WD 7 - 3000 - 184/19 (19.11.2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Nach § 31a Betäubungsmittelgesetz (BtMG) kann die Staatsanwaltschaft von der Strafverfolgung absehen und das Verfahren vorläufig einstellen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, erwirbt oder besitzt., vgl. Betäubungsmittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/btmg_1981/ (Stand am Tag der Fertigstellung). Die Vorschrift erfasst alle vorsätzlichen und fahrlässigen Tathandlungen der § 29 Abs. 1 und Abs. 2 BtMG gleichermaßen, soweit sie dem Eigenverbrauch dienen. Insbesondere wird nicht zwischen dem Anbau, Besitz und Erwerb von Betäubungsmitteln unterschieden. Auf Tatbestandsebene hingegen ist zu berücksichtigen, dass die Strafbarkeit wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in „geringer Menge“ als Auffangtatbestand hinter dem Anbau zurücktritt. Denn der Besitz hat gegenüber dem Anbau und Erwerb keinen eigenen Unrechtsgehalt und wird deshalb von den spezielleren Erscheinungsformen verdrängt, vgl. Oğlakcıoğlu, Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2017, BtMG § 29, Rn. 95. Bei Anbau einer „nicht geringen Menge“ wird die Strafbarkeit wegen Anbaus von Betäubungsmitteln jedoch verdrängt, wenn derjenige, der die Cannabispflanzen aufzieht auch Besitz an ihnen hat. Denn bei Überschreiten der Grenze zur nicht geringen Menge macht sich der Täter nicht nur wegen des Vergehens des Anbaus von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, sondern insbesondere wegen des Verbrechens des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG strafbar, vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2014 - 3 StR 268/14, Rn. 12, juris. Fraglich ist schließlich, bis zu welcher Menge Cannabis von einer „geringen Menge“ im Sinne des § 31a BtMG gesprochen werden kann. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Gesetzgeber nicht legal definiert wurde. Auch eine Konkretisierung durch Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Absehen von der Strafverfolgung bei „geringer Menge“ Cannabis zum Eigenverbrauch Kurzinformation Absehen von der Strafverfolgung bei „geringer Menge“ Cannabis zum Eigenverbrauch Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Seite 2 eine Rechtsverordnung ist nicht möglich. Denn hierfür wäre gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG eine dahingehende Ermächtigungsgrundlage im BtMG notwendig. Die Einstellung nach § 31a BtMG erfolgt durch die Staatsanwaltschaft als Ermittlungsbehörde. Auch dem Gericht steht gemäß § 29 Abs. 5 BtMG die Möglichkeit der Einstellung bei Vorliegen einer „geringen Menge“ Betäubungsmittel offen. Im Rahmen dieser staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Praxis wurde der Begriff der „geringen Menge“ unterschiedlich ausgeformt, vgl. hierzu zur Vermeidung von Wiederholungen die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags (Hrsg,), Einstellung von Ermittlungsverfahren nach § 31a Betäubungsmittelgesetz bei „geringer Menge“ Cannabis zum Eigenverbrauch, WD 3 - 3000 - 196/19 vom 20. August 2019 - 196/19, S. 3 ff.; abrufbar unter: https://www.bundestag .de/resource/blob/662498/4660141b7e6a7a291783e0f087f003bb/WD-3-196-19-pdfdata .pdf (Stand: 19.11.2019). Im Ergebnis ist festzustellen, dass Staatsanwaltschaften und Gerichte das Verfahren einstellen können, wenn sich der Verstoß gegen die §§ 29 ff. BtMG auf eine „geringe Menge“ Cannabis bezieht . Eine Unterscheidung zwischen Anbau, Besitz und Erwerb erfolgt dabei nicht. Für die „geringe Menge“ existiert keine Legaldefinition. Die Handhabung im Einzelfall obliegt dem jeweiligen Staatsanwalt oder Gericht. Auch eine Regelung durch Rechtsverordnung ist mangels Ermächtigungsgrundlage nicht möglich. ***