© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 190/19 Zur Rückwirkung im Ordnungswidrigkeitenrecht Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Danach habe jeder Mobilfunknetzbetreiber eine Breitbandversorgung der Bevölkerung mit mobilfunkgestützten Übertragungstechnologien sicherzustellen, die eine Übertragungsrate von mindestens 50 Mbit/s pro Antennensektor erreichen. In der Regel sollen Übertragungsraten von 10 Mbit/s und mehr für die Haushaltsabdeckung zur Verfügung stehen. Jeder Mobilfunknetzbetreiber habe danach 97 % der Haushalte in jedem Bundesland und 98 % bundesweit zu erreichen. Soweit dies technisch und tatsächlich möglich sei, müsse für die Hauptverkehrswege eine vollständige Versorgung sichergestellt werden . Die Versorgungsverpflichtung sei ab dem 1. Januar 2020 durch jeden Mobilfunknetzbetreiber zu erfüllen. Durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (5. TKG-Änderungsgesetz – 5. TKGÄndG)2 wurde in der neuen Fassung des § 149 TKG nF der Sanktionskatalog und die Geldbußen für einen vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoß gegen die „Versorgungsauflage“ erheblich erweitert.3 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang diese verschärften Bußgeldvorschriften auf die im Jahre 2015 erteilte „Versorgungsauflage“ Anwendung finden. Nach seinen Verfahrensgrundsätzen prüft der Wissenschaftliche Dienst keine Sachverhalte im Einzelfall. Es erfolgen daher allgemeine Ausführungen zu den Auswirkungen der Gesetzesänderung . Zunächst wird deshalb der objektive Tatbestand des § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG nF vorgestellt (Ziffer 2.1.), um im Anschluss auf die sogenannte echte und unechte Rückwirkung von Gesetzen einzugehen (Ziffer 2.1.1. und 2.1.2). Unter Ziffer 2.2. wird schließlich zur Höhe der Geldbuße Stellung genommen. Zur bisherigen Rechtslage wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Kurzinformation, Fünftes Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) – Verschärfung von Bußgeldvorschriften – WD 5 – 3000 – 117/19 vom 28. November 2019 – Anlage - verwiesen. 2. Änderung der Bußgeldvorschriften Nach § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG nF handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer vollziehbaren Anordnung nach § 60 Abs. 2 Satz 1 TKG4 zuwiderhandelt. Der objektive und subjektive Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit ist in § 149 Abs. 1 TKG beschrieben (Ziffer 2.1.), während die Rechtsfolge (Bußgeld) sich aus dessen Abs. 2 ergibt (Ziffer 2.2.). 1 Vgl. Wissenschaftlicher Dienst, Kurzinformation, Fünftes Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) – Verschärfung von Bußgeldvorschriften – WD 5 – 3000 – 117/19 vom 28. November 2019, S. 2 Fn. 6 – Anlage -., 2 Noch nicht im BGBl. bekannt gemacht und in Kraft getreten (Stand: 02.12.2019). 3 Vgl. BT-Drucks. 19/11180. 4 Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 22.06.2004 (BGBl. I S. 1190), zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 11.07.2019 (BGBl. I S. 1066). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 190/19 Seite 5 2.1. Objektiver Tatbestand der Ordnungswidrigkeit Der objektive Tatbestand setzt sich zunächst aus den Tatbestandsmerkmalen einer Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach § 60 Abs. 2 Satz 1 TKG zusammen. Der § 60 Abs. 2 Satz 1 TKG hat folgenden Wortlaut: „Zur Sicherung einer effizienten und störungsfreien Nutzung der Frequenzen sowie der weiteren in § 2 genannten Regulierungsziele kann die Frequenzzuteilung mit Nebenbestimmungen versehen werden.“ Der genaue Wortlaut dieser Anordnung, die als Auflage mit den entsprechenden Regulierungszielen ausgestaltet sein soll, liegt nicht vor, sodass eine abschließende Subsumtion unter den objektiven Tatbestand des § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG nF nicht möglich ist und auch weitere Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht erforderlich sind. Auch können keine Feststellungen getroffen werden , ob und inwieweit es sich um eine „vollziehbare“ Anordnung nach § 60 Abs. 2 Satz 1 TKG oder um eine sonstige Nebenbestimmung im Sinne des allgemeinen Verwaltungsrechts handelt. Durch das 5. TKGÄndG wurde der objektive Tatbestand durch zusätzliche Tatbestandmerkmale neu gefasst und hat nunmehr folgenden Wortlaut: „Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig […] 12. einer vollziehbaren Anordnung nach § 60 Absatz 2 Satz 1, die a) der Gewährleistung flächendeckend angemessener und ausreichender Telekommunikationsleistungen dient, oder b) einen anderen als unter Buchstabe a genannten Inhalt aufweist.“ Ob der Wortlaut der „Versorgungsauflage“ aus dem Jahre 2015 eine vollziehbare Anordnung enthält , die flächendeckend der Gewährleistung angemessener und ausreichender Telekommunikationsdienstleistungen dient, lässt sich nicht feststellen. Dies gilt auch für die Frage, ob die „Versorgungsauflage “ aus dem Jahre 2015 einen anderen als den unter § 149 Abs. 1 Nr. 12 lit. a) TKG nF genannten Inhalt aufweist. In welchem Umfang flächendeckend angemessene und ausreichende Telekommunikationsleistungen durch die Mobilfunkbetreiber zu gewährleisten sind, lässt sich dieser Bußgeldvorschrift und gesetzlichen Begriffsbestimmungen nicht entnehmen. Es ist gleichwohl von vornherein nicht auszuschließen, dass der neue objektive Tatbestand des § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG nF gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen könnte. Dieses Verbot hat seine Wurzeln im Rechtsstaatsprinzip.5 5 Vgl. hierzu auch Art. 102 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 15.11.2019 (BGBl. I S. 1546) und die §§ 3, 4 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.02.1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt geändert durch Art. 26 Abs. 6 des Gesetzes vom 20.11.2019 (BGBl. I S. 1724); vgl. auch Blaue, Die Zeitweiligkeit des Rechts – Das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot und die lex mitior-Regel (Art. 103 Abs. 2 GG, §§ 3, 4 OWiG bzw. §§ 1, 2 StGB), Zeitschrift für das Juristische Studium – www.zjs-online.com – 2014, S. 371 (375). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 190/19 Seite 6 Geschützt wird das Vertrauen in die Beständigkeit und Nachhaltigkeit der Gesetze. Wer von einem Gesetz betroffen ist, soll auf die Geltung der Vorschrift vertrauen dürfen.6 Zur Frage, ob und wieweit ein Vertrauen in eine bestehende Gesetzeslage gegenüber Verschlechterungen schutzwürdig ist, unterscheidet das Bundeverfassungsgericht (BVerfG) traditionell zwischen echter (vgl. Ziffer 2.1.1.) und grundsätzlich zulässiger unechter Rückwirkung (vgl. Ziffer 2.1.2.). 2.1.1. Echte Rückwirkung Gesetze mit einer echten Rückwirkung sind grundsätzlich unzulässig.7 Eine solche liegt dann vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, in der Vergangenheit liegende Tatbestände eingreift.8 Wie bereits festgestellt, liegen der Wortlaut der „Versorgungsauflage“ und die ergänzend formulierten Regulierungsziele nicht vor. Letztere kommen auch in dem neuen objektiven Tatbestand des § 149 Abs. 1 Nr. 12 lit. a in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Satz 1 TKG nF zum Ausdruck. § 60 Abs. 2 Satz 1 TKG regelt die Zulässigkeit der Beifügung von Nebenbestimmungen zur Frequenzzuteilung . Als mögliche Nebenbestimmungen kommen nach § 36 Abs. 2 VwVfG9 Befristungen , Bedingungen, Widerrufsvorbehalte, Auflagen und Auflagenvorbehalte in Betracht.10 Eine Anordnung im Sinne des § 60 Abs. 2 Satz 1 TKG kann mit ihrer Bekanntgabe vollziehbar sein, da Widerspruch und Klage nach § 137 Abs. 1 TKG keine aufschiebende Wirkung entfalten. § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG verwendet allerdings nicht den Begriff der Nebenbestimmung, sondern den Terminus „vollziehbare Anordnung“. Zu prüfen wäre deshalb, ob der von der Bundesnetzagentur in ihrem Jahresbericht verwendete Begriff „Versorgungsauflage“ eine Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG darstellt. Inwieweit ein noch nicht verkündeter und in Kraft getretener § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG nF in bereits abgewickelte, in der Vergangenheit liegende Tatbestände eingreift , lässt sich daher nicht abschließend beurteilen. 6 Vgl. hierzu im Einzelnen Maunz/Dürig/Grzeszick, 87. Ergänzungslieferung März 2019, GG Art. 20 Ziffer VII. Rn. 72 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 7 BVerfGE 13, 261 ff. (271); 25, 371 ff. (403); 30, 367 ff. (385 f.); 30, 392 ff. (401); 41, 205 ff. (225); 45, 142 ff. (173 f.); 72, 200 ff. (253); 88, 384 ff. (403 f.); 97, 67 ff. (80). 8 vgl. BGH, NJW 2019, 1891; Maunz/Dürig/Grzeszick, 87. EL März 2019, GG Art. 20 VII. Rn. 76-79, mit weiteren Nachweisen. 9 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 25 des Gesetzes vom 21.06.2019 (BGBl. I S. 846). 10 Beck TKG/Göddel, 4. Aufl. 2013, TKG § 60 Rn. 6. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 190/19 Seite 7 2.1.2. Unechte Rückwirkung Bei der unechten Rückwirkung treten die Rechtsfolgen eines Gesetzes erst nach Verkündung der Norm ein, ihr Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor der Verkündung „ins Werk gesetzt wurden“.11 Die Regelungen knüpfen an gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte mit Rechtsfolgen für die Zukunft an, wodurch die betroffene in der Vergangenheit erworbene Rechtsposition dann nachträglich verschlechtert oder entwertet wird. Die Rechtsfolgen des 5. TKGÄndG treten erst nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt ein. Zu welchem Zeitpunkt dies erfolgt, lässt sich zurzeit nicht feststellen. Es erfasst aber mit seinen Tatbestandsmerkmalen einer Ordnungswidrigkeit in § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG die Modalitäten und Ausübung der Frequenzzuteilung seit 2015 durch die Mobilfunkbetreiber. Diese Regelungen in Verbindung mit § 149 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3 TKG nF (Höhe des Bußgeldes) knüpfen an gegenwärtige , noch nicht abgeschlossene Funkfrequenznutzungen an. Auch hier lässt sich aus den oben unter Ziffer 2.1.1. genannten Gründen nicht abschließend beurteilen, ob die Annahme einer unechten Rückwirkung gerechtfertigt ist. Auch wenn die unechte Rückwirkung grundsätzlich zulässig ist, bedarf es unter Berücksichtigung des Sinn und Zweckes des entsprechenden Gesetzes einer Interessen- und Güterabwägung unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes und der Grundrechte des Betroffenen. Insbesondere ist im Rahmen einer Übergangsregelung dem Betroffenen Vertrauensschutz dann zu gewähren , wenn sein schutzwürdiges Vertrauen auf den bisherigen Rechtszustand überwiegt. Eine unechte Rückwirkung dürfte im Ergebnis vor allem dann unzulässig oder durch Übergangsfristen abzufedern sein, wenn das Gesetz einen Eingriff vorsieht, mit dem die Betroffenen nicht rechnen mussten, den sie also bei ihren Dispositionen nicht berücksichtigen konnten.12 Die Tatsache, dass die Bußgeldvorschrift in dieser Verschärfung nicht im Gesetzentwurf der Bundesregierung 13 enthalten war, lässt vermuten, dass die durch das TKG betroffenen Kreise auf den Fortbestand der bisherigen Gesetzeslage vertrauten. Auch in der Stellungnahme des Bundesrates 14 zu dem Gesetzentwurf werden keine Empfehlungen für eine Erhöhung des Bußgeldes abgegeben . Festzustellen ist, dass für die Frage, ob § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG für den Betroffenen eine zulässige oder unzulässige Rückwirkung entfaltet, nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden ist. Dies gilt insbesondere für die in Betracht zu ziehenden Rechtfertigungsgründe und den subjektiven Tatbestandsmerkmale, also dem Vorsatz oder der Fahrlässigkeit des einzelnen Mobilfunknetzbetreibers . 11 BVerfGE 31, 275 (292), BVerfGE 72, 200 (242). 12 Vgl. hierzu im Einzelnen Maunz/Dürig/Grzeszick, 87. Ergänzungslieferung März 2019, GG Art. 20 Ziffer VII. Rn. 90/91 mit weiteren Nachweisen. 13 BT-Drucks. 19/6336. 14 BT- Drucks. 19/6336, S. 11/12; Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 19/6437. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 190/19 Seite 8 2.2. Höhe des Bußgeldes Nach dem 5. TKGÄndG wird in § 149 Abs. 2 Satz 1 TKG nF eine neue Nr. 1 zusätzlich eingefügt. Diese Regelung erhält dadurch folgende Fassung: „(2) Die Ordnungswidrigkeit kann wie folgt geahndet werden: 1. in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 12 Buchstabe a mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro, abweichend hiervon bei einer juristischen Person oder Personenvereinigung mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro mit einer Geldbuße bis zu 2 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes; bei der Ermittlung des durchschnittlichen Jahresumsatzes ist der weltweit erzielte Umsatz aller Unternehmen im Sinne des § 3 Nummer 29 der letzten drei Geschäftsjahre, die der Behördenentscheidung vorausgehen, zugrunde zu legen; der durchschnittliche Jahresumsatz kann geschätzt werden, […]“. Durch das Einfügen dieser neuen Nr. 1 werden aus den bisherigen Nummern 1 bis 5 die Nummern 2 bis 6 im § 149 Abs. 2 TKG nF. Diese haben nunmehr folgende Fassung: „2.in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 Buchstabe a, Nummer 6, 10, 22, 27, 31 und 36 bis 40 und des Absatzes 1b Nummer 1 und 3 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, 3. in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 7a, 16 bis 17a, 18, 26, 29, 30a, 33, 41 bis 43 und des Absatzes 1c mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro, 3. in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 Buchstabe b, Nummer 7b bis 7d, 7g, 7h, 12 bis 13b, 13d bis 13o, 15, 17c, 19 bis 21, 21b, 30 und 44, des Absatzes 1a Nummer 1 bis 4 und des Absatzes 1b Nummer 2 mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro, 4. in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 7, 8, 9, 11, 17b, 21a, 21c, 23 und 24 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro und 5. in den übrigen Fällen der Absätze 1 bis 1b mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reichen die in Satz 1 genannten Beträge hierfür nicht aus, so können sie überschritten werden.“ § 149 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TKG nF differenziert zwischen Anordnungen mit dem Inhalt nach lit. a) und dem nach lit. b). Lediglich bei einer vollziehbaren Anordnung nach lit. a) kommt die neue Bußgeldhöhe zum Tragen. Bei der Anordnung mit einem anderen Inhalt bleibt es wohl bei der bisherigen Höhe des Bußgeldes in Höhe von 100.000 Euro. In der Nr. 3 des § 149 Abs. 2 Satz 1 TKG nF wird die Bußgeldhöhe undifferenziert auf die Nr. 12 des § 149 Abs. 1 TKB nF erstreckt. Sie ist daher im Wege der Auslegung gesetzeskonform auf Nr. 12 lit. b) zu beschränken. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 190/19 Seite 9 3. Fazit In welchem Umfang flächendeckend angemessene und ausreichende Telekommunikationsleistungen durch die Mobilfunknetzbetreiber zu gewährleisten sind, lässt sich dem objektiven Tatbestand der Bußgeldvorschrift des § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG nF oder den Begriffsbestimmungen des TKG nicht entnehmen. Bei der unechten Rückwirkung treten die Rechtsfolgen eines Gesetzes erst nach Verkündung der Norm ein, ihr Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor der Verkündung liegen. Auch wenn die unechte Rückwirkung grundsätzlich zulässig ist, bedarf es unter Berücksichtigung des Sinn und Zweckes des entsprechenden Gesetzes einer Interessen- und Güterabwägung unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes und der Grundrechte des Betroffenen. Insbesondere ist im Rahmen einer Übergangsregelung dem Betroffenen Vertrauensschutz dann zu gewähren, wenn sein schutzwürdiges Vertrauen auf den bisherigen Rechtszustand überwiegt Die Frage, ob § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG eine zulässige oder unzulässige Rückwirkung entfaltet, entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalles. In § 149 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 TKG nF wird undifferenziert auf die Nr. 12 des § 149 Abs. 1 TKB nF Bezug genommen. Sie ist daher im Wege der Auslegung gesetzeskonform auf den Tatbestand des § 149 Abs. 1 Nr. 12 lit. b) zu beschränken. ***