© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 167/19 Verbandsklageverfahren Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 167/19 Seite 2 Verbandsklageverfahren Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 167/19 Abschluss der Arbeit: 31.10.2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 167/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Bundesnaturschutzgesetz 4 3. Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz 6 4. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen 6 5. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 7 6. Unterlassungsklagengesetz 8 7. Musterfeststellungsklage 9 8. Behindertengleichstellungsgesetz 10 9. Sozialgesetzbuch IX 11 10. Handwerksordnung 11 11. Tierschutz 12 12. Krankenhausentgeltgesetz, Bundespflegesatzverordnung 13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 167/19 Seite 4 1. Einleitung Verbandsklagen kommen im verwaltungsrechtlichen Bereich (Naturschutz; Tierschutz; Handwerk ), im zivilrechtlichen Bereich (Wettbewerbsrecht; Unterlassungsklagegesetz; Musterfeststellung ) oder im sozialrechtlichen Bereich (Behindertengleichstellungsgesetz; SGB IX; Krankenhausentgelt ) vor. Sie stellen grundsätzlich eine Ausweitung des Rechtsschutzsystems dar, das im Grundprinzip auf dem individual- bzw. subjektiv-rechtlichen Rechtsschutz basiert.1 Grundsätzlich kann im Verwaltungsprozess wegen des Erfordernisses der Klagebefugnis nur klagen , wer die Verletzung eigener Rechte geltend macht (§ 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO)2. Allerdings lässt diese Regelung eine Abweichung hiervon zu, wenn durch einfachgesetzliche Regelungen etwas anderes bestimmt ist. Insoweit kann gesetzlich zugelassen werden, dass Verbände bzw. Vereine verwaltungsgerichtliche Klagen im Allgemeininteresse erheben können . Auch im Zivilrecht sind verschiedene Formen der Verbandsklage – etwa im Bereich des Wettbewerbsrechts – gesetzlich verankert. In einer Übersicht werden die Besonderheiten in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen erläutert. 2. Bundesnaturschutzgesetz Nach § 64 Abs. 1 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG)3 kann eine anerkannte Naturschutzvereinigung im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1, ohne in ihren Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen. Die naturschutzrechtliche Verbandsklage gewährt anerkannten Naturschutzverbänden somit, über ein Beteiligungsrecht hinaus, die Möglichkeit, bei Entscheidungen nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 und Abs. 2 Nr. 4a bis 7 BNatSchG die Verletzung objektiven Rechts geltend zu machen. Hierbei handelt es sich um Entscheidungen – über die Erteilung von Befreiungen von Geboten und Verboten zum Schutz von Natura 2000-Gebieten, Naturschutzgebieten, Nationalparken, Nationalen Naturmonumenten und Biosphärenreservaten sowie geschützten Meeresgebieten im Sinne des § 57 Abs. 2 BNatSchG, – vor dem Erlass von Abweichungsentscheidungen bei Projekten nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG, 1 Seibert, Verbandsklagen im Umweltrecht, NVwZ 2013, 1040 ff. 2 In der Fassung der Bekanntmachung vom 19.3.1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 15.8.2019 (BGBl. I S. 1294), abrufbar unter: www.gesetze-im-internet.de/vwgo/ (Stand: 29.10.2019). 3 Vom 29.7.2009 (BGBl. I S. 2542), das zuletzt durch Art. 8 des Gesetzes vom 13.5.2019 (BGBl. I S. 706) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bnatschg_2009/ (Stand: 29.10.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 167/19 Seite 5 – in Planfeststellungsverfahren, die von Behörden des Bundes oder im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels von Behörden der Länder durchgeführt werden, wenn es sich um Vorhaben handelt, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind sowie bei Plangenehmigungen, die von Behörden des Bundes erlassen werden und an die Stelle einer Planfeststellung im Sinne der Nr. 3 treten, wenn eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist, – zur Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung, die Erweiterung, eine wesentliche Änderung oder den Betrieb eines Zoos sowie – über die Zulassung einer Ausnahme von Besitzverboten von Pflanzen und Tieren4 durch Rechtsverordnung oder durch Allgemeinverfügung (Abs. 2 Nr. 4b). Die Einlegung von Rechtsbehelfen ist nach § 64 Abs. 1 BNatSchG nur zulässig wenn die Vereinigung – geltend macht, dass die Entscheidung Vorschriften des BNatSchG, Rechtsvorschriften, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, Naturschutzrecht der Länder oder anderen Rechtsvorschriften, die bei der Entscheidung zu beachten und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind, widerspricht, – in ihrem satzungsgemäßen Aufgaben- und Tätigkeitsbereich, soweit sich die Anerkennung darauf bezieht, berührt wird und – zur Mitwirkung bei den oben genannten Entscheidungen berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache geäußert hat oder ihr keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. § 64 Abs. 2 BNatSchG stellt klar, dass die Verbandsklage nach diesem Gesetz neben der Klagemöglichkeit nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG)5 besteht. 4 Nach § 45 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG. 5 Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – UmwRG), vom 23.8. 2017 (BGBl. I S. 3290), das durch Art. 4 des Gesetzes vom 17.12.2018 (BGBl. I S. 2549) geändert worden ist, abrufbar unter: www.gesetze-im-internet.de/umwrg / (Stand: 29.10.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 167/19 Seite 6 Nach § 64 Abs. 3 BNatSchG können die Länder die Klagemöglichkeiten von anerkannten Naturschutzvereinigungen außerdem erweitern.6 So lassen beispielsweise die Länder Baden-Württemberg 7, Sachsen8 und Nordrhein-Westfalen9 die Verbandsklage in ihren jeweiligen Landesgesetzen zu. 3. Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Nach § 2 UmwRG kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung , ohne in eigenen Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen umweltrechtliche Entscheidungen und Genehmigungen oder deren Unterlassen nach § 1 Abs. 1 UmwRG einlegen.10 Insbesondere kann nach § 1 Abs. 1 Nr. 1a UmwRG gerügt werden, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeblieben ist oder gegen bestimmte umweltrechtliche Zulassungen für Industrieanlagen (insbesondere nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG11) geklagt werden. 4. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Nach § 33 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)12 ist derjenige, – der gegen eine Vorschrift des GWB, 6 Vgl. BT-Drs. 14/6378, S. 62, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/14/063/1406378.pdf (Stand: 29.10.2019). 7 § 50 des Gesetzes des Landes Baden-Württemberg zum Schutz der Natur und zur Pflege der Landschaft (Naturschutzgesetz - NatSchG) vom 23.6.2015 zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 21.11.2017 (GBl. S. 597, ber. S. 643, ber. 2018, S. 4), abrufbar unter: http://www.landesrecht-bw.de/jportal /?quelle=jlink&query=NatSchG+BW&psml=bsbawueprod.psml&max=true&aiz=true#jlr-NatSch- GBW2015pP50 (Stand: 29.10.2019). 8 § 34 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege im Freistaat Sachsen (Sächsischen Naturschutzgesetz - SächsNatSchG) vom 6.6.2013 (SächsGVBl. S. 451), das zuletzt durch Art. 8 des Gesetzes vom 14.12.2018 (SächsGVBl. S. 782) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/12836- Saechsisches-Naturschutzgesetz#ef (Stand: 29.10.2019). 9 § 68 des Gesetzes zum Schutz der Natur in Nordrhein-Westfalen und zur Änderung anderer Vorschriften (Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG NRW) vom 15.11.2016, (GVBl. NRW S. 933), abrufbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=15955&sg=0 (Stand: 29.10.2019). 10 Vgl. hierzu Seibert, Verbandsklagen im Umweltrecht, NVwZ 2013, 1040 ff. 11 In der Fassung der Bekanntmachung vom 17.5.2013 (BGBl. I S. 1274), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 8.4.2019 (BGBl. I S. 432), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bimschg/ (Stand: 29.10.2019). 12 In der Fassung der Bekanntmachung vom 26.6.2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 12.7.2018 (BGBl. I S. 1151), abrufbar unter: www.gesetze-im-internet.de/gwb (Stand: 29.10.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 167/19 Seite 7 – gegen Art. 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder – gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet. Unter den Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Nr. 1 GWB können die Ansprüche aus § 33 Abs. 1 GWB gegebenenfalls auch von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen gegenüber den Kartellbehörden nach den §§ 54 ff. GWB geltend gemacht werden, wenn der Verband die dort genannten Voraussetzungen erfüllt. Dies ist der Fall, wenn ihm eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatz 3 angehören und er insbesondere nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen. Auch Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagegesetz (UKlaG)13 oder das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen 14 in der jeweils geltenden Fassung eingetragen sind, können die Ansprüche gemäß § 33 Abs. 4 Nr. 2 GWB entsprechend geltend machen. 5. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Grundsätzlich sind unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, unzulässig (§ 3 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – UWG15). Wer dem zuwiderhandelt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (§ 8 UWG). Diese Ansprüche stehen nicht nur jedem einzelnen Mitbewerber, sondern unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis Nr. 4 UWG auch 13 Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz - UKlaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.8.2002 (BGBl. I S. 3422, 4346), das zuletzt durch Art. 4 des Gesetzes vom 17.7.2017 (BGBl. I S. 2446), abrufbar unter (Stand: 30.10.2019): http://www.gesetze-im-internet .de/uklag/UKlaG.pdf 14 Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.4.2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen vom 23.4.2009 (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32009L0022&from=DE (Stand: 29.10.2019). 15 In der Fassung der Bekanntmachung vom 3.3.2010 (BGBl. I S. 254), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 18.4.2019 (BGBl. I S. 466), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/uwg_2004/ (Stand: 29.10.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 167/19 Seite 8 – rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen , – qualifizierten Einrichtungen die nachweisen, dass sie in der Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des UKlaG oder in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen eingetragen sind, – sowie den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern zur Verfügung. 6. Unterlassungsklagengesetz Nach dem Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz - UKlaG)16 kann sich unter bestimmten Voraussetzungen Unterlassungsoder Widerrufsansprüchen aussetzen, wer – nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksame Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet oder für den rechtgeschäftlichen Verkehr empfiehlt (§ 1 UKlaG), – in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (§ 2 UKlaG) oder – gegen § 95b Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes17 verstößt (§ 2a UKlaG). Anspruchsberechtigte Stellen für die in §§ 1 bis 2a UKlaG bezeichneten Ansprüche sind unter den im Einzelnen in § 3 Abs. 1 Satz 1 UKlaG genannten Voraussetzungen: – qualifizierte Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in der Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 oder in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen eingetragen sind, – rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen – sowie Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern. 16 In der Fassung der Bekanntmachung vom 27.8.2002 (BGBl. I S. 3422, 4346), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 17.7.2017 (BGBl. I S. 2446), abrufbar unter: www.gesetze-im-internet.de/uklag/ (Stand: 29.10.2019). 17 Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. November 2018 (BGBl. I S. 2014) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 167/19 Seite 9 Der in § 2a Abs. 1 UKlaG bezeichnete Anspruch auf Unterlassung wegen Verstoßes gegen das Urheberrechtsgesetz steht rechtsfähigen Verbänden zur nicht gewerbsmäßigen und nicht nur vorübergehenden Förderung der Interessen derjenigen zu, die durch § 95b Abs. 1 Satz 1 Urheberrechtsgesetz begünstigt werden. 7. Musterfeststellungsklage Nach § 606 der Zivilprozessordnung (ZPO)18 können qualifizierte Einrichtungen die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen (Feststellungsziele) zwischen Verbrauchern und einem Unternehmer einklagen. Gemäß § 606 Abs. 1 Satz 2 ZPO sind qualifizierte Einrichtungen in diesem Sinne die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Unterlassungsklagengesetzes bezeichneten Stellen, die zusätzlich – als Mitglieder mindestens zehn Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 350 natürliche Personen umfassen, – mindestens vier Jahre in der Liste nach § 4 des UKlaG oder dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Art. 4 der Richtlinie 2009/22/EG eingetragen sind, – in Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben Verbraucherinteressen weitgehend durch nicht gewerbsmäßige aufklärende oder beratende Tätigkeiten wahrnehmen, – Musterfeststellungsklagen nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung erheben und – nicht mehr als 5 Prozent ihrer finanziellen Mittel durch Zuwendungen von Unternehmen beziehen. Die Absätze 2 und 3 regeln weitere Voraussetzungen für die klagweise Geltendmachung der Ansprüche . Gemäß § 606 Abs. 3 ZPO ist die Musterfeststellungsklage insbesondere nur zulässig, wenn – sie von einer qualifizierten Einrichtung im Sinne des Abs. 1 Satz 2 erhoben wird – glaubhaft gemacht wird, dass von den Feststellungszielen die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens zehn Verbrauchern abhängen und 18 In der Fassung der Bekanntmachung vom 5.12.2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 26 des Gesetzes vom 21.6.2019 (BGBl. I S. 846), abrufbar unter: www.gesetze-im-internet .de/zpo/ (Stand: 29.10.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 167/19 Seite 10 – zwei Monate nach öffentlicher Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage mindestens 50 Verbraucher ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse zur Eintragung in das Klageregister wirksam angemeldet haben. 8. Behindertengleichstellungsgesetz Aufgrund von § 15 Abs. 1 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG)19 kann ein anerkannter Verband, ohne in seinem Recht verletzt zu sein, Klage erheben nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes auf Feststellung eines Verstoßes gegen – das Benachteiligungsverbot für Träger der öffentlichen Gewalt nach § 7 Abs. 1 BGG und die Verpflichtung des Bundes zur Herstellung der Barrierefreiheit in § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 Satz 2 sowie in § 12a BGG, soweit die Verpflichtung von Trägern öffentlicher Gewalt zur barrierefreien Gestaltung von Websites und mobilen Anwendungen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind, betroffen ist, – die Vorschriften des Bundesrechts zur Herstellung der Barrierefreiheit der in § 15 Abs. 1 Nr. 2 BGG im einzelnen genannten Regelungen in der Bundeswahlordnung, der Europawahlordnung , der Wahlordnung für die Sozialversicherung, des Ersten Buches Sozialgesetzbuch , des Gaststättengesetzes, des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes, des Bundesfernstraßengesetzes , des Personenbeförderungsgesetzes, der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung , der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung, des Luftverkehrsgesetzes oder – die Vorschriften des Bundesrechts zur Verwendung von Gebärdensprache oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen in § 17 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch20, § 82 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch21 und § 19 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch 22. Eine Klage des Verbandes ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Soweit ein behinderter Mensch selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage des Verbandes nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es 19 Vom 27.4.2002 (BGBl. I S. 1467, 1468), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 10.7.2018 (BGBl. I S. 1117), abrufbar unter: www.gesetze-im-internet.de/bgg (Stand: 29.10.2019). 20 Das Erste Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 18 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) geändert worden ist. 21 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 8. Juli 2019 (BGBl. I S. 1025) geändert worden ist. 22 Das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130), das zuletzt durch Artikel 47 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 167/19 Seite 11 sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt; dies ist insbesondere der Fall, wenn es sich um eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle handelt (§ 15 Abs. 2 BGG). 9. Sozialgesetzbuch IX § 63 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) sieht zwar keine Verbandsklage vor, allerdings ermöglicht die Vorschrift unter bestimmten Voraussetzungen die Geltendmachung von Behindertenrechten durch einen Verband im Wege der Prozessstandschaft. Dies ist unabhängig davon möglich, ob der Behinderte Mitglied in diesem Verband ist. Es ist allein die Ermächtigung durch den Rechtsinhaber (den behinderten Menschen) notwendig. 10. Handwerksordnung In § 8 Abs. 4 der Handwerksordnung (HWO)23 steht im Zusammenhang mit der Ausnahmebewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle gegen die Entscheidung neben dem Antragssteller auch der Handwerkskammer der Verwaltungsrechtsweg offen. 23 In der Fassung der Bekanntmachung vom 24.9.1998 (BGBl. I S. 3074; 2006 I S. 2095), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 30.6.2017 (BGBl. I S. 2143), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/hwo (Stand: 29.10.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 167/19 Seite 12 11. Tierschutz Anerkannte Tierschutzverbände haben ein Verbandsklagerecht in Bremen24, Niedersachsen25, Hamburg26, Rheinland-Pfalz27, Schleswig-Holstein28, Baden-Württemberg29 und dem Saarland30 eingeführt. In weiteren Ländern wird die Einführung diskutiert. In Bayern wurde das Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine mehrfach abgelehnt.31 In Nordrhein-Westfalen, ist das entsprechende Gesetz mit Wirkung zum 31.12.2018 außer Kraft getreten und wurde bisher auch nicht durch eine Neuregelung ersetzt.32 24 § 1 des Gesetzes über das Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine- Bremen vom 25.9.2007(GBl. Nr. 46 vom 5.10.2007 S. 455; 24.1.2012 S. 24; 5.8.2016 S. 434; ber. S. 474 16), abrufbar unter: https://www.umwelt-online .de/recht/natursch/laender/hb/klagetiers.htm (Stand: 29.10.2019). 25 § 2 des Gesetzes über Mitwirkungs- und Klagerechte von Tierschutzorganisationen (TSchKG ND) vom 6.4.2017 (Nds. GVBl. 2017, 108), abrufbar unter: http://www.voris.niedersachsen.de/jportal /?quelle=jlink&query=TierSchKG+ND&psml=bsvorisprod.psml&max=true&aiz=true (Stand: 29.10.2019). 26 § 1 des Hamburgischen Gesetzes über das Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine (Hamburgisches Tierschutzverbandsklagegesetz - HmbTierSchVKG) vom 21.5.2013 (HmbGVBl. 2013, S. 247, 248), abrufbar unter: https://www.umwelt-online.de/recht/natursch/laender/hh/klagetiers.htm (Stand: 29.10.2019). 27 § 3 des Landesgesetzes über Mitwirkungsrechte und das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzvereine (TierSchLMVG) vom 3.4.2014, zuletzt geändert durch § 29 des Gesetzes vom 27.11.2015 (GVBl. S. 383), abrufbar unter: https://www.umwelt-online.de/recht/natursch/laender/rp/klagetiers.htm (Stand: 29.10.2019). 28 § 1 des Gesetzes zum Tierschutz-Verbandsklagerecht – Schleswig-Holstein – vom 22.1.2015 (GVOBl. Schl.-H. Nr. 2 vom 26.2.2015 S. 44), abrufbar unter: https://www.umwelt-online.de/recht/natursch/laender/sh/klagetiers .htm (Stand: 29.10.2019). 29 § 3 des Gesetzes über Mitwirkungsrechte und das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen (TierSchLMVG) vom 12.5.2015 (GBl. S. 317), abrufbar unter: https://mlr.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion /m-mlr/intern/dateien/PDFs/Tierschutz_und_Tiergesundheit/TierSchMVG.pdf (Stand: 29.10.2019). 30 § 3 des Gesetzes über das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände – Saarland – (Tierschutzverbandsklagegesetz – TSVKG) vom 26.6.2013 (Amtsbl. I Nr. 20 vom 22.8.2013 S. 268), abrufbar unter: https://umwelt -online.de/recht/natursch/laender/bw/tierschmvg.htm (Stand: 29.10.2019). 31 Vgl. Deutschlandfunk vom 1.3.3027, abrufbar unter (Stand: 30.10.2019) https://www.deutschlandfunk.de/tierschutz -weiter-streit-um-das-klagerecht-fuer-verbaende.697.de.html?dram:article_id=347139 (Stand: 29.10.2019). 32 § 4 des Gesetzes über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzvereine (TierschutzVMG NRW) vom 25.6.2013, zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 20.9.2016 (GV. NRW. S. 790), abrufbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=7&ugl_nr=7834&bes_id=24044&menu=1&sg=0&auf gehoben=J&keyword=tierschutzvmg#Fn1 (Stand: 29.10.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 167/19 Seite 13 12. Krankenhausentgeltgesetz, Bundespflegesatzverordnung Nach § 17 Abs. 1 Satz 5 des Gesetzes über Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz – KHEntgG)33 kann der Verband der privaten Krankenversicherung , sofern ein Krankenhaus ein unangemessen hohes Entgelt für nichtärztliche Wahlleistungen verlangt, die Herabsetzung auf eine angemessene Höhe verlangen. Gegen die Ablehnung einer Herabsetzung ist der Zivilrechtsweg gegeben. Durch einen Verweis des § 16 der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung – BPflV)34 auf § 17 KHEntgG gilt entsprechendes auch bei Leistungen im Bereich der Bundespflegesatzverordnung. * * * 33 Vom 23.4.2002 (BGBl. I S. 1412, 1422), zuletzt geändert durch Art. 14a des Gesetzes vom 6.5.2019 (BGBl. I S. 646), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/khentgg (Stand: 29.10.2019). 34 Vom 26.9.1994 (BGBl. I S. 2750), die zuletzt durch Art. 4 des Gesetzes vom 11.12.2018 (BGBl. I S. 2394) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bpflv_1994 (Stand: 29.10.2019).