WD 7 - 3000 - 168/19 (8. November 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags nehmen nach ihren Verfahrensgrundsätzen keine rechtliche Prüfung im Einzelfall vor. Dies gilt insbesondere zu der Frage, ob und inwieweit für einen bestimmten öffentlichen Auftraggeber in einem konkreten Fall die Pflicht dazu bestand, etwaig erfolgte persönliche Treffen, Gespräche, und/oder sonstige Kommunikation mit interessierten Unternehmen zu dokumentieren. Im Fall des Nachprüfungsverlangens eines Bieters obliegt eine Prüfung insoweit ggf. den zuständigen Vergabekammern bzw. sonstigen Nachprüfungsinstanzen (zu den Voraussetzungen des nur auf Antrag eines Bieters durchzuführenden Nachprüfungsverfahrens vgl. §§ 160 ff. GWB). Inwiefern bestimmte Handlungen oder Verhaltensweisen eines öffentlichen Auftraggebers im Vergabeverfahren rechtlich zulässig sind und ob beispielsweise der Grad einer erstellten Dokumentation für eine fehlerfreie Vergabe ausreichend ist, kann daher nicht bewertet werden. Ganz allgemein lässt sich ausführen, dass sich die im Oberschwellenbereich bestehenden Dokumentationspflichten innerhalb eines Vergabeverfahrens sowie der Umfang des zu erstellenden Vergabevermerks insbesondere aus der in der Kurzinformation WD 7 - 3000 - 156/19 (abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource /blob/662130/175d71449294d98bb8f5f8aa5d54a792/WD-7-156-19-pdf-data.pdf) überblicksartig dargestellten Regelung des § 8 VgV ergeben. Die Anwendung des GWB-Vergaberechts setzt dabei grundsätzlich voraus, dass ein öffentlicher Auftraggeber (vgl. § 99 GWB), ein Sektorenauftraggeber (vgl. § 100 GWB) oder ein Konzessionsgeber (vgl. § 101 GWB) handelt. Zu den öffentlichen Auftraggebern gehören nach § 99 Nr. 1 GWB auch der Bund, die Länder und die Kommunen (vgl. hierzu exemplarisch Pünder, in: Pünder/Schellenberg, § 99 GWB, Rn. 4 f. m.w.N.). Sofern und soweit die Regelungen des Vergaberechts zur Anwendung gelangen, handelt es sich um materielle Vergaberechtsgrundsätze, die folglich rechtlich bindende Anforderungen an das Vergabeverfahren und an die Verhaltensweisen der daran Beteiligten begründen (vgl. Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, Rn. 2). Es ist jedoch zu beachten, dass zahlreiche Ausnahmetatbestände existieren, die die Anwendung der vergaberechtlichen Vorschriften vollständig ausschließen oder zumindest einschränken. Im Anwendungsbereich des GWB finden sich solche Ausnahmetatbestände insbesondere in den §§ 107 ff., 116 f., 137 ff. und 144 ff. GWB. Das Vergaberecht findet daher nach § 107 Abs. 1 GWB etwa keine Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Fragen zum Vergabeverfahren Kurzinformation Fragen zum Vergabeverfahren Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Anwendung bei der Bestellung von Schiedsgerichts- und Schlichtungsleistungen; bei Immobiliengeschäften ; bei Arbeitsverträgen sowie hinsichtlich einzelner Dienstleistungen des Katastrophenschutzes , des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr. § 107 Abs. 2 GWB schließt im Anwendungsbereich der VSVgV zudem bestimmte Aufträge für Militärprodukte vom Anwendungsbereich des GWB aus. Daneben ergeben sich einzelfallbezogen weitere, von der jeweiligen Auftragsart abhängige Ausnahmen. Dies betrifft insbesondere bestimmte Rechts-, Forschungs- und Entwicklungsleistungen (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GWB), Rundfunk- und Mediendienste (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 GWB) sowie Finanzierungsverträge (§ 116 Abs. 1 Nr. 4 und 5 GWB). Zudem bestehen Ausnahmen für einzelne Vergabebereiche, die sog. Bereichsausnahmen (vgl. Pünder, in: Pünder/Schellenberg, § 107 GWB, Rn. 6). Diese betreffen insbesondere den Bereich der verteidigungsspezifischen Vergaben (§ 107 Abs. 2 GWB), den Bereich internationaler Organisationen (§ 109 GWB) sowie die Telekommunikation in ihrem Kern (§ 116 Abs. 2 GWB). Eine darüber hinausgehende , zugunsten einzelner öffentlicher Auftraggeber bestehende Abweichungskompetenz von den vergaberechtlichen Vorschriften ist gesetzlich nicht vorgesehen. Eine Bewertung, ob die einen Ausnahmetatbestand rechtfertigenden Umstände im Einzelfall vorliegen, obliegt ggf. den o.g. Nachprüfungsinstanzen. Insoweit ist insbesondere irrelevant, ob sich der öffentliche Auftraggeber auf das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands beruft (OLG Düsseldorf). Auch beim Vorliegen von Ausnahmetatbeständen soll nicht auf jeglichen Wettbewerb verzichtet werden können; vielmehr sollen insbesondere die europarechtlich garantierten Grundfreiheiten Beachtung finden und dazu führen, dass auch bei solchen Verfahren, in denen ein Ausnahmetatbestand eingreift, grundsätzlich eine transparente und diskriminierungsfreie Auswahlentscheidung darüber getroffen werden muss, wer den Zuschlag erhält (vgl. Antweiler, in: Ziekow/Völlink, Rn. 9 m.w.N.). Quellen: – GWB: Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.06.2013 (BGBl. I S. 1750), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12.07.2018 (BGBl. I S. 1151). – VgV: Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge vom 12.04.2016 (BGBl. I S. 624), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung und der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit vom 12.07.2019 (BGBl. I S. 1081). – VSVgV: Vergabeverordnung für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit zur Umsetzung der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.07.2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG vom 12. Juli 2012 (BGBl. I S. 1509) zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung und der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit vom 12.07.2019 (BGBl. I S. 1081). – Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Auflage 2019, Kommentierung zu § 99 und § 107 GWB. – Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, Kommentierung zu § 97 GWB. – Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Auflage 2018, Kommentierung zu § 107 GWB. – OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012, Az.: VII-Verg 10/12, NZBau 2012, 785. ***