WD 7 - 3000 - 189/16 (3. Januar 2017) © 2017 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Fragestellung Das Bundeskabinett hat am 21. Dezember 2016 einen Gesetzentwurf zur Bevorrechtigung des Carsharing (Carsharinggesetz – CsgG) beschlossen (http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten _BMU/Download_PDF/Verkehr/carsharinggesetz_entwurf_bf.pdf). Nach § 2 Nr. 2 CsgG-Entwurf ist ein Carsharinganbieter im Sinne des CsgG „ein Unternehmen unabhängig von seiner Rechtsform, das Carsharingfahrzeuge stationsunabhängig oder stationsbasiert zur Nutzung für eine unbestimmte Anzahl von Kunden und Kundinnen nach allgemeinen Kriterien anbietet , wobei Mischformen der Angebotsmodelle möglich sind“. In der Gesetzesbegründung (S. 29 des Gesetzentwurfs) heißt es hierzu: „Zur Abgrenzung zum sog. privaten Carsharing sowie zur Verhinderung der missbräuchlichen Ausnutzung der Bevorrechtigungen ist der Anwendungsbereich auf Unternehmen begrenzt. Erfasst sind dabei auch Vereine, soweit sie im Nebenbetrieb ohne Gewinnerzielung Carsharing betreiben, oder etwa Genossenschaften, soweit diese mit dem jeweiligen Carsharingangebot erwerbswirtschaftlich tätig sind.“ Fraglich ist vor diesem Hintergrund, ob bzw. inwieweit unter den Begriff des Unternehmens im Sinne des § 2 Nr. 2 CsgG-Entwurf auch Vereine subsumiert werden könnten. 2. Unternehmensbegriff 2.1. Grundsatz Eine allgemeingültige rechtliche Definition des Begriffs Unternehmen gibt es nicht, vielmehr richtet sich der genaue Begriffsgehalt nach dem jeweiligen Gesetz, in dem der Begriff verwendet wird. Dies gilt auch dann, wenn ein Gesetz, wie der CsgG-Entwurf, keine Legaldefinition des Begriffs vornimmt, ohne auf die Verwendung des Begriffs in einem anderen Gesetz zu verweisen. Rechtsgebietsübergreifend wird für den Begriff des Unternehmens unabhängig vom jeweiligen speziellen Regelungskontext im allgemeinen als maßgeblich angesehen, dass mit ihm eine organisatorische Einheit bezeichnet wird, die zur Erfüllung eines wirtschaftlichen oder ideellen Zwecks dient: Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zum Unternehmensbegriff im Entwurf eines Carsharing-Gesetzes (CsgG) Kurzinformation Zum Unternehmensbegriff im Entwurf eines Carsharing-Gesetzes (CsgG) Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 „Der Begriff des Unternehmens kann definiert werden als organisatorische Einheit, die aus einem oder mehreren Betrieben bestehen kann und die durch einen gemeinsamen wirtschaftlichen oder ideellen Zweck verbunden ist.“ (Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Aufl. 2017, § 611 BGB Rdn. 196. Ebenso Müller-Glöge, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 611 BGB Rdn. 240; von Hoyningen-Huene, in: Münchener Kommentar zum HGB, 4. Aufl. 2016, § 59 HGB Rdn. 17) Die Rechtsform des Unternehmensträgers spielt für den so beschriebenen allgemeinen Unternehmensbegriff mithin keine Rolle. 2.2. Gebrauch im CsgG-Entwurf Das vorstehend skizzierte allgemeine Begriffsverständnis wird im vorliegenden Kontext durch die Formulierung „unabhängig von seiner Rechtsform“ in § 2 Nr. 2 CsgG-Entwurf ausdrücklich bestätigt. Damit konform geht zudem, dass der Zweck der Verwendung des Begriffs des Unternehmens im CsgG-Entwurf ausweislich der Gesetzesbegründung darin besteht, eine Abgrenzung zum rein privaten Carsharing vorzunehmen sowie eine missbräuchliche Ausnutzung von Bevorrechtigungen zu verhindern. Der Begriff dient damit ausweislich des Regelungskontextes weder dazu, bestimmte Unternehmensträgerformen zu fordern, noch sollen mit ihm ideelle von wirtschaftlichen Zwecken unterschieden und nur in letzteren Fällen der Status des Carsharinganbieters im Sinne des CsgG zugebilligt werden. Vor dem Hintergrund des insoweit eindeutigen, mit der Zweckbestimmung des Gesetzes kongruenten Gesetzeswortlauts ergibt sich eine andere Interpretation auch nicht aufgrund des Wortlauts der Gesetzesbegründung, wonach „auch Vereine“ erfasst seien, „soweit sie im Nebenbetrieb ohne Gewinnerzielung Carsharing betreiben.“ Diese Formulierung dürfte nicht so zu verstehen sein, dass Vereine ausschließlich dann vom Unternehmensbegriff erfasst wären, wenn sie im Nebenbetrieb ohne Gewinnerzielung Carsharing betreiben, sondern dass im erläuternden Sinne und zur Vermeidung von Missverständnissen aufgrund des landläufig wirtschaftlich konnotierten Unternehmensbegriffs bekräftigt werden soll, dass selbst nicht wirtschaftlich ausgerichtete Vereine, die Carsharing ohne Gewinnerzielungsabsicht betreiben, ein Unternehmen im Sinne des CsgG darstellen können. 3. Fazit Der Unternehmensbegriff des CsgG-Entwurfs nimmt keine Eingrenzung hinsichtlich des Rechtsträgers des Unternehmens vor. In Betracht kommen als Unternehmen im Sinne des CsgG damit insbesondere auch eingetragene Vereine oder deren organisatorische Untergliederungen. * * *