© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 162/19 Bankeinlagen in der Insolvenz Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 162/19 Seite 2 Bankeinlagen in der Insolvenz Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 162/19 Abschluss der Arbeit: 31.10.2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 162/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gesetzliche Einlagensicherung 4 3. Nichteingreifen von Einlagensicherungen 5 3.1. Einleitung des Insolvenzverfahrens 5 3.2. Verteilung der Insolvenzmasse 6 4. Fazit 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 162/19 Seite 4 1. Einleitung Schwankende Kapitalmärkte und die wirtschaftlichen Schieflagen einiger Staaten machen die Sicherheit von Bankeinlagen zu einem wichtigen Auswahlkriterium bei der Geldanlage. Wird ein Kreditinstitut dauerhaft zahlungsunfähig und meldet Insolvenz an, so stellt diese Situation die Kapitalanleger vor die Frage nach dem Verbleib ihrer Einlagen. Insbesondere in Hinblick auf die Weltfinanzkrise 2007/08 entstand das Bedürfnis nach einer besonderen Absicherung, insbesondere der Sparer. Es wird deshalb zunächst in gedrängter Form die gesetzliche Einlagensicherung in Abgrenzung zu den hiervon nicht erfassten Bankeinlagen vorgestellt (Ziffer 2.). Im Anschluss hieran wird dann im Einzelnen erläutert, wie diese Bankeinlagen außerhalb der Einlagensicherung insolvenzrechtlich behandelt werden (Ziffer 3.). 2. Gesetzliche Einlagensicherung Für den Fall der Bankeninsolvenz greift zunächst eine gesetzliche Einlagensicherung ein. Diese beläuft sich grundsätzlich auf max. 100.000 € pro Kunde und Bank.1 Diese Sicherung umfasst Gelder auf Giro-, Tagesgeld- und Festgeldkonten sowie Sparbücher und Sparbriefe. Tritt die Insolvenz eines Kreditinstituts ein, so muss der Kunde seine Forderung zunächst nach Aufforderung durch den Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anmelden. In welcher Form dann die staatliche Entschädigung erfolgt, hängt von der rechtlichen Einordnung des Kreditinstituts ab. Bei privaten Banken erfolgt die Entschädigung der Kunden über die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB). Diese zahlt im Auftrag des Bundesfinanzministeriums Entschädigungen in Höhe des angesparten Betrages, höchstens aber den o.g. Höchstbetrag aus. Bei öffentlichen Banken, die im Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) organisiert sind, erfolgt diese Entschädigung über die Entschädigungseinrichtung des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (EdÖ). Sparkassen, Landesbanken, Landesbausparkassen und Genossenschaftsbanken sind hingegen nicht Mitglied in den gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen. Sie stützen sich stattdessen auf eine sogenannte Institutssicherung. Bei den vorgenannten Instituten besteht ein System von Sicherungseinrichtungen (Haftungsverbund), das den Fortbestand von jedem der angeschlossenen Institute sichert (Institutssicherung). Auf diese Weise soll ausgeschlossen werden, dass es überhaupt zu einer Insolvenz und damit zu einem Entschädigungsfall kommen kann. Demnach sind die Einlagen der Kunden dieser Institue theoretisch in unbegrenzter Höhe abgesichert. Sofern die Insolvenz durch die Institutssicherung 1 Vgl. § 8 des Einlagensicherungsgesetzes vom 28. Mai 2015 (BGBl. I S. 786), zuletzt geändert durch Art. 24 Abs. 36 des Gesetzes vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1693), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/einsig/__8.html (Stand: 21.10.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 162/19 Seite 5 aber nicht abgewendet werden kann, greift auch hier die gesetzliche Begrenzung der Einlagensicherung . Auch Kapitaleinlagen bei ausländischen Banken mit Hauptsitz in der EU sind bis zu 100.000 € gesichert. Daneben können etwaige individuelle Sicherungsmaßnahmen der Kreditinstitute im Einzelfall zur Anwendung gelangen. EU-Banken mit Zweigniederlassung in Deutschland haben zudem Anspruch auf Einbeziehung in das deutsche Sicherungssystem, soweit die Sicherung des Heimatlandes unter der Grenze der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) bleibt.2 3. Nichteingreifen von Einlagensicherungen Forderungen der Kapitalanleger oder Sparer (Gläubiger), die nicht von den dargestellten Einlagensicherungen erfasst werden, sind Gegenstand eines normalen Insolvenzverfahrens. Auch bei insolventen Kreditinstituten ist vorrangiges Ziel eines Insolvenzverfahrens nach § 1 Satz 1 Insolvenzordnung (InsO)3, die Forderungen der Gläubiger durch Verwertung der sogenannten Insolvenzmasse (Schuldnervermögen des insolventen Geldinstituts) zu erfüllen. Die Insolvenzmasse umfasst nach der Legaldefinition des § 35 InsO das gesamte Vermögen, das dem insolventen Geldinstitut (Insolvenzschuldner) zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (sogenannter „Neuerwerb“). Die Gegenstände der Insolvenzmasse sind nach § 153 InsO in der Vermögensübersicht aufzulisten, um sie den Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüberzustellen.4 3.1. Einleitung des Insolvenzverfahrens Das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Geldinstituts wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 InsO nur auf Antrag eingeleitet. Zur Stellung eines Insolvenzantrags berechtigt sind gemäß § 13 Abs. 1 InsO der Schuldner sowie dessen Gläubiger (Sparer, Kapitalanleger). Die InsO sieht drei Gründe für die Stellung eines Insolvenzantrages vor, die Zahlungsunfähigkeit, die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung. Ein Antrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit ist gemäß § 18 Abs. 2 InsO begründet, wenn das Kreditinstitut absehen kann, dass seine Zahlungsmittel einschließlich aller Kreditlinien und vergleichbaren Werte nicht ausreichen, um seine Verbindlichkeiten innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu erfüllen.5 Das Insolvenzgericht, bei dem bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Insolvenzrichter zuständig ist, prüft den Antrag auf Zulässigkeit und Begründetheit. Liegen die Eröffnungsvorausset- 2 Vgl. Art. 6 und Art. 14 der Richtlinie 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Einlagensicherungssysteme, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/?uri=CELEX:32014L0049 (Stand: 23.10.2019). 3 Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866), die zuletzt durch Artikel 24 Absatz 3 des Gesetzes vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1693) geändert worden ist; abrufbar unter (Stand: 30.10.2019): https://www.gesetze -im-internet.de/inso/InsO.pdf . 4 Vgl. zu den gesetzlichen Vorgaben für den Inhalt der Vermögensübersicht, BeckOK InsO/von Bodungen, 15. Ed. 25.7.2019, InsO § 153 Rn. 5-7. 5 Vgl. auch die Praxishinweise bei Braun/Bußhardt, InsO-Kommentar, 7. Aufl. 2017, § 18 Rn. 16 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 162/19 Seite 6 zungen vor, beschließt das Gericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und macht den Beschluss gemäß § 30 Abs. 1 InsO sofort bekannt. Im Eröffnungsbeschluss werden Schuldner und Insolvenzverwalter benannt. In der Regel nimmt der vorläufige Insolvenzverwalter die Stellung des endgültigen Insolvenzverwalters ein. Die Gläubiger werden mit dem Beschluss zur Geltendmachung ihrer Forderungen und Sicherungsrechte innerhalb einer vorgegebenen Frist aufgefordert (§ 28 InsO). Weiterhin werden der Berichtstermin und der Prüfungstermin festgelegt. 3.2. Verteilung der Insolvenzmasse Die Verteilung der Insolvenzmasse ist in den §§ 187 bis 206 InsO geregelt. Zunächst kommt es zu einer Berichtigung der Masseverbindlichkeiten. Dies erfasst die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 53 InsO), also die Vergütungen des Insolvenzverwalters sowie die Gerichtskosten (§ 54 InsO). Im nächsten Schritt werden die sonstigen Massegläubiger befriedigt. Hierbei handelt es sich etwa um Gläubiger, die während des Verfahrens eine Forderung gegen die Masse erwarben, etwa Lieferanten , die das insolvente Unternehmen zwecks Fortsetzung der eigenen Produktion weiter beliefern sollten (§ 55 InsO).6 Aus der verbleibenden Teilungsmasse werden schließlich die Insolvenzgläubiger als diejenigen befriedigt, deren Anspruch bereits bei Verfahrenseröffnung bestand (§ 38 InsO). Dieser Prozess beginnt frühestens nach dem Prüfungstermin und kann in Abschlägen erfolgen, sofern genug Masse hierfür vorhanden ist (§ 187 InsO). Voraussetzung für solche Abschlagsverteilungen ist die Zustimmung des Gläubigerausschusses, sofern ein solcher vorhanden ist. Dieser übernimmt nach § 195 InsO die Aufgabe der Festlegung der Quote. Beim Prüfungstermin erstellt der Verwalter ein Verzeichnis der Forderungen, die bei der Verteilung zu berücksichtigen sind, die Insolvenztabelle (§ 188 InsO). Nachdem die Verwertung der Masse beendet ist, erfolgt gemäß § 196 InsO mit Zustimmung des Insolvenzgerichts die Schlussverteilung. Über nicht verwertbare Gegenstände wird nach § 197 InsO in einer abschließenden Gläubigerversammlung entschieden . Der Abschluss des Insolvenzverfahrens ist in den §§ 207 bis 216 InsO geregelt. 4. Fazit Bankeinlagen von Sparern oder Kapitalanlegern (Insolvenzgläubiger), die nicht von einer Einlagensicherung erfasst werden, müssen im Falle der Insolvenz der Bank grundsätzlich als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Ein etwaig vorhandenes Restvermögen des insolventen Geldinstituts wird anteilig im Rahmen der jeweiligen Insolvenzquote an die Gläubiger (Sparer, Kapitalanleger) ausgekehrt. Es findet folglich keine bevorzugte Behandlung im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern des insolventen Geldinstituts statt. Die Forderungen der Sparer oder Kapitalanleger sind regelmäßig auch keine Masseforderungen, die vor anderen Verbindlichkeiten in voller Höhe aus der Vermögensmasse bedient werden 6 Vgl. auch BeckOK InsO/Erdmann, 15. Ed. 25.7.2019, InsO § 55 Rn. 1-4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 162/19 Seite 7 müssten. Dies würde nämlich voraussetzen, dass die betreffende Forderung nach Eintritt der Insolvenz entstanden ist. Die Forderungen der Sparer/Kapitalanleger resultieren regelmäßig aus einem (mitunter lange Zeit) vor Eintritt der Insolvenz geschlossenen Vertrag, sodass nur die Möglichkeit der (anteiligen) Befriedigung nach der Insolvenzquote bleibt. Massegläubiger sind Gläubiger, deren Ansprüche anlässlich oder während des Insolvenzverfahrens entstanden sind (z.B. Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters, Gerichtskosten etc.). Massegläubiger werden nach § 53 InsO im Rang vor den Insolvenzgläubigern befriedigt. Eine Besonderheit stellt in Fonds investiertes Vermögen dar. Dabei handelt es sich im Hinblick auf die Insolvenz um Sondervermögen, das nicht in die Insolvenzmasse eingeht. Das Recht zur Verwaltung dieses Sondervermögens steht einer Depotbank zu. Diese muss den Investmentfond abwickeln und den Erlös an die Anleger auskehren oder ihn mit Zustimmung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) an eine andere Kapitalgesellschaft übertragen.7 *** 7 Vgl. § 100 des Kapitalanlagegesetzbuches vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 1981), zuletzt geändert durch Art. 8 Abs. 14 des Gesetzes vom 8. Juli 2019 (BGBl. I S. 1002), abrufbar unter: https://www.buzer.de/gesetz /10756/a182532.htm (Stand: 21.10.2019).