AUSARBEITUNG Thema: Zu den rechtlichen Möglichkeiten gegen das Nacktbaden auf einem benachbarten Grundstück Fachbereich VII Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Tel.: Verfasser/in: Abschluss der Arbeit: 27. Oktober 2005 Reg.-Nr.: 2. WF VII G - 178/05 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung. Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages, das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 2 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Strafrecht und Ordnungswidrigkeitsrecht 3 1.1. §183 a StGB - Erregung öffentlichen Ärgernisses 3 1.2. § 118 OWiG - Belästigung der Allgemeinheit 3 2. Polizei- und Ordnungsrecht 5 3. Zivilrechtliche Ansprüche 6 3.1. Anspruch aus § 1004 BGB 6 3.2. Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB und § 1004 BGB analog 8 3.3. Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 BGB analog 8 3.4. Vereinssatzungen 9 - 3 - 1. Strafrecht und Ordnungswidrigkeitsrecht Im Folgenden ist zu prüfen, ob durch das Nacktbaden im Schrebergarten Tatbestände nach dem Strafgesetzbuch1 (StGB) oder dem Ordnungswidrigkeitsgesetz2 (OWiG) erfüllt sind und eine Anzeige bei den entsprechenden Behörden erfolgversprechend sein könnte. 1.1. §183 a StGB - Erregung öffentlichen Ärgernisses Der Tatbestand setzt die Vornahme einer sexuellen Handlung voraus. Hierbei genügt eine objektive Sexualbezogenheit im äußeren Erscheinungsbild der Handlung von einiger Erheblichkeit. Die Tathandlung setzt weder die sexuelle Erregung des Täters noch die Tendenz eines anderen dazu voraus. In Betracht kommen auch Entblößungshandlungen sowie alle Handlungen, die in der konkreten Umgebung und Situation objektiv geeignet sind, das Gefühl Dritter zu verletzen. Handlungen wie Nacktbaden oder bloße Unanständigkeiten fallen grundsätzlich nicht unter die Tathandlung des § 183 a StGB, auch wenn der Betrachter sie subjektiv für gegeben hält. 3 Etwas anderes gilt nach Auffassung des BGH dann, wenn eine Sexualbezogenheit objektiv zum Ausdruck kommt.4 Eine Straftat nach § 183 a StGB durch Nacktbaden auf einem Nachbargrundstück dürfte damit in aller Regel nicht gegeben sein. 1.2. § 118 OWiG - Belästigung der Allgemeinheit Nach § 118 OWiG hat derjenige eine Geldbuße zu zahlen, der eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen. Die Vorschrift schützt den äußeren Bestand der öffentlichen Ordnung, worunter die allgemeine Gesellschaftsordnung oder die Verkehrssitte verstanden werden.5 Fraglich ist, ob in dem Nacktbaden auf einem Nachbargrundstück eine grob ungehörige Handlung zu sehen ist. Eine grob ungehörige Handlung liegt vor, wenn sich das Tun oder Unterlassen bewusst nicht in die für das gedeihliche Zusammenleben der jeweiligen Rechtsgemeinschaft erforderliche Ordnung einfügt6 und damit im Widerspruch zur Gemeinschaftsordnung steht. Im Gegensatz zu früheren Ansichten wird es beispielswei- 1 In der Fassung vom 13.11.1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert am 04.08.05 (BGBl. I S. 2272). 2 In der Fassung vom 19.02.1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt geändert am 12.08.05 (BGBl. I S. 2354). 3 Tröndle, Herbert/ Fischer, Thomas, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Kommentar, 50. Auflage, München 2001, § 183 a, Rn. 3. 4 BGH St. 5, S. 283. 5 RG St. 25, S. 405; OLG Hamm MDR 1952, S. 566. 6 BGH St. 13, S. 241, 244. - 4 - se nicht als grob ungehörige Handlung angesehen, wenn jemand nur mit einer Badehose bekleidet in der Öffentlichkeit herumläuft.7 Eine Belästigung ist zu bejahen, wenn Dritten ein nicht nur geringfügiges Unbehagen zugefügt wird, welches körperlicher oder seelischer Art sein kann. Als Beispiel ist auch heute noch in einem aktuellen Kommentar das Nacktbaden und das unbekleidete Liegen auf einem Grundstück, welches von außen her einsehbar ist, angeführt.8 In diesem Zusammenhang werden auch als Belästigung i. S. d. § 118 OWiG das Zeigen der Nacktheit auf öffentlichen Straßen, wie der sog. „Nacktflitzer“, das schamlose Betasten eines Dritten in der Öffentlichkeit, die Verrichtung der natürlichen Bedürfnisse auf belebter Straße9 und auch eine Nacktradel-Aktion als Versammlung10 aufgeführt. Das Nacktbaden an öffentlichen Stränden im Bereich sog. FKK-Zonen ist im Laufe der Zeit zur Normalität geworden und wird somit nicht mehr als Belästigung angesehen.11 Beachtlich für die Erfüllung des § 118 OWiG ist der Begriff der Allgemeinheit. Hierfür kommt es nur auf die Beeinträchtigung einer unbestimmten, individuell nicht abgrenzbaren Personenmehrheit an. Anders als bei § 183 a StGB sind damit nicht die individuellen Interessen des einzelnen, wie etwa eines Nachbarn in einer Schrebergartenkolonie, beachtlich. Abzustellen ist vielmehr auf die Möglichkeit der Wahrnehmung durch einen unbestimmten Personenkreis. Auch wenn in einer Kleingartenkolonie die Betroffenheit der unmittelbar angrenzenden Nachbarn der häufigste Fall sein wird, so ist es nicht ausgeschlossen, dass auch außerhalb dieses begrenzten Personenkreises das Nacktbaden wahrgenommen werden kann, wenn von einem öffentlichen Weg oder einer öffentlichen Straße Einblick auf das Grundstück des Nachbarn genommen werden kann. In solch einem Fall besteht die Möglichkeit, dass auch die Allgemeinheit betroffen ist. Der Regelfall dürfte allerdings sein, dass ein Grundstück vom öffentlichen Raum aus nicht einsehbar ist. Sollte das Nacktbaden als grob ungehörige Handlung anzusehen sein und eine Belästigung bejaht werden, so müsste der Täter vorsätzlich gehandelt haben, um den Tatbe- 7 Boujong, Karlheinz, Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 2. Auflage, München 2000, § 118, Rn. 7. 8 Boujong, Karlheinz, Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 2. Auflage, München 2000 § 118, Rn. 13, zitiert wird eine Reichsgerichtsentscheidung in: Deutsches Recht 1939, S. 1068. 9 Boujong, Karlheinz, Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 2. Auflage, München 2000, § 118, Rn. 13, Drews, Bill/ Wacke, Gerhard/ Vogel, Klaus/ Martens, Wolfgang, Allgemeines Polizeirecht, 9. Auflage, Köln 1986, S. 256. 10 VG Karlsruhe, Az: 6 K 1058/05 (aus. Juris-Datenbank, Stand: 27. Oktober 2005). 11 Drews, Bill/ Wacke, Gerhard/ Vogel, Klaus/ Martens, Wolfgang, Allgemeines Polizeirecht, 9. Auflage, Köln 1986, S. 256. - 5 - stand vollständig zu erfüllen.12 Der Vorsatz müsste sich hierbei auch darauf beziehen, die Allgemeinheit zu belästigen. Festzuhalten ist, dass es von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt, insbesondere der jeweiligen Örtlichkeit und Situation, ob das nackte Auftreten gegen die herrschende Anschauung über die unerlässlichen Voraussetzungen eines geordneten staatlichen Gemeinschaftslebens verstößt und eine Ordnungswidrigkeit nach § 118 OWiG gegeben ist. 2. Polizei- und Ordnungsrecht Erfüllt das Nacktbaden im Einzelfall den Tatbestand einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit , so kann die Polizei- oder Ordnungsbehörde im Wege der Gefahrenabwehr bzw. der Störungsbeseitigung eingreifen. Nach der (jeweiligen) polizei- und ordnungsbehördlichen Generalklausel (z.B. §§ 1, 14 Abs. 1 NWOBG) ist nämlich hierfür eine Gefahr bzw. Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung vorausgesetzt. Unter den Begriff der öffentlichen Sicherheit13 fallen der Schutz der Individualrechtsgüter sowie der Bestand und das Funktionieren des Staates und seiner Einrichtungen14; demzufolge sind auch die Tatbestände nach dem StGB und dem OWiG erfasst. Ob und wie die Behörde dann einschreitet, liegt in ihrem Ermessen. Die Polizei- oder Ordnungsbehörde ist in Bezug auf das Nacktbaden nicht durch den Grundsatz der Subsidiarität des polizeilichen und ordnungsbehördlichen Handelns15 gehindert. Zwar steht vorliegend auch der Schutz von Individualrechtsgütern – z.B. des Eigentums – im Raum, der durch einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch erreichbar sein könnte. Jedoch scheidet ein Handeln der Polizei unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität dann nicht aus, wenn die Gefährdung bzw. Beeinträchtigung privatrechtlich geschützter Individualgüter zugleich mit der Nichtrespektierung öffentlichrechtlicher Normen – hierzu gehören insbesondere auch Strafrechts- und Ordnungswidrigkeitsnormen – einhergeht.16 12 Boujong, Karlheinz, Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 2. Auflage, München 2000, § 118, Rn. 21. 13 Die meisten Polizei- und Ordnungsgesetze enthalten zusätzlich den Begriff der öffentlichen Ordnung . Hierunter sind alle ungeschriebenen Regeln der Sitte und Moral zu verstehen. Sofern solche Regeln dem Staat bedeutsam erscheinen, kann er sie gesetzlich ausgestalten (vgl. §§ 116 ff. OWiG). Damit sind sie unter dem Aspekt der öffentlichen Sicherheit ausreichend geschützt. In Bezug auf das Nacktbaden decken sich die Prüfungsgesichtspunkte des polizeirechtlichen Begriffes der öffentlichen Ordnung mit dem gleichnamigen Begriff in § 118 OWiG (vgl. Schenke, Wolf-Rüdiger, Polizei - und Ordnungsrecht, 2. Auflage, Heidelberg 2003, § 3, Rn. 63ff.). 14 Schenke, Wolf-Rüdiger, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Auflage, Heidelberg 2003, Rn. 53. 15 Vgl. hierzu Schenke, Wolf-Rüdiger, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Auflage, Heidelberg 2003, Rn. 54 16 Schenke, Wolf-Rüdiger, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Auflage, Heidelberg 2003, Rn. 554 - 6 - Beim Nacktbaden auf einem Grundstück dürfte eine sog. Ermessensschrumpfung auf Null mit der Folge, dass nur noch ein Einschreiten der Polizei- oder Ordnungsbehörde rechtmäßig wäre, nicht gegeben sein. Eine Handlungspflicht der Polizei- und Ordnungsbehörden besteht nämlich regelmäßig nur dann, wenn besonders hochwertige Rechtsgüter wie das Leben und die Gesundheit bedroht sind oder aber bedeutende Vermögenswerte beeinträchtigt werden und diese Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ein Einschreiten erfordert.17 Im vorliegenden Fall des Nacktbadens auf dem Nachbargrundstück ist im Regelfall –wie bereits ausgeführt - keine Verletzung von besonders hochwertigen Rechtsgütern festzustellen. Somit sind die Behörden nicht von vornherein verpflichtet zu handeln. Es liegt vielmehr in ihrem Ermessen, ob sie zur Abwehr der Gefahr bzw. Beseitigung der Störung eingreifen. Ein vor dem Verwaltungsgericht durchsetzbarer Anspruch auf ein Einschreiten der Polizei- oder Ordnungsbehörde oder ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung wegen Nacktbadens auf einem Nachbargrundstück ist in aller Regel nicht gegeben. Zwar ist anerkannt, dass ein Bürger im Falle einer Verletzung von Individualrechtsgütern , die unter den Begriff der öffentlichen Sicherheit fallen, gegenüber der Polizei- oder Ordnungsbehörde einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zu seinen Gunsten haben kann.18 Durch das Nichteinschreiten gegen das Nacktbaden auf einem Grundstück wird jedoch in aller Regel weder das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG noch die Gesundheit des Nachbarn verletzt. Zudem dient die Vorschrift des § 118 OWiG – unterstellt, deren Voraussetzungen liegen vor – ausschließlich dem Schutz der Allgemeinheit und somit nicht dem Schutz eines einzelnen Nachbarn. Ist also im Einzelfall der Tatbestand des § 118 OWiG zu bejahen, so erfolgt die Ermessensausübung durch die Polizei- oder Ordnungsbehörde ausschließlich im öffentlichen Interesse. 3. Zivilrechtliche Ansprüche 3.1. Anspruch aus § 1004 BGB Um einen Abwehranspruch nach § 1004 BGB zu bejahen, müsste das Nacktbaden auf einem Nachbargrundstück eine rechtswidrige Beeinträchtigung für den Nachbarn darstellen , die dieser zu dulden nicht verpflichtet ist (vgl. § 1004 Abs. 2 BGB). Eine Beeinträchtigung i. S. d. § 1004 BGB ist jeder dem Inhalt des Eigentums, also den Befugnissen des Eigentümers nach § 903 BGB, widersprechende Eingriff in die rechtliche oder 17 Schenke, Wolf-Rüdiger, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Auflage, Heidelberg 2003, Rn. 100f. 18 Kopp, Ferdinand/Schenke, Wolf-Rüdiger, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Auflage, München 2005, § 42, Rn. 113 - 7 - tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers.19 Beeinträchtigungen solcher Art werden z.B. durch das tatsächliche Betreten eines fremden Grundstücks, durch Immissionen wie Geruchs- und Lärmbelästigung oder sonstige Be- oder Verhinderungen der tatsächlichen Grundstücksbenutzung wie die Zu- oder Abgangsverhinderung sowie die Verletzung der nachbarschützenden Vorschriften über den Grenzabstand (sog. drittschützende Norm) verursacht.20 Aus § 903 BGB ergeben sich die Befugnisse des Eigentümers einer Sache. Danach kann der Eigentümer einer Sache mit dieser nach Belieben verfahren, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen. Eine Benutzung, die sich innerhalb der Grenzen des Grundstücks vollzieht, bedarf damit keiner besonderen Rechtfertigung. Ausnahmen dazu sind explizit in den § 907 ff. und den Landesnachbarrechtsgesetzen vorgesehen. Weder die §§ 907 ff. noch die Landesnachbarrechtsgesetze21 enthalten jedoch für den vorliegenden Fall besondere Regelungen und sind somit nicht einschlägig. Überdies findet sich auch im Bundeskleingartengesetz keine einschlägige Norm, die das Nacktbaden in Schrebergärten besonders regelt. Daraus folgt, dass grundsätzlich Beeinträchtigungen des Grundstückeigentums infolge von negativen oder immateriellen Einwirkungen durch die Benutzung eines anderen Grundstücks innerhalb von dessen räumlichen Grenzen nicht nach § 1004 BGB abwendbar sind.22 Das heißt, dass Handlungen auf dem eigenen Grundstück, die das ästhetische oder sittliche Empfinden des Nachbarn verletzen nicht nach § 1004 BGB abwendbar sind. Vielmehr ist der Anblick von Vorgängen auf einem Nachbargrundstück überhaupt nicht als eine das Eigentum beeinträchtigende Einwirkung i. S. d. §§ 903, 906, 1004 BGB zu erachten. Denn maßgeblich sind nur solche Einwirkungen, die das Gesetz auch erkennbar aufstellt. Die in § 906 BGB genannten Zuführungen von Gasen, Dämpfen, Gerüchen , Rauch, Ruß, Wärme, Geräuschen und Erschütterungen sind nämlich solche, die entweder auf das Grundstück und die dort befindlichen Sachen schädigend einwirken oder die die auf dem Grundstück befindlichen Personen derart belästigen können, dass ihr gesundheitliches Wohlbefinden gestört oder ein körperliches Unbehagen23 bei ihnen hervorgerufen wird. Dies ist beim Anblick von Nacktbadenden jedoch grundsätzlich 19 BGH NJW-RR 2003, S. 953. 20 Peter, Bassenge, in: Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 63. Auflage, München 2004, § 1004, Rn. 8ff. 21 vgl. Nachbarrechtsgesetz NRW vom 15.04.1969 (GV NW 1969, S. 190), zuletzt geändert am 16.03.2004 (GV NRW, S. 135). 22 Peter, Bassenge, in: Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 63. Auflage, München 2004, § 1004, Rn. 8. 23 vgl. hierzu NJW-RR 1988, S. 586, hier wurde körperliches Unbehagen durch lautes Radiospielen zur Tages- und Nachtzeit hervorgerufen und ein Abwehranspruch bejaht. - 8 - nicht anzunehmen und entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers.24 Denn damit würde – wie das Reichsgericht bereits im Jahre 1911 festgestellt hat - in Widerspruch stehen, dass nach dem Grundsatz des § 903 BGB der andere Eigentümer seinerseits mit seinem Grundstück nach Belieben verfahren kann.25 Folglich ist das Nacktbaden auf einem Nachbargrundstück – als immaterielle Einwirkung - nicht vom Unterlassungsanspruch nach 1004 BGB umfasst. 3.2. Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB und § 1004 BGB analog Wenn das privatrechtlich unbeschränkte Benutzungsrecht des eigenen Grundstückes durch nachbarschützende (sog. drittschützende) Vorschriften des öffentlichen Rechts beschränkt wird, ist eine Benutzung durch den Nachbarn abwehrbar.26 Bei Verstößen hat der geschützte Dritte bei Verschulden einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB und nach § 1004 BGB analog einen verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch .27 Als drittschützende Norm könnte hier § 118 OWiG in Betracht kommen. Jedoch sind drittschützende Normen nur solche, die dem Schutz eines bestimmten abgrenzbaren Personenkreises zu dienen bestimmt sind. § 118 OWiG dient schon dem Wortlaut nach nicht einem abgrenzbaren Personenkreis, sondern der Allgemeinheit28. Das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 118 OWiG dürfte somit nicht zu einem Abwehranspruch nach § 1004 BGB analog sowie einem Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB führen. 3.3. Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 BGB analog Es könnte jedoch - je nach Lage des Einzelfalles - die Möglichkeit bestehen, dass der Nachbar durch das Nacktbaden in der Weise immateriellen Immissionen ausgesetzt ist, dass diese solche seelische Beeinträchtigungen bei ihm hervorrufen, dass er in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder in seiner Gesundheit nach § 823 Abs. 1 BGB 24 Als ähnliches Beispiel, bei dem die Rechtsprechung ebenfalls den Abwehranspruch des § 1004 BGB nicht für einschlägig hielt, ist das Hotel neben einem Schrottplatz (JZ 1970, S. 782) anzusehen. Dagegen wurde ein Abwehranspruch bejaht, als ein Nachbar einen Galgen an seiner Grundstücksgrenze aufstellte und an diesem eine Puppe aufhängte die zum Nachbargrundstück hin ausgerichtet war (NJW RR 1987, S. 81). 25 RGZ 76, S. 130ff. 26 Peter, Bassenge, in: Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 63. Auflage, München 2004, § 1004, Rn. 24. 27 BGHZ. 86, S. 356. 28 Schoch, Friedrich/ Schmidt-Aßmann, Eberhard/ Pietzner, Rainer, Verwaltungsgerichtsordnung - Kommentar, München 2004, § 42, Rn. 111; Abstandsflächen nach dem Bauordnungsrecht sind beispielsweise drittschützend, da sie gerade den Nachbarn vor Beeinträchtigungen aufgrund zu naher Bebauung schützen sollen. - 9 - verletzt ist. Jedoch sind unter diesen Gesichtspunkten an das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen hohe Anforderungen zu stellen. Zunächst müsste durch das Nacktbaden die Intimsphäre des sich seelisch gestört fühlenden Nachbarn betroffen sein. Die Intimsphäre wird als personeller Zustand beschrieben , in dem sich Menschen frei von sozialen Anforderungen befinden.29 Daneben müssen die betroffenen Interessen, also hier die Interessen des Nacktbadenden und die des dadurch Gestörten abgewogen werden. Damit ist auch die Intimsphäre des Nacktbadenden , als Teil seines allg. Persönlichkeitsrechts, von erheblicher Bedeutung.30 Im Ergebnis kommt es auch hier wieder auf den Einzellfall an. Im Regelfall wird eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht vorliegen. Ebensowenig wird man in der Regel von einer Beeinträchtigung oder gar einer Verletzung der Gesundheit allein aufgrund des Anblicks Nacktbadender auf dem benachbarten Grundstück ausgehen können . Als Rechtsfolgen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB kämen dann Schadensersatz oder Beseitigung der Störung bzw. ein Unterlassen noch zu erwartender Störungen nach § 1004 BGB analog in Betracht. 3.4. Vereinssatzungen Als weiteres zivilrechtliches Mittel zur Abwehr unerwünschten Verhaltens speziell in Schrebergärten ist auf die Vereinssatzung des jeweiligen Kleingartenvereins zu verweisen . Dort können besondere Regelungen zum Verhalten der Gartenbetreiber enthalten sein. 29 NJW 1979, S. 2624f. 30 Fälle der Rechtsprechung, in denen das Interesse des sich seelisch beeinträchtigt gefühlten Antragstellers überwogen, sind die der Videoüberwachung des Nachbargrundstücks - NJW 1998, S. 2457 - sowie der Anblick einer unansehnlichen Mauer, die Ratten und Ungeziefer anlockte und dem Nachbarn so einen unerfreulichen Anblick bot – NJW 1983, S. 2887 - wobei in dieser Entscheidung explizit auf ein „verändertes Umweltbewusstsein“ abgestellt wurde.