WD 7 - 3000 - 181/19 (14. November 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Für öffentliche Auftragsvergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte ist unter anderem die Durchführung eines vergaberechtlichen Verhandlungsverfahrens möglich. Nach § 119 Abs. 5 GWB wendet sich ein öffentlicher Auftraggeber beim Verhandlungsverfahren mit oder ohne Teilnahmewettbewerb an ausgewählte Unternehmen, um mit einem oder mehreren dieser Unternehmen über die Angebote zu verhandeln. Wesensmerkmal des vergaberechtlichen Verhandlungsverfahrens ist dabei, dass der Leistungsgegenstand bei der Ausschreibung in aller Regel noch nicht in allen Einzelheiten feststeht und die interessierten Unternehmen ihre Angebote daher im Zuge der Verhandlungen noch modifizieren können (vgl. Pünder/Klafki, in: Pünder/Schellenberg, Rn. 22). Die allgemeine Regelung des § 119 Abs. 5 GWB wird in § 17 VgV näher konkretisiert. Nach § 17 Abs. 10 Satz 1 VgV verhandelt der öffentliche Auftraggeber mit den Bietern über die von ihnen eingereichten Erstangebote und alle Folgeangebote, mit Ausnahme der endgültigen Angebote, mit dem Ziel, die Angebote inhaltlich zu verbessern. Ein „verhandeln“ in diesem Sinne liegt nach dem OLG Naumburg vor, wenn Auftraggeber und Bieter Auftragsinhalt und Auftragsbedingungen solange besprechen, bis klar ist, was der Auftraggeber tatsächlich und konkret beschaffen will, zu welchen Konditionen der Bieter dies leistet und insbesondere zu welchem Preis geleistet wird (vgl. OLG Naumburg). Entsprechend § 17 Abs. 10 Satz 2 VgV darf über den gesamten Angebotsinhalt verhandelt werden mit Ausnahme der vom öffentlichen Auftraggeber in den Vergabeunterlagen festgelegten Mindestanforderungen und Zuschlagskriterien. Nach § 17 Abs. 13 Satz 1 und 2 VgV hat der öffentliche Auftraggeber sicherzustellen, dass alle Bieter bei den Verhandlungen gleichbehandelt werden . Insbesondere hat er sich jeder diskriminierenden Weitergabe von Informationen, durch die bestimmte Bieter gegenüber anderen begünstigt werden könnten, zu enthalten. Nach § 17 Abs. 13 Satz 3 VgV hat der öffentliche Auftraggeber zudem alle Bieter, deren Angebote nicht bereits gemäß § 17 Abs. 12 VgV ausgeschieden wurden, über etwaige Änderungen der Leistungsbeschreibung , insbesondere der technischen Anforderungen oder anderer Bestandteile der Vergabeunterlagen , die nicht die Festlegung der Mindestanforderungen und Zuschlagskriterien betreffen zu unterrichten. Nach Abschluss der Verhandlungsphase sind die verbliebenen Bewerber gemäß § 17 Abs. 14 Satz 1 VgV zeitgleich zur Abgabe eines endgültigen Angebots aufzufordern. Der öffentliche Auftraggeber hat dazu alle verbleibenden Bieter zu unterrichten und legt gleichzeitig eine einheitliche Frist Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Einzelfragen zum vergaberechtlichen Verhandlungsverfahren Kurzinformation Einzelfragen zum vergaberechtlichen Verhandlungsverfahren Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 für die Einreichung neuer oder überarbeiteter Angebote fest (vgl. Pünder/Klafki, in: Pünder/Schellenberg, Rn. 34). Nach Erhalt der endgültigen Angebote hat sich der Auftraggeber gemäß § 17 Abs. 14 Satz 2 VgV zu vergewissern, dass die endgültigen Angebote die Mindestanforderungen erfüllen. Er entscheidet über den Zuschlag sodann auf der Grundlage der Zuschlagskriterien (vgl. Völlink, in: Ziekow/Völlink, Rn. 33). Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags nehmen nach ihren Verfahrensgrundsätzen keine rechtliche Prüfung im Einzelfall vor. Dies gilt insbesondere zu der Frage, wann die vergaberechtliche Verhandlungsphase in einem bestimmten Vergabeverfahren als abgeschlossen gilt und ob bzw. wann einzelne Angebote als „endgültig“ im Sinne von § 17 Abs. 10 Satz 1 VgV anzusehen sind. Ganz allgemein lässt sich insoweit ausführen, dass sich nach Abgabe der endgültigen Angebote bereits aus dem Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) ein Nachverhandlungsverbot ergeben soll (vgl. etwa Pünder/Klafki, in: Pünder/Schellenberg, Rn. 35 m.w.N.). Zudem folgt aus dem Wortlaut von § 17 Abs. 10 Satz 1, dass über alle Erst- und Folgeangebote, jedoch mit Ausnahme der endgültigen Angebote, verhandelt wird. Die Bestimmungen des § 17 VgV sind bieterschützend im Sinne von § 97 Abs. 6 GWB (vgl. Dieckmann, in: Dieckmann/Scharf/Wagner-Cardenal, Rn. 26). Ihre Einhaltung und die Frage einer etwaigen Verletzung sind in einem Nachprüfungsverfahren durch die zuständige Vergabekammer überprüfbar (vgl. Völlink, in: Ziekow/Völlink, Rn. 34; zum Verfahren vgl. §§ 160 ff. GWB). Antragsbefugt sind nach § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB nur solche Unternehmen, die ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag haben und eine Verletzung ihrer Rechte nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend machen. Quellen: – GWB: Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.06.2013 (BGBl. I S. 1750), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12.07.2018 (BGBl. I S. 1151). – VgV: Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge vom 12.04.2016 (BGBl. I S. 624), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung und der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit vom 12.07.2019 (BGBl. I S. 1081). – OLG Naumburg, Beschluss vom 12.04.2012, Az.: 2 Verg 1/12, IBRRS 2012, 1785). – Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Auflage 2019, Kommentierung zu § 17 VgV. – Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Auflage 2018, Kommentierung zu § 17 VgV. – Dieckmann/Scharf/Wagner-Cardenal, VgV/UVgO, 2. Auflage 2019, Kommentierung zu § 17 VgV. ***