© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 186/16 Grundbuchrechtliche Sicherung von Fördermitteln für den sozialen Wohnungsbau Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 186/16 Seite 2 Grundbuchrechtliche Sicherung von Fördermitteln für den sozialen Wohnungsbau Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 186/16 Abschluss der Arbeit: 5. Januar 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutz, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 186/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gesetzgebungskompetenz 4 3. Grundlagen der sozialen Wohnraumförderung 5 3.1. Zweck und Maßnahmen der Förderung 5 3.2. Grundsätze, Voraussetzungen und Förderzusage 5 3.3. Begründung und Sicherung von Belegungs- und Mietbindungen 6 4. Grundbuchrechtliche Sicherung des Förderzwecks 6 5. Rechtsfolgen einer Sanierungs-/ Erhaltungssatzung 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 186/16 Seite 4 1. Einleitung In verschiedenen Großstädten besteht für breite einkommensschwache Schichten ein Mangel an Wohnraum. Es wird daher in den Medien vielfältig erörtert, den sozialen Wohnungsbau in Deutschland zu reformieren. Teilweise wird die Auffassung vertreten, entsprechende Fördermittel gingen am Kern der Wohnungsmarktprobleme vorbei und die soziale Treffsicherheit sei sehr gering.1 Fraglich ist allerdings auch, ob es sinnvoll ist Mietshäuser und ganze Stadtquartiere ausschließlich mit schwachen Einkommensbeziehern und bestimmten gesellschaftlichen Gruppen zu besetzen. Bereits an dieser Stelle ist allerdings darauf zu verweisen, dass die Wissenschaftlichen Dienste nach ihren Verfahrensgrundsätzen keine rechtspolitischen Konzepte, insbesondere für die Länderebene , erarbeiten. Es wird daher vor allem der Frage nachgegangen, ob die Zweckbestimmung öffentlicher Fördergelder für den sozialen Wohnungsbau grundbuchrechtlich abgesichert werden kann. Es folgen insoweit zunächst Ausführungen zur Gesetzgebungskompetenz für den sozialen Wohnungsbau (Ziffer 2.), um anschließend die Grundstrukturen der entsprechenden bundesgesetzlichen Regelungen vorzustellen (Ziffer 3.). Schließlich wird summarisch die grundbuchrechtliche Sicherung des Förderzwecks für den sozialen Wohnungsbau vorgestellt (Ziffer 4.) und auf entsprechendes Satzungsrecht nach dem Baugesetzbuch verwiesen (Ziffer 5.). 2. Gesetzgebungskompetenz Als sozialen Wohnungsbau bezeichnet man den staatlich geförderten Bau von Wohnungen, insbesondere für soziale Gruppen, die ihren Wohnungsbedarf nicht am freien Wohnungsmarkt decken können. Zur Belegungsbindung tritt eine höchstzulässige Miete (Kostenmiete), wie sie beispielsweise im deutschen Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG)2 geregelt ist. Durch die Föderalismusreform im Jahre 2006 ist mit der Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 des Grundgesetzes (GG) die soziale Wohnraumförderung in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder übergegangen. Soweit das Wohnraumförderungsgesetz (WoFG)3 des Bundes nicht durch landesrechtliche Regelungen ersetzt wird, bleibt es weiterhin gültig. Darüber hinaus 1 Vgl. Schier/Voigtländer, Sozialer Wohnungsbau auf dem Prüfstand (2015), zuletzt abgerufen am 05.01.2016: http://www.iwkoeln.de/studien/iw-trends/beitrag/michael-schier-michael-voigtlaender-soziale-wohnraumfoerderung -auf-dem-pruefstand-266056. 2 Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz - WoBindG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.09.2001 (BGBl. I S. 2404), zuletzt geändert durch Art. 126 der Verordnung vom 31.08.2015 (BGBl. I S. 1474); zuletzt abgerufen am 04.01.2017: http://www.gesetze-im-internet .de/wobindg/ . 3 Wohnraumförderungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2376), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 2. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1610), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/wofg/, zuletzt abgerufen am 20.12.2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 186/16 Seite 5 ist Art. 104a Abs. 4 GG (alte Fassung) gestrichen und die Wohnraumförderung auf die Länder übertragen worden. Gemäß dem neu in das Grundgesetz eingefügten Art. 143c GG und dem darauf basierenden Entflechtungsgesetz4 stehen den Ländern für die wegfallenden Finanzhilfen für die Jahre 2007 bis 2019 Kompensationsleistungen des Bundes zu. 3. Grundlagen der sozialen Wohnraumförderung Die Grundlagen der sozialen Wohnraumförderung finden sich vor allem im WoFG. Es regelt im Wesentlichen die Zwecke und Ziele der künftigen Förderung; die Länder können auf dieser Grundlage ihre eigenen wohnungspolitischen Vorstellungen mit einer flexiblen Förderpraxis verbinden und die Förderung den jeweils konkreten Gegebenheiten des Landes anpassen. Das WoFG ersetzt für die Zukunft die bisherigen Rechtsgrundlagen für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus , wobei der bisher geförderte Bestand an Sozialwohnungen weiterhin den Vorschriften des bisherigen Bundesrechts, nach denen er gefördert ist, unterliegt. 3.1. Zweck und Maßnahmen der Förderung § 2 Abs. 1 WoFG bestimmt die umfassten Fördergegenstände. Hierunter fallen Wohnungsbau, einschließlich des erstmaligen Erwerbs des Wohnraumes innerhalb von 2 Jahren nach Fertigstellung (Nr. 1), Modernisierung von Wohnraum (Nr. 2), Erwerb von Belegungsrechten an bestehendem Wohnraum (Nr. 3) und Erwerb bestehenden Wohnraumes (Nr. 4). § 2 Abs. 2 WoFG legt die zur Verfügung stehenden Fördermittel fest. Diese sind Gewährung von Fördermitteln die aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen als Darlehen zu Vorzugsbedingungen, auch zur nachstelligen Finanzierung, oder als Zuschüsse bereitgestellt werden (Nr. 1), Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen (Nr. 2) sowie Bereitstellung von verbilligtem Bauland (Nr. 3). 3.2. Grundsätze, Voraussetzungen und Förderzusage Die §§ 5 ff. WoFG beschreiben die Grundsätze der Förderung. Hierbei legt § 11 WoFG fest, wer Förderungsempfänger sein kann (Abs. 1) und welche Voraussetzungen der Förderempfänger für die Gewährung von Fördermitteln erfüllen muss (Abs. 3). Nach § 13 Abs. 1 WoFG wird eine Förderung nur auf Antrag bei der zuständigen Stelle gewährt – welche Stelle dies im Einzelfall ist wird durch die Bundesländer entsprechend bestimmt5. Sofern der Antragsteller die Förderungskriterien erfüllt, ergeht eine Förderungszusage. Diese ist das maßgebliche Instrument der sozialen Wohnraumförderung. Sie kann nach § 13 Abs. 3 Satz 1 WoFG entweder durch einen Verwaltungsakt mit entsprechenden Auflagen oder als öffentlich-rechtlicher Vertrag ergehen. Unabhängig ihrer Form als Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlicher Vertrag muss die Förderzusage alle notwendigen Informationen und Bestimmungen enthalten, bspw. über die Zweckbestimmung, Art, Höhe und Dauer der Förderung (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 WoFG). Bei der Förderung von Mietwohnraum müssen zusätzlich Gegenstand, Art und Dauer der Mietbindungen bestimmt sein (§ 13 4 Art. 13 des Föderalismusreform-Begleitgesetzes. 5 Vgl. §§ 13 Abs. 1 und 3 WoFG. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 186/16 Seite 6 Abs. 2 Nr. 2 WoFG). Die in der Förderzusage getroffenen Bestimmungen sind die Grundlage für die jeweilige Einzelfallförderung. Nach § 13 Abs. 3 Satz 2 WoFG gehen die sich aus der Förderungszusage ergebenden Berechtigungen und Verpflichtungen im Falle des Eigentumswechsels auf den Rechtsnachfolger über. 3.3. Begründung und Sicherung von Belegungs- und Mietbindungen Die §§ 25ff. WoFG treffen Regelungen zur Begründung und Sicherung von Belegungs- und Mietbindungen sowie von Bindungen für selbst genutztes Wohneigenheim. Nach § 25 Abs. 1 WoFG unterliegt Mietwohnraum den in der Förderzusage nach § 13 Abs. 2 bestimmten Bedingungen. Es gelten die Regelungen der §§ 26 bis 33 sowie § 52 WoFG entsprechend. Hierbei legt § 28 WoFG fest, dass in jeder Förderzusage eine höchstzulässige Miete zu bestimmen ist. § 29 WoFG befasst sich mit der Dauer der Belegungs- und Mietbindungen. Hiernach entfällt die Bindungswirkung nicht vor dem in der Förderzusage bestimmten Zeitpunkt, auch nicht im Falle der vorzeitigen Rückzahlung eines Darlehens, bei Rückzahlung des Darlehens aufgrund einer Kündigung wegen Verstoßes gegen Bestimmungen der Förderzusage oder bei Zwangsversteigerungen. Die §§ 30 und 31 WoFG befassen sich mit der Freistellung von Belegungsbindungen sowie mit der Übertragung von Belegungs- und Mietbindungen. Eine wie auch immer gelagerte Sicherung des Förderzwecks durch Grundbucheintrag für das entsprechende Objekt lässt sich nicht unmittelbar dem WoFG entnehmen. Regelmäßig wird aber beispielsweise eine die Förderungszusage erlassende Stelle, die auch ein entsprechendes Darlehen vergibt, sich dieses durch eine Grundschuld sichern (vgl. auch § 31 Abs. 4 WoFG). 4. Grundbuchrechtliche Sicherung des Förderzwecks Im Recht der öffentlichen Darlehen gilt die sogenannte Zwei-Stufen-Theorie. Danach wird auf der ersten Stufe unterschieden zwischen der Bewilligung der Förderung und auf der zweiten Stufe dem aufgrund einer Bewilligung geschlossenen Darlehensvertrag. Das Bewilligungsverfahren ist ein Verwaltungsverfahren, das sich nach öffentlichem Recht richtet und für das der Verwaltungsgerichtsweg möglich ist. Der Abschluss des aufgrund der Bewilligung zu vereinbarenden Darlehensvertrages hingegen ist ein zivilrechtlicher Vorgang, für den die Vorschriften des bürgerlichen Rechts Anwendung finden . Bereits die Förderung des sozialen Wohnraums im Ersten Förderungsweg6 wurde grundsätzlich nur gewährt, wenn der Bauherr der nach dem WoBindG zuständigen Stelle das auf die Dauer von 15 Jahren seit Bezugsfertigkeit befristete Recht einräumte, den Mieter der geförderten Wohnung zu benennen (Wohnungsbesetzungsrecht). Bei diesem Wohnungsbesetzungsrecht handelt es sich nicht um eine öffentliche Bindung des geförderten Wohnraums, sondern um ein vertraglich vereinbartes , also zivilrechtliches Rechtsverhältnis. Dieses Wohnungsbesetzungsrecht war daher 6 Vgl. hierzu und zum Zweiten und Dritten Förderweg im einzelnen Heimsoeth, Ausgewähltes Aspekte des alten und des neuen Wohnungsbauförderungsrechts, Rheinische Notarzeitschrift (RNotZ) 2002, S. 88 (80/90). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 186/16 Seite 7 durch Eintragung einer beschränkt persönlichen Grunddienstbarkeit. (§ 1090 BGB) im Grundbuch zu sichern. Die entsprechende Vorschrift hat folgenden Wortlaut: „(1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen , oder dass ihm eine sonstige Befugnis zusteht, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden kann (beschränkte persönliche Dienstbarkeit). (2) Die Vorschriften der §§ 1020 bis 1024, 1026 bis 1029, 1061 finden entsprechende Anwendung .“ Es besteht damit grundsätzlich die Möglichkeit, unabhängig wie im Einzelnen der soziale Wohnungsbau in den Ländern ausgestaltet ist, den entsprechenden Förderungszweck bei der Darlehensvergabe privatrechtlich im Grundbuch abzusichern. Ähnliche Absicherungen lassen sich durch die Festsetzung von Satzungsgebieten nach dem Baugesetzbuch (BauGB)7 nicht herbeiführen . 5. Rechtsfolgen einer Sanierungs-/ Erhaltungssatzung So kann beispielsweise eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme nach § 136 Abs. 1 BauGB in einem Sanierungsgebiet durchgeführt werden, um städtebauliche Missstände oder funktionelle Schwächen zu beheben. Hinsichtlich der eigentumsbeschränkenden Rechtsfolgen einer derartigen Sanierungssatzung wird auf den beigefügten Sachstand WD 7 – 3000 – 106/15 – Anlage - verwiesen . Entsprechendes gilt für die Erhaltungssatzung im Sinne des § 172 BauGB. Hiernach kann die Gemeinde in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets und der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen. +++ 7 Baugesetzbuch (BauGB) n der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 20.10.2015 (BGBl. I S. 1722).