errichtung einer Photovoltaikanlage zu erfüllen sind, muss zunächst die öffentliche Zweckbestimmung der Bundesfernstraße festgelegt werden. Diese Zweckbestimmung erfolgt durch die Widmung der Straßen nach § 2 FStrG. Dadurch erhält die Straße die Eigenschaft einer öffentlichen Straße und wird in eine der gesetzlich vorgesehenen Straßenklassen, hier die Klasse der Bundesautobahn, eingestuft. Diese Einstufung konkretisiert die öffentliche Zweckbestimmung .13 Bei der Widmung selbst handelt es sich um einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt. Inhalt der Widmung ist die Benutzung der Straße zum Verkehr. Allein maßgeblich ist hier der enge Verkehrsbegriff unter dem man eine auf Ortsveränderung gerichtete Tätigkeit sowie eine einfache Fortbewegung oder den Transport von Gütern versteht. Die Schranken der Widmung ergeben sich aus den gesetzlichen Merkmalen der einschlägigen Straßenklassen und aus der bauund verkehrstechnischen Beschaffenheit und Zweckbestimmung der Straße. So sind die Bundesautobahnen nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt, § 1 Abs. 3 FStrG. 2.2.2. Abgrenzung von Gemeingebrauch und Sondernutzung Nachdem der Inhalt der Widmung für Bundesfernstraßen festgestellt wurde, stellt sich die Frage, ob es sich bei der Errichtung und dem Betrieb der Photovoltaikanlage um eine Nutzung der Fernstraße im Sinne des Gemeingebrauchs oder um eine Sondernutzung handelt. Hält sich die Benutzung der Straße im Rahmen der Widmung und der verkehrsbehördlichen Vorschriften , handelt es sich um einen zulässigen Gemeingebrauch der Straße.14 In Übereinstimmung mit der herkömmlichen Zweckbestimmung der Straße wird als Gemeingebrauch deshalb nur ein Gebrauch zum Verkehr anerkannt. Nur soweit sich also eine Straßennutzung als Verkehr im engeren Sinne darstellt, kann sie unter den Gemeingebrauch fallen.15 Eine Sondernutzung ist eine Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus und liegt folglich in der Regel dann vor, 13 Kodal/Krämer, a. a. O., S. 211. 14 Wiesinger/Markuske, a. a. O., S. 233. 15 Kodal/Krämer, a. a. O., S. 577. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 9 wenn der Rahmen der Widmung überschritten wird. Dies ist der Fall, wenn die Straße nicht überwiegend zum Verkehr, sondern für andere Zwecke genutzt wird und wenn durch eine Nutzung der Gemeingebrauch anderer ausgeschlossen oder zumindest stark eingeschränkt wird.16 Während die Lärmschutzanlage selbst als Bestandteil der Fernstraße nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG der Straße funktional zugeordnet ist und der Beschränkung des vom Verkehr der Autobahn ausgehenden Lärms dient, weist eine auf der Lärmschutzwand errichtete Photovoltaikanlage keinen solchen Zusammenhang auf.17 Ihr fehlt der verkehrstypische Bezug, so dass es sich bei ihrer Errichtung und ihrem Betrieb wohl nicht um eine von der Widmung der Fernstraße gedeckte Nutzung handelt. Da es sich bei der Errichtung und dem Betreiben der Photovoltaikanlage insofern um eine vom Gemeingebrauch abweichende Sondernutzung handelt, ist grundsätzlich eine straßenbehördliche Gestattung dieser Anlage nach § 8 FStrG erforderlich. Fraglich ist allerdings, in welcher Form eine solche Sondernutzung gestattet werden kann. 2.2.3. Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs durch die Sondernutzung Eine Entscheidung darüber, ob eine Sondernutzung gewährt werden soll, trifft nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ausschließlich die Straßenbaubehörde. Um den Erfordernissen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nach § 8 Abs. 2 FStrG gerecht werden zu können , stehen der Straßenbaubehörde und dem Träger der Straßenbaulast grundsätzlich alle rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zur Erfüllung dieser Aufgabe zu.18 Dem Träger der Straßenbaulast wird insofern die Befugnis gegeben, Sondernutzungen sowohl nach öffentlichem als auch nach bürgerlichem Recht zuzulassen. Allerdings ist die Zulassung einer Sondernutzung nach bürgerlichem Recht nur dann möglich, wenn der Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt werden kann oder nicht beeinträchtigt wird und damit eine gemeinverträgliche Sondernutzung vorliegt (§ 8 Abs. 10 FStrG). Eine Benutzung der Bundesfernstraßen, die weder Gemeingebrauch noch Sondernutzung ist, wird nach den Nutzungsrichtlinien des BMVBS als „sonstige Nutzung“ definiert; sie richtet sich nach bürgerlichem Recht. Das Nutzungsverhältnis wird durch Vertrag begründet, der schriftlich abzuschließen ist. Der Abschluss von Nutzungsverträgen steht im pflichtgemäßen Ermessen der Straßenbauverwaltung .19 Hingegen ist eine Sondernutzung nach öffentlichem Recht zuzulassen, wenn der Gemeingebrauch durch die Nutzung beeinträchtigt werden kann oder beeinträchtigt wird (§ 8 Abs. 1, § 3 16 Wiesinger / Markuske, a. a. O., S. 244. 17 Ggf. ist ein derartiger Zusammenhang gegeben, wenn die Photovoltaikanlage selbst als Lärmschutzwand konstruiert ist oder einen integralen Bestandteil einer Lärmschutzanlage darstellt. Hierbei wird wohl auch zu differenzieren sein, ob eine bestehende Lärmschutzwand mit einer Photovoltaikanlage nachgerüstet wird oder von vornherein eine Photovoltaikanlage als Lärmschutzwand neu errichtet wird. 18 Wiesinger/Markuske, a. a. O., S. 255. 19 Vgl. Nutzungsrichtlinien des BMVBS, S. 34 ff., Muster Anlage C1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 10 Abs1 FStrG).20 Bei der Nutzung eines zur Bundesfernstraße gehörenden Lärmschutzwalls oder entsprechenden Wänden als Standort für die Errichtung einer Phtovoltaikanlage wird von einer Beeinträchtigung des Straßenverkehrs in dem Sinne, dass die Nutzung der Fernstraße für den Verkehr im engeren Sinne nicht mehr in vollem Maße möglich ist, nicht ausgegangen werden können. Die Nutzung von Lärmschutzwällen- und wänden als Photvoltaikanlage könnte bei der entsprechenden technischen Ausgestaltung mit der Verlegung von Ver- und Entsorgungsleitungen, der Errichtung von Mobilfunkanlagen an Bundesfernstraßen oder der Einrichtung von Telekommunikationslinien vergleichbar sein. Es würde sich dann empfehlen, die Nutzung von Lärmschutzwällen - oder wänden als oder für Photovoltaikanlagen aus Gründen der Rechtssicherheit, aber auch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungsvereinheitlichung in die Nutzungsrichtlinien des BMVBS aufzunehmen und den Straßenbaubehörden der Länder entsprechende Musternutzungsverträge zur Verfügung zu stellen. Wie bereits festgestellt, ist eine privatrechtliche Gestattung der Sondernutzung nur dann geboten, wenn für den Gemeingebrauch jede Beeinträchtigung ausgeschlossen ist.21 Dies ist bereits zu verneinen , wenn die Anlage nur in geringem Maße in den öffentlichen Straßenraum ragt.22 Selbst wenn also grundsätzlich nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung durch die geplanten Anlagen auszugehen ist, so kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass durch die Errichtung und den Betrieb der geplanten Photovoltaikanlagen keine oder auch nur geringfügige Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Wegen dieser Unsicherheiten sollen im Folgenden sowohl die Gestaltungsmöglichkeiten für den Fall, dass eine Sondernutzung wegen der Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs der Fernstraße nach öffentlichem Recht zuzulassen ist, als auch für den Fall, dass eine solche Sondernutzung mangels Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs nach bürgerlichem Recht zu gestatten ist, dargestellt werden. 2.2.4. Sondernutzung nach öffentlichem Recht Bejaht man die Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs durch die angestrebte Nutzung, wird nach der Systematik der Straßengesetze ein solcher Sondergebrauch der Straße der Erlaubnispflicht und damit dem öffentlichen Recht unterworfen.23 20 Wiesinger/Markuske, a. a. O., S. 245. 21 Sauthoff, Michael, in: Müller, Hermann / Schulz, Gerhard, FStrG – Bundesfernstraßengesetz, 22. Auflage, München 2008, S. 237. 22 BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 1996 – 11 B 29/96 – Leitsatz. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall ging es um das Hineinragen einer Großplakatwerbetafel in den Straßenraum einer Bundesfernstraße. 23 Kodal/Krämer, a. a. O., S. 696. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 11 2.2.4.1. Sondernutzungserlaubnis Die Sondernutzung einer Fernstraße im Allgemeinen und die Nutzung einer Fernstraße bzw. deren Lärmschutzanlage für die Errichtung von Photovoltaikanlgen im Speziellen, ist grundsätzlich verboten, steht aber unter einem Erlaubnisvorbehalt. D.h. diese Sondernutzung darf erst nach Erlaubniserteilung ausgeübt werden. Zuständig für die Erlaubniserteilung ist für den Bereich außerhalb der Ortsdurchfahrten die Straßenbaubehörde (die konkrete Behörde ergibt sich aus den landesrechtlichen Zuständigkeitsregelungen ) und für den Bereich einer Ortsdurchfahrt die Gemeinde. In der Regel ist der Träger der Straßenbaulast Eigentümer des Straßengrundstücks.24 Wer Träger der Straßenbaulast ist, richtet sich nach § 5 FStrG. Bei Bundesfernstraßen ist dies regelmäßig der Bund. Aber auch, wenn diese Identität zwischen Baulastträger und Eigentümer nicht gegeben ist, steht die Verfügungsgewalt über Nutzungen, die nach bürgerlichem Recht vergeben werden, in der Regel dem Baulastträger zu.25 Bei der Erteilung der Erlaubnis sind die Belange des Straßenbaus sowie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gegen die Interessen des Antragstellers abzuwägen. Die Straßenbaubehörde hat bei der Ermessensentscheidung die Belange der Verkehrssicherheit und die betrieblichen Belange des Erlaubnisnehmers in die Abwägung einzustellen und ihrer Bedeutung gemäß zu bewerten . Die Erlaubnis ist nach Maßgabe der landesrechtlichen Straßengesetze zudem mit bestimmten Pflichten oder Einschränkungen verbunden. Darunter fallen beispielsweise:26 - die Pflicht zur ordnungsgemäßen Errichtung und Unterhaltung der Anlagen, für die die Sondernutzung erteilt wird, im Einklang mit den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und den allgemein anerkannten Regeln der Technik, - die Pflicht zur Änderung der Anlagen auf eigene Kosten, wenn die Behörde es verlangt, - der Ersatz der Kosten, welche dem Träger der Straßenbaulast durch die Sondernutzung entstehen; dazu gehören etwa rechtmäßige Ersatzansprüche Dritter gegen den Träger der Straßenbaulast, die auf die Sondernutzung zurückgehen, etwa bei einer durch die Sondernutzung erhöhte Gefahr. 24 Kodal/Krämer, a. a. O., S. 724. 25 Begründet wird dies damit, dass der Baulastträger das Grundstück für Zwecke des Straßenbaus käuflich erworben und damit mit Besitzerlangung die Verfügungsgewalt über das Grundstück mit dem Ziel erlangt hat, darauf eine Straße zu bauen und zu halten, nicht etwa nur den Gemeingebrauch zu eröffnen. Infolgedessen ist nur er, nicht mehr der Grundstückseigentümer, der sich dieses Rechts begeben hat, befugt, in der Zeitspanne zwischen der Übergabe des Besitzes und der Umschreibung des er nach der Baufertigstellung vermeßbaren Kaufgrundstücks auf den Träger der Straßenbaulast über Nutzungen zu verfügen, vgl. Kodal / Krämer, S. 724. 26 Kodal/Krämer, a. a. O., S. 698. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 12 2.2.4.2. Sondernutzungsgebühren Nach Maßgabe landesgesetzlicher oder im Wege kommunaler Satzungen erlassener Gebührenordnungen können neben Verwaltungsgebühren für die Amtshandlung und den Erlaubnisbescheid , auch Benutzungsgebühren für den Sondergebrauch als solchen erhoben werden (§ 8 Abs. 3 FStrG).27 Während § 8 Abs. 3 Satz 2 FStrG den Gemeinden für den Bereich der Ortsdurchfahrten die Befugnis einräumt, die Gebühren durch Satzung selbst zu regeln, ermächtigt § 8 Abs. 3 Satz 3 FStrG die Landesregierung zum Erlass entsprechender Gebührenverordnungen. § 8 Abs. 3 Satz 6 FStrG bestimmt entsprechend dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der hinreichenden Bestimmbarkeit von Gebühren die Bemessungsgrundlage der Gebühren. Gebührenschuldner ist der Erlaubnisnehmer oder wer die Sondernutzung ausübt oder in seinem Interesse ausüben lässt. Gebührengläubiger ist der Träger der Straßenbaulast.28 Dies ist bei Bundesfernstraßen nach § 5 Abs. 1 FStrG der Bund, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 bis 3 FStrG die Gemeinde. Im übrigen bestimmen sich die näheren Regelungen über die Gebühren (Festsetzung, Fälligkeit, Gebührenbefreiung, Stundung, Erlass, Erstattung, Beitreibung) nach den allgemeinen haushalts- oder gebührenrechtlichen Vorschriften der Länder, soweit nicht in den aufgrund der Straßengesetze erlassenen Gebührenordnungen entsprechende Bestimmungen getroffen worden sind. Beeinträchtigt die Errichtung und/oder der Betrieb der Photovoltaikanalge damit den Gemeingebrauch und ist die Zulässigkeit der Sondernutzung nach öffentlichem Recht zu beurteilen, besteht durch die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für den Bund die Möglichkeit, sich eine Einnahmequelle zu verschaffen. Diese Gebühren werden zwar durch die Länder im Rahmen der Auftragsverwaltung erhoben, stehen aber letztlich dem Straßenbaulastträger und damit in der Regel dem Bund zu. 2.2.5. Sondernutzung nach bürgerlichem Recht Wird der Gemeingebrauch nicht oder nur kurzfristig beeinträchtigt, regelt sich die Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus nach bürgerlichem Recht. Die erforderlichen Vereinbarungen über Sondernutzungen nach bürgerlichem Recht werden im Allgemeinen „Gestattungsverträge “ genannt.29 Die Gestattungsverträge beschränken sich darauf, die Benutzung des Straßengrundstücks und die Bedingungen hierfür festzulegen. So werden in die Nutzungsverträge Auflagen und Bedingungen aufgenommen, die eine Beeinträchtigung des Verkehrs, der Straße oder eine Kostenbelastung der Straßenbaulastträger und Ansprüche Dritter ausschließen sollen. Daneben werden Folgepflichten und Folgekostenpflichten geregelt. 27 Kodal/Krämer, a. a. O., S. 699. 28 Kodal/Krämer, a. a. O., S. 701. 29 Wiesinger/Markuske, a. a. O., S. 255. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 13 Zur Entscheidung über die Gestattung ist der Straßenbaulastträger auch dann befugt, wenn er nicht Eigentümer des Straßengrundstücks ist, da er nur so den Gemeingebrauch aufrechterhalten und bestimmen kann, ob sich die Errichtung der Anlage auf den Bestand der Straße nachteilig auswirken kann. 2.2.5.1. Abschluss eines Miet-, Pacht- oder Leihvertrages zwischen Bund und privatem Investor Im Einzelfall kann es sich um typische vertragliche Gestaltungsformen, wie einen Mietvertrag (§§ 535 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)30), einen Pachtvertrag (§§ 581 ff. BGB) oder um eine Leihe (§§ 598 ff. BGB) handeln. Auch könnte dem privaten Investor der Gebrauch der Bundesfernstraße gegen Entrichtung eines Mietzinses gestattet werden, §§ 535 ff. BGB. Mit Ausnahme der Leihe wird dem Betreiber die Nutzung der Bundesfernstraße bzw. eines Bestandteils als Sondernutzung gegen Zahlung einer Miete oder einer Pacht gestattet. Dadurch erwächst dem Träger der Straßenbaulast eine nicht unerhebliche Einnahmequelle. 2.2.5.2. Leasing- und Konzessionsvertragsmodell Daneben besteht die Möglichkeit der Gestaltung durch Verträge, bei denen die Einräumung von Benutzungsrechten mit atypischen Rechten und Pflichten verbunden sind, etwa Leasing- oder Konzessionsverträge. 2.2.5.2.1. Abschluss eines Leasingsvertrages Im Rahmen des Leasingmodells ist der Leasinggeber (der private Investor) Eigentümer der Photovoltaikanlage, die er dem Leasingnehmer (dem Bund bzw. der Gemeinde) aufgrund des Leasingvertrags zur Nutzung überlässt und dafür während einer bestimmten Grundmietzeit ein kostendeckendes Entgelt (in der Regel die Leasingraten) erhält. Für die Instandhaltung der Anlage kommt grundsätzlich der Leasingnehmer (der Staat) auf. Da das Wirtschaftsgut „Bundesfernstraße“ als Objekt des Spezialleasings derart spezifisch auf die Bedürfnisse des Staates zugeschnitten ist, scheidet eine bilanzsteuerrechtliche Zurechnung zum privaten Investor regelmäßig aus. Diese ist allerdings Voraussetzung für die Geltendmachung von Steuervorteilen.31 In der Praxis wird sich das Fernstraßenleasing aus diesen steuerrechtlichen Gründen deshalb nicht durchsetzen können.32 30 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42), zuletzt geändert durch Artikel 27 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864). 31 Pabst, Heinz-Joachim, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, Berlin 1997, S. 188 f. 32 Gröpl, Christoph, in: Maunz, Theodor/Dürig, Günter, Grundgesetz, Kommentar, 57. Auflage, München 2010, Rn. 80. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 14 2.2.5.2.2. Abschluss eines Konzessionsvertrages Beim Konzessionsmodell33 wird ein Vertrag zwischen dem Straßenbaulastträger und dem privaten Investor, in der Regel ein Versorgungsunternehmen, dahingehend geschlossen, dass der Baulastträger diesem das Recht (die Konzession) einräumt, die Straße für die Leitungsverlegung bzw. für die Errichtung der Photovoltaikanlage für einen bestimmten Zeitraum zu benutzen.34 Die Straßenbaubehörde kontrolliert lediglich die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung.35 Im Gegenzug verpflichtet sich der Investor beispielsweise, die örtliche Versorgung einer Gemeinde sicherzustellen . Grundsätzlich besteht daneben auch die Möglichkeit für den Baulastträger, eine Konzessionsabgabe bzw. Nutzungsgebühr zu erheben, welche einen wesentlichen Teil des öffentlichen Haushaltes finanziert.36 Nach Fertigstellung der Anlage überträgt der Private die Nutzungsbefugnis wiederum auf den Bund, der allerdings für die Dauer der Konzession ein Nutzungsentgelt zahlen muss. Auf diese Weise tilgt und verzinst die öffentliche Hand die Bau- und Finanzierungskosten des privaten Investors (einschließlich eines angemessenen Unternehmergewinns). Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise handelt es sich demnach lediglich um eine private Vorfinanzierung von Kosten, die den Staat in Form des Nutzungsentgelts treffen. Eine dauerhafte Entlastung des Staatshaushalts tritt hier demnach nicht ein. 2.3. Zwischenergebnis Die Anbringung und der Betrieb einer Photovoltaikanlage stellt kein Gemeingebrauch dar; sie dürfte auch in der Regel keine Sondernutzung darstellen. Mithin würde nach den Nutzungsrichtlinien des BMVBS eine „sonstige Nutzung“ vorliegen. Hierfür würde dann Teil C der Nutzungsrichtlinien sowie die einschlägigen Musterverträge Anwendung finden. 2.4. Baurechtliche Zulässigkeit der Errichtung Als Vorhaben im Sinne von § 29 Baugesetzbuch (BauGB)37 unterliegt die Errichtung der Photovoltaikanlage in formeller und materieller Hinsicht dem allgemeinen Baurecht.38 Die Er- 33 Gröpl, a. a. O., Rn. 82. 34 Wiesinger/Markuske, a. a. O., S. 256. 35 Wiesinger/Markuske, a. a. O., S. 217. 36 Kodal/Krämer, a. a. O., S. 748. 37 Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 31. Juni 2009 (BGBl. I S. 2585). 38 VG München, Urteil vom 14. Oktober 2008 – M 1 K 08.2943 –, Rn. 19. In dieser Entscheidung wurde die Zulässigkeit der Errichtung einer Photovoltaikanlage nach § 35 BauGB bejaht. Insbesondere würde die Anlage nicht das Landschaftsbild verunstalten, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Auch die natürliche Eigenschaft der Landschaft und ihr Erholungswert würden durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt, § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Schließlich beeinträchtige das Vorhaben auch keine Belange des Natur- oder Bodenschutzes i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 15 richtung einer Photovoltaikanlage auf einem zu einer Bundesautobahn gehörenden Lärmschutzwall erfordert insbesondere nicht die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens gemäß § 17 FStrG. Dies erschließt sich aus § 8 Abs. 2a FStrG, wonach im Rahmen der über den Gemeingebrauch hinausgehenden Sondernutzungen der Bundesfernstraßen auch die Errichtung von Anlagen auf ihnen gehören kann; diese Anlagen können im Erlaubniswege durch den Träger der Straßenbaulast zugelassen werden und bedürfen nicht der Planfeststellung.39 Entsprechendes dürfte bei sonstigen Nutzungen im Sinne der Nutzungsrichtlinien des BMVBS gelten. Das Vorhaben ist der Autobahn weder funktionell zugeordnet, noch hat es abwägungsrechtliche Relevanz im Hinblick auf die bestehende Planfeststellung. Ein Planfeststellungserfordernis besteht daher nicht. Die Photovoltaikanlage fällt auch nicht unter den Planfeststellungsvorbehalt des Fernstraßenrechts im Sinne des § 38 BauGB. Dieser regelt bauliche Maßnahmen auf Grund von Planfeststellungsverfahren und bestimmten sonstigen Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung für überörtliche Vorhaben. § 38 BauGB sieht im Grundsatz eine Sperre für die Anwendung der Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Anlagen nach §§ 29 ff. BauGB und damit einen prinzipiellen Vorrang der Fachplanung vor der Bauleitplanung vor, sofern die städtebaulichen Belange im Rahmen der Fachplanung berücksichtigt worden sind. Neben diesen Vorrang der Fachplanung tritt eine Sperrwirkung für die Bauleitplanung und das bauplanungsrechtliche Zulassungsregime (§§ 29 ff. BauGB).40 Die Vorrang- und Sperrwirkung des § 38 BauGB ist allerdings sachlich auf solche Verfahren begrenzt, die im inhaltlichen Widerspruch zum planfestgestellten Vorhaben stehen. Damit besteht kein absoluter sachlicher Vorrang der Fachplanung vor der Bauleitplanung, sondern (nur) ein relativer.41 Die Photovoltaikanlage ist zwar eine fernstraßenfremde Nutzung, sie ist mit der Fernstraßenplanung aber vereinbar, weil sie der Zweckbestimmung der Autobahn im Allgemeinen und der Zweckbestimmung des Lärmschutzwalls im Besonderen unabhängig von der Frage der Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs nicht widerspricht . Vor allem wird die Funktionsfähigkeit des Lärmschutzwalls nicht geschmälert.42 2.5. Vergütungsrechtliche Sonderregelungen nach dem EEG Um die Vorteile der Errichtung von Photvoltaikanlagen auf Lärmschutzwänden besser abschätzen zu können, stellt sich die Frage, wer Inhaber des Anspruchs der Einspeisungsvergütung nach § 16 EEG ist. Nach § 8 Abs. 1 EEG sind Netzbetreiber verpflichtet, den gesamten angebotenen Strom aus Erneuerbaren Energien und aus Grubengas unverzüglich vorrangig abzunehmen, zu übertragen und zu verteilen. Nach § 16 Abs. 1 EEG sind Netzbetreiber verpflichtet, den Anlagenbetreibern von Strom aus Anlagen, die ausschließlich Erneuerbare Energien oder Grubengas einsetzen, mindes- 39 VG München, Urteil vom 14. Oktober 2008 – M 1 K 08.2943 –, Rn. 17. 40 Unter den Begriff der Fachplanung werden nach inzwischen gefestigter Terminologie – in Abgrenzung zur Gesamtplanung einschließlich der Bauleitplanung – Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungen für bestimmte Projekte gefasst. Dabei geht es um raumbeanspruchende bzw. raumbedeutsame Vorhaben wie z.B. Flughäfen, Wasser- und Fernstraßen und Schienenwege, vgl. Götze / Boelling / Löscher, S. 247. 41 BVerwG, Beschluss vom 27. April 1998 – 4 B 33/98 –, Rn. 5. 42 VG München, Urteil vom 14. Oktober 2008 - M 1 K 08.2943 -, Rn. 18. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 16 tens nach Maßgabe der §§ 18 bis 33 EEG zu vergüten. Für Photovoltaik-Freiflächenanlagen bestehen in § 32 Abs. 2 und 3 EEG Vergütungssonderregelungen. Mit Blick auf den Grundsatz des schonenden Umgangs mit Grund und Boden sind die Photovoltaikanlagen damit restriktiven Förderungsvoraussetzungen unterworfen und werden – gegenüber Gebäude- und Dachanlagen (§ 33 EEG) – mit einer geringeren Vergütung honoriert. Die Einspeisevergütung bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen ist davon abhängig, ob sich die Anlage im Geltungsbereich eines nach dem 1. September 2003 aufgestellten oder geänderten Bebauungsplans im Sinne des § 30 BauGB (§ 32 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 EEG) oder auf einer sog. Fachplanungsfläche für die ein Verfahren nach § 38 Satz 1 BauGB (§ 32 Abs. 2 Nr. 2 EEG) durchgeführt worden ist, befindet. Unter den für eine Bauleitplanung in Betracht kommenden Flächen im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 1 EEG ist nach § 32 Abs. 3 EEG die Vergütung nochmals auf diejenigen Standorte beschränkt, die die besonderen Flächenkriterien erfüllen, also versiegelte Flächen oder militärische/wirtschaftliche Konversionsflächen etc. Steht hingegen eine planfestgestellte Fläche i.S.d. § 32 Abs. 2 Nr. 2 EEG zur Verfügung, müssen die restriktiven Flächenkriterien des § 32 Abs. 3 EEG und das Bebauungsplanerfordernis (aus vergütungsrechtlicher Sicht) allerdings nicht noch zusätzlich erfüllt werden. Nach dem Sinn und Zweck der Vergütungsregelung des EEG ist ein Bebauungsplan, der die einschränkenden Flächenkriterien des § 32 Abs. 3 EEG erfüllt, demnach nur dann verzichtbar, wenn für die bauplanungsrechtliche Legalisierung der Anlage entweder ein vor dem 1. September 2003 aufgestellter oder geänderter Bebauungsplan zur Verfügung steht oder – insofern gewinnt § 32 Abs. 2 Nr. 2 EEG eigenständige Bedeutung – die Zulassung auf der Grundlage von §§ 30, 33, 34 oder 35 BauGB auf einem durch eine Fachplanung bereits »vorbelasteten« Standort erfolgt.43 3. Bewertung der Modelle Vor dem Hintergrund der zu erfüllenden Rahmenbedingung sind die aufgezeigten Modell wie folgt zu bewerten: 3.1. 1. Modell Grundsätzlich steht es dem Bund als Träger der Straßenbaulast frei, an oder auf Lärmschutzwänden eine Photovoltaikanlage zu errichten bzw. nachzurüsten. Denn die Ausstattung von Bundesfernstraßen mit Lärmschutzwänden gehört zu den Aufgaben der Straßenbaulast,44 so dass der Bund als Träger der Straßenbaulast auch berechtigt ist, eine Photvoltaikanlage auf diesen Lärmschutzwänden zu errichten. Durch die Energiegewinnung kommt er schließlich auch einer öffentlichen Aufgabe im Bereich der Daseinsvorsorge nach. Da es sich bei der Verwaltung der Bundesfernstraße um den klassischen Anwendungsfall des Art. 90 Abs. 2, Art. 85 GG handelt, wird die Errichtung und der Betrieb grundsätzlich durch die 43 Götze, Roman/Boelling, Anemon/Löscher, Lucretia, Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf Fachplanungsflächen – Planungsrechtliche und vergütungsrechtliche Rahmenbedingungen am Beispiel der Nachnutzung von Deponien –, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2010, S. 245 – 252, S. 246. 44 Wiesinger/Markuske, a. a. O., S. 170. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 17 Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften wahrgenommen . Denn die Bundesauftragsverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG erstreckt sich auf alle administrativen Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit den Bundesfernstraßen stehen und umfasst damit auch alle Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bereitstellung von bundeseigenen Grundstücken , die Verkehrszwecken dienen.45 Der Vorteil dieses Modells ist darin zu sehen, dass der Bund als Anlagenbetreiber Anspruchsinhaber der nach § 16 EEG vom Netzanbieter zu zahlenden Einspeisungsgebühr ist, die dadurch dem öffentlichen Haushalt zu Gute kommt. Der Nachteil ist darin zu sehen, dass die Kosten für die Errichtung, das Betreiben und die Instandhaltung der Photovoltaikanlage vom Träger der Straßenbaulast und damit in der Regel vom Bund zu übernehmen sind. Da es sich aufgrund der hohen technischen Anforderungen an derartige Anlagen um erhebliche Kosten handeln wird, ist fraglich, ob dieser finanzielle Aufwand sowohl bei der Errichtung als auch bei der Instandhaltung tatsächlich im Verhältnis zu den zu erwartenden Einnahmen durch den Betrieb einer solchen Anlage steht. Auf eine entsprechende Anfrage verweist das BMVBS in einer Stellungnahme vom 31. August 2010 darauf, dass der Bau und Betrieb von Photovoltaikanlagen durch das BMVBS verkehrsbezogene Zwecke voraussetze. So sei „zum Beispiel vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Bundesregierung zur Elektromobilität eine Verknüpfung zwischen Photovoltaik und Tank- und Rastanlagen zu bedenken oder auch Möglichkeiten zur Kostenreduzierung durch Fotovoltaik in Bezug auf Lärmschutz anzustreben“. 3.2. 2. Modell Grundsätzlich kann ein Dritter eine Photovoltaikanlage an einer Bundesfernstraße errichten und betreiben, wobei die Anlage selbst im Eigentum des Bundes verbleibt. Da die Errichtung und das Betreiben einer solchen Anlage eine Abweichung vom Gemeingebrauch und damit eine Sondernutzung im Sinne des § 8 FStrG darstellt, ist allerdings die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis gegenüber dem privaten Betreiber durch die Straßenbaubehörde erforderlich. Je nachdem, ob in dieser Sondernutzung im Einzelfall eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs zu sehen ist oder nicht, richtet sich die Gestattung dieser Sondernutzung nach dem öffentlichen oder bürgerlichen Recht. Sofern von einer Beeinträchtigung von der Straßenbaubehörde ausgegangen wird, besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Sondernutzungsgebühr im Sinne des § 8 Abs. 3 FStrG, die grundsätzlich wieder dem öffentlichen Haushalt zu Gute kommt. Ein gleiches Ergebnis wird auch dann erreicht, wenn die Sondernutzung nach bürgerlichem Recht gestattet wird. Denn es steht dem Bund bzw. den Ländern als Auftragsverwalter des Bundes frei, ein Nutzungsentgelt, etwa in Form der Miete, Pacht, Leasingrate oder Konzession zu erheben. Dieses Entgelt fließt ebenfalls dem öffentlichen Haushalt zu. Der Vorteil dieses Modells besteht darin, dass die hohen Errichtungs- und Betriebskosten nicht dem Bund zur Last fallen, sondern dem privaten Anlagenbetreiber. Zudem erlangt der Bund durch die Nutzungsgewährung Einnahmen von nicht unerheblicher Höhe und behält daneben 45 Gröpl, a. a. O., Rn. 45. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 18 noch seinen Einfluss hinsichtlich der Kontrolle einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung. Gleichzeitig dürfte dieses Modell auch für private Investoren besonders attraktiv sein, da diese als Anlagenbetreiber im Sinne des § 3 Nr. 2 EEG Inhaber des Vergütungsanspruchs nach § 16 Abs. 1 EEG sind. Der Nachteil dieses Modells ist darin zu sehen, dass dem Bund als Eigentümer der Anlage grundsätzlich auch die notwendigen Verkehrssicherungspflichten und Instandhaltungskosten treffen, die zu einer nicht unerheblichen Kostenlast führen können. 3.3. 3. Modell Bei der vollständigen Privatisierung verzichtet der Staat auf jegliche Beteiligung und Kompetenz an der Aufgabenerfüllung durch den Privaten. Dem privaten Investor steht wie im 2. Modell als Anlagenbetreiber die Einspeisungsgebühr nach § 16 EEG zu. Daneben hat er als Eigentümer allerdings auch die Instandhaltungskosten zu tragen und ihm obliegen die Verkehrssicherungspflichten . Der Vorteil ist hier, dass der Bund durch die Nutzungsgewährung Einnahmen von nicht unerheblicher Höhe erlangt und gleichsam weder die Errichtungs- Betriebs- noch Instandhaltungskosten zu tragen hat. Mit der Aufgaben- und Pflichtenreduzierung des Staates korrespondiert insofern die Aufgaben- und Pflichtensteigerung des privaten Investors. Auf eine entsprechende Anfrage teilt das BMVBS in einer Stellungnahme vom 31. August 2010 mit, dass grundsätzlich ein Dritter Photovoltaikanlagen an Bundesfernstraßen errichten könne. Die Maßgaben des Bundesfernstraßengesetzes, insbesondere der durch Gesetz eingeräumte Vorrang der Verkehrsfunktion der Bundesfernstraßen, seien zu beachten. Auf Dauer angelegte, durch bauliche Anlagen erfolgende Benutzungen der Bundesfernstraßen für außerhalb deren Widmung für den Fernverkehr liegende Zwecke würden grundsätzlich nur erlaubt, wenn die fremden Anlagen so gebaut, betrieben und unterhalten werden können, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs gewährleistet sei. Die zuständige Behörde könne eine Sondernutzungsgebühr erheben (§ 8 Abs. 3 FStrG), die dem Bund zustehe. Soweit die Errichtung und der Betrieb der Photovoltaikanlagen keine Sondernutzung darstelle, sie aber mit dem Verkehrszweck der Straße vereinbar sei, werde die Inanspruchnahme des Eigentums durch Nutzungsverträge geregelt, die von der Auftragsverwaltung abzuschließen seien. Dabei habe der Betreiber der Photovoltaikanlage für das Recht, die Bundesfernstraße zur Energieerzeugung nutzen zu dürfen, ein Nutzungsentgelt zu entrichten, das dem Bund zustehe. Eine Zweckbindung der Einnahmen sei derzeit nicht vorgesehen: „Alle Einnahmen fließen dem Bundeshaushalt zu und dienen zur Deckung aller Ausgaben.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 19 4. Möglichkeit der Zweckbindung der Einnahmen aus dem Stromverkauf Nach § 6 Abs. 3 des Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs (BStrVermG)46 trägt der Bund die Zweckausgaben aus der Wahrnehmung der Straßenbaulast und diejenigen im Zusammenhang mit der Erhaltung und Bewirtschaftung des bundeseigenen Vermögens. Im Bundeshaushalt sind deshalb in der Hauptsache die Haushaltsmittel für die Unterhaltung,- den Umbau- und Ausbau sowie den Neubau der nach dem FStrG in der Baulast des Bundes stehenden Bundesfernstraßen veranschlagt.47 Nach Art. 3 des Straßenbaufinanzierungsgesetzes (StrBauFinanzG)48 ist über die Verwendung der Straßenbaumittel ein Straßenbauplan, der dem Bundeshaushaltsplan als Anlage beigefügt ist, aufzustellen. Dieser Straßenbauplan besteht aus zahlreichen Einzelbereichen (Titeln), etwa den sächlichen Verwaltungsausgaben, den Zuweisungen und Zuschüsse, den Ausgaben für Investitionen , den sonstigen Ausgaben für Investitionen sowie den Ausgaben für Bau und Betrieb der Bundesfernstraßen. Zu letzteren werden auch die Erhaltungsmaßnahmen sowie der Um- und Ausbau etwa von Lärmschutzmaßnahmen an bestehenden Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen gezählt.49 Die Einnahmen, die sich im Zusammenhang mit der Straßenbaulast, der Benutzung der Bundesfernstraßen und der Bewirtschaftung des bundeseigenen Vermögens ergeben, erhält nach § 6 Abs. 2 BStrVermG der Bund. Fraglich ist vor diesem Hintergrund, ob der Erlös, der beim 1. Modell aus dem Stromverkauf (§ 16 Abs. 1 EEG) durch den Bund erzielt werden könnte, zweckgebunden für andere Ausgaben eingesetzt werden kann. Grundsätzlich dienen alle Einnahmen des Bundes und der Länder unterschiedslos als Deckungsmittel für deren gesamten Ausgabenbedarf, soweit im Haushaltsgesetz, im Haushaltsplan oder in einem anderen Gesetz nichts besonderes bestimmt ist. Die Gesamtheit aller veranschlagten Einnahmen des Bundes/Landes stehen zur Finanzierung der im Haushaltsplan vorgesehen Ausgaben, ohne Rücksicht auf deren Herkunft, zur Verfügung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht in den Fällen der sog. Zweckbindung. Unter zweckgebundenen Einnahmen versteht man dabei solche Einnahmen, die nicht den allgemeinen Deckungsmitteln zufließen, sondern zwingend für Ausgaben bei einem bestimmten Ausgabetitel verwendet werden. Bei dieser Zweckbindung der Einnahmen ist eine Erlaubnis entweder durch besonderes Gesetz, durch Haushaltsgesetz oder durch den Haushaltsplan erforderlich. 46 Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs (BStrVermG) vom 2. März 1951, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Anpassung verschiedener Vorschriften über die Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern an die Neuregelung der Finanzverfassung (Finanzanpassungsgesetz – FAnpG –) vom 30. August 1971 (BGBl. I S. 1426). 47 Wiesinger/Markuske, a. a. O., S. 195. 48 Straßenbaufinanzierungsgesetz (StrBauFinanzG) vom 28. März 1960 (BGBl. I S. 201), zuletzt geändert durch die Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2785, 2838). 49 Wiesinger/Markuske, a. a. O., S. 200. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 20 Eine typische gesetzliche Zweckbindung von Einnahmen liegt im Verkehrswesen vor. Zur Deckung der Straßenbauaufgaben stehen grundsätzlich alle Einnahmen der einzelnen Körperschaften nach Maßgabe der jeweiligen Haushaltspläne zur Verfügung, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Neben diesen allgemeinen Deckungsmitteln stehen den Haushalten zur Finanzierung der Aufgaben aus der Straßenbaulast besondere, auf die Straßenausgaben bezogenen Finanzmittel zur Verfügung. Diese sind insbesondere die Kraftfahrzeugsteuer, die Mineralölsteuer sowie Erschließungs - und Straßenbaubeiträge.50 Grundsätzlich besteht daher die Möglichkeit, durch besonderes Gesetz, Haushaltsgesetz oder durch den Haushaltsplan, den Erlös aus dem Stromverkauf oder den Sondernutzungsgebühren oder sonstige Nutzungsentgelte zweckgebunden für andere Ausgaben einzusetzen, etwa zur Verbesserung des Lärmschutzes, insbesondere an bestehenden Lärmschutzwänden. 50 Wiesinger/Markuske, a. a. O., S. 196. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 194/10 Seite 21 5. Literaturverzeichnis Götze, Roman/Boelling, Anemon/Löscher, Lucretia, Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf Fachplanungsflächen – Planungsrechtliche und vergütungsrechtliche Rahmenbedingungen am Beispiel der Nachnutzung von Deponien –, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2010, S. 245 – 252 (Im Text zitiert: Götze/Boelling/Löscher). Gröpl, Christoph, in: Maunz, Theodor/Dürig, Günter, Grundgesetz, Kommentar, 57. Auflage, München 2010 (Im Text zitiert: Gröpel). Kodal, Kurt/Krämer, Helmut, Straßenrecht, Systematische Darstellung des Rechts der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze in der Bundesrepublik Deutschland, 6. Auflage, München 1999 (Im Text zitiert: Kodal/Krämer). Pabst, Heinz-Joachim, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, Berlin 1997 (Im Text zitiert: Pabst) Sauthoff, Michael, in: Müller, Hermann/Schulz, Gerhard, FStrG – Bundesfernstraßengesetz, 22. Auflage, München 2008 (Im Text zitiert: Sauthoff). Wiesinger, Manfred/Markuske, Sven, Straßenrecht, Rechtshandbuch für Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb von Straßen, Berlin 2003 (Im Text zitiert: Wiesinger/Markuske).