Enteignung durch die DDR Rechtliche Beurteilung der Zwangsprivatisierung mittelständischer Betriebe in der ehemaligen DDR - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 7 - 183/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Ausarbeitung WD 7 - 183/07 Abschluss der Arbeit: 9.8.07 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Hinweise auf interne oder externe Unterstützung bei der Recherche bzw. Abfassung des Textes Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - Zusammenfassung – Grundsätzlich steht den entschädigungslos enteigneten Betriebsinhabern, bzw. ihren Rechtsnachfolgern ein Rückübertragungsanspruch gemäß §§ 3 I, 6 I VermG gegen die Bundesrepublik zu. Die Vermutung, dass Zwangsprivatisierung von Betrieben dem Ziel diente, die Kontrolle über diese zu überkommen, ist richtig und belegbar. Die Verwaltung durch einen Treuhänder entsprach der damaligen Rechtslage und dessen Handeln kann den Erben auch zugerechnet werden. Inhalt 1. Einleitung 4 2. Wie ist dieser Vorgang rechtlich zu beurteilen? 4 2.1. Entstehung des Anspruchs 5 2.1.1. Anwendbarkeit des VermG 5 2.1.2. Vermögenswert 6 2.1.3. Berechtigter 6 2.1.4. Antrag 6 2.2. Untergang des Anspruchs 7 2.3. Durchsetzbarkeit 7 2.3.1. Wertausgleich gemäß § 7 VermG 7 2.3.2. Gegenleistung gemäß § 7a VermG 7 2.4. Ergebnis 8 3. Ist die Vermutung richtig, dass die Beteiligung der Investitionsbank nur dem Ziel diente, die Kontrolle über die Privatfirmen zu bekommen? 8 4. Kann dies durch Beschlüsse oder Entscheidungen der DDR Führung belegt werden 9 5. Kann den jetzigen Erben die spätere Erhöhung der staatlichen Beteiligung, die in sog. Treuhänderschaft an Stelle der Alteigentümer von Stellen der DDR vorgenommen worden ist, überhaupt zugerechnet werden? 10 6. Gibt es zu diesem oder ähnlichen Vorgängen Gerichtsentscheidungen? 11 - 4 - 1. Einleitung Das SED-Regime in der ehemaligen DDR hat auch und gerade über die Legislative versucht , die sozialistische Planwirtschaft durchzusetzen. Davon waren insbesondere mittelständische Privatbetriebe betroffen. Bald nach der Wiedervereinigung Deutschlands stelle sich heraus, dass das geschriebene Recht der DDR in der Praxis Folgen zeitigte, die dem heutigen Rechtsstaatsverständnis widersprechen. Seit dem 3.10.1990 ist die DDR als Staat Geschichte. Die aus der Unrechtsordnung und der Unordnung des SED- Staates entstandenen Rechtsverhältnisse bestanden über das Datum der Wiedererlangung der staatlichen Einheit hinaus fort. Im Folgenden soll versucht werden, für einen Beispielsfall der Enteignung durch die DDR die gewünschten rechtseherheblichen Antworten zu geben. 2. Wie ist dieser Vorgang rechtlich zu beurteilen? Die privaten Inhaber könnten aufgrund der beschriebenen Geschehnisse einen Anspruch auf Rückübertragung des Unternehmens, bzw. seiner Bestandteile gemäß §§ 3 I i.V.m. 6 I Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2005 (VermG) gegen die Bundesrepublik (BRD) als Rechtsnachfolgerin der deutschen demokratischen Republik (DDR) haben. § 3 I VermG besagt: Vermögenswerte, die den Maßnahmen im Sinne des § 1 unterlagen und in Volkseigentum überführt oder an Dritte veräußert wurden, sind auf Antrag an die Berechtigten zurückzuübertragen, soweit dies nicht nach diesem Gesetz ausgeschlossen ist. (…). Konkretisierend dazu heißt es in § 6 I VermG: Ein Unternehmen ist auf Antrag an den Berechtigten zurückzugeben, wenn es unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung mit dem enteigneten Unternehmen im Zeitpunkt der Enteignung vergleichbar ist; (…). - 5 - 2.1. Entstehung des Anspruchs Die Bejahung eines solchen Rückübertragungsanspruchs setzt zunächst voraus, dass die anspruchsbildenden Tatbestandsmerkmale vorliegen. 2.1.1. Anwendbarkeit des VermG Es müsste grundsätzlich der Anwendungsbereich des VermG eröffnet sein. Das VermG bezweckt, Vermögensverluste wieder gutzumachen, die durch den politisch-ideologisch motivierten Zugriff des Staates auf privates Eigentum geprägt waren.1 Gemäß § 1 lit. a) VermG fällt die entschädigungslose Enteignung und anschließende Überführung in Volkseigentum in den Geltungsbereich des VermG. Enteignung im verfassungsrechtlichen Sinn bedeutet die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver Rechtspositionen.2 Insofern ist auch die Reduktion des eigenen Unternehmensanteils auf 30 % von der Enteignung nach § 1 VermG erfasst. Sie müsste ferner entschädigungslos erfolgt sein. Zu dieser Frage schweigt der Sachverhalt . Sollte der Inhaber für die Zwangsenteignung nicht entschädigt worden sein, obwohl sich die staatliche Investitionsbank Gesellschaftsanteile angeeignet hat, wäre im Ergebnis von einer entschädigungslosen (Teil-) Enteignung auszugehen und insofern das VermG abschließend einschlägig, vgl. Art. 237 § 1 III EGBGB. Anderenfalls, bzw. im Falle DDR-rechtswidriger Enteignungen, die nicht von § 1 VermG erfasst werden, richtete sich die Rechtsfolge hinsichtlich der Einlagen, bzw. Unternehmensgegenstände, die Grundstücke und Gebäude betreffen, nach Art. 237 § 1 I, II EGBGB, bzw. allgemeinem Zivilrecht. Dies ist deshalb bedeutsam, weil es zu unterschiedlichen Ergebnissen in der Rechtsfolge für die Betroffenen kommen kann. Das VermG enthält im Interesse der Sozialverträglichkeit und des Schutzes besonderer öffentlicher Interessen weitreichende Restitutionsausschlüsse zugunsten der redlichen Nutzer (§ 4 II VermG) und bei bestimmten Verwendungen des Grundstücks (§ 5 I VermG), die es im allgemeinen Zivilrecht nicht gibt. Das VermG stellt folglich den Nutzer in der Regel günstiger als das Zivilgesetzbuch der ehemaligen DDR, bzw. das Bürgerliche Gesetzbuch der BRD.3 1 Grundlegend BVerwGE 101, 143 = VIZ 1996, 445 = DtZ 1996, 357 = NJW 1996, 3162 L; BVerw- GE 106, 51 [56] = VIZ 1998, 207 = NJW 1998, 1730 L. 2 zum Begriff der Enteignung siehe auch BVerfGE 104, 1, 9. 3 Hierzu umfassend Czub, Restitution, Aufhebbarkeit und Nichtigkeit von Enteignungen in der DDR sowie zivilrechtliche Ansprüche auf Herausgabe und Grundbuchberichtigung, in VIZ 1997, 561 ff. - 6 - Die Annahme unterstellt, dass keine Entschädigung, bzw. sonstige Gegenleistung für die Unternehmensbeteiligung gezahlt worden ist, führt zu einer abschließenden Anwendbarkeit des VermG. Ferner müsste das Unternehmen als Vermögenswert in Volkseigentum überführt worden sein. Auch dies ist laut Sachverhalt durch die staatliche Beteiligung am Betrieb anzunehmen .4 2.1.2. Vermögenswert Es müsste sich bei dem Unternehmen um einen Vermögenswert im Sinne des § 1 I VermG handeln, was gemäß § 2 II S.2 VermG der Fall ist. 2.1.3. Berechtigter Der Kläger müsste gemäß § 6 I VermG Berechtigter sein. Dies ist laut § 6 Ia) VermG derjenige, dessen Vermögenswerte von Maßnahmen gemäß § 1 VermG betroffen sind. Dies ist beim ehemaligen Unternehmensinhaber, bzw. dessen Erben als Rechtsnachfolger und somit Eigentümer ebenfalls problemlos gegeben. 2.1.4. Antrag Von einer ordnungsgemäßen und fristgerechten Antragstellung gemäß §§ 30, 30a VermG ist auszugehen. Wichtig bei dieser Frist ist, dass es sich ausnahmsweise um eine materiellrechtlich wirkende Ausschlussfrist handelt.5 Dies hat zur Folge, dass für den Fall des Versäumnisses eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unzulässig ist. Als Zwischenergebnis kann somit zunächst festgehalten werden, dass unter den beschriebenen Umständen grundsätzlich vom Bestehen eines Rückübertragungsanspruchs gemäß §§ 3 I, 6 I VermG auszugehen ist. 4 siehe hierzu die Ausführungen der Fragen 2 und 3. 5 BVerwG, Urt. 28.03.1996, 7 C 28.95, IFLA 1996, S. 144. - 7 - 2.2. Untergang des Anspruchs Der Anspruch auf Rückübertragung könnte aber auch untergegangen sein. Wann dies der Fall ist, ergibt sich aus §§ 4, 5 VermG. Mangels gegenteiliger Angaben im Sachverhalt kann das Vorliegen eines Ausschlussgrundes ausgeschlossen werden. Der Rückübertragungsanspruch ist somit nicht untergegangen und besteht weiter fort. 2.3. Durchsetzbarkeit Ferner müsste der Anspruch durchsetzbar sein, d.h. ihm dürften keine rechtshemmenden Einreden entgegenstehen. Laut der Fallschilderung macht die Bundesrepublik durch die BvS geltend, dass sie die nunmehr ihr gehörenden 70 % Gesellschaftsanteil nur unter einer entsprechenden Geldablöse bereit ist zurückzuübertragen. Die möglichen Einwendungen seitens der Bundesrepublik sind im VermG abschließend , bzw. unter entsprechendem Verweis geregelt. 2.3.1. Wertausgleich gemäß § 7 VermG § 7 VermG regelt, in welchen Fällen vom Berechtigten ein entsprechender Wertausgleich für einzelne, dem Verfügungsberechtigten entstandene Kosten zu leisten sind. Dies betrifft gemäß § 7 VI VermG jedoch nicht Rückübertragungsansprüche nach § 6 VermG. Eine Einwendung nach § 7 VermG ist vorliegend also auszuschließen. 2.3.2. Gegenleistung gemäß § 7a VermG Gemäß § 7a III VermG hat der Verfügungsberechtigte ein Recht zum Besitz, wenn er seinerseits einen Anspruch gegen den Berechtigten gemäß § 7a II VermG hat. Er besagt, dass der Berechtigte Gegenleistungen herauszugeben hat, die ihm aus Anlass des Vermögensverlustes tatsächlich zugeflossen sind. Gemäß § 7a IV VermG finden die Regelunge des § 7 a II VermG allerdings im Falle des § 6 VermG nur dann Anwendung, wenn entsprechende Rückzahlungen nicht bereits nach § 8 der Verordnung zum Vermögensgesetz über die Rücknahme von Unternehmen in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Juli 1991 (Unternehmensrückgabeverordnung ) oder § 6 VIa S.1 Hs. 2 VermG festzusetzen sind. Unabhängig davon also, nach welcher Bemessungsgrundlage eine solche Rückzahlung festzusetzen wäre, in jedem Fall ist die Erbringung einer tatsächlichen Geldleistung sei- - 8 - tens des Verfügungsberechtigten Voraussetzung für dessen Einwendung. Entscheidende Frage ist somit, ob nach der Zwangsbeteiligung der staatlichen Investitionsbank von staatlicher Seite tatsächlich Gelder oder andere Vermögenswerte in den Betrieb geflossen sind oder nicht. Nur in diesem Fall wäre ein entsprechender Einwand der Bundesrepublik berechtigt. Die Beantwortung dieser Frage ist letztlich aber wiederum Tatfrage und insofern von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls, bzw. ihrer Beweisbarkeit abhängig. 2.4. Ergebnis Die rechtliche Beurteilung käme zu dem Ergebnis, dass der frühere Alleininhaber, bzw. seine Rechtsnachfolger, einen Rückübertragungsanspruch hinsichtlich der enteigneten Gesellschaftsanteile gegen die Bundesrepublik haben könnten. Dieser ergibt sich aus §§ 3 I, 6 I VermG. 3. Ist die Vermutung richtig, dass die Beteiligung der Investitionsbank nur dem Ziel diente, die Kontrolle über die Privatfirmen zu bekommen ? Das 25. Plenum des Zentralkomitees der SED beschloss im Jahre 1956 die Einführung halbstaatlicher Betriebe durch staatliche Beteiligungen an Privatunternehmen.6 Dabei orientierte es sich hauptsächlich am Programm der Art. 24 II-IV, 25 DDR-Verfassung7, wonach eine umfassende sozialistische Planwirtschaft zu schaffen war. Im Folgenden entstanden zahlreiche gesetzliche Regelungen, insbesondere preis- und steuerrechtlicher Art, Liefer- und Absatzbeschränkungen sowie Kreditverweigerungen, die die Kapitalkraft der Unternehmen schwächte und ihnen die Finanzierung von Investitionen aus eigenen Mitteln unmöglich machte. Dabei wurde vor allem das Mittel der Kreditverweigerung ab 1956 eingesetzt, um Privatunternehmen die staatliche Beteiligung aufzudrängen.8 Nunmehr war für die Betriebe die Aufnahme des Staates als neuen Gesellschafter die einzige Möglichkeit, neues Kapital in das Unternehmen einzubringen . Dabei wurden sie regelmäßig in eine Kommanditgesellschaft, seltener in eine offene Handelsgesellschaft, umgewandelt, in der der staatliche Gesellschafter die Rechtstellung eines Kommanditisten erlangte und seine Haftung beschränkte und der private Un- 6 Toeplitz, Privatbetriebe mit staatlicher Beteiligung, Neue Justiz 1956, 404. 7 Verfassung der DDR vom 7.10. 1949, GBl Nr. 1 S. 5. 8 Nolting in Kimme, Offene Vermögensfragen: Kommentar, 1993, § 6 VermG, Rdnr. 266. - 9 - ternehmer als Geschäftsführer und Komplementär tätig war.9 Da auch in der Folgezeit weiterer Kapitalbedarf nur über die Aufstockung der staatlichen Beteiligungen zu erhalten war, stiegen diese bis 1971 stark an.10 In der Öffentlichkeit wurden diese Umwandlungen u. A. wie folgt begründet: „Mit der staatlichen Beteiligung gibt unser Staat den privaten Unternehmern die Möglichkeit sich in viel stärkerem Maße als bisher fest mit der Arbeiter- und Bauernmacht zu verbinden. Damit zeigen diese Unternehmer, daß sie aktiv den Weg des Sozialismus beschreiten, weil er auch ihnen und ihren Angehörigen eine klare Perspektive und eine sichere Existenz gibt. (…) Ihre Tätigkeit ist nicht mehr nur auf die Wahrung ihrer persönlichen Interessen und Vorteile gerichtet, sondern ihre Funktion als Leiter eines Betriebes mit staatlicher Beteiligung dient dem Interesse aller Werktätigen der Deutschen Demokratischen Republik.“11 Auch sei die staatliche Beteiligung nur auf ausdrücklichen Wunsch des Unternehmers einzuführen, ihnen solle jedoch auch die Möglichkeit gelassen werden, weiterhin unabhängig von einer staatlichen Beteiligung zu produzieren.12 Diesen Äußerungen zufolge diente die Verstaatlichung der Unternehmen der Verwirklichung der sozialistischen Ideologie und dem Wohle der Bevölkerung. Jedoch lässt sich aus den Kreditverweigerungen und der gesetzlichen Ungleichbehandlung von Betrieben ohne staatliche Beteiligung entnehmen, dass das Hauptziel eine möglichst hohe staatliche Beteiligung und somit Kontrolle war. 4. Kann dies durch Beschlüsse oder Entscheidungen der DDR Führung belegt werden Wie bereits oben erwähnt war die umfassende Schaffung einer sozialistischen Planwirtschaft bereits in den Art. 24 und 25 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik angelegt. Hierauf bezog sich auch der Beschluss des 25. Plenums des Zentralkomitees der SED. 9 Regierungserklärung zum Staatshaushaltsplan der DDR vom 08.02.1956, zit. nach Toeplitz. Privatbetriebe mit staatlicher Beteiligung, Neue Justiz 1956, 404. 10 Wasmuth, in Brunner, Einführung Vermögensgesetz, Rdnr. 36. 11 Walter Ulbricht auf der 3. Parteikonferenz der SED, zitiert nach Toeplitz, Privatbetriebe mit staatlicher Beteiligung, BB 1956, 405. 12 Ulbricht, Der zweite Fünfjahrplan und der Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik, 1956, S. 64. - 10 - Auch erläutert Walter Ulbricht in „Der zweite Fünfjahrplan und der Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik“ (erschienen im Dietz Verlag 1956) ausführlich die Ziele der „sozialistischen Rekonstruktion“13 und beschreibt dabei auch die Schaffung staatlicher Beteiligung in privaten Betrieben.14 Des Weiteren trat am 26.03.1959 die „Verordnung über die Bildung halbstaatlicher Betriebe“ (GBl DDR I, Nr. 19, S. 253) in Kraft. Diese wurde 1966 durch die „Anordnung über die Umwertung der Grundmittel in den Betrieben mit staatlicher Beteiligung “ vom 14.11.1966 (GBl. DDR II, S. 816) ergänzt, durch die die Mehrheitsverhältnisse weiter zugunsten des staatlichen Gesellschafters und zuungunsten des privaten Unternehmers verschoben wurden. 1972 erfolgte dann die endgültige Verstaatlichung im Bereich der mittelständischen Industrie. Auf der Grundlage des Beschlusses des Politbüros vom 8.2.1972 und des Beschlusses des Präsidiums des Ministerrats der DDR vom 9.2.1972 wurden die verblieben privaten Geschäftsanteile aufgekauft.15 5. Kann den jetzigen Erben die spätere Erhöhung der staatlichen Beteiligung , die in sog. Treuhänderschaft an Stelle der Alteigentümer von Stellen der DDR vorgenommen worden ist, überhaupt zugerechnet werden? Art. 232, § 1 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag ) vom 31. August 1990 (BGBl. 1990 II S. 885) besagt, dass für ein Schuldverhältnis , das vor dem Wirksamerden des Beitritts entstanden ist, das bisherige für das in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannte Gebiet geltende Recht maßgeblich ist. Dabei setzt die Anwendung des bisherigen Rechts voraus, dass sich der gesamte Entstehungstatbestand des Schuldverhältnisses unter seiner Geltung verwirklicht hat. Bei Verträgen kommt es hierbei auf das Wirksamwerden der Annahme an.16 Des Weiteren ist es notwendig, dass der Vertrag auch nach dem damaligen Recht wirksam war. Ist dies ebenfalls gegeben, kommt Art. 232, § 1 des Einigungsvertrags zur Anwendung. Gem. § 1 I S. 1 der „Anordnung über die Behandlung des Vermögens der Personen, die die Deutsche Demokratische Republik nach dem 10. Juni 1953 verlassen“17 wird das 13 Püschel, Neue Justiz, 1959, 587. 14 Ulbricht, Der zweite Fünfjahrplan und der Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik, 1956, S. 63. 15 Kiethe in Brunner, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, 1991, Rdnr. 446. 16 Wacker in MüKo, 2. Aufl. 1992, Ergänzungsband: Einigungsvertrag, Rdnr. 63-64. 17 Geändert und ergänzt durch Anordnung Nr. 2 vom 20. August 1958 (GBl. I S. 664). - 11 - Vermögen von Personen, die die DDR nach dem 10. Juni 1953 verlassen haben oder verlassen, durch staatliche Treuhänder verwaltet. Folglich entsprach eine Verwaltung durch einen Treuhänder der damaligen Rechtslage und dessen Handeln kann den Erben auch zugerechnet werden. 6. Gibt es zu diesem oder ähnlichen Vorgängen Gerichtsentscheidungen? BVerwG, Urteil vom 5.10.2000 – 7C 95/99 (Greifswald), Staatliche Zwangsbeteiligung an einem Unternehmensträger als Unternehmensschädigung“ (erschienen in VIZ 2001, 96-99)