© 2018 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Der Erwerb von Zweitwohnungen Rahmenbedingungen zur Einführung von Restriktionen; Rechtslage in anderen Staaten Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 2 Der Erwerb von Zweitwohnungen Rahmenbedingungen zur Einführung von Restriktionen; Rechtslage in anderen Staaten Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Abschluss der Arbeit: 6. September 2018 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung (1.-3., 5.). PE 6: Europa (4.) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Überblick 5 2. Bestehende Regelungen im deutschen Recht 5 2.1. Genehmigungspflichten für den Erwerb von Wohnungen 6 2.2. Genehmigungspflichten für die Begründung von Wohnungseigentum 7 2.3. Genehmigungspflichten für die Nutzung als Zweitwohnung 8 2.4. Ausschluss von Zweitwohnungen in Sondergebieten 9 2.5. Genehmigungspflichten für die Zweckentfremdung von Wohnraum 9 2.6. Genehmigungspflichten für den Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken 11 3. Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Einführung von Restriktionen 13 3.1. Gesetzgebungskompetenz 13 3.2. Materielle Vorgaben 14 4. Europarechtlicher Rahmen für die Einführung von Restriktionen 15 4.1. Rechtmäßigkeit eines Genehmigungsvorbehalts nach EU-Recht 15 4.1.1. Genehmigungsvorbehalt als Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit 16 4.1.1.1. Diskriminierungs- und Beschränkungsverbot 16 4.1.1.2. Genehmigungsvorbehalt als diskriminierender oder beschränkender Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit 16 4.1.1.3. Genehmigungsvorbehalte zum Erwerb von Zweitwohnsitzen in der Rechtsprechung des EuGH 16 4.1.2. Rechtfertigung des Genehmigungsvorbehalts 17 4.1.2.1. Rechtfertigungsgrund 17 4.1.2.2. Diskriminierungsfreiheit 18 4.1.2.2.1. Allgemeine Erwägungen 18 4.1.2.2.2. Gefahr einer Diskriminierung 18 4.1.2.3. Verhältnismäßigkeit 19 4.1.2.3.1. Die EuGH-Urteile zu Tirol und Vorarlberg 19 4.1.2.3.2. Das EuGH-Urteil zu Salzburg 20 4.1.2.4. Fazit 20 4.1.2.5. Rechtfertigungsfähigkeit von Auflagen 21 4.1.3. Ergebnis 21 4.2. Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Zweitwohnsitze auf einen bestimmten Prozentsatz 22 4.2.1. Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit 22 4.2.2. Rechtfertigung des Eingriffs 22 4.2.3. Ergebnis 23 4.3. Rechtliche Stellung von Drittstaatsangehörigen und in Drittstaaten Ansässigen 23 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 4 5. Rechtslage in anderen Staaten 25 5.1. Dänemark 25 5.2. Schweiz 25 5.2.1. Lex Koller 25 5.2.2. Lex Weber 27 5.3. Österreich 28 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 5 1. Überblick Im deutschen Recht gibt es diverse Regelungen, die darauf abzielen, die Nutzung von Wohnraum als Zweitwohnung einzudämmen. So besteht in Fremdenverkehrsgebieten sogar die Möglichkeit , durch Satzung die Nutzung von Wohnräumen als Nebenwohnung einem Genehmigungsvorbehalt zu unterwerfen oder Zweitwohnungen generell auszuschließen. Einen umfassenden Genehmigungsvorbehalt für den Erwerb von Wohnraum im Allgemeinen oder Zweitwohnungen im Besonderen gibt es aber – anders als beim Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke – nicht (näher dazu bei 2.). Verfassungsrechtlich müsste sich die Einführung entsprechender Restriktionen – wie sie in einigen europäischen Staaten jedenfalls für Ausländer bestehen (näher dazu bei 5.) – als Einschränkung der Verfügungsfreiheit des Eigentümers am Eigentumsgrundrecht messen lassen. Abhängig von der Fallkonstellation wären gegebenenfalls weitere Grundrechte zu berücksichtigen, etwa das Grundrecht auf Ehe und Familie, wenn es sich um die Erwerbszweitwohnung eines Ehepartners handelt. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht bereits in der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer eine Grundrechtsverletzung gesehen. Was das Eigentumsgrundrecht angeht, hat das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Grundstücken betont, dass die Unvermehrbarkeit und Unentbehrlichkeit von Grund und Boden einen Genehmigungsvorbehalt grundsätzlich rechtfertigen könne. Eine Genehmigungsversagung setze allerdings eine hinreichend konkrete Gefahr für das Gemeinwohlgut voraus, welches durch den Genehmigungsvorbehalt geschützt werden solle. Die bloße Absicht, ein (landwirtschaftliches) Grundstück als Kapitalanlage zu erwerben, könne daher eine Genehmigungsversagung noch nicht rechtfertigen (näher dazu bei 3.). Unionsrechtlich wäre die Einführung von Restriktionen für den Zweitwohnungserwerb primär an der Freiheit des Kapitalverkehrs zu messen. Diese ist unabhängig davon einschlägig, ob die entsprechende Regelung eigene Staatsangehörige und EU-Ausländer unterschiedslos erfasst oder nicht. Für – mittelbar oder unmittelbar – diskriminierende Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit gelten allerdings strengere Rechtfertigungsanforderungen. So vermögen Gründe der Raumordnung, wie sie beispielsweise in Österreich zur Einschränkung von Zweitwohnungen herangezogen werden, nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs zwar nichtdiskriminierende Beschränkungen zu rechtfertigen, nicht aber diskriminierende. Das Genehmigungsverfahren sei ferner so auszugestalten und zu handhaben, dass die Gefahr einer faktischen Diskriminierung , etwa bei der Ermessenausübung, ausgeschlossen sei (näher dazu bei 4.). 2. Bestehende Regelungen im deutschen Recht Anders als der Erwerb land- oder forstwirtschaftlicher Grundstücke (siehe 2.6.) bedarf der Erwerb von Wohnungen oder Wohngrundstücken in Deutschland grundsätzlich keiner Genehmigung (siehe 2.1.). Lediglich die Begründung von Wohnungseigentum kann unter bestimmten Umständen durch Gemeindesatzung einem Genehmigungsvorbehalt unterstellt werden. In Fremdenver- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 6 kehrsgebieten kann dies auch mit dem Ziel geschehen, die Nutzung von Wohnraum als Zweitwohnung 1 einzudämmen, um so das Entstehen sog. Rollladensiedlungen zu vermeiden (siehe 2.2.). In diesen Gebieten kann aufgrund einer entsprechenden Satzung auch die Nutzung von Räumen in Wohngebäuden oder Beherbergungsbetrieben als Nebenwohnung einem Genehmigungsvorbehalt unterstellt werden (siehe 2.3.). Durch Bebauungsplan können in derartigen Gebieten Zweitwohnungen sogar ausgeschlossen werden (siehe 2.4.). Eine nach den Wohnraumzweckentfremdungsgesetzen der Bundesländer genehmigungspflichtige Zweckentfremdung ist die Zweitwohnungsnutzung hingegen nicht (siehe 2.5.). 2.1. Genehmigungspflichten für den Erwerb von Wohnungen Der Erwerb bzw. die Veräußerung einer Zweitwohnung bedarf – wie der Erwerb von Wohnungseigentum oder Wohngrundstücken überhaupt – grundsätzlich keiner behördlichen Genehmigung. Eine – sachlich eng begrenzte und zudem nicht auf die Zweitwohnungsfrage zugeschnittene – Ausnahme kann sich aus § 172 Abs. 4 Satz 4 des Baugesetzbuches (BauGB)2 ergeben. Diese hat drei Voraussetzungen: Zunächst (1) muss eine Gemeinde in einer sog. Milieuschutzsatzung festgelegt haben, dass zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in einem bestimmten Gebiet nicht nur die Errichtung, sondern auch der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen.3 Sodann (2) muss die Landesregierung eine Rechtsverordnung erlassen haben, in der bestimmt ist, dass in solchen Gebieten die Begründung von Wohneigentum der Genehmigung bedarf.4 Schließlich (3) muss sich der Eigentümer bei Einholung dieser Umwandlungsgenehmigung verpflichtet haben, innerhalb von sieben Jahren ab der Begründung von Wohnungseigentum Wohnungen nur an die Mieter zu veräußern .5 Liegen diese drei Voraussetzungen vor, so kann gemäß § 172 Abs. 4 Satz 4 BauGB in der Genehmigung für die Umwandlung in Wohnungseigentum bestimmt werden, dass auch die Veräußerung von Wohnungseigentum während der Dauer der sieben Jahre einer Genehmigung bedarf . Das Ziel dieser Genehmigungsvorbehalts für die Veräußerung ist es sicherzustellen, dass der Eigentümer seine Zusage, nur an Mieter zu veräußern, einhält.6 1 Unter „Zweitwohnung“ wird im Folgenden eine Wohnung verstanden, die nicht die vorwiegend genutzte Wohnung (=Hauptwohnung) ist. Dies entspricht dem Zweitwohnungsbegriff der Zweitwohnungssteuergesetze, die wiederum auf den melderechtlichen Begriff der Nebenwohnung Bezug nehmen, vgl. § 2 Abs. 1 des Berliner Zweitwohnungssteuergesetzes vom 19. Dezember 1997 (GVBl. S. 707), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2017 (GVBl. S. 707) in Verbindung mit § 21 des Bundesmeldegesetzes (BMG) vom 3. Mai 2013 (BGBl. I S. 1084), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745). 2 In der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634). 3 § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB. 4 § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB. 5 § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 Halbsatz 1 BauGB. 6 Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, § 172 Rn. 60. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 7 2.2. Genehmigungspflichten für die Begründung von Wohnungseigentum Breiter sind die Genehmigungspflichten für die (vor der Veräußerung liegende) Begründung von Wohnungseigentum. Die Begründung von Wohnungseigentum wird dadurch bewirkt, dass der Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich ein Gebäude mit mehreren Wohnungen befindet, gegenüber dem Grundbuchamt eine Teilungserklärung abgibt.7 Mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher wird dann aus dem einheitlichen Eigentum am Grundstück (einschließlich des darauf stehenden Gebäudes8) Sondereigentum an den einzelnen Wohnungen.9 Diese können nun einzeln veräußert werden. Die Umwandlung in Wohneigentum kann – wie bereits erwähnt – gemäß § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB durch Rechtsverordnung der Landesregierung einem Genehmigungsvorbehalt unterworfen werden. Das funktioniert allerdings nur für Gebiete, für welche die Gemeinde gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB eine Satzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung beschlossen hat oder noch beschließen wird. § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB richtet sich allerdings nicht speziell gegen die Entstehung von Zweitwohnungen. Vielmehr ist es so, dass sich durch die Entstehung von Wohneigentum und die anschließende Veräußerung das Risiko erhöht, dass die neuen Eigentümer den bisherigen Mietern (nach Ablauf der gesetzlichen Wartefristen10) wegen Eigenbedarfs11 kündigen. Dies wiederum kann – unabhängig von der Frage Haupt- oder Zweitwohnung12 – zu einer städtebaulich unerwünschten Änderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung führen, der mithilfe von Erhaltungssatzung und Umwandlungsgenehmigungspflicht begegnet werden soll. Stärker auf die Zweitwohnungsfrage zugeschnitten ist hingegen § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Dieser erlaubt es Gemeinden, die durch den Fremdenverkehr geprägt sind (Kurorte etc.), durch Satzung zu bestimmen, dass die Begründung von Wohnungseigentum genehmigungspflichtig ist. 7 Vgl. § 8 Abs. 1, § 1 Abs. 2 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz [im Folgenden: WEG]) vom 15. März 1951 (BGBl. I S. 175, ber. S. 209), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 2014 (BGBl. I S. 1962). 8 Vgl. §§ 93, 94 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151). 9 Vgl. § 8 Abs. 2 Satz 2 WEG. 10 Grundsätzlich drei Jahre nach Erwerb, ggf. auch zehn Jahre (vgl. § 577a Abs. 1, Abs. 2 BGB). 11 § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB. 12 Auch die nur zeitweilig geplante Nutzung (z.B. nur an Wochenenden) kann – in den Grenzen des Rechtsmissbrauchs – eine Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB rechtfertigen, vgl. Häublein, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 573 Rn. 68. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 8 Ziel der Regelung ist es, das Entstehen sog. Rollladensiedlungen zu vermeiden.13 Damit sind Gebiete mit Wohnungen gemeint, die hauptsächlich aus Eigentumswohnungen bestehen, welche vorwiegend als Zweitwohnung genutzt werden, und daher nur kurze Zeit im Jahr bewohnt werden mit der Folge, dass die auf viele Besucher zugeschnittene Infrastruktur des Feriengebiets nicht mehr ausgelastet wird.14 2.3. Genehmigungspflichten für die Nutzung als Zweitwohnung Durch den Fremdenverkehr geprägte Gemeinden können aber nicht nur die Begründung von Wohneigentum einem Genehmigungsvorbehalt unterwerfen, sondern gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB auch „die Nutzung von Räumen in Wohngebäuden oder Beherbergungsbetrieben als Nebenwohnung, wenn die Räume insgesamt an mehr als der Hälfte der Tage eines Jahres unbewohnt sind.“ Hier wird also die beabsichtigte Nutzung als Nebenwohnung direkt zum Anknüpfungspunkt für einen Genehmigungsvorbehalt gemacht. In der Fachliteratur wird allerdings darauf hingewiesen, dass sich der Nachweis einer Nutzung als Nebenwohnung in der Praxis nur schwer führen lassen dürfte.15 Ob die Umwidmung einer Wohnung von der Hauptwohnung zur Nebenwohnung auch außerhalb von Fremdenverkehrsgebieten einem Genehmigungsvorbehalt unterworfen werden kann, ist unklar . Voraussetzung wäre, dass es sich um eine „Nutzungsänderung“ im Sinne von § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB handelt. Dann könnte eine entsprechende Genehmigungspflicht beispielsweise zum Zwecke der Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung durch Erhaltungssatzung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB eingeführt werden. Zum Begriff „Nutzungsänderung “ in § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB heißt es in der Kommentarliteratur, dass er nicht mit dem des § 29 BauGB identisch sei; entscheidend für Vorliegen einer Nutzungsänderung seien vielmehr die für das betreffende Gebiet formulierten Erhaltungsziele.16 Eine nachteilige Entwicklung der Bevölkerungszusammensetzung, die den Erlass einer Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB rechtfertigen kann, soll auch durch die Entstehung von Zweit- bzw. Ferienwohnungen hervorgerufen werden können,17 insbesondere wenn die Gefahr bestehe, dass bestimmte Stadtviertel aufgrund einer Unterausnutzung der örtlichen Infrastruktur außerhalb der Saison veröden könnten18. Das spricht dafür, nicht nur den Neubau von Zweitwohnungen unter § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu subsumieren, sondern auch die künftige Nutzung einer bisher als 13 Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr (Fn. 6), § 22 Rn. 1; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 22 Rn. 9 (Stand Februar 2018); vgl. ferner Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt, BT-Drs. 18/10942, S. 33 f. 14 Vgl. Reidt (Fn. 13), § 22 Rn. 5. 15 Scheidler, Sicherung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion, Eine Betrachtung des § 22 BauGB in der seit 13. Mai 2017 geltenden Fassung, UPR 2018, S. 207 (212). 16 Mitschang (Fn. 6), § 172 Rn. 8. 17 Mitschang (Fn. 6), § 172 Rn. 19. 18 Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger (Fn. 13), § 172 Rn. 50; OVG Lüneburg, Urteil vom 27. April 1983 – 1 C 1/82 –, NJW 1984, S. 2905 (2908). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 9 Hauptwohnung genutzten Wohnung als Zweitwohnung als Nutzungsänderung im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Ausdrücklich als Beispiel einer relevanten Nutzungsänderung angeführt wird dieser Fall in der Kommentarliteratur jedoch nicht. Als typischer Fall einer Nutzungsänderung im Sinne von § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB wird dort vielmehr auf die (deutlich weitergehende ) Umwandlung von Wohn- in Büro- bzw. Gewerberaum verwiesen.19 2.4. Ausschluss von Zweitwohnungen in Sondergebieten Aus der Festsetzung eines Gebiets als „Wohngebiet“ (§§ 3, 4 BauNVO) ergeben sich keine Beschränkungen in Bezug auf Zweitwohnungen. Denn der Wohnungsbegriff der BauNVO erfasst Haupt- und Nebenwohnungen gleichermaßen.20 Entsprechendes gilt für die bauplanerische Festlegung der Wohnungshöchstzahl eines Gebäudes gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB.21 Der bauplanerische Ausschluss gerade von Zweitwohnungen ist jedoch für bestimmte Sondergebiete nach § 11 Abs. 2 BauNVO möglich. So hat es das Oberverwaltungsgericht Lüneburg für zulässig erachtet, dass in einem Sondergebiet „Kurgebiet/ Gebiet für die Fremdenbeherbergung“ (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) auf Borkum, „die dauerwohnliche Nutzung“ auf Personen beschränkt wird, „die ihren Lebensmittelpunkt auf der Insel Borkum haben“.22 2.5. Genehmigungspflichten für die Zweckentfremdung von Wohnraum Mit der Föderalismusreform im Jahre 2006 ist die Regelungsbefugnis für das „Zweckentfremdungsrecht im Wohnungswesen“ in die ausschließliche Zuständigkeit der Länder übergegangen .23 Einige Bundesländer haben davon Gebrauch gemacht, so auch das Land Berlin. Nach dem dortigen Zweckentfremdungsverbot-Gesetz (ZwVbG)24 kann durch Rechtsverordnung die Nutzung von Wohnraum „zu anderen als Wohnzwecken“ unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt werden.25 Darunter ist unter anderem die Verwendung „zum Zwecke der wiederholten nach 19 Vgl. Mitschang (Fn. 6), § 172 Rn. 8; Oehmen, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 41. Edition, Stand 1. Mai 2018, § 172 Rn. 5; Stock (Fn. 18), § 172 Rn. 107. 20 Stock, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Auflage 2014, § 3 Rn. 17; Hornmann, in: Spannowsky/Hornmann /Kämper, BauNVO, 14. Edition, Stand 15. Juni 2018, § 3 Rn. 79. 21 Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr (Fn. 6), § 9 Rn. 44. 22 OVG Lüneburg, Urteil vom 18. September 2014 – 1 KN 123/12 -, ZfBR 2014, S. 767 (770); siehe auch BT- Drs. 18/10942, S. 34. 23 Durch eine Änderung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034). 24 Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz - ZwVbG) vom 29. November 2013 (GVBl. 2013, S. 626), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. April 2018 (GVBl. 2018, S. 211), abrufbar unter: http://gesetze.berlin.de/jportal/?quelle=jlink&query=WoZwEntfrG+BE&psml=bsbeprod .psml&max=true (letzter Zugriff am 6. September 2018). 25 § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 ZwVbG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 10 Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung oder einer Fremdenbeherbergung , insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung oder der Einrichtung von Schlafstellen “ zu verstehen sowie das Leerstehenlassen einer Wohnung für länger als drei Monate.26 Für die Nutzung als Zweitwohnung kann hingegen nach dem ZwVbG des Landes Berlin kein Genehmigungsvorbehalt begründet werden, weil auch eine Zweitwohnung zu „Wohnzwecken“ genutzt wird. Frühere Fassungen des Gesetzes enthielten insoweit sogar eine entsprechende ausdrückliche Klarstellung27, die aber als überflüssig angesehen und deshalb 2018 gestrichen wurde,28 da „bereits denklogisch […] eine nur gelegentlich von den Berechtigen zu Wohnzwecken genutzte Zweitwohnung […] im Ergebnis weiterhin zu Wohnzwecken genutzt“ wird.29 Genehmigungspflichtig kann aber, wie gesagt, die wiederholte nach Tagen oder Wochen bemessene Vermietung der Zweitwohnung als Ferienwohnung sein.30 Eine Genehmigung soll in diesen Fällen in der Regel nur erteilt werden, wenn eine derartige Vermietung an höchstens 90 Tagen im Jahr erfolgt und sich die die Hauptwohnung oder eine weitere Nebenwohnung nicht ebenfalls in Berlin befinden.31 26 § 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 5 ZwVbG. 27 Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 6 ZwVbG vom 29. November 2013 (GVBl. S. 626): „Abweichend von Absatz 1 liegt keine Zweckentfremdung von, wenn Wohnraum nicht ununterbrochen genutzt wird, weil er bestimmungsgemäß der oder dem Verfügungsberechtigen als Zweitwohnung dient.“ 28 Durch Art. 1 Nr. 2 Buchstabe b des Zweiten Gesetz zur Änderung des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes vom 9. April 2018 (GBVl. S. 211). 29 So die Begründung der Streichung im Gesetzentwurf auf Abgeordnetenhaus-Drucksache 18/0815, S. 12. 30 § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG. 31 § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 ZwVbG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 11 Gesetze zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum wurden außerdem von den Bundesländern Baden-Württemberg32, Bayern33, Bremen34, Hamburg35, Mecklenburg-Vorpommern36 und Nordrhein-Westfalen37 erlassen. Die Nutzung von Wohnraum als Zweitwohnung38 bzw. die auf 90 Tage beschränkte Vermietung einer Zweitwohnung39 wird von diesen bzw. von den auf sie gestützten gemeindlichen Satzungen ebenfalls nicht als Zweckentfremdung angesehen. 2.6. Genehmigungspflichten für den Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken Im Gegensatz zu Wohnungseigentum oder Wohnungsgrundstücken dürfen land- und forstwirtschaftliche Grundstücke grundsätzlich nur mit behördlicher Genehmigung veräußert werden. Das 32 Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbotsgesetz - ZwEWG) vom 19. Dezember 2013 (GBl. S. 484), abrufbar unter: http://www.landesrecht-bw.de/jportal /?quelle=jlink&query=WoZwEntfrG+BW&psml=bsbawueprod.psml&max=true&aiz=true (letzter Zugriff am 6. September 2018). 33 Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsgesetz – ZwEWG) vom 10. Dezember 2007 (GVBl. S. 864, BayRS 2330-11-B), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juni 2017 (GVBl. S. 182), abrufbar unter: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayZwEWG2008 (letzter Zugriff am 6. September 2018). 34 Bremisches Wohnraumschutzgesetz vom 26. Juni 2018 (Brem. GBl. S. 296), abrufbar unter: https://www.transparenz.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen2014_tp.c.118563.de&asl=bremen203_tpgesetz .c.55340.de&template=20_gp_ifg_meta_detail_d (letzter Zugriff am 6. September 2018). 35 Gesetz über den Schutz und die Erhaltung von Wohnraum (Hamburgisches Wohnraumschutzgesetz - Hmb- WoSchG) vom 8. März 1982 (HmbGVBl. S. 47), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 21. Mai 2013 (HmbGVBl. S. 244), abrufbar unter: http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml;jsessionid =BA717C3EB15E6C7B14C4D3DF2D4AB17F.jp22?showdoccase=1&st=lr&doc.id=jlr-WoPflGHArahmen (letzter Zugriff am 6. September 2018). 36 Gesetz zur Übertragung der Aufgaben nach Artikel 6 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (Zweckentfremdungsübertragungsgesetz - ZwG M-V) Vom 25. Juni 1996 (GVOBl. M-V S. 286), abrufbar unter: http://www.landesrecht-mv.de/jportal/portal/page/bsmvprod.psml?nid=0&showdoccase=1&doc.id=jlr- MietRVerbGArt6GMVrahmen&st=lr (letzter Zugriff am 6. September 2018). 37 Wohnungsaufsichtsgesetz (WAG NRW) vom 10. April 2014 (GV. NRW. S. 269), abrufbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=10000000000000000320 (letzter Zugriff am 6. September 2018). 38 Vgl. z.B. § 3 Abs. 2 Nr. 4 der Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in der Landeshauptstadt Stuttgart (Zweckentfremdungsverbotssatzung – ZwEVS –) vom 3. Dezember 2015, abrufbar unter: https://www.stuttgart.de/img/mdb/item/587117/120544.pdf (letzter Zugriff am 6. September 2018). 39 Vgl. z.B. § 2 Abs. 2 Nr. 5 des Bremischen Wohnraumschutzgesetzes. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 12 ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (Grundstücksverkehrsgesetz – GrdstVG)40. Die Ziele dieses Gesetzes sind: – Förderung der Agrarstruktur; – Erhalt lebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebe in weitest möglichem Umfange in der Hand selbständiger und als Eigentümer darauf wirtschaftender Familien; – Vermeidung, dass land- und forstwirtschaftlicher Grundbesitz in ungeeignete Hände fällt; – Vermeidung einer Zersplitterung von landwirtschaftlichen Nutzflächen; – Möglichkeit zu verhindern, dass land- und forstwirtschaftlicher Grundbesitz zu objektiv überhöhten Preisen gehandelt wird, der es aktiven Landwirten unmöglich macht, ihrer Produktionsgrundlage zu erwerben; – Sicherung der Volksernährung und der strukturellen Unterstützung und Stärkung des Wirtschaftszweiges Landwirtschaft.41 Dementsprechend darf die Genehmigung gemäß § 9 Abs. 1 GrdstVG versagt werden, wenn die Veräußerung eine „ungesunde Verteilung des Grund und Bodens“ bedeuten würde, wenn sie zu einer unwirtschaftlichen Verkleinerung oder Aufteilung land- oder forstwirtschaftlicher Flächen führen würde oder wenn der Gegenwert in einem „groben Missverhältnis“ zum Wert des Grundstücks steht. Von einer „ungesunden Verteilung des Grund und Bodens“ soll in der Regel auszugehen sein, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht .42 Unter denselben Voraussetzungen kann die Genehmigung mit Auflagen oder Bedingungen verbunden werden.43 So kann dem Erwerber zur Auflage gemacht werden, das erworbene Grundstück an einen Landwirt zu verpachten oder es sogar zu veräußern.44 Das Bundesverfassungsgericht hat den Genehmigungsvorbehalt für land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke als mit dem Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) vereinbar angesehen.45 40 Vom 28. Juli 1961 (BGBl. I S. 1091, ber. S. 1652 und 2000), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586). 41 Booth, in: Dombert/Witt, Münchener Anwaltshandbuch Agrarrecht, 2. Auflage 2016, § 8 Rn. 158. 42 § 9 Abs. 2 GrdstVG. 43 § 9 Abs. 1 GrdstVG. 44 § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2 GrdstVG. 45 BVerfG, Beschluss vom 12. Januar 1967 – 1 BvR 169/63 –, NJW 1967, S. 619 ff.; Beschluss vom 19. Juni 1969 – 1 BvR 353/67 –, NJW 1969, S. 1475 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 13 Die Tatsache, dass Grund und Boden unvermehrbar und unentbehrlich sei, verbiete es, seine Nutzung dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen und ihn im Rechtsverkehr wie eine mobile Ware zu behandeln.46 Andererseits sie die Befugnis des Eigentümers, sein Eigentum veräußern zu dürfen, ein elementarer Bestandteil der Handlungsfreiheit im Bereich der Eigentumsordnung. Ein Veräußerungsverbot gehöre daher zu den schwersten Eingriffen in diesen Freiheitsbereich des Bürgers.47 Dem müsse durch eine restriktive Auslegung der Genehmigungsversagungsgründe Rechnung getragen werden, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahre.48 Der bloße Umstand , dass ein Grundstück als Kapitalanlage erworben werde, rechtfertige daher noch nicht die Annahme einer „ungesunden“ Bodenverteilung und die Versagung der Genehmigung, wenn sie nicht zugleich nachteilige Auswirkungen der konkreten Eigentumsverschiebung auf die Agrarstruktur zumindest erkennbar seien.49 Das Erwerbsmotiv sei für sich allein kein eine Eigentumsbindung rechtfertigender Gesichtspunkt.50 3. Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Einführung von Restriktionen 3.1. Gesetzgebungskompetenz Ein Genehmigungsvorbehalt für die Veräußerung bzw. den Erwerb von Wohnungen oder Grundstücken mit Wohngebäuden dürfte eine Regelung des „Grundstücksverkehrs“ im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG sein. Denn hierunter werden die öffentlich-rechtlichen Normen verstanden , die den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken sowie dingliche Rechtsänderungen an ihnen reglementieren.51 Das umfasst auch den Erwerb bzw. die Veräußerung von Wohnungseigentum , da dieses untrennbar mit einem Miteigentumsanteil am Grundstück verbunden ist52. 46 BVerfG, NJW 1967, S. 619 (620). 47 BVerfG, NJW 1969, S. 1475. 48 BVerfG, NJW 1967, S. 619 (621); BVerfG, NJW 1969, S. 1475. 49 BVerfG, NJW 1967, S. 619 (620, 621); BVerfG, NJW 1969, S. 1475. 50 BVerfG, NJW 1967, S. 619 (621). 51 Vgl. Seiler, in: Epping/Hillgruber, GG, 37. Edition, Stand: 15. Februar 2018, Art. 74 Rn. 65. 52 Vgl. § 1 Abs. 2, 5, § 6 WEG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 14 Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG beschränkt sich seit der Föderalismusreform 2006 zwar auf den „städtebaulichen“ Grundstücksverkehr .53 Ziel der Grundgesetzänderung war es jedoch den Ländern, die ausschließliche Zuständigkeit für den landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr zu verschaffen.54 Das spricht dafür unter „städtebaulichen Grundstücksverkehr“ die Grundstücksverkehrsregelungen zu verstehen, die nicht landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Grundstücke betreffen. Damit würde eine Regelung eines Genehmigungsvorbehalts für die Veräußerung bzw. den Erwerb von Wohnungseigentum und Wohngrundstücken in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG fallen, von der der Bund Gebrauch machen darf, auch wenn die Voraussetzungen der Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG nicht vorliegen.55 3.2. Materielle Vorgaben Ein Genehmigungsvorbehalt für den Erwerb bzw. die Veräußerung von Grundstücken mit Wohngebäuden bzw. von Wohnungseigentum müsste ferner den materiellen Vorgaben des Grundgesetzes entsprechen, insbesondere dem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 GG. Das gilt bereits für den Genehmigungsvorbehalt als solchen, mehr noch indes für die Gründe, die eine Versagung der Genehmigung rechtfertigen, bzw. die Auflagen und Bedingungen, mit denen eine Genehmigung versehen werden darf. Insoweit ist zu berücksichtigen, was das Bundesverfassungsgericht zum Genehmigungsvorbehalt für land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke gesagt hat (oben bei 2.6). Einerseits rechtfertigten die Unvermehrbarkeit und Unentbehrlichkeit von Grund und Boden weiter gehende Beschränkungen der Verkehrsfähigkeit als bei mobilen Waren. Andererseits gehöre ein Veräußerungsverbot aber auch zu den schwersten Eingriffen in den Freiheitsbereich des Bürgers, so dass die Gefahren (für die Agrarstruktur), welchen durch eine Genehmigungsversagung begegnet werden solle, hinreichend konkret sein müssten. Wenn hiernach im landwirtschaftlichen Bereich die drohende Zerschlagung eines landwirtschaftlichen Betriebes56 oder die Absicht, das fragliche Grundstück als Kapitalanlage zu erwerben57, als solche nicht ausreichen, um eine Genehmigungsversagung zu rechtfertigen, dann dürfte auch im städtebaulichen Bereich die Absicht, eine Wohnung als Zweitwohnung zu nutzen oder zu vermieten, als solche noch kein hinreichender Grund sein, um bereits den Erwerb der Wohnung zu verbieten. 53 Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) wurde vor das Wort „Grundstücksverkehr“ das Wort „städtebaulichen“ eingefügt. 54 Vgl. BT-Drs. 16/813 S. 9, 13. Die Gesetzesbegründung zählt Regelungen über den Erwerb von Wohnungen auch nicht zu den mit der Föderalismusreform auf die Länder übergegangen Teilbereich des Wohnungswesens. Zu diesem werden vielmehr gezählt: das Recht der sozialen Wohnraumförderung, der Abbau von Fehlsubventionierungen im Wohnungswesen sowie des Wohnungsgenossenschaftsvermögensrecht. 55 Vgl. Art. 72 Abs. 1 GG. 56 Vgl. BVerfG, NJW 1969, S. 1475 (1476 f.). 57 Vgl. BVerfG, NJW 1967, S. 619 (621). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 15 Eine mit der Genehmigung verbundene Auflage, die erworbene Wohnung nicht als Zweitwohnung zu nutzen bzw. zu vermieten, müsste den vielfältigen Motiven, die hinter dem Bedürfnis nach einer Zweitwohnung stehen können, Rechnung tragen (Feriendomizil, familiäre Gründe, berufliche Gründe etc.). So hat das Bundesverfassungsgericht schon in der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer auf die Innehabung von Erwerbszweitwohnungen durch Verheiratete eine gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßende Diskriminierung der Ehe gesehen.58 Wird die Auflage einem Erwerber – sei es einer natürliche oder einer juristische Person – erteilt, der die Wohnung nicht selbst nutzen will oder kann, sondern vermieten möchte, müsste auch die Umsetzbarkeit der Auflage gegenüber dem Mieter bedacht werden. 4. Europarechtlicher Rahmen für die Einführung von Restriktionen Im Folgenden wird zunächst auf die Bedingungen eingegangen, unter denen ein Genehmigungsvorbehalt mit dem Unionsrecht vereinbar und diskriminierungsfrei sein kann sowie auf die Möglichkeit , Auflagen für den Erwerb von Zweitwohnungen vorzusehen (4.1.). Im Anschluss wird die EU-Rechtskonformität einer Beschränkung des Anteils an Zweitwohnungen auf einen bestimmten Prozentsatz erörtert (4.2.). Abschließend wird die Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen und in Drittstaaten Ansässigen in derartigen Situationen behandelt (4.3.). 4.1. Rechtmäßigkeit eines Genehmigungsvorbehalts nach EU-Recht Wie bereits in einer vorausgehenden Ausarbeitung zum Thema „Wohnsitzerfordernis bei Immobilienerwerb - Vereinbarkeit mit Unionsrecht“ von PE 6 erörtert, können Beschränkungen des Erwerbs von Immobilien grundsätzlich an der Kapitalverkehrsfreiheit aus Art. 63 Abs. 1 AEUV, Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 Abs. 1 S. 1 AEUV und Arbeitnehmerfreizügigkeit aus Art. 45 Abs. 1 AEUV zu messen sein.59 Aus einem Urteil des EuGH von 2018 ergibt sich, dass primär die Kapitalverkehrsfreiheit den Prüfungsmaßstab für Regelungen, die den Immobilienerwerb beschränken , bildet.60 Diese Grundfreiheit dient im Folgenden als Prüfungsmaßstab für die hier aufgeworfenen Fragen. Dabei wird zunächst darauf eingegangen, inwiefern Genehmigungsvorbehalte einen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit darstellen (4.1.1.), und anschließend die Möglichkeit der Rechtfertigung solcher Eingriffe erörtert (4.1.2.). 58 BVerfGE 114, 316 (335 f.). 59 Siehe PE 6 - 3000 - 75/18, S. 4 f. 60 EuGH, Urteil vom 6. März 2018, Rs. C-52/16 und C-113/16 – SERGO, Rn. 54 f., siehe auch PE 6 - 3000 - 75/18, S. 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 16 4.1.1. Genehmigungsvorbehalt als Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit 4.1.1.1. Diskriminierungs- und Beschränkungsverbot Art. 63 AEUV verbietet zum einen Diskriminierungen,61 wobei unter diesen Begriff sowohl unmittelbare Diskriminierungen fallen, die für eine unterschiedliche Behandlung von Sachverhalten an die Staatsangehörigkeit anknüpfen, als auch mittelbare Diskriminierungen, die an ein anderes Unterschiedskriterium als das der Staatsangehörigkeit anknüpfen, welches jedoch typischerweise von Angehörigen eines bestimmten Mitgliedstaats erfüllt bzw. nicht erfüllt wird.62 Darüber hinaus enthält Art. 63 AEUV, wie sich aus der Formulierung „alle Beschränkungen“ ergibt, auch ein Beschränkungsverbot,63 das auch Regelungen, die nicht zu einer Ungleichbehandlung führen, sondern lediglich Anleger aus anderen Mitgliedstaaten von Investitionen abhalten können, erfasst.64 4.1.1.2. Genehmigungsvorbehalt als diskriminierender oder beschränkender Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit Sind mitgliedstaatliche Genehmigungsvorbehalte beispielsweise so ausgestaltet, dass sie die eigenen Staatsangehörigen von Genehmigungsverfahren befreien, stellen sie eine unmittelbare Diskriminierung dar,65 während als mittelbare Diskriminierungen solche gelten, die eine Befreiung für Personen gewähren, die ihren Wohnsitz innerhalb des Mitgliedstaates haben.66 Aber auch unterschiedslos anzuwendende Regelungen, mit denen der Erwerb bzw. die Einrichtung von Zweitwohnsitzen verhindert werden soll, stellen Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit in Form von Beschränkungen dar.67 4.1.1.3. Genehmigungsvorbehalte zum Erwerb von Zweitwohnsitzen in der Rechtsprechung des EuGH Der EuGH hat sich bisher – soweit ersichtlich – in drei Fällen zur Unionsrechtskonformität von Genehmigungsvorbehalten geäußert. Alle drei Verfahren betrafen Vorschriften österreichischer 61 EuGH, Urteil vom 4. Juni 2002, Rs. C-367/98 – Kommission/Portugal , Rn. 44 f. 62 Epiney in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 5. Auflage 2016, Art. 18 AEUV, Rn. 12. 63 Frenz, Handbuch Europarecht Band 1, Europäische Grundfreiheiten, 2. Auflage 2012, Rn. 3706; Sedlaczek/Züger in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, 3. Auflage 2018, Art. 63 AEUV, Rn. 9. 64 EuGH, Urteil vom 4. Juni 2002, Rs. C-367/98 – Kommission/Portugal , Rn. 44 f. 65 So war es auch im Tiroler Grundverkehrsgesetz von 1993, EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999, Rs. C-302/97 – Konle, Rn. 23. 66 Für den Wohnsitz als mittelbar diskriminierendes Unterschiedskriterium siehe PE 6 - 3000 - 75/18, S. 5 f. 67 So auch Frenz (Fn. 63), Rn. 3717 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 17 Bundesländer. Das Tiroler Grundverkehrsgesetz und das Grundverkehrsgesetz des Landes Vorarlberg enthielten Genehmigungsvorbehalte für Baugrundstücke bzw. bebaute Grundstücke, die an die glaubhaft zu machende Erklärung des Erwerbers geknüpft waren, dass kein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll.68 Der EuGH sah hierin einen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit.69 Vorschriften des Salzburger Grundverkehrsgesetzes sahen vor, dass die Übertragung eines Baugrundstückes nur bei Erfüllung folgender Voraussetzungen zulässig war: der Erwerber musste das Geschäft anzeigen und eine Erklärung abgeben, dass er Österreicher oder Angehöriger eines anderen Mitgliedstaates sei und eine der im europäischen Primärrecht (damals noch im EG-Vertrag) oder dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum garantierten Freiheiten in Anspruch nehme. Darüber hinaus musste er erklären, dass er das Grundstück als Hauptwohnsitz oder zu gewerblichen Zwecken nutzen werde.70 Auch hierin sah der EuGH einen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit. 71 4.1.2. Rechtfertigung des Genehmigungsvorbehalts Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit können gerechtfertigt sein.72 Laut EuGH ist das bei Genehmigungsvorbehalten für die Errichtung von Zweitwohnsitzen insbesondere dann der Fall, wenn sie einem im Allgemeininteresse liegenden Ziel dienen (4.1.2.1.), nicht diskriminierend angewandt werden (4.1.2.2.) und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten (4.1.2.3.).73 4.1.2.1. Rechtfertigungsgrund Hieraus folgt, dass nach Ansicht des EuGH die Versagung des Grundstückserwerbs nicht notwendigerweise gegen Unionsrecht verstoßen muss.74 In allen drei österreichischen Fällen erkannte er an, dass Beschränkungen des Erwerbs von Zweitwohnungen in einem bestimmten geographischen Gebiet, die ein Mitgliedstaat in Verfolgung raumplanerischer Ziele zur Erhaltung einer 68 EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999, Rs. C-302/97 – Konle, Rn. 5, 11; EuGH, Urteil vom 15. Mai 2003, Rs. C-300/01 – Salzmann, Rn. 8. 69 EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999, Rs. C-302/97 – Konle, Rn. 44; EuGH, Urt. v. 15. Mai 2003, Rs. C-300/01 – Salzmann , Rn. 41. 70 EuGH, Urteil vom 5. März 2002, verb. Rs. C-515/99, C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99 – Reisch u.a., Rn. 6. 71 EuGH, Urteil vom 5. März 2002, verb. Rs. C-515/99, C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99 – Reisch u.a., Rn. 32. 72 EuGH, Urteil vom 4. Juni 2002, Rs. C-367/98 – Kommission/Portugal, Rn. 49. 73 EuGH, Urteil vom 5. März 2002, verb. Rs. C-515/99, C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99 – Reisch u.a., Rn. 33. 74 EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999, Rs. C-302/97 – Konle, Rn. 45, wo der EuGH auch feststellt, dass die Grundsätze für die Ausfuhr von Devisen, für die ein Genehmigungsvorbehalt nicht mit Unionsrecht zu vereinbaren ist, sich nicht auf dem Grundstückserwerb vorgeschaltete Verfahren übertragen lassen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 18 dauerhaft ansässigen Bevölkerung und einer vom Tourismus unabhängigen Wirtschaftstätigkeit verfügt, als Beitrag zu einem im Allgemeininteresse liegenden Ziel angesehen werden können.75 4.1.2.2. Diskriminierungsfreiheit 4.1.2.2.1. Allgemeine Erwägungen Eine Rechtfertigung von Eingriffen in die Kapitalverkehrsfreiheit, die zur unterschiedlichen Behandlung eigener Staatsangehöriger und Angehöriger der EU-Mitgliedstaaten führen, ist grundsätzlich möglich, allerdings nur, wenn sie zum Schutz eines der in Art. 65 AEUV genannten Güter erfolgen.76 Darüber hinaus sind ungeschriebene Rechtfertigungsgründe anerkannt. Die für die hier untersuchte Fragestellung relevanten (ungeschriebenen) Rechtfertigungsgründe können allerdings nur Eingriffe rechtfertigen, die weder unmittelbar noch mittelbar diskriminierend sind.77 Da Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit zur Begrenzung von Zweitwohnungen in der Regel zur Erfüllung raumplanerischer Ziele und nicht zum Schutz eines der in Art. 65 AEUV genannten Güter erfolgen, können sie nur gerechtfertigt sein, wenn sie eigene Staatsangehörige und Angehörige der Mitgliedstaaten unterschiedslos behandeln. 4.1.2.2.2. Gefahr einer Diskriminierung Eine Besonderheit in diesem Zusammenhang lag den Fällen des Tiroler und Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes zugrunde. Dort stellte der EuGH besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung : Da es dem Antragsteller nicht möglich sei, vollen Beweis für die künftige Nutzung 75 EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999, Rs. C-302/97 – Konle, Rn. 40; EuGH, Urteil vom 5. März 2002, verb. Rs. C- 515/99, C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99 – Reisch u.a., Rn. 34; EuGH, Urteil vom 15. Mai 2003, Rs. C-300/01 – Salzmann, Rn. 44. In der Literatur wird vertreten, dass Begrenzungen von Zweitwohnungen nicht dem Wirtschaftsinteresse der Allgemeinheit, sondern einer einzelnen Gruppe, nämlich der Hotelbranche, dienen, von Wilmowsky in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Auflage 2014, § 12, Rn. 35, der die Erhaltung einer dauerhaft ansässigen Bevölkerung und damit einer intakten Sozialstruktur aber als Wohl der Allgemeinheit anerkennt. Es sei ferner auf die rechtlich nicht bindende Gemeinsame Erklärung der Mitgliedstaaten zu Zweitwohnungen verwiesen, nach der keine Bestimmung des gemeinschaftlichen Besitzstands die einzelnen Mitgliedstaaten hindert, Maßnahmen betreffend Zweitwohnungen zu treffen, sofern sie aus Gründen der Raumordnung, der Bodennutzung und des Umweltschutzes erforderlich sind und ohne direkte oder indirekte Diskriminierung von Staatsangehörigen einzelner Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand angewendet werden, ABl. EG 1994, Nr. C 241/382, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:C:1994:241:FULL&from=DE. (letzter Zugriff am 6. September 2018). 76 Art. 65 Abs. 1 lit. b) AEUV nennt beispielsweise die Verhinderung von Zuwiderhandlungen gegen die innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. 77 EuGH, Urteil vom 5. März 2002, verb. Rs. C-515/99, C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99 – Reisch u.a., Rn. 33; EuGH, Urteil vom 25. Januar 2007, Rs. C-370/05 – Festersen, Rn. 26; EuGH, Urteil vom 23. September 2013, Rs C-452/01 – Ospelt, Rn. 34; EuGH, Urteil vom 28. Januar 2016, Rs. C-375/14 – Laezza, Rn. 26, für die Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit; EuGH, Urteil vom 8. Juni 2017, Rs. C-296/15 – Medisanus, Rn. 80, für die Warenverkehrsfreiheit. In der Literatur wird diese Differenzierung auch kritisiert mit der Begründung , sie zwänge die Interessenabwägung in ein formales Korsett, das der Komplexität der Konflikte zwischen mitgliedstaatlicher Regelungsgewalt und Wirtschaftsintegration kaum gerecht werde, von Wilmowsky (Fn. 75), § 12, Rn. 13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 19 des zu erwerbenden Grundstücks zu erbringen, verfügten die Behörden über nahezu freies Ermessen .78 Die von den Tiroler Behörden zum Grundverkehrsgesetz erstellten erläuternden Bemerkungen zeugten dabei von der Absicht, von diesem Beurteilungsspielraum Gebrauch zu machen, um Anträge von Ausländern einer eingehenderen Überprüfung zu unterziehen als solche österreichischer Staatsangehöriger. Außerdem werde ein vorgesehenes beschleunigtes Genehmigungsverfahren Österreichern vorbehalten.79 Auch wenn tatsächliche Diskriminierungen bei der Ausübung dieses Ermessens nicht behauptet wurden,80 sah der EuGH hierin eine Gefahr der Diskriminierung , die dazu führte, dass der Genehmigungsvorbehalt nicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit zu vereinbaren war.81 Im Falle des Vorarlberger Genehmigungsvorbehalts kam er zu dem gleichen Ergebnis.82 4.1.2.3. Verhältnismäßigkeit Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt voraus, dass die Eingriffe geeignet sind, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist.83 Es dürfen also keine weniger einschneidenden Mittel zur Verfügung stehen.84 4.1.2.3.1. Die EuGH-Urteile zu Tirol und Vorarlberg In den Fällen Tirol und Vorarlberg sah der EuGH das Prinzip der Verhältnismäßigkeit als nicht gewahrt an: Zwar müssten die Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen können, um eine bestimmungsgemäße Nutzung von Grund und Boden, wie sie in innerstaatlichen Regelungen festgelegt ist, zu gewährleisten. Eine solche Gewährleistung könne statt mit einem präventiv wirkenden Genehmigungsvorbehalt aber auch mit den Kapitalverkehr weniger beeinträchtigenden repressiven Maßnahmen wie einer Geldbuße für den Fall der Nutzung des Grundstücks in einer untersagten Art und Weise (in diesem Fall als Freizeitwohnsitz), einer Nutzungsuntersagung unter Androhung der Zwangsversteigerung oder der Feststellung der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts mit anschließender Wiederherstellung des vor dem Grundstückserwerbs bestehenden Grundbuchstands erreicht werden.85 78 EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999, Rs. C-302/97 – Konle, Rn. 41. 79 EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999, Rs. C-302/97 – Konle, Rn. 41. 80 Generalanwalt La Perogla hob in seinen Schlussanträgen hervor, dass kein Umstand ersichtlich sei, der die Annahme gestatte, die Verwaltung wende die Vorschriften faktisch diskriminierend an, GA La Perogla, Schlussanträge vom 23. Februar 1999 zu EuGH, Rs. C-302/97 – Konle, Rn. 21. 81 EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999, Rs. C-302/97 – Konle, Rn. 49. 82 EuGH, Urteil vom 15. Mai 2003, Rs. C-300/01 – Salzmann, Rn. 46 ff. 83 EuGH, Urteil vom 15. Mai 2003, Rs. C-300/01 – Salzmann, Rn. 42. 84 EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999, Rs. C-302/97 – Konle, Rn. 40. 85 EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999, Rs. C-302/97 – Konle, Rn. 46 ff; EuGH, Urteil vom 15. Mai 2003, Rs. C-300/01 – Salzmann, Rn. 51. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 20 4.1.2.3.2. Das EuGH-Urteil zu Salzburg Im Falle des Salzburger Grundverkehrsgesetzes entschied der EuGH mit Verweis auf sein Urteil in der Rechtssache Konle, dass das Erfordernis einer dem Erwerb von Baugrundstücken vorausgehenden Erklärung, welches mit der Möglichkeit von Sanktionen im Fall des Verstoßes gegen die abgegebene Erklärung bewehrt ist, mit dem Unionsrecht in Einklang steht.86 Andere Vorschriften des Salzburger Grundstücksverkehrsgesetzes sahen vor, dass ein Grundstücksverkehrsbeauftragter über die Erklärung sowie die Anzeige eine Bestätigung ausstellt, die er allerdings verweigern konnte, wenn er Grund zu der Befürchtung hatte, dass ein Grundstück nicht der Erklärung gemäß genutzt werden würde. In diesem Fall musste sich der Erwerber an eine Grundverkehrslandeskommission wenden, um die erforderliche Zustimmung zur Grundstücksübertragung zu erhalten.87 Diese Regelungen, die der EuGH auch als Verfahren der vorherigen Genehmigung bezeichnet, sah er nicht als zur Verhinderung von Zuwiderhandlungen gegen die Regelung über Zweitwohnungen absolut unerlässlich an, da es Strafsanktionen und eine besondere Nichtigkeitsklage gab, die vor dem nationalen Gericht erhoben werden konnte, wenn das verwirklichte Vorhaben nicht der ursprünglichen Erklärung entsprach.88 Somit waren nach Ansicht des Gerichtshofs die darüber hinausgehenden Maßnahmen nicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar.89 4.1.2.4. Fazit Die geschilderte Rechtsprechung wirft die Frage auf, ob Genehmigungsvorbehalte zum Erwerb von Grundstücken als Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit nicht gerechtfertigt werden können, soweit die damit verfolgten Ziele mit weniger einschneidenden (repressiven) Mitteln erreicht werden können. Bei näherer Betrachtung besteht das Erfordernis eines Rückgriffs auf die vom EuGH vorgeschlagenen milderen Mittel nur in Fällen, in denen die Genehmigung im Ermessen der Behörden steht und den der Gewährung zugrunde liegenden Kriterien eine Diskriminierungsgefahr bei der Ermessensausübung innewohnt. Ist eine solche ausgeschlossen, weil etwa eine gebundene Entscheidung anhand objektiver, dauerhaft gegebener und veröffentlichter Kriterien 86 EuGH, Urteil vom 5. März 2002, verb. Rs. C-515/99, C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99 – Reisch u.a., Rn. 35 f. 87 EuGH, Urteil vom 5. März 2002, verb. Rs. C-515/99, C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99 – Reisch u.a., Rn. 5 ff. 88 EuGH, Urteil vom 5. März 2002, verb. Rs. C-515/99, C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99 – Reisch u.a., Rn. 38. 89 EuGH, Urteil vom 5. März 2002, verb. Rs. C-515/99, C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99 – Reisch u.a., Rn. 40. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 21 vorliegt, dürften auch präventive Maßnahmen wie Genehmigungsvorbehalte zulässig sein, soweit die Kriterien im Übrigen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen.90 Schließlich besteht auch die Möglichkeit, auf Genehmigungserfordernisse zu verzichten und zur Begrenzung von Zweitwohnsitzen auf die vom EuGH empfohlenen Alternativen zurückzugreifen (vor Erwerb abzugebende Erklärung, die im Falle der Zuwiderhandlung mit Strafsanktionen bewährt ist, Verhängung entsprechender Nutzungsbeschränkungen oder Feststellung der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts mit Wiederherstellung des vor dem Grundstückerwerbs bestehenden Grundbuchstands).91 4.1.2.5. Rechtfertigungsfähigkeit von Auflagen Auflagen, die eine gewisse Dauer der Vermietung, die Einhaltung der Mietpreisbremse oder die Unterlassung einer Weiterveräußerung in einem bestimmten Zeitraum vorsehen, müssten vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung unionsrechtskonform gestaltet werden können. Dafür müssten entsprechende Regelungen, aufgrund derer Auflagen erteilt werden können, die Gefahr einer diskriminierenden Anwendung ausschließen und deren Anordnung aufgrund objektiver, dauerhaft gegebener und veröffentlichter Kriterien vorsehen. Alternativ könnte das gleiche Ziel auch mit von den Erwerbern abzugebenden entsprechenden Erklärungen mit im Fall der Zuwiderhandlung verbundenen Sanktionen erreicht werden, da der EuGH solche mit Sanktionen bedrohten Erklärungen als im Vergleich zu (diskriminierenden) Genehmigungsvorbehalten milderes Mittel anerkannt hat, vgl. oben unter 4.1.2.2. 4.1.3. Ergebnis Eingriffe in die Kapitelverkehrsfreiheit in Form von Genehmigungsvorbehalten für den Erwerb von Grundstücken zur Verhinderung der Errichtung von Zweitwohnsitzen können aus raumplanerischen Gründen nur gerechtfertigt sein, wenn sie nicht diskriminierend ausgestaltet sind, d.h. nicht an die Staatsangehörigkeit oder an andere Merkmale anknüpfen, die typischerweise nur von Angehörigen bestimmter Mitgliedstaaten erfüllt bzw. nicht erfüllt werden, und nicht die Gefahr einer diskriminierenden Anwendung begründen. Darüber hinaus müssen sie verhältnismäßig sein. 90 So auch Glöckner, Grundverkehrsbeschränkungen und Europarecht – Zugleich ein Beitrag zum Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit, EuR 2000, S. 592, 620 f. mit Verweis auf die Mitteilung der Kommission über bestimmte rechtliche Aspekte von Investitionen innerhalb der EU, ABl. EG 1997, Nr. C 220/15, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:C:1997:220:FULL&from=DE (letzter Zugriff am 6. September 2018). Ebenfalls der Ansicht, dass aus dem Urteil in der Rechtssache Konle nicht der Schluss gezogen werden kann, dass eine dem Grundstückserwerb vorangehende Genehmigungspflicht in allen Fällen unzulässig ist, Knapp, Diskriminierende Grunderwerbsbeschränkungen in der EU, EWS 1999, S. 409, 415. 91 So auch von Wilmowsky (Fn. 75), § 12, Rn. 37. Die letzte Variante wird in der Literatur jedoch kritisch gesehen, zum einen mit der Begründung, sie sei nicht geeignet, da Zweitwohnsitze nicht nur durch Erwerb, sondern auch durch Miete begründet werden könnten, von Wilmowsky (Fn. 75), § 12, Rn. 37, zum anderen mit der Begründung , die Rückabwicklung eines Grundstücksgeschäfts stelle kein milderes Mittel gegenüber einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dar, Glöckner (Fn. 90), EuR 2000, S. 592, 613. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 22 Mit der Genehmigung verbundene Auflagen müssen ebenfalls diese Erfordernisse erfüllen. Dies kann durch von vornherein festgelegte, transparente und objektive Kriterien erreicht werden, bei dessen Vorliegen Genehmigungen und etwaige Auflagen ergehen. 4.2. Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Zweitwohnsitze auf einen bestimmten Prozentsatz 4.2.1. Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit Auf Grundlage der oben unter 4.1.1.1. genannten Definition des Eingriffs in die Kapitalverkehrsfreiheit , der auch Regelungen erfasst, die Anleger aus anderen Mitgliedstaaten von Investitionen abhalten können, stellt die Beschränkung der Zweitwohnsitze auf einen bestimmten Prozentsatz einen solchen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit dar. Denn ein potentieller Erwerber einer Immobilie müsste vom Erwerb absehen, wenn der Prozentsatz an Zweitwohnungen erreicht ist und er die in Frage stehende Immobilie als Zweitwohnung zu nutzen beabsichtigt. 4.2.2. Rechtfertigung des Eingriffs Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten können gerechtfertigt sein, wenn sie zum Schutz eines der in Art. 65 AEUV genannten Güter oder zugunsten eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses erfolgen.92 Zu den vom EuGH anerkannten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs rechtfertigen können, zählen neben den oben bereits genannten Gründen auch die Deckung des Wohnbedarfs für Einheimische93 und das Ziel, in raumplanerischer Absicht ein ausreichendes Wohnangebot für einkommensschwache Personen oder andere benachteiligte Gruppen der örtlichen Bevölkerung sicherzustellen94. Da ein Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit zur Begrenzung von Zweitwohnungen, wie oben unter 4.1.2.2. erörtert, in der Regel zur Erfüllung raumplanerischer Ziele erfolgen wird, die nur Eingriffe rechtfertigen können, die weder unmittelbar, noch mittelbar diskriminierend sind, müsste bei einem Prozentsatz sichergestellt sein, dass dieser unterschiedslos für Inländer und EU-Ausländer gilt. 92 EuGH, Urteil vom 4. Juni 2002, Rs. C-367/98 – Kommission/Portugal, Rn. 49. 93 EuGH, Urteil vom 1. Oktober 2009, Rs. C-567/07 – Woningstichting Sint Servatius, Rn. 30. In der Literatur wird der Belang der Reservierung knappen Baulands und Wohnraums für die einheimische Bevölkerung als Wohl der Allgemeinheit teilweise abgelehnt, von Wilmowsky (Fn. 75), § 12, Rn. 35. 94 EuGH, Urteil vom 8. Mai 2013, Rs. C-197/11 und C-203/11 – Libert u.a., Rn. 67. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 23 Ferner muss das oben unter 4.1.2. erörterte Verhältnismäßigkeitsprinzip als allgemeiner Rechtsgrundsatz der EU beachtet werden.95 Auch die Unionsgrundrechte sind als Schranken-Schranke für nationale Regelungen zur Beschränkung von Art. 63 AEUV zu beachten.96 Zwar hat sich der EuGH, soweit ersichtlich, noch nicht zur Rechtmäßigkeit der Begrenzung von Zweitwohnungen auf einen bestimmten Prozentsatz geäußert. Allerdings ergibt sich aus seiner oben erörterten Rechtsprechung, dass er Verbote von Zweitwohnungen zur Erreichung raumplanerischer Ziele grundsätzlich für legitim hält. Der Umstand, dass ein gänzliches Verbot unionsrechtskonform sein kann, spricht dafür, dass auch ein nur teilweises Verbot unionsrechtskonform sein könnte. Zwar lässt ein fester Prozentsatz keinen Raum für Einzelfallabwägungen. Andererseits sah der EuGH in dem weiten Ermessensspielraum in den österreichischen Grundverkehrsgesetzen die Gefahr einer Diskriminierung. Diese Gefahr bestünde bei einem von vornherein festgelegten Prozentsatz an Zweitwohnungen nicht. Die Höhe des Prozentsatzes müsste freilich verhältnismäßig sein und die Unionsgrundrechte berücksichtigen, wobei der eigentumsrechtliche Schutz der Immobilien und die Berufsfreiheit der beeinträchtigten Akteure von besonderer Relevanz sind.97 4.2.3. Ergebnis Eine Beschränkung von Zweitwohnsitzen in einem bestimmten geographischen Gebiet erscheint im Lichte der Rechtsprechung des EuGH mit dem Unionsrecht vereinbar, sofern sie in Verfolgung eines unionsrechtlich anerkannten Ziels ergeht, sich nicht diskriminierend auswirkt und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. 4.3. Rechtliche Stellung von Drittstaatsangehörigen und in Drittstaaten Ansässigen Eine Besonderheit der Kapitalverkehrsfreiheit besteht darin, dass sich nicht nur Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten, sondern alle Teilnehmer des Kapitalverkehrs, also alle natürlichen und juristischen Personen unabhängig von Staatsangehörigkeit und Ansässigkeit innerhalb der Union, auf sie berufen können.98 Dafür sprechen die Aufgabe des Erfordernisses der Gebietsansässigkeit im geltenden Unionsvertrag, das im bis 1993 geltenden Kapitalverkehrsrecht erfüllt sein musste, und der Verzicht auf eine Bezugnahme auf die Staatsangehörigkeit, wie sie bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit , der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gegeben ist, vgl. Art. 45, 49 und 56 95 EuGH, Urteil vom 4. Juni 2002, Rs. C-367/98 – Kommission/Portugal, Rn. 49; EuGH, Urteil vom 4. Juni 2002, Rs. C-483/99 – Kommission/Frankreich, Rn. 45; EuGH, Urteil vom 19. Mai 2009, Rs. C-531/06 – Kommission /Italien, Rn. 49. 96 Frenz (Fn. 63), Rn. 3846. 97 Frenz (Fn. 63), Rn. 3846. 98 Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 11., überarbeitete und aktualisierte Auflage 2018, Rn. 1081; Ress/Ukrow in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, 63. Ergänzungslieferung 2018, Rn. 120; Wojcik in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, 7. Auflage 2015, Art. 63 AEUV, Rn. 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 24 AEUV.99 Dies hat zur Folge, dass auch Genehmigungsvorbehalte, die für Drittstaatsangehörige und in Drittstaaten Ansässige gelten sollen, mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar sein müssen . Allerdings gelten für die Rechtfertigung von Eingriffen in die Kapitalverkehrsfreiheit, die Drittstaatsangehörige betreffen, nicht die gleichen Anforderungen wie für solche Eingriffe, von denen Staatsangehörige der Mitgliedstaaten betroffen sind. Zum einen beinhaltet Art. 64 Abs. 1 AEUV weitere, neben die Rechtfertigungsgründe aus Art. 65 Abs. 1 AEUV tretende Einschränkungsmöglichkeiten für den Kapitalverkehr mit Drittstaaten.100 Darüber hinaus hat der EuGH entschieden, dass „das Ausmaß, in dem die Mitgliedstaaten befugt sind, auf Kapitalbewegungen bestimmte beschränkende Maßnahmen anzuwenden, nicht bestimmt werden kann, ohne den Umstand zu berücksichtigen, dass Kapitalbewegungen nach oder aus dritten Ländern in einem anderen rechtlichen Rahmen ablaufen als solche, die innerhalb der Europäischen Gemeinschaft stattfinden.“101 In Übereinstimmung mit der hier herauslesbaren unterschiedlichen Behandlung von Angehörigen der Mitgliedstaaten und Drittstaatsangehörigen hat der EuGH auch angedeutet, dass im Verhältnis zu Drittstaaten Rechtfertigungsgründe anerkannt werden könnten, die in einer Binnenmarktkonstellation nicht akzeptiert würden.102 Auch der Maßstab bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist im Hinblick auf Drittstaatskonstellationen vom EuGH weiter gelockert worden als im Hinblick auf reine Binnenmarktkonstellationen.103 Für die in diesem Abschnitt behandelten Fragen bedeutet dies, dass das Interesse von Drittstaatsangehörigen und in Drittstaaten Ansässigen, auf dem Gebiet eines Mitgliedstaates einen Zweitwohnsitz zu erwerben bzw. einzurichten zwar von der Kapitalverkehrsfreiheit geschützt ist, deren Beschränkung aber nicht notwendigerweise den unter 4.1. und 4.2. dargelegten Kriterien gerecht werden muss. Mangels einschlägiger Rechtsprechung des EuGH können die Maßstäbe hierfür nicht näher spezifiziert werden. 99 Wojcik (Fn. 98), Art. 63 AEUV, Rn. 10. Eine solche Auslegung wird in der Literatur aber auch kritisch gesehen, siehe z.B. Bröhmer in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 5. Auflage 2016, Art. 63 AEUV, Rn. 8. 100 Siehe hierzu auch Hindelang, Gestufte Freiheitsverbürgung? Art. 63 Abs. 1 AEUV (Ex-Art. 56 Abs. 1 EG) im Drittstaatenkontext IStR, 2010, S. 443, 446. 101 EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009, verb. Rs. C-439/07 und C-499/07 – KBC Bank und Beleggen, risicokapitaal, Beheer, Rn. 72. 102 EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007, Rs. C-101/05 – A, Rn. 37. 103 Lang, Kapitalverkehrsfreiheit, Steuerrecht und Drittstaaten, StuW 2011, S. 209, 220 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 5. Mai 2011, Rs. C-267/09 – Kommission/Portugal, wo der EuGH die in Frage stehende portugiesische Regelung im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten für unverhältnismäßig, im Verhältnis zu den EWR-Staaten jedoch für verhältnismäßig erklärte, Rn. 43 f., 57. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 25 5. Rechtslage in anderen Staaten 5.1. Dänemark Nach Auskunft der Parlamentsverwaltung des dänischen Parlaments104 müssen Ausländer vor dem Kauf einer Zweit- bzw. Ferienwohnung in Dänemark die Genehmigung des dänischen Justizministeriums einholen. Das gelte auch dann, wenn es sich um Staatsangehörige eines EU-Mitgliedsstaats handelt. 5.2. Schweiz In der Schweiz existieren zwei verschiedene Vorschriften, die sich mit Zweitwohnungen befassen . Die eine Regelung, „Lex Koller“ genannt, sieht eine Bewilligungspflicht vor, wenn Personen im Ausland ein Grundstück ausschließlich als Zweitwohnung erwerben wollen. Die andere, „Lex Weber“ genannt, regelt den Bau von Zweitwohnungen. 5.2.1. Lex Koller Durch die „Lex Koller“, das „Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG)“105, soll die „Überfremdung des einheimischen Bodens“ verhindert werden (Art. 1 BewG). Dazu wird der Erwerb eines Grundstücks durch Personen im Ausland grundsätzlich einer Bewilligungspflicht unterworfen (Art. 2 BewG). Dient das Grundstück hingegen beispielsweise dem Erwerber als natürlicher Person als Hauptwohnung, ist keine Bewilligung erforderlich (Art. 2 Abs. 2 Buchstabe b BewG). Als Erwerb eines Grundstücks gilt unter Anderem der Erwerb des Eigentums -, Bau- oder Wohnrechts an einem Grundstück (Art. 4 Abs. 1 Buchstabe a BewG). Von dieser Regelung ist auch der Erwerb einer Eigentumswohnung oder von Bauland, auf dem dann ein Haus bzw. Wohnungen errichtet werden sollen, erfasst.106 Außerdem fallen die Beteiligung an einer vermögensfähigen Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, deren tatsächlicher Zweck der Erwerb von Grundstücken ist, oder der Erwerb des Eigentums oder der Nutznießung an einem Anteil an einem Immobilienfonds, dessen Anteilsscheine auf dem Markt nicht regelmäßig gehandelt werden, darunter (Art. 4 Abs. 1 Buchstaben b und c BewG). Personen im Ausland sind Staatsangehörige der Mitgliedsstaaten der EU oder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), die ihren rechtmäßigen und tatsächlichen Wohnsitz nicht in der Schweiz haben, sowie Staatsangehörige anderer Staaten, die nicht das Niederlassungsrecht in der Schweiz besitzen (§ 5 Abs. 1 Buchstabe a BewG). 104 Vom 3. August 2018. 105 Gesetz vom 16. Dezember 1983, abrufbar unter: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation /19830373/index.html (letzter Zugriff am 6. September 2018). 106 Merkblatt des Schweizerischen Bundesamts für Justiz, Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, Juli 2009 (Stand März 2017), S. 4, abrufbar unter: https://www.bj.admin.ch/dam/data/bj/wirtschaft/grundstueckerwerb /lex-d.pdf (letzter Zugriff am 6. September 2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 26 Ausnahmen von der Bewilligungspflicht werden in Art. 7 BewG genannt. Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats von EU und EFTA brauchen z.B. dann keine Bewilligung zum Erwerb eines Grundstücks, wenn sie als „Grenzgänger“ in der Region ihres Arbeitsorts eine Zweitwohnung erwerben (Art. 7 Buchstabe j BewG). Die Art. 8-14 BewG regeln die Gründe, aus denen der Erwerb zu bewilligen oder zu verweigern ist. In Art. 8 BewG werden zunächst die allgemeinen Gründe für die Bewilligung eines Grundstückserwerbs genannt. Ein Bewilligungsgrund liegt hiernach z.B. vor, wenn das Grundstück als Kapitalanlage aus der Geschäftstätigkeit ausländischer, in der Schweiz zum Geschäftsbetrieb zugelassener Versicherungseinrichtungen dient, sofern die allgemein anerkannten Anlagegrundsätze beachtet werden und der Wert aller Grundstücke des Erwerbers die von der Versicherungsaufsichtsbehörde als technisch notwendig erachteten Rückstellungen für das Schweizer Geschäft nicht übersteigt (Art. 8 Abs. 1 Buchstabe b BewG). Eine natürliche Person, die von einer anderen eine Haupt-, Neben- oder Zweitwohnung oder eine Wohneinheit in einem Apparthotel erwirbt und dafür mangels kantonaler Bestimmungen oder infolge einer örtlichen Bewilligungssperre keinen Bewilligungsgrund hat, wird die Bewilligung erteilt, wenn ein Härtefall für den Veräußerer vorliegt. Als Härtefall gilt eine nachträglich eingetretene, unvorhergesehene Notlage des Veräußerers , die er nur abwenden kann, indem er das Grundstück an eine Person im Ausland veräußert (Art. 8 Abs. 3 BewG). Art. 9 BewG berechtigt die Kantone, durch Gesetz weitere Bewilligungsgründe vorzusehen. So können diese beispielsweise durch Gesetz bestimmen, dass einer natürlichen Person der Erwerb bewilligt wird, wenn ihr das Grundstück als Zweitwohnung an einem Ort dient, zu dem sie außergewöhnlich enge, schutzwürdige Beziehungen unterhält (Art. 9 Abs. 1 Buchstabe c BewG). Die Art. 10 und 11 BewG enthalten Vorschriften zu sogenannten Apparthotels. In Art. 12 BewG ist geregelt, wann die Bewilligung zwingend zu versagen ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Erwerber einer Zweitwohnung bereits eine solche in der Schweiz gehört (Art. 12 Buchstabe d BewG). Art. 13 BewG regelt, welche Beschränkungen zusätzlich von den Kantonen für den Erwerb von Ferienwohnungen und Wohneinheiten in Apparthotels eingeführt werden können . Nach Art. 14 BewG kann die Bewilligung mit Auflagen und Bedingungen versehen werden, die sicherstellen, dass das Grundstück zu dem vom Erwerber geltend gemachten Zweck verwendet wird. Nach Art. 8 der Bewilligungsverordnung (BewV)107 darf eine Zweitwohnung nicht an Dritte vermietet werden und ist innerhalb von zwei Jahren zu veräußern, wenn sie der Erwerber nicht mehr als solche verwendet.108 In den nachfolgenden Vorschriften sind dann die zuständigen Behörden und das Bewilligungsverfahren geregelt (Art. 15-24 BewG). Außerdem werden die verwaltungsrechtlichen (Art. 25 BewG), zivilrechtlichen (Art. 26-27 BewG) und strafrechtlichen Sanktionen (Art. 28- 35 BewG) des Gesetzes aufgeführt. So kann derjenige, der vorsätzlich ein mangels Bewilligung 107 Verordnung über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 1. Oktober 1984, Stand 1. Januar 2008, abrufbar unter: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19840201/index.html (letzter Zugriff am 6. September 2018). 108 Merkblatt des Schweizerischen Bundesamts für Justiz, S. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 27 nichtiges Rechtsgeschäft vollzieht, mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden (Art. 28 Abs. 1 BewG). 5.2.2. Lex Weber Die „Lex Weber“ ist eine Regelung, die durch eine Volksabstimmung Eingang in das schweizerische Recht gefunden hat.109 Durch diese wurde in die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft ein neuer Art. 75b eingefügt, der folgenden Wortlaut hat: „(1) Der Anteil von Zweitwohnungen am Gesamtbestand der Wohneinheiten und der für Wohnzwecke genutzten Bruttogeschossfläche einer Gemeinde ist auf höchstens 20 Prozent beschränkt. (2) Das Gesetz verpflichtet die Gemeinden, ihren Erstwohnungsanteilplan und den detaillierten Stand seines Vollzugs alljährlich zu veröffentlichen.“110 Auf dieser Grundlage wurde das Bundesgesetz über Zweitwohnungen (ZWG)111 erlassen. Demnach müssen die Gemeinden ein Wohnungsinventar erstellen (Art. 4 ZWG), in dem mindestens die Gesamtzahl der Wohnungen und der Anteil der Erstwohnungen aufzuführen sind. Welche Anforderungen genau an das Wohnungsinventar gestellt werden, wird vom Bundesrat der Schweiz geregelt. Nach Art. 5 ZWG wird auf der Grundlage der von den Gemeinden gemeldeten Daten der jeweilige Zweitwohnungsanteil in einer Gemeinde ermittelt. Wenn die Daten einer Gemeinde nicht fristgemäß vorliegen, wird ein Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent angenommen. Hat der Zweitwohnungsanteil die Marke von 20 Prozent bereits überschritten, verbietet Art. 6 ZWG die Bewilligung neuer Zweitwohnungen. Dieses Verbot greift auch dann ein, wenn der Zweitwohnungsanteil erst durch eine neue Zweitwohnungsbewilligung 20 Prozent übersteigen würde. In Gebieten mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent dürfen neue Zweitwohnungen nur bewilligt werden, wenn diese mit einer Nutzungsbeschränkung gemäß Art. 7 ZWG versehen werden. Ohne eine Nutzungsbeschränkung dürfen Zweitwohnungen nur in Ausnahmefällen nach den Art. 8 und 9 ZWG bewilligt werden. 109 Die Volksabstimmung erfolgte am 11. März 2012, Grundlage war eine Volksinitiative mit dem Titel: „Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen!“, siehe https://www.bk.admin.ch/ch/d/pore/vi/vis345.html (letzter Zugriff am 6. September 2018). 110 Abrufbar unter: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19995395/index.html (letzter Zugriff am 6. September 2018). 111 Zweitwohnungsgesetz vom 20. März 2015, in Kraft getreten am 1. Januar 2016, abrufbar unter: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20140036/index.html (letzter Zugriff am 6. September 2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 28 Auf bereits vorhandene Zweitwohnungen sind diese Regelungen auch anwendbar. So befassen sich die Art. 10-12 ZWG mit sogenannten altrechtlichen Wohnungen, also solchen, die schon nach altem Recht bewilligt oder anderweitig zulässig waren. Die Art. 13 und 14 ZWG regeln, unter welchen Umständen eine Änderung oder die Sistierung einer Nutzungsbeschränkung zulässig sind. Die daran anschließenden Vorschriften befassen sich unter anderem mit dem Vollzug des ZWG, der nach Art. 15 ff. ZWG von den Kantonen überwacht wird. Darüber hinaus sind in Art. 23 ZWG Strafbestimmungen enthalten. So kann beispielsweise die vorsätzliche Missachtung einer Nutzungsbeschränkung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet werden (Art. 23 Abs. 1 ZWG). 5.3. Österreich In Österreich ist das Baurecht Gegenstand der Landesgesetzgebung. Insofern können die Vorschriften der verschiedenen Bundesländer voneinander abweichen. Im Folgenden werden die Bestimmungen des Bundeslandes Salzburg zu Grunde gelegt. Nach dem dortigen Raumordnungsgesetz (ROG)112 sind Zweitwohnungen nur in eigens ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 9 ROG zulässig. In § 31 ROG wird zusätzlich geregelt, wann die Nutzung als Zweitwohnung nicht diesem Verbot unterworfen ist (§ 31 Abs. 3 ROG) und wann schon die Ausweisung eines Zweitwohnungsgebiets an sich unzulässig ist (§ 31 Abs. 4 ROG). Ersteres gilt z.B. nach § 31 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ROG, wenn eine Wohnung bereits vor dem 1. März 1993 als Zweitwohnung genutzt wurde. Letzteres kann nach § 31 Abs. 4 Nr. 2 ROG etwa dann der Fall sein, wenn der Anteil an Zweitwohnungen am gesamten Wohnungsbestand der Gemeinde bereits 10 Prozent übersteigt. In dem Gesetz sind außerdem Vorschriften zur Zweckentfremdung von Wohnraum enthalten. Eine Zweckentfremdung liegt nach § 31b Abs. 1 Satz 2 ROG vor, wenn eine Wohnung für touristische Beherbergungen verwendet wird. Jedoch sind Wohnungen, die sich in einem ausgewiesenen Zweitwohnungsgebiet befinden, nach § 31b Abs. 2 Nr. 1 ROG von dieser Vorschrift ausgenommen . Weitere Vorschriften sind im Grundverkehrsgesetz (GVG Salzburg)113 zu finden. Dieses statuiert einen generellen Genehmigungsvorbehalt für den rechtsgeschäftlichen Erwerb von Rechten an Grundstücken für Ausländer (§ 8 Abs. 1, § 11 GVG Salzburg) „aus staatspolitischen, volks- oder regionalwirtschaftlichen, sozialpolitischen und kulturellen Interessen“ (§ 8 Abs. 2 GVG Salzburg ). Zugleich wird aber betont, dass dies nur für Ausländer gelten soll, „die nicht durch das Recht der Europäischen Union oder sonst Inländern gleichgestellt sind“ (§ 8 Abs. GVG Salzburg). Die Beschränkungen des Grundverkehrs gelten daher nicht, „soweit der Rechtserwerb im Rahmen des 112 Abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrSbg&Gesetzesnummer=20000615 (letzter Zugriff am 6. September 2018). 113 Abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrSbg&Gesetzesnummer=20000152 (letzter Zugriff am 6. September 2018). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 165/18; PE 6 - 3000 - 108/18 Seite 29 Rechtes der Europäischen Union (EU), insbesondere des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, oder des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) und den danach geltenden Voraussetzungen durch natürliche oder juristische Personen, Personengesellschaften udgl erfolgt a) in Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, b) in Ausübung der Niederlassungsfreiheit, c) in Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs, d) in Ausübung des Aufenthaltsrechtes, e) in Ausübung des freien Kapitalverkehrs“ (§ 10 Abs. 1 GVG Salzburg). Unter diese Privilegierung fallende Ausländer müssen lediglich eine Erklärung vorlegen, dass sie den Erwerb „in Ausübung und unter Erfüllung“ der genannten Freiheiten beziehungsweise Rechte vornehmen (§ 10 Abs. 3 GVG Salzburg). Sonstige – Österreichern nicht gleichgestellte – Ausländer bedürfen grundsätzlich einer Genehmigung (§ 11 GVG Salzburg). Deren Erteilung ist auch für den Erwerb einer Zweitwohnung denkbar , vorausgesetzt, dass sie in einem Zweitwohnungsgebiet im Sinne des Salzburger Raumordnungsgesetzes (siehe oben) liegt (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 GVG Salzburg). Anlässlich der Anzeige eines Rechtsgeschäfts hat der Rechtserwerber daher persönlich zu erklären, dass eine Nutzung als Zweitwohnung entgegen den raumordnungsrechtlichen Bestimmungen nicht beabsichtigt ist (§ 13d GVG Salzburg). Die Einhaltung dieser Erklärung wird vom Bürgermeister der Gemeinde überwacht (§§ 32a, 32b GVG Salzburg). ***