Deutscher Bundestag Lärmbelastung durch Hubschrauberflugbetrieb von US-Streitkräften in Deutschland Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 191/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 191/11 Seite 2 Lärmbelastung durch Hubschrauberflugbetrieb von US-Streitkräften in Deutschland Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 191/11 Abschluss der Arbeit: 20. Januar 2012 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 191/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Rechtliche Grundlagen und Bindungen des Hubschrauberflugbetriebs in Deutschland stationierter US- Streitkräfte 4 2.1. Befugnis zum militärischen Flugbetrieb 4 2.2. Bindung an deutsches Flugverkehrsrecht 5 2.2.1. Verpflichtung aus dem Stationierungsrecht 5 2.2.2. Privilegierung des militärischen Flugbetriebs gemäß § 30 Abs.1 LuftVG 6 2.2.3. Regeln des militärischen Flugbetriebs 6 3. Möglichkeiten, den Beschwerden der Bevölkerung über Lärmbelastungen durch Hubschrauberflugbetrieb der US- Streitkräfte abzuhelfen 8 3.1. Bundesebene 8 3.1.1. Rechtsetzung 8 3.1.2. Einzelmaßnahmen der Luftfahrtbehörden 8 3.2. Landesebene 9 3.3. Rechtsschutz lärmbetroffener Bürger 10 3.3.1. Einflussnahme auf das Handeln der Stationierungsstreitkräfte 10 3.3.2. Zivilrechtliche Entschädigungsansprüche 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 191/11 Seite 4 1. Fragestellung Vor dem Hintergrund seit geraumer Zeit anhaltender Bemühungen, die vom Flugbetrieb an den Standorten Ansbach-Katterbach und Illesheim der 12. US-Heeresfliegerbrigade (12th Combat Aviation Brigade) ausgehenden Lärmbelastungen für die benachbarte Wohnbevölkerung zu reduzieren , erörtert vorliegende Ausarbeitung die in Bezug auf den Hubschrauberflugbetrieb der US- Streitkräfte geltenden Regelungen (2.) und die Frage, ob und mit welchen Mitteln den Beschwerden über Lärmbelastungen abgeholfen werden kann (3.). 2. Rechtliche Grundlagen und Bindungen des Hubschrauberflugbetriebs in Deutschland stationierter US-Streitkräfte 2.1. Befugnis zum militärischen Flugbetrieb Der Aufenthalt in Deutschland stationierter Streitkräfte aus NATO-Mitgliedstaaten (Stationierungsstreitkräfte ) ist durch das Truppenstationierungsrecht geregelt. Hierbei ist zwischen dem Recht zum Aufenthalt und dem Recht des Aufenthalts zu unterscheiden. Ersteres beinhaltet die notwendige Zustimmung zur Stationierung durch Deutschland und stellt damit die Rechtsgrundlage des Aufenthalts dar.1 Hingegen richten sich die eigentlichen Rechte und Pflichten der Streitkräfte , die sich aus der Stationierung in Deutschland ergeben, also ihre Rechtsstellung in Deutschland, nach dem NATO-Truppenstatut vom 19. Juni 1951 (NTS)2 sowie dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut vom 3. August 1959 (ZA-NTS)3. Letzteres hat nach der deutschen Wiedervereinigung grundlegende Änderungen erfahren, die allerdings erst im Jahr 1998 in Kraft getreten sind.4 Die rechtlichen Grundlagen für den militärischen Flugbetrieb der Stationierungsstreitkräfte ergeben sich aus den Artikeln 53, 57 und 46 ZA-NTS5: 1 Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Oktober 1954 (BGBl. 1955 II S. 253). 2 Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen vom 19. Juni 1951 (BGBl. 1961 II S. 1190). 3 Zusatzabkommen zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. 1183, 1218). 4 Abkommen zur Änderung des Zusatzabkommens vom 3. August 1959 in der durch das Abkommen vom 21. Oktober 1971 und die Vereinbarung vom 18. Mai 1981 geänderten Fassung zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 18. März 1993 (BGBl. 1994 II S. 2598). 5 Der Wortlaut der im folgenden angeführten Vereinbarungen des Truppenstationierungsrechts kann im Internet unter http://www.abg-plus.de/abg2/ebuecher/abg_all/index.html abgerufen werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 191/11 Seite 5 - Gemäß Art. 53 Abs. (1) Satz 1 i.V.m. Abs. (2) Satz 1 ZA-NTS können eine Truppe und ein ziviles Gefolge im Luftraum über einer ihnen zur ausschließlichen Benutzung überlassenen Liegenschaften die zur befriedigenden Erfüllung ihrer Verteidigungspflichten erforderlichen Maßnahmen treffen, vorausgesetzt, dass Maßnahmen, welche zu Störungen des Luftverkehrs führen könnten, nur in Koordinierung mit den deutschen Behörden getroffen werden.“ (Flugbetrieb im Luftraum über Stationierungsliegenschaft) - Gemäß Art. 57 Abs. (1)(a) Satz 1, 1. Halbsatz ZA-NTS sind „eine Truppe, ein ziviles Gefolge, ihre Mitglieder und Angehörigen (…) vorbehaltlich der Genehmigung der Bundesregierung berechtigt , mit Land-, Wasser- und Luftfahrzeugen in die Bundesrepublik oder sich in und über dem Bundesgebiet zu bewegen.“ (Flugbetrieb im Luftraum außerhalb Stationierungsleigenschaften ) - Gemäß Art. 46 Abs. 1 Satz ZA-NTS hat „eine Truppe (…) auf der Grundlage dieses Artikels vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen deutschen Behörden das Recht, Manöver und andere Übungen im Luftraum der Bundesrepublik in dem Umfang durchzuführen, der zur Erfüllung ihrer Verteidigungsaufgabe erforderlich ist.“ (Manöver- und Übungsflugbetrieb)“ 2.2. Bindung an deutsches Flugverkehrsrecht 2.2.1. Verpflichtung aus dem Stationierungsrecht Nach Art. II Satz 1 NTS sind Stationierungsstreitkräfte und ihr ziviles Gefolge verpflichtet, das Recht des Aufnahmestaates zu achten. Diese Verpflichtung wird für den militärischen Flugbetrieb in Art. 57 Abs.(3) Satz 1 ZA-NTS im allgemeinen und in Art. 46 Abs. 2 ZA-NTS für den Manöver- und Übungsbetrieb konkretisiert So heißt es in Art. 57 Abs. (3) Satz 1 ZA-NTS: „Eine Truppe, ein ziviles Gefolge, ihre Mitglieder und Angehörigen befolgen die deutschen Verkehrsvorschriften (…).“ Und Art. 46 Abs. (2) ZA-NTS sieht vor: “Für die Abhaltung von Manövern und anderen Übungen nach Absatz (1) gelten die deutschen Vorschriften über den Einflug in den deutschen Luftraum und seine Benutzung sowie die Inanspruchnahme von Anlagen und Einrichtungen der Luftfahrt, die sich im Rahmen der Richtlinien und Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation halten, sowie die geltenden Anmeldungs-, Zustimmungs- und Koordinierungsverfahren, wie sie in den entsprechenden Gesetzen, sonstigen Vorschriften und Veröffentlichungen enthalten sind.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 191/11 Seite 6 Demgemäß richten sich die Stationierungsstreitkräfte nach den in Deutschland geltenden Vorschriften zur Benutzung des Luftraums. Neben den anwendbaren internationalen Luftverkehrsregeln sind namentlich das Luftverkehrsgesetz (LuftVG)6, die Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO)7 und das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG)8 sowie die hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften zu beachten.9 2.2.2. Privilegierung des militärischen Flugbetriebs gemäß § 30 Abs.1 LuftVG Für aufgrund des NATO-Truppenstatuts stationierte Truppen gilt jedoch in gleichem Maße wie für die Bundeswehr gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG, dass sie von den Vorschriften des Ersten Abschnitts des LuftVG (i.e. die Vorschriften über den Luftverkehr) - ausgenommen die §§ 12, 13 und 15 bis 19 - und den zu seiner Durchführung erlassenen Vorschriften abweichen dürfen. Diese Abweichungsbefugnis steht ihnen jedoch nur zu, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist (§ 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG), sofern sie von den Vorschriften über das Verhalten im Luftraum abweicht nur, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zwingend notwendig ist (§ 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG). 2.2.3. Regeln des militärischen Flugbetriebs Bundesministerium der Verteidigung und Bundeswehr haben auf der Grundlage der Verwaltungszuständigkeiten , die ihnen durch § 30 Abs. 2 Satz LuftVG für den Dienstbereich der Bundeswehr und, soweit völkerrechtliche Verträge nicht entgegenstehen, der stationierten Truppen zugewiesen sind,10 eigene Vorschriften für den militärischen Flugbetrieb erlassen, die die Sicherheit des militärischen Luftverkehrs gewährleisten und dessen Besonderheiten Rechnung tragen, 6 Luftverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 698), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 5. August 2010 (BGBl. I S. 1126). 7 Luftverkehrs-Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. März 1999 (BGBl. I S. 580), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 18. Januar 2010 (BGBl. I S. 11). 8 Luftsicherheitsgesetz vom 11. Januar 2005 (BGBl. I S. 78), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2424). 9 Siehe dazu die im Unterzeichnungsprotokoll zum NATO-Truppenstatut und zum Zusatzabkommen (BGBl. 1961 II S. 1313) in Teil II niedergelegte Erklärung der Vertragsstaaten zu Art. 46 ZA-NTS: „Deutsche Vorschriften über den Einflug in den deutschen Luftraum, seine Benutzung und die Inanspruchnahme von Anlagen und Einrichtungen der Luftfahrt sowie die geltenden Anmeldungs-, Zustimmungs- und Koordinierungsverfahren, wie sie in den entsprechenden Gesetzen, sonstigen Vorschriften und Veröffentlichungen enthalten sind, umfassen das Luftverkehrsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung und die hierzu erlassenen Verordnungen und Verwaltungsregelungen ziviler und militärischer Art sowie die in dem AFCENT LOW FLYING HANDBOOK oder einer entsprechenden Nachfolgepublikation veröffentlichten einschlägigen Verfahren und innerstaatlichen Vorschriften . (…)“ 10 Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz-Kommentar (Stand 2010), § 30 Rn. 28. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 191/11 Seite 7 etwa die besonderen Aufgaben der fliegenden Verbände auch in Übungen und Manövern soweit wie möglich wirklichkeitsgetreu und vor allem sicher trainieren zu können.11 Diese Sonderregeln, die unter anderem Mindestflughöhen, Betriebszeiten für Tages- und Nachttiefflug sowie Vorgaben für Fluggeschwindigkeiten und Überschallflüge betreffen, sind im „Militärisches Luftfahrthandbuch“12 festgehalten. Siehe darin im Hinblick auf die durch den Flugbetrieb bedingte Lärmsituation insbesondere: - Militärische Flugbetriebsordnung (ENR 1.1 Absatz 2) mit Regelungen über den Flugbetrieb an Wochenenden und Feiertagen (ENR 1.1-Absatz 2.2) - Regeln über das Verhalten im Luftraum (ENR 1.1. Absatz 3) u.a. zu - Lärmbegrenzungspflicht (Absatz 3.1.2) - Mindestflughöhen (Absatz 3.3.) - Regeln über den Tiefflug (ENR 1.15) mit - Besonderen Bestimmungen für Hubschrauber (ENR 1.15 - 3). Für den Hubschrauberflugbetrieb der Stationierungsstreitkräfte sind ferner folgende vom Bundesministerium der Verteidigung angeordnete Regelwerke zu beachten: - Allgemeine Bestimmungen über den Hubschrauberflugbetrieb an militärischen Hubschrauberflugplätzen in der Bundesrepublik Deutschland vom 6. November 1995 und - Besondere Bestimmungen über den Hubschrauberflugbetrieb an den militärischen Hubschrauberplätzen Ansbach-Katterbach, Erlensee, Illesheim und Wiesbaden-Erbenheim13 sowie - Ergänzende Regelung zu den „Nachttiefflugbetriebszeiten für die Hubschrauberausbildung mit Nachtsehhilfen in den Sommermonaten in der Bundesrepublik Deutschland“ vom 29. April 2011. 11 Vgl. Informationen zum militärischen Flugbetrieb in der Bundeswehr, Stichwort „Ein kleiner Blick in die Bestimmungen “, abrufbar unter: http://www.luftwaffe.de/Service>Die Abteilung Flugbetrieb in der Bundeswehr. 12 Herausgegeben vom Amt für Flugsicherung der Bundeswehr; im Internet abrufbar unter:http://www.mil-aip.de/. 13 Die Bestimmungen sollen dem Interessenausgleich zwischen Einsatzbereitschaft der Streitkräfte und Verringerung des Fluglärms dienen. Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Harald Weinberg, Christine Buchholz, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE vom 9. März 2011, BT-Drs. 17/5004, S. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 191/11 Seite 8 3. Möglichkeiten, den Beschwerden der Bevölkerung über Lärmbelastungen durch Hubschrauberflugbetrieb der US-Streitkräfte abzuhelfen 3.1. Bundesebene 3.1.1. Rechtsetzung Der Bund hat gemäß Art. 73 Nr. 6 Grundgesetz (GG)14 die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den gesamten Luftverkehr. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erlässt gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 LuftVG mit Zustimmung des Bundesrates die zur Durchführung des LuftVG und von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft notwendigen Rechtsverordnungen über das Verhalten im Luftraum und am Boden, insbesondere Flugvorbereitungen, Verhalten bei Start und Landung, die Benutzung von Flughäfen. Das Bundesministerium der Verteidigung und die Dienststellen der Bundeswehr haben gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 LuftVG die luftverkehrsrechtliche Verwaltungszuständigkeit für den Dienstbereich der Bundeswehr und nach Maßgabe der Stationierungsverträge für denjenigen der Stationierungsstreitkräfte. Im Rahmen der genannten Zuständigkeiten haben Bundesgesetzgeber, Verordnungsgeber und die für den militärischen Flugbetrieb zuständigen Luftfahrtbehörden in ihrem jeweiligen Regelungsbereich die Befugnis, die Lärmschutzanforderungen bei der Benutzung des Luftraums im allgemeinen und speziell zu militärischen Zwecken auszugestalten und bislang hierzu geltende Vorschriften oder Verwaltungsbestimmungen anzupassen oder zu ändern. Sobald sie aber von der jeweiligen Befugnis Gebrauch machen wollen, sind sie gemäß Art. 46 Abs. (2) Satz 2 und 3 ZA-NTS angehalten, rechtzeitig mit den Behörden der Entsendestaaten Erörterungen über die vorgesehenen Änderungen aufzunehmen. Die Vertragsparteien bedienen sich der in diesem Bereich zuständigen Organisationen, um solche Änderungen zu erörtern. 3.1.2. Einzelmaßnahmen der Luftfahrtbehörden Gemäß der völkerrechtlich begründeten Maßgaben der Art. II NTS und Art. 57 und 46 ZA-NTS haben sich die Stationierungsstreitkräfte an die innerstaatlichen Vorschriften und Regeln des militärischen Flugbetriebs zu halten. Allerdings ist es den deutschen Behörden nicht möglich, deren Befolgung durch einseitige Anordnungen durchzusetzen, da es der allgemeine völkerrechtliche Grundsatz der Staatenimmunität, wonach im Einverständnis stationierte Streitkräfte anderer Staaten in verfahrensrechtlicher Sicht der deutschen Hoheitsgewalt entzogen sind, ihnen verwehrt, das Verhalten der Stationierungsstreitkräfte der deutschen Gerichtsbarkeit oder sonstigen deutschen Hoheitsakten zu unterwerfen.15 Konflikte, welche die völkerrechtliche Verpflichtung der Stationierungsstreitkräfte betreffen, sich entsprechend dem Recht des Aufenthaltsstaates zu verhalten, sind deshalb in Erfüllung der in 14 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. I S.1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 29. Juni 2009 (BGBl. I S. 2248). 15 Vgl. nur Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz, 8. Auflage 2010, § 60 Rn. 15 mit weiteren Nachweisen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 191/11 Seite 9 Art. 3 und Art. 53 Abs. (4) ZA-NTS niedergelegten beiderseitigen Pflicht zur Zusammenarbeit16 im Verhandlungswege zu lösen. Dem Bundesministerium der Verteidigung und den Dienststellen der Bundeswehr ist es deshalb nicht möglich, den US-Streitkräften einseitige Lärmschutzmaßnahmen aufzuerlegen oder den Flugbetrieb zu untersagen.17 3.2. Landesebene Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Fluglärmgesetz (FluLärmG)18 setzen die Landesregierungen durch Rechtsverordnung Lärmschutzbereiche fest, die in der Umgebung von Flugplätzen einzurichten sind. Die Hubschrauberlandeplätze der 12. US-Heeresfliegerbrigade in Ansbach-Katterbach und Illesheim gehören zu den Flugplätzen, für die die Festsetzung eines Lärmschutzbereichs nicht generell erforderlich ist, sondern gemäß § 4 Abs. 8 FluLärmG erfolgen soll, wenn der Schutz der Allgemeinheit es erfordert. 19 Wie bei allen Soll-Regelungen hat allerdings bei Erfüllung der materiellrechtlichen Voraussetzungen in der Regel eine Festsetzung zu erfolgen, wenn keine besonderen Umstände vorliegen.20 Die Festsetzung von Lärmschutzbereichen für die Landeplätze in Ansbach-Kattersbach und Illesheim durch die Bayerische Staatsregierung21 hätte zur Folge, dass den Eigentümern von in den festgesetzten Schutzzonen gelegenen Grundstücken auf der Grundlage von § 9 Absatz 1 bis 3 FluLärmG in Verbindung mit den nach §§ 7 und 9 Absatz 4 Satz 2 FluLärmG erlassenen Rechtsverordnungen 22 Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen erstattet werden. Sofern für die Erstattung die US-Streitkräfte gemäß § 12 Abs. 1 FluLärmG als Flugplatzhalter aufkommen müssten, würde der Bund für deren Zahlungspflicht einstehen einstehen (§ 12 Abs. 2 FluLärmG). 16 Siehe schon Heitmann, Die Benutzung von Liegenschaften durch ausländische Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland, in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1989, S. 432, 425 („Ein Kernstück der Verträge“). 17 Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 16. Dezember 1988 - Az. 4 C 40/86, Leitsatz 4 und Rn. 50 (juris). 18 Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2550). 19 Dazu , Schallschutzmaßnahmen an Hubschrauberstützpunkten, Sachstand WD 7-3000-112/09, S. 4 f. 20 Reidt/Fellenberg, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Teil II, 5., § 4 Rn. 21. 21 Zum Ganzen auch Antwort der Bayerischen Staatskanzlei vom 14. Oktober 2009 auf die Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Renate Ackermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 29. Juni 2009, Bayerischer Landtag - Drucksache 16/2084. 22 Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (Flugplatz- Schallschutzmaßnahmenverordnung – 2. FlugLSV) vom 8. September 2009 (BGBl. I S. 2992). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 191/11 Seite 10 3.3. Rechtsschutz lärmbetroffener Bürger 3.3.1. Einflussnahme auf das Handeln der Stationierungsstreitkräfte Die US-Streitkräfte sind wegen der Ausübung der ihnen durch das Stationierungsrecht eingeräumten Befugnisse nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen.23 Der einzelne Bürger kann deshalb bei Grundrechtsbeeinträchtigungen oder sonstigen Rechtsverletzungen, die mit der Lärmentwicklung durch den Flugbetrieb an den Hubschrauberstandorten der US-Streitkräfte verbunden sind, nur durch Einflussnahme auf die zuständigen Organe der Bundesrepublik Deutschland angemessenen Rechtsschutz erlangen.24 Demgemäß kann er von den zuständigen Stellen des Bundes auf dem Verwaltungsrechtsweg verlangen, dass diese sich im Verhandlungswege gemäß Art. II NTS und Art. 53 Abs. 4 ZA-NTS bei den US-Streitkräften dafür einsetzen, rechtswidrige Maßnahmen wegen der Pflicht zur Achtung des Rechts der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen .25 3.3.2. Zivilrechtliche Entschädigungsansprüche Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) kann Entschädigung für militärischen Fluglärm, sofern dieser die verfassungsrechtlichen Zumutbarkeits- und Enteignungsgrenzen überschreitet und die Voraussetzungen des enteignenden Eingriffs als Ausprägung des allgemeinen Aufopferungsgedankens vorliegen, auf dem zivilrechtlichen Wege erlangt werden.26 Werden derartige Verletzungshandlungen von aufgrund des NTS stationierten Streitkräften begangen, haftet die Bundesrepublik nach den Grundsätzen der Amtspflichtverletzung.27 23 Siehe oben bei 3.1.2. 24 Entsprechend zur Nutzung im Bundesgebiet überlassener Liegenschaften Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 14. Juli 1988 - Az. 11 TG 1736/85, Leitsatz 4 (juris). 25 So entsprechend BVerwG (Fn. 17), Rn. 50 (juris) in einem Fall der Abweichung vom luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren durch britische Stationierungsstreitkräfte. 26 Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 25. März 1993 – Az. III ZR 60/91, Juris, Rn. 4 ff.; Giesecke/Wysk in: Kölner Kompendium zum Luftrecht, Band 2 - Luftverkehr, 2009, S. 1072, Rn. 146 m.w.N. 27 BGH, Urteil vom 27. Mai 1993 – Az. III ZR 59/92, Juris, Rn. 32 f.