© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 188/19 „Hawala-Banking“ Strafrechtliche Regelungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 188/19 Seite 2 „Hawala-Banking“ Strafrechtliche Regelungen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 188/19 Abschluss der Arbeit: 3.12.2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 188/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Strafrechtliche Regelungen 4 2.1. Nach dem Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (ZAG) 4 2.2. Nach dem Strafgesetzbuch (StGB) 4 2.2.1. Geldwäsche 4 2.2.2. Steuerhinterziehung 5 2.2.3. Finanzierung von Terrorismus 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 188/19 Seite 4 1. Einleitung Das Finanztransfergeschäft des sogenannten Hawala-Banking ermöglicht einen internationalen Wert- und Geldtransfer. Zu dieser besonderen Ausprägung von Finanzgeschäften wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den gesondert beigefügten Sachstand des Fachbereich 4, Hawala -Banking – Funktionsweise und aufsichtsrechtliche Bestimmungen, - WD 4 – 3000 – 154/19 –Anlage - Bezug genommen. Das Betreiben von Finanztransfergeschäften steht unter einem gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt. Es werden deshalb unter Ziffer 2. die strafrechtlichen Regelungen vorgestellt, die bei einem Verstoß gegen diesen Erlaubnisvorbehalt in Betracht kommen. 2. Strafrechtliche Regelungen 2.1. Nach dem Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (ZAG) 1 Das Hawala-Banking ist grundsätzlich verboten, steht aber unter einen Erlaubnisvorbehalt. Nach § 63 Abs. 1 Nr. 6 ZAG macht sich strafbar, wer ohne Erlaubnis (vgl. § 10 Absatz 1 Satz 1 ZAG) oder ohne Registrierung (vgl. § 34 Absatz 1 Satz 1 ZAG) Zahlungsdienste erbringt. Der Begriff der Zahlungsdienste wird in § 1 Satz 2 ZAG definiert. Das „Hawala-Banking“ fällt unter die Finanztransfergeschäfte, § 1 Satz 2 Nr. 6 ZAG. Dies sind Dienste, bei denen ohne Einrichtung eines Zahlungskontos ein Geldbetrag des Zahlers nur zur Übermittlung eines entsprechenden Betrags an einen Zahlungsempfänger entgegengenommen wird und diesem verfügbar gemacht wird. Eine Strafbarkeit von natürlichen Personen kann sich nach den Vorschriften des Strafgesetzbuches (StGB)2 ergeben. In Betracht kommt vor allem der Straftatbestand der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung. 2.2. Nach dem Strafgesetzbuch (StGB) 2.2.1. Geldwäsche Wird das „Hawala-System“ genutzt, um Gegenstände aus illegalen Tätigkeiten in den legalen Finanz - und Wirtschaftskreislauf einzuspeisen, kommt eine Strafbarkeit aus § 261 StGB in Betracht . 1 Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG) vom 17.6.2017 (BGBl. I S. 2446), zuletzt geändert durch Art. 9 des Brexit-Steuerbegleitgesetzes vom 25.3.2019 (BGBl.I S. 357), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/zag_2018/ZAG.pdf (Stand: 02.12.2019). 2 Strafgesetzbuch (StGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.11.1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Art. 62 des Zweiten Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetzes der EU vom 20.11.2019 (BGBl. I S. 1626), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/StGB.pdf (Stand: 2.12.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 188/19 Seite 5 Gemäß § 263 Abs. 1 StGB macht sich derjenige der Geldwäsche beziehungsweise der Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte strafbar, wer einen aus einer rechtswidrigen Vortat herrührenden Gegenstand verbirgt, dessen Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft , das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet. Voraussetzung für das Vorliegen einer strafbaren Geldwäsche ist folglich zunächst eine Vortat, aus der das taugliche Tatobjekt herrühren muss. Als Tatobjekt kommt jeder Gegenstand mit einem Vermögenswert in Betracht.3 Dieser muss durch die Vortat erlangt werden. Der Gesetzgeber wollte durch die offene Formulierung „herrühren“ nicht ausschließlich Fälle erfassen, bei denen der Gegenstand unmittelbar verwertet wird, sondern auch solche Fälle, in denen der ursprüngliche Gegenstand durch eine Kette von Verwertungshandlungen unter Beibehaltung seines Wertes durch einen anderen ersetzt wird.4 Die Vortat muss nach dem Katalog des § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB ein Verbrechen oder ein Vergehen im Sinne der Vorschrift sein, vgl. § 261 Satz 2 Nr. 2 bis 5 StGB. Als Tathandlung kommt die Verschleierung (Abs. 1 Satz 1 Alt. 1), die Vereitelung (Abs. 1 Satz 2 Alt. 2) sowie die Isolierung (Abs. 2) des Gegenstandes in Betracht. Die Geldwäsche kann vorsätzlich im Sinne des § 261 Abs. 1 und 2 StGB begangen werden oder leichtfertig nach § 261 Abs. 5 StGB. Bei dem unerlaubten Betreiben des „Hawala-Bankings“ handelt der Täter nicht zwangsläufig leichtfertig im Sinne des § 261 Abs. 5 StGB, da die Nutzung des „Hawala-Systems“ auch legalen Zwecken dienen kann und als System genutzt wird, um Transaktionen in Gebiete zu ermöglichen, in denen keine flächendeckenden Bankfilialnetze existieren. Daher muss der Vorsatz beziehungsweise die Leichtfertigkeit im Einzelfall festgestellt werden.5 2.2.2. Steuerhinterziehung Die Strafbarkeit der Hinterziehung von Steuern ist in § 370 Abgabenordnung (AO)6 geregelt. Danach macht sich strafbar, wer den zuständigen Behörden unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen macht, die Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder die Verwendung von Steuerzeichen in pflichtwidriger Weise unterlässt . 3 Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, 5. Auflage 2017, § 261 Rn. 26. 4 BT-Drs. 12/989, S. 27, abrufbar unter: https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf (Stand 03.12.2019). 5 Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, 5. Auflage 2017, § 261 Rn. 130c. 6 Abgabenordnung (AO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 01.10.2002 (BGBl. I S. 3866, ber. 2003 S. 61), zuletzt geändert durch Art. 3 des Dritten Gesetzes zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Drittes Bürokratieentlastungsgesetz) vom 22.11.2019 (BGBl. I S. 1746), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/AO.pdf (Stand: 03.12.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 188/19 Seite 6 Verschweigt der Täter deklarationspflichtige Erträge gegenüber dem Finanzamt, indem er keine Angaben bezüglich seiner Gewinne durch das „Hawala-Banking“ macht, kann der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt sein. Gleichzeitig kann ein Verstoß gegen § 370 AO die Vortat zur Geldwäsche sein. Gemäß § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB gilt dessen Satz 1 auch in den Fällen der gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung nach § 370 AO. Wird eine Steuerhinterziehung begangen, spart sich der Täter die Begleichung von Steuerschulden. Auf ersparte Aufwendungen kann § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht direkt angewandt werden. Es bedarf folglich des Verweises in § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB auf § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB.7 Bei den Gegenständen handelt es sich um die konkreten Gegenstände , welche aufgrund der Steuerhinterziehung im Vermögen des Vortäters bleiben konnten .8 2.2.3. Finanzierung von Terrorismus In Einzelfällen kann eine Strafbarkeit wegen der Finanzierung von Terrorismus gemäß § 89c StGB in Betracht kommen. Dafür müsste der Täter Vermögenswerte sammeln, entgegennehmen oder zur Verfügung stellen mit dem Wissen, dass diese von einer anderen Person zur Begehung der in § 89c Abs. 1 StGB gennannten Taten genutzt wird. *** 7 Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, 5. Auflage 2017, § 261 Rn. 83. 8 Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, 5. Auflage 2017, § 261 Rn. 83, vgl. auch Hecker, in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Auflage 2019, § 261, Rn. 12.