© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 158/19 Einzelfragen zur Finanzierung und Organisation der Deutschen Bahn AG Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 158/19 Seite 2 Einzelfragen zur Finanzierung und Organisation der Deutschen Bahn AG Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 158/19 Abschluss der Arbeit: 25. Oktober 2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 158/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Mögliche Finanzierungs- und Refinanzierungsmöglichkeiten der DB AG 4 2.1. Finanzierung durch Eigenkapital 4 2.2. Finanzierung durch Fremdkapital 5 2.3. Zwischenformen zwischen Eigen- und Fremdkapital 6 3. Mögliche alternative Organisationsformen der DB AG 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 158/19 Seite 4 1. Einleitung Die Deutsche Bahn AG (DB AG) befindet sich zu 100 Prozent im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. Die Beteiligungsführung wird durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wahrgenommen.1 Die Bundesregierung hat dem Deutschen Bundestag mit der Ergänzung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2020 mitgeteilt, dass sie beabsichtigt, das Eigenkapital der DB AG im Jahr 2020 um eine Milliarde Euro zu erhöhen.2 Hierzu ergeben sich verschiedene Fragestellungen: 2. Mögliche Finanzierungs- und Refinanzierungsmöglichkeiten der DB AG Nach seinen Verfahrensgrundsätzen nimmt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags keine Prüfung im Einzelfall vor. Dies gilt insbesondere zu der Frage, über welche Möglichkeiten zur Finanzierung und Refinanzierung eine bestimmte Aktiengesellschaft verfügt und wie dies im Einzelfall wettbewerbsrechtlich zu qualifizieren ist. Ganz allgemein kommen jedoch für die Finanzierung bzw. Refinanzierung einer Aktiengesellschaft sowohl eine Eigenfinanzierung (vgl. nachstehend Ziffer 2.1) als auch eine Fremdfinanzierung (vgl. nachstehend Ziffer 2.2) in Betracht. Eine allgemeingültige, allumfassende Definition von Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung einer Aktiengesellschaft existiert nicht.3 In der Literatur wird beschrieben, dass sich die Einordnung und Differenzierung der Fremd- und Eigenkapitalfinanzierung oft als schwierig erweist und zudem viele moderne Finanzierungsinstrumente zwischen beiden Gruppen angesiedelt sind oder gar Eigenschaften beider Gruppen aufweisen4 (vgl. zu sog. hybriden Finanzierungsformen nachstehend Ziffer 2.3). 2.1. Finanzierung durch Eigenkapital Nach der Literatur kennzeichnet sich die Finanzierung einer Aktiengesellschaft durch materielles Eigenkapital, also eine Finanzierung über Beiträge der jeweiligen Aktionäre, insbesondere durch Aspekte der Dauerhaftigkeit der Vermögensüberlassung durch die Gesellschafter, der Verlustbeteiligung und Nachrangigkeit gegenüber Gläubigern sowie der Gewinnabhängigkeit der laufenden Vermögensausschüttungen.5 Instrument zur Finanzierung der Aktiengesellschaft mit Eigenkapital ist die aktienrechtliche Kapitalerhöhung.6 Die Maßnahmen zur Kapitalerhöhung sind in den 1 vgl. die Übersicht der bedeutendsten Beteiligungen des Bundes des Bundesministeriums der Finanzen, abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Bundesvermoegen/Privatisierungs _und_Beteiligungspolitik/Beteiligungspolitik/deutsche-bahn-ag.html (letzter Abruf 25.10.2019). 2 BT-Drucks. 19/13800, S. 44, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/138/1913800.pdf. 3 vgl. Ziemons, in: Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, Stand 04.2019, 5. Abschnitt, Ziff. 5.10. 4 vgl. Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Auflage 2016, Vorb. zu § 182 AktG, Rn. 20. 5 vgl. Ziemons, in: Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, Stand 04.2019, Abschnitt Finanzierung, Ziff. 5.10. 6 vgl. Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Auflage 2016, Vorb. zu § 182 AktG, Rn. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 158/19 Seite 5 §§ 182 bis 220 Aktiengesetz (AktG)7 geregelt. Die verschiedenen Arten und Durchführungen von Kapitalerhöhungen lassen sich demnach grundsätzlich danach unterscheiden, ob zusätzliche finanzielle Mittel in das Unternehmen fließen, Einlagen in Form von Geld (Barkapitalerhöhung) oder Sachwerten bzw. Rechten (Sachkapitalerhöhung) erfolgen, die Kapitalerhöhung an bestimmte Bedingungen bzw. Entscheidungen geknüpft ist oder das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen wird. Wie oben unter Ziffer 2 einleitend dargelegt, erweist sich die Einordnung von Finanzmitteln als Eigenkapital dabei in der Praxis oft als schwierig. Nach der Literatur ist daher inzwischen anerkannt, dass eine sachgerechte Abgrenzung nicht einfach mittels abschließender begrifflicher Merkmale erfolgen kann, sondern im Einzelfall anhand des Gesamtzusammenhangs der jeweiligen Unternehmensfinanzierung geprüft werden muss.8 Zu der abstrakt generellen Fragestellung, unter welchen Voraussetzungen Aktiengesellschaften eine Kapitalerhöhung vornehmen können, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen auf den Sachstand WD 7 - 3000 - 152/19, Die aktienrechtliche Kapitalerhöhung, - Anlage 1 -. 2.2. Finanzierung durch Fremdkapital Neben den vorstehend überblicksartig beschriebenen Maßnahmen der Eigenkapitalfinanzierung, stehen der Aktiengesellschaft auch verschiedene Möglichkeiten offen, sich mit Fremdkapital zu finanzieren. Hierunter zählen zunächst allgemeine Formen der Aufnahme von Fremdkapital, die von der Rechtsform der Aktiengesellschaft grundsätzlich unabhängig sind und folglich auch nicht besonderen aktienrechtlichen Regeln unterstehen. Hierbei handelt es sich nach der Literatur insbesondere um Bankkredite und Industrieobligationen (also Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen ), die zum Zwecke der mittel- oder langfristigen Deckung des Kapitalbedarfs auf dem Kapitalmarkt ausgegeben werden und den Regelungen der §§ 793 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)9 unterstehen.10 Neben diesen Mitteln der Kreditfinanzierung ohne aktienrechtliche Besonderheiten stehen der Aktiengesellschaft zur Kapitalbeschaffung insbesondere die Ausgabe von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen sowie Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte zur Verfügung. Diese Formen der Kapitalbeschaffung unterstehen wiederum besonderen aktienrechtlichen Vorschriften (vgl. § 221 AktG) und sind daher im Vergleich weniger flexibel einsetzbar als die oben genannten allgemeinen Formen der Aufnahme von Fremdkapital. Fremdkapital ist aufgrund des in aller Regel vereinbarten festen Zinssatzes gewinn- und ergebnisunabhängig , das überlassene Kapital ist daher etwa auch in Zeiten einer unternehmerischen 7 Aktiengesetz vom 06.09.1965 (BGBl. I S. 1089), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdienstrichtlinie vom 17.07.2017 (BGBl. I S. 2446), abrufbar unter: https://www.gesetze-iminternet .de/aktg/ (letzter Abruf 25.10.2019). 8 vgl. Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Auflage 2016, Vorb. zu § 182 AktG, Rn. 20. 9 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.01.2002 (BGBl. I S. 42, ber. S. 2909 und 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes zur Förderung der Freizügigkeit von EU-Bürgerinnen und ‑Bürgern sowie zur Neuregelung verschiedener Aspekte des Internationalen Adoptionsrechts vom 31.01.2019 (BGBl. I S. 54), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/ (letzter Abruf: 25.10.2019). 10 vgl. Scholz, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 4. Auflage 2015, Bd. 4, Kapitel 10, § 64, Rn 1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 158/19 Seite 6 Krise grundsätzlich ohne Abschläge vollständig zurückzuzahlen.11 Letztlich gewährt Fremdkapital seinem Wesen nach zudem grundsätzlich keine aktienrechtlichen Mitspracherechte. Diese können allenfalls über schuldrechtliche Nebenvereinbarungen vermittelt werden.12 2.3. Zwischenformen zwischen Eigen- und Fremdkapital In der Literatur wird beschrieben, dass sich neben der Finanzierung über Beiträge der Aktionäre und durch die Aufnahme von reinem Fremdkapital zahlreiche weitere Möglichkeiten der Beschaffung von Finanzmitteln herausgebildet haben, die keiner der oben genannten Fallgruppen eindeutig zuzuordnen sind.13 „Ihr Hybrid-Charakter ergibt sich daraus, dass die Investoren zwar einerseits einige für Eigenkapitalgeber typische Chancen erhalten und Risiken übernehmen, sie andererseits ihr Kapital nicht in dem Sinne auf Dauer zur Verfügung stellen, dass sie es erst bei einer Liquidation der Gesellschaft als Liquidationserlös wieder herausverlangen könnten. Dabei handelt es sich in erster Linie um stille Gesellschaften, Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen , Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechte (mit und ohne Wandlungs- oder Optionsrecht ).“14 Um bestimmte wirtschaftliche Ziele zu erreichen und dem Unternehmen bestimmte kapitalmäßige Optimierungen zu ermöglichen, werden bei der Strukturierung solcher Hybrid-Anleihen gezielt Eigenschaften aus beiden Gruppen kombiniert.15 Als Vorteil der hybriden Finanzierungsinstrumente wird in der Literatur stets deren Flexibilität betont.16 Einerseits unterlägen diese vielfach nicht den besonderen gesellschaftsrechtlichen Formgeboten und zudem würden keine mitgliedschaftlichen Mitverwaltungsrechte der Kapitalgeber begründet.17 Nach der Literatur stellen die hybriden Finanzierungsformen des sog. nachrangigen Darlehens, des sog. Verkäuferdarlehens, der stillen Beteiligung sowie der Schuldverschreibung die typischen Anwendungsfälle der Zwischenformen zwischen Eigen- und Fremdkapital dar.18 11 vgl. Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, Aktiengesetz, 3. Auflage 2017, Vorb. zu § 182 AktG, Rn. 4. 12 vgl. Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Auflage 2016, Vorb. zu § 182 AktG, Rn. 19. 13 vgl. etwa Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters, Aktiengesetz, 3. Auflage 2017, Vorb. zu § 182 AktG, Rn. 5 ff., Ziemons , in: Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, Stand 04.2019, Abschnitt Finanzierung, Ziff. 5.14. sowie Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Auflage 2016, Vorb. zu § 182 AktG, Rn. 31. 14 Ziemons, in: Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, Stand 04.2019, Abschnitt Finanzierung, Ziff. 5.14. 15 Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Auflage 2016, Vorb. zu § 182 AktG, Rn. 31. 16 Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Auflage 2016, Vorb. zu § 182 AktG, Rn. 32. 17 Schürnbrand, a.a.O. 18 zur exemplarischen Übersicht und zur näheren Erläuterung hybrider Finanzierungsformen vgl. etwa Schürnbrand , in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Auflage 2016, Vorb. zu § 182 AktG, Rn. 34 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 158/19 Seite 7 3. Mögliche alternative Organisationsformen der DB AG Hinsichtlich der Fragestellung zu den abstrakt generellen Möglichkeiten der Organisation der DB AG sowie zu den jeweiligen Vor- und Nachteilen, wird verwiesen auf den Sachstand WD 7 - 3000 - 029/16, Mögliche Organisationsformen der Deutschen Bahn, - Anlage 2 -. ***