WD 7 - 3000 – 156/19 (11. Oktober 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Es stellt sich die Frage, ob es vergaberechtlich notwendig ist, dass für Aufklärungsgespräche zwischen öffentlichem Auftraggeber und bietenden Unternehmen vorbereitende und nachbereitende Vermerke zu den jeweiligen Gesprächen erstellt werden. Die Dokumentation des Vergabeverfahrens sowie der Umfang des zu erstellenden Vergabevermerks richten sich nach § 8 VgV, der auszugsweise wie folgt lautet: (1) Der öffentliche Auftraggeber dokumentiert das Vergabeverfahren von Beginn an fortlaufend in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Dazu gehört zum Beispiel die Dokumentation der Kommunikation mit Unternehmen und interner Beratungen, der Vorbereitung der Auftragsbekanntmachung und der Vergabeunterlagen, der Öffnung der Angebote, Teilnahmeanträge und Interessensbestätigungen, der Verhandlungen und der Dialoge mit den teilnehmenden Unternehmen sowie der Gründe für Auswahlentscheidungen und den Zuschlag. (2) Der öffentliche Auftraggeber fertigt über jedes Vergabeverfahren einen Vermerk in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs an. Dieser Vergabevermerk umfasst mindestens Folgendes : 1. den Namen und die Anschrift des öffentlichen Auftraggebers sowie Gegenstand und Wert des Auftrags, […], 2. die Namen der berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Auswahl, 3. die nicht berücksichtigten Angebote und Teilnahmeanträge sowie die Namen der nicht berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Nichtberücksichtigung, 4. die Gründe für die Ablehnung von Angeboten, die für ungewöhnlich niedrig befunden wurden, 5. den Namen des erfolgreichen Bieters und die Gründe für die Auswahl seines Angebots […], 10. gegebenenfalls Angaben zu aufgedeckten Interessenkonflikten […], 12. gegebenenfalls die Gründe für die Nichtangabe der Gewichtung von Zuschlagskriterien. […] Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Dokumentationspflichten im Vergabeverfahren Kurzinformation Dokumentationspflichten im Vergabeverfahren Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 § 8 VgV gewährleistet die sog. Ex-post-Transparenz des Vergabeverfahrens. Die Vorschrift dient damit dem Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB und ermöglicht einen effektiven Rechtsschutz für im Vergabeverfahren unterlegene Bieter (vgl. Pünder/Schellenberg, Rn. 1). Die vom öffentlichen Auftraggeber zu erstellende Dokumentation ist so anzufertigen, dass sämtliche Stufen des Verfahrens chronologisch dokumentiert werden. Die Dokumentation muss einen erheblichen Detaillierungsgrad aufweisen und sich auf alle Maßnahmen erstrecken, die sich auf die Feststellung und Begründung der einzelnen Entscheidungen sowie auf den formalen Verfahrensablauf beziehen (vgl. Pünder/Schellenberg, Rn. 5, 6). Dazu gehören zumindest der Teilnahmewettbewerb , die Korrespondenz mit den Bietern, die formelle und materielle Angebotsprüfung , aber auch Aufklärungsmaßnahmen sowie Präsentationen und Musterung in Verhandlungsverfahren oder dem wettbewerblichen Dialog (Kapellmann/Messerschmidt, Rn. 16). Auch sofern einzelne Teilbereiche der Vergabeentscheidung nicht ausdrücklich vom Wortlaut des § 8 VgV umfasst sind, wird es vor dem Hintergrund etwaiger Nachprüfungsverfahren aus Transparenzgesichtspunkten gleichwohl empfohlen, insbesondere auch Aufklärungsverlangen sowie mündliche und / oder schriftliche Aufklärungen des Angebotsinhalts mit in die Dokumentation aufzunehmen (vgl. etwa Pünder/Schellenberg, Rn. 8). Die Ex-post-Transparenz verlangt zudem, dass alle Entscheidungsschritte grundsätzlich bereits während des Vergabeverfahrens dokumentiert werden und nicht erst nach dessen Abschluss vorliegen (VK Lüneburg). Sofern sich ein bestehender Dokumentationsmangel auf die Rechtsstellung eines Bieters auswirkt , ist dieser in seinem subjektiven Recht auf Einhaltung der Vergabebestimmungen (§ 97 Abs. 6 GWB) verletzt und kann vor der zuständigen Vergabekammer das Vergabenachprüfungsverfahren betreiben. Im Falle eines Nachprüfungsantrags wird die erstellte Dokumentation durch die Vergabekammer angefordert (§ 163 Abs. 2 S. 3 GWB). Dokumentationsmängel führen im Ergebnis dazu, dass das Vergabeverfahren ab dem Zeitpunkt, in dem die Dokumentation unzureichend ist, fehlerbehaftet und in diesem Umfang zu wiederholen ist (VK Arnsberg). Quellen: - VgV: Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge vom 12.04.2016 (BGBl. I S. 624), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung und der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit vom 12.07.2019 (BGBl. I S. 1081). - BGB: Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.01.2002 (BGBl. I S. 42 und 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes zur Förderung der Freizügigkeit von EU-Bürgerinnen und Bürgern sowie zur Neuregelung verschiedener Aspekte des Internationalen Adoptionsrechts vom 31.01.2019 (BGBl. I S. 54). - GWB: Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.06.2013 (BGBl. I S. 1750), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151). - Nowak/Franzius/Ruhland: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Auflage 2019, Kommentierung zu § 8 VgV. - Schneider: Kapellmann/Messerschmidt VOB-Kommentar, 6. Auflage 2018, Kommentierung zu § 8 VgV. - VK Lüneburg, Beschluss vom 02.07.2004, Az.: 203-VgK-21/2004, IBRRS 2004, 3224. - VK Arnsberg, Beschluss vom 29.11.2002, Az.: VK 1-25/2002, IBRRS 2003, 0555.