WD 7 - 3000 - 191/19 (2. Dezember 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Gefragt wird, wer für gegebenenfalls durch Mobilfunksendemasten verursachte Schäden haften kann – der Anlagenbetreiber oder der Grundstücksbesitzer. Mangels im Einzelfall gegebenenfalls vorliegender Vertragsbeziehungen sowie spezialgesetzlicher Anspruchsgrundlagen kommen als Grundlage für einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch Dritter gegen den Betreiber eines Mobilfunksendemastes oder gegen den Besitzer des Grundstücks , auf dem der Sendemast betrieben wird, allgemeine deliktsrechtliche Ansprüche in Betracht . Zentrale Anspruchsgrundlage des allgemeinen Deliktsrechts ist § 823 BGB. Nach § 823 Absatz 1 BGB kann demnach der Ersatz des Schadens verlangt werden, der aus einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung unter anderem der Gesundheit und des Eigentums entsteht. Voraussetzung hierfür ist, dass nachgewiesen werden kann, dass die störende oder als störend empfundene Anlage kausal für Schäden – etwa Gesundheitsbeeinträchtigungen – gewesen ist (haftungsbegründende Kausalität). Darüber hinaus setzt ein Anspruch nach § 823 Absatz 1 BGB zumindest Fahrlässigkeit des Schädigers voraus. Diesbezüglich wäre nachzuweisen, dass der Schädiger gegen Sorgfaltspflichten verstoßen hat. Anknüpfungspunkt für ein Schadensersatz auslösendes Verhalten kann sowohl eine Handlung, also ein positives Tun sein, als auch, bei Verantwortlichkeit für von einer Sache ausgehende Risiken , ein Unterlassen (vgl. Teichmann Rn. 20 ff.). Gerade bei den so genannten Verkehrssicherungspflichten sind oftmals mehrere Personen parallel – eine jede nach ihren Möglichkeiten (Wagner Rn. 463) – verantwortlich: „In der Rechtswirklichkeit wird oftmals mehr als ein einzelner Adressat für eine Verkehrssicherungspflicht in Betracht kommen, da ein und dieselbe Gefahr unter verschiedenen rechtlichen Blickwinkeln nicht selten in den Verantwortungsbereich mehrerer Personen fällt. (…) Sind mehrere Verkehrssicherungspflichtige vorhanden, ist prinzipiell jeder von ihnen für den Schutz Dritter vor Gefahren verantwortlich und muss im Rahmen seiner Möglichkeiten eigenes Eingreifen zumindest prüfen (BGH BeckRS 1985, 30388417; NJW 1975, 533 unter Verweis auf BGH BeckRS 1965, 30381449). Insbesondere entfällt die Pflicht eines Adressaten nicht allein deshalb, weil möglicherweise noch ein anderer existiert, der ggf. der Gefahr noch effektiver begegnen könnte oder dessen Eingreifen ex ante betrachtet naheliegender erscheint (BGH VersR 1961, 550 [551]; 1961, 419 [420]). Sind derartige Dritte vorhanden , bedeutet dies lediglich, dass für sie zusätzliche Möglichkeiten und die damit verbundenen Pflichten bestehen (BGH BeckRS 1967, 30404344).“ (Förster Rn. 305 f.) Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zivilrechtliche Haftung für Mobilfunksendemasten Kurzinformation Zivilrechtliche Haftung für Mobilfunksendemasten Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Ausgehend hiervon dürfte bei Fallkonstellationen, in denen Mobilfunkmastbetreiber und Grundstücksbesitzer nicht identisch sind, grundsätzlich deren parallele Haftung in Betracht kommen, insoweit sämtliche Haftungsvoraussetzungen im Einzelfall vorliegen. Gemäß § 840 BGB haften mehrere, die nebeneinander für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden verantwortlich sind, als Gesamtschuldner. Gemäß § 421 BGB kann der Geschädigte die Leistung dann nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Hinsichtlich des materiellen Haftungsmaßstabs für etwaige Personenschäden durch „Elektrosmog “ (Begrifflichkeit bei Wagner Rn. 894) ist zu berücksichtigen, dass in der 26. BImSchV die Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen und zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder aufgrund der Errichtung und des Betriebs von Hochfrequenzanlagen , Niederfrequenzanlagen und Gleichstromanlagen niedergelegt sind. Hierzu wird in der einschlägigen Literatur festgestellt: „Was Personenschäden anlangt, so ist die 26. BImSchV einschlägig, denn dieser geht es um den Schutz des menschlichen Organismus vor elektromagnetischen Anlagen. Insoweit sind ihre Verhaltensanforderungen einschließlich der Immissions- und Emissionsgrenzwerte als Schutzgesetze gemäß § 823 Abs. 2 zu qualifizieren, die mit Hilfe der im Anhang 1 (der 26. BImSchV, Anm. d. Verf.) genannten Grenzwerte zu konkretisieren sind. Werden die Grenzwerte überschritten und ist ein typischer Gesundheitsschaden eingetreten, kommen dem Geschädigten Erleichterungen beim Kausalitätsnachweis zugute, und dasselbe gilt nach den Grundsätzen der „Kupolofen“- Entscheidung auch für die Haftung nach § 823 Abs. 1. Wie sich aus § 906 Abs. 1 S. 2 ergibt, sind die Grenzwerte der 26. BImSchV zwar nicht absolut verbindlich, sondern lediglich ein Indiz für die Unbedenklichkeit der Immissionen , doch da die Schädlichkeit athermischer Effekte elektromagnetischer Felder bisher nicht nachgewiesen werden konnte, scheidet eine Haftung gemäß § 823 Abs. 1 bei Einhaltung der Grenzwerte gleichwohl aus. Im Übrigen unterschreiten die in Deutschland üblichen elektrotechnischen Anlagen die Grenzwerte der 26. BImSchV regelmäßig um Größenordnungen.“ (Wagner Rn. 896) Quellen: – BGB: Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1724) geändert worden ist. – 26. BImSchV: Verordnung über elektromagnetische Felder in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2013 (BGBl. I S. 3266). – Förster: Beck’scher Online-Kommentar BGB, 52. Edition, Stand: 01.11.2019, Kommentierung von § 823 BGB. – Teichmann: Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 17. Auflage 2018, Kommentierung von § 823 BGB. – Wagner: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, Kommentierung von § 823 BGB. * * *