© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 163/16 Zum Begriff der psychologischen und psychotherapeutischen Berufsqualifikation in § 163 Absatz 1 FamFG Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Oktober 2016 ist das Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, der Verwaltungsgerichtsordnung , der Finanzgerichtsordnung und des Gerichtskostengesetzes vom 11. Oktober 2016 in Kraft getreten.1 Durch Artikel 2 Nr. 5 dieses Gesetzes wurde § 163 Absatz 1 FamFG2 wie folgt gefasst: „In Verfahren nach § 151 Nummer 1 bis 3 ist das Gutachten durch einen geeigneten Sachverständigen zu erstatten, der mindestens über eine psychologische, psychotherapeutische, kinder - und jugendpsychiatrische, psychiatrische, ärztliche, pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation verfügen soll. Verfügt der Sachverständige über eine pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation, ist der Erwerb ausreichender diagnostischer und analytischer Kenntnisse durch eine anerkannte Zusatzqualifikation nachzuweisen.“3 Nachfolgend soll summarisch untersucht werden, wie die hiermit neu im FamFG verwendeten Begriffe der psychologischen und psychotherapeutischen Berufsqualifikation zu verstehen sind. Namentlich ist hierbei von Interesse, ob hierunter etwa auch bloße Zusatzausbildungen in den genannten Bereichen subsumiert werden könnten und ob Universitätsabschlüsse anderer Fachrichtungen als entsprechende Berufsqualifikation verstanden werden könnten, wenn in ihrem Rahmen Psychologie als Nebenfach belegt wurde. 2. Auslegung Im FamFG werden die vorliegend zu untersuchenden Begriffe nicht legaldefiniert. Auch in der Gesetzesbegründung wird weder explizit darauf eingegangen, was unter einer „Berufsqualifikation “ im Sinne des FamFG zu verstehen ist, noch, wann eine solche „psychologisch“ oder „psychotherapeutisch “ im Sinne des FamFG ist. In einem solchen Fall ist die Auslegung eines Begriffes gemäß der allgemeinen Methodenlehre vorzunehmen.4 2.1. Wortsinn Dem Wortsinn nach beinhaltet der Begriff „Berufsqualifikation“ die auf einen Beruf bezogene Qualifikation. Darüber hinaus ist dem Begriff grammatikalisch keine weitere Konkretisierung zu 1 BGBl. I, S. 2222. 2 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2222) geändert worden ist. 3 Hervorhebungen nicht im Original, Anm. d. Verf. 4 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 320 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 163/16 Seite 5 entnehmen. Der Begriff als solcher besagt mithin insbesondere nicht, dass die fragliche Qualifikation Voraussetzung zum Zugang bzw. zur Ausübung des jeweiligen Berufs sein muss; es kommt damit grammatikalisch auch eine solche Qualifikation in Betracht, die sich lediglich auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit bezieht. Weiterhin trifft der Begriff grammatikalisch keine Festlegung dahingehend, dass die Qualifikation sich in einem verbrieften Bildungsabschluss manifestiert haben muss; in Betracht kommt damit etwa auch eine Qualifikation, die sich aus praktischer Tätigkeit gebildet hat. Dass eine solche Lesart nicht ausgeschlossen ist, zeigt auch die Definition des Begriffs der Berufsqualifikation in der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen5, wonach Berufsqualifikationen gemäß Artikel 3 Absatz 1 lit. b legaldefiniert werden als „Qualifikationen, die durch einen Ausbildungsnachweis, einen Befähigungsnachweis nach Artikel 11 Buchstabe a Ziffer i und/oder Berufserfahrung nachgewiesen werden“6. Auch § 3 Absatz 1 BQFG7 liegt ein entsprechendes Begriffsverständnis zugrunde: „Berufsqualifikationen sind Qualifikationen, die durch Ausbildungsnachweise, Befähigungsnachweise oder einschlägige, im Ausland oder Inland erworbene Berufserfahrung nachgewiesen werden.“8 Eine Betrachtung des Wortsinnes allein führt deshalb vorliegend zu keinem eindeutigen Ergebnis . 2.2. Regelungsabsicht des Gesetzgebers Wenn der Wortsinn verschiedene Deutungsmöglichkeiten zulässt, erlangt im Rahmen der Auslegung die Frage zentrale Bedeutung, welche Regelungsabsicht der Gesetzgeber bei Erlass der Norm verfolgte und welche Wertentscheidungen er in der Verfolgung dieser Absicht getroffen hat.9 5 RICHTLINIE 2005/36/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Text von Bedeutung für den EWR), Amtsblatt der Europäischen Union vom 30.9.2005, L 255/22. 6 Hervorhebungen nicht im Original, Anm. d. Verf. 7 Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2515), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2572) geändert worden ist. 8 Hervorhebungen nicht im Original, Anm. d. Verf. 9 Larenz, Methodenlehre (o. Fußn. 4), S. 328. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 163/16 Seite 6 2.2.1. Grundansatz: Sicherstellung hinreichender Qualität der Gutachten Ausweislich der Motivation des Gesetzgebers erfolgte die erstmalige explizite Festschreibung von Qualifikationsanforderungen an Sachverständige in § 163 FamFG in Reaktion auf „die in Fachkreisen und in den Medien verstärkt geäußerte Kritik an mangelhaften Gutachten in familiengerichtlichen Verfahren.“10 Ziel sei die „Verbesserung der Qualität der Gutachten“11 Hieraus ist ableitbar, dass mit dem Begriff „psychologische“ bzw. „psychotherapeutische Berufsqualifikation “ offenbar jedenfalls eine solche Qualifikation bezeichnet werden soll, die einen vom Gesetzgeber typisiert angenommenen positiven Zusammenhang mit der Fähigkeit aufweist, entsprechende Gutachten anfertigen zu können. Was den Inhalt und die Qualität dieser Gutachten in Kindschaftssachen anbelangt, hat der Deutsche Bundestag in einer zusammen mit der vorliegenden Neufassung von § 163 FamFG verabschiedeten 12 Entschließung auf handlungsleitende Mindestanforderungen verwiesen, die Vertreter juristischer, psychologischer und medizinischer Fachverbände, der Bundesrechtsanwaltsund der Bundespsychotherapeutenkammer unter Begleitung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz erarbeitet haben.13 Danach wird für Gutachten im kindschaftsrechtlichen Verfahren unter anderem festgestellt, deren Kernbestandteil sei die „Erfassung und Beurteilung der familiären Beziehungen und Bindungen ; der Ressourcen und Risikofaktoren in der Familie; der Kompetenzen der Eltern/Sorgeberechtigten , ihrer Erziehungsfähigkeit, Kooperationsbereitschaft, Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme , Bindungstoleranz; des Entwicklungsstands, der Bedürfnisse des Kindes, des Kindeswillens , der Kompetenzen und der aktuellen Situation des Kindes, evtl. besonderer Belastungen und Beeinträchtigungen“14. Weitergehend könne „im Einzelfall die Diagnostik und Beurteilung fallrelevanter psychischer Störungen und/oder neurologische Beeinträchtigung/Erkrankungen und/oder Behinderung und/oder sonstige Beeinträchtigungen bei Kindern und/oder Eltern notwendig werden.“15 10 BT-Drs. 18/6985, S. 10. 11 BT-Drs. 18/6985, S. 2, 10. 12 Plenarprotokoll 18/183 S. 18130. 13 BT-Drs. 18/9092, S. 8 lit. b. Diese Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht der Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten 2015 sind abrufbar unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF/Themenseiten/FamilieUndPartnerschaft/Mindestanforderungen SachverstaendigengutachtenKindschaftsrecht.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 14 Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten 2015, Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht (oben Fußn. 13), S. 7. 15 Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten 2015, Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht (oben Fußn. 13), S. 7. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 163/16 Seite 7 2.2.2. Die Einfügung von § 163 Absatz 1 Satz 2 FamFG im Gesetzgebungsverfahren Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens war die Qualifikation der Sachverständigen Gegenstand vertiefter Erörterungen, wie sich aus der Sachverständigenanhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Bundestages sowie aus den in diesem Zusammenhang eingereichten schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen ergibt.16 So wurde hinsichtlich der Verwendung des Begriffs „Berufsqualifikation“ unter anderem die Auffassung vertreten, mit diesem werde eine „berufliche Grundqualifikation“ bezeichnet und darunter offenbar entsprechende Hochschulabschlüsse der Fachrichtungen Psychologie, Medizin und Pädagogik verstanden.17 Mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass entsprechende Gutachten regelmäßig im Kern psychologische, mitunter auch klinische Fragestellungen beträfen, deren fachgerechte Bewertung Kenntnisse erfordere, die im Studium der Psychologie gelehrt würden.18 Seitens verschiedener Sachverständiger wurde ausgehend von dieser Grundannahme kritisiert, dass die im Gesetzentwurf neben der psychologischen und der medizinischen Berufsqualifikation gleichberechtigt genannten pädagogischen Berufsqualifikationen gerade nicht das Vorliegen solcher Kenntnisse hinreichend belegten, da die entsprechenden Hochschulabschlüsse der Pädagogik im Regelfall gerade nicht die fraglichen Ausbildungsinhalte aufwiesen.19 Deshalb seien „pädagogische Berufsqualifikationen“ zu streichen oder aber durch das Erfordernis von Zusatzqualifikationen sicherzustellen, dass die erforderlichen Kenntnisse im Einzelfall tatsächlich vorlägen .20 Der Gesetzgeber hat sich dieser Bewertung durch die Änderung des Gesetzentwurfs in Gestalt der Aufnahme von § 163 Absatz 1 Satz 2 FamFG angeschlossen, mit dem er geregelt hat, dass eine pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation allein nicht hinreichend für die Qualifikation als Sachverständiger ist, sondern dass bei einer solchen Grundqualifikation „der Erwerb 16 Vgl. Wortprotokoll der 94. Sitzung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, 16. März 2016, abrufbar unter http://www.bundestag.de/blob/423964/cd1c101f95990db9cdc77bef77f92857/wortprotokoll-data.pdf. 17 Vgl. Nedden-Boeger, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (BT-Drucksache 18/6985), Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (Ausschussdrucksache 18(6)197) sowie Formulierungshilfe der Bundesregierung für einen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (Ausschussdrucksache 18(6)198) aus Anlass der Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags am 16. März 2016, Wortprotokoll (oben Fußn. 16), S. 104, 111, sowie Kannegießer , Stellungnahme des BDP, Wortprotokoll Rechtsausschuss (oben Fußn. 16), S. 74, 76. 18 Vgl. Lüblinghoff, Wortprotokoll Rechtsausschuss (oben Fußn. 14), S. 27; Kannegießer, Wortprotokoll Rechtsausschuss (oben Fußn. 16), S. 28. 19 Vgl. Lüblinghoff, Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 18/6985, Stellungnahme zur Ausschussdrucksache 18(6)198, Wortprotokoll Rechtsausschuss (oben Fußn. 16), S. 84, 88; S. 27; Kannegießer, Wortprotokoll Rechtsausschuss (oben Fußn. 16), S. 28. 20 Kannegießer, Stellungnahme des BDP, Wortprotokoll Rechtsausschuss (oben Fußn. 16), S. 74, 76, sowie S. 28; Lüblinghoff, Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 18/6985, Stellungnahme zur Ausschussdrucksache 18(6)198, Wortprotokoll Rechtsausschuss (oben Fußn. 16), S. 84, 88; Nedden-Boeger, Stellungnahme , Wortprotokoll Rechtsausschuss (oben Fußn. 16), S. 104, 112. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 163/16 Seite 8 ausreichender diagnostischer und analytischer Kenntnisse durch eine anerkannte Zusatzqualifikation nachzuweisen“ ist. Denn daraus, dass er – nur – bei der pädagogischen Berufsqualifikation entsprechende Zusatzqualifikationen fordert, folgt im Umkehrschluss, dass er das Vorliegen letzterer bei den anderen Berufsqualifikationen stets bereits aufgrund der entsprechenden akademischen Grundqualifikation voraussetzt.21 Auf die seiner Auffassung nach offenbar ausschlaggebenden fachlichen Anforderungen hinsichtlich der psychologischen Diagnostik und Methodenlehre wies der Gesetzgeber in der Begründung dieser Änderung ausdrücklich hin: „Die pädagogische und sozialpädagogische Berufsqualifikation kann unter Umständen auch in anderen Kindschaftssachen für ein den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügendes Gutachten nicht ausreichen, wenn erforderliche diagnostische und analytische Kenntnisse fehlen. Der neu angefügte Satz 2 stellt sicher, dass zur pädagogischen oder sozialpädagogischen Mindestqualifikation des Sachverständigen eine entsprechende Zusatzqualifikation nachzuweisen ist. Diese hat sich auf den Bereich der psychologischen Diagnostik und Methodenlehre (z.B. Kenntnisse psychodiagnostischer Methoden und Verfahren, Fachwissen in multimodalem Vorgehen, hypothesenorientierter Diagnostik und Prozessdiagnostik) sowie Analyse (z.B. Fähigkeit prognostischen Einschätzens, diagnostischen Urteilens) zu beziehen .“22 3. Bewertung Ohne, dass in Ermangelung einschlägiger Judikatur und eingehender Kommentierung die Auslegung der in § 163 Absatz 1 FamFG neu eingeführten Begrifflichkeit der psychologischen bzw. psychotherapeutischen Berufsqualifikation vorliegend verbindlich festgestellt oder mit Gewissheit prognostiziert werden könnte, ergibt eine Auslegung unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsmaterialien , dass gewichtige Gründe dafür sprechen, dass mit einer psychologischen Berufsqualifikation in § 163 Absatz 1 FamFG im Sinne einer Grundqualifikation ein entsprechender akademischer Abschluss im Fachgebiet Psychologie bezeichnet wird, wie er gemäß § 5 Absatz 2 Nr. 1 lit. a PsychThG23 etwa auch als grundsätzliche Zugangsvoraussetzung der Ausbildung zum Beruf des Psychotherapeuten beschrieben wird: „… eine im Inland an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule bestandene Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie, die das Fach Klinische Psychologie einschließt und gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 des Hochschulrahmengesetzes der Feststellung dient, ob der Student das Ziel des Studiums erreicht hat“. Eine psychotherapeutische Berufsqualifikation im Sinne des § 163 Absatz 1 FamFG dürfte dem entsprechend ebenfalls das Vorliegen eines akademischen Abschlusses im Fachgebiet Psychologie voraussetzen. Hinsichtlich im Ausland erworbener Qualifikationen könnte auf den Maßstab 21 So auch Lüblinghoff, NJW 2016, S. 3329, 3331. 22 BT-Drs. 18/9092, S. 20. 23 Psychotherapeutengesetz vom 16. Juni 1998 (BGBl. I S. 1311), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 18. April 2016 (BGBl. I S. 886) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 163/16 Seite 9 von § 5 Absatz 2 Nr. 1 lit. b und c PsychThG zurückgegriffen und als äquivalent angesehen werden „… ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erworbenes gleichwertiges Diplom im Studiengang Psychologie oder (…) ein in einem anderen Staat erfolgreich abgeschlossenes gleichwertiges Hochschulstudium der Psychologie“. Mit der vorstehenden Lesart im Einklang stünde auch die Umschreibung der im vorliegenden Tätigkeitsfeld erforderlichen Berufsqualifikationen von Sachverständigen durch die Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten 2015: „Als Sachverständige sollen in erster Linie Personen benannt werden, die ein abgeschlossenes Studium der Psychologie (Diplom oder Master) (…) aufweisen.“24 Für eine solche Auslegung spricht über die bereits betrachteten Umstände hinaus regelungstechnisch schließlich auch, dass die betreffenden Anforderungen in § 163 FamFG lediglich als „Soll- Voraussetzungen“ ausgestaltet sind, von denen in begründeten Einzelfällen abgewichen werden kann; denn da die Festlegungen hinsichtlich der Berufsqualifikation mithin ohnehin nicht absolut verbindlich und starr ausgestaltet sind, sondern von ihnen durch diese Ausgestaltung flexibel abgewichen werden kann, wäre es überflüssig, bereits bei der Ausfüllung des fraglichen Begriffs selbst einen Spielraum im Sinne eines Dispenses zu eröffnen. 4. Ergebnis Eine unter Einbeziehung der zum aktuellen Zeitpunkt vorliegenden Quellen erfolgte Auslegung der in § 163 Absatz 1 FamFG verwendeten Begriffe psychologische bzw. psychotherapeutische Berufsqualifikation ergibt, dass hiermit wohl im Sinne einer Mindest- bzw. Grundqualifikation ein erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium der Psychologie verlangt wird. - Ende der Bearbeitung - 24 Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten 2015, Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht (oben Fußn. 13), S. 18 f.