© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 152/19 Die aktienrechtliche Kapitalerhöhung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 152/19 Seite 2 Die aktienrechtliche Kapitalerhöhung Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 152/19 Abschluss der Arbeit: 7. Oktober 2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 152/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Aktienrechtliche Kapitalerhöhung 4 2.1. Ordentliche Kapitalerhöhung 4 2.2. Bedingte Kapitalerhöhung 5 2.3. Genehmigtes Kapital 5 2.4. Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln 6 2.5. Zwischenergebnis 6 3. Kontrollrechte aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung 6 3.1. Kontrollrechte des Bundes 7 3.2. Rückforderungs- und Abhilfeverfahren 8 4. Gesellschaftsrechtliche Ausrichtung 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 152/19 Seite 4 1. Einleitung Die Ankündigung der Bundesregierung, bei der bundeseigenen Deutsche Bahn AG (DB AG) eine Eigenkapitalerhöhung vorzunehmen, wurde in der Öffentlichkeit unterschiedlich aufgenommen. Grundsätzlich wurde begrüßt, dass diese Kapitalerhöhung erfolgen soll, um in die Modernisierung , den Ausbau und die Elektrifizierung des Schienennetzes und das Bahnsystem zu investieren . Hierbei stellt sich allerdings die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass die DB AG die Mittel in der Fläche ausschließlich in die Infrastruktur investiert und nicht zur Sanierung von Großprojekten, wie beispielsweise Stuttgart 21 verwendet.1 Nach seinen Verfahrensgrundsätzen nimmt der Wissenschaftliche Dienst keine Prüfung im Einzelfall vor. Dies gilt insbesondere zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine bestimmte AG eine Kapitalerhöhung vornehmen kann. Unter Ziffer 2. wird deshalb summarisch und abstrakt generell vorgestellt, mit welchem aktienrechtlichen Instrumentarium Aktiengesellschaften eine Kapitalerhöhung vornehmen können. Kontrollrechte des Bundes zu Maßnahmen der DB AG für den Bereich der Infrastruktur sollen im Wesentlichen durch eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung sichergestellt werden (Ziffer 3.). In diesem Zusammenhang hat der Bundesrechnungshof (BRH) vielfach bereits Handlungsempfehlungen gegenüber der Bundesregierung und dem Bundestag abgegeben (Ziffer4). 2. Aktienrechtliche Kapitalerhöhung Die Maßnahmen der Kapitalbeschaffung durch eine Aktiengesellschaft, Kapitalerhöhungen vorzunehmen , sind in den §§ 182 bis 220 AktG geregelt. Die verschiedenen Arten und Durchführungen von Kapitalerhöhungen lassen sich danach unterscheiden, ob - zusätzliche finanzielle Mittel in das Unternehmen fließen; - Einlagen in Form von Geld (Barkapitalerhöhung) oder Sachwerten bzw. Rechten (Sachkapitalerhöhung ) erfolgen; - die Kapitalerhöhung an bestimmte Bedingungen bzw. Entscheidungen geknüpft ist; - das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen wird. Im AktG sind folgende Formen der Kapitalerhöhung geregelt: die ordentliche Kapitalerhöhung (Ziffer 2.1.), die bedingte Kapitalerhöhung (Ziffer 2.2.), genehmigtes Kapital (Ziffer 2.3.)und Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (Ziffer 2.4.). 2.1. Ordentliche Kapitalerhöhung Die ordentliche Kapitalerhöhung ist in den §§ 182 bis 191 AktG geregelt. Der Regelfall der Kapitalerhöhung in einer AG bildet der Zufluss neuen Kapitals durch eine ordentliche Kapitalerhöhung . Sie setzt einen satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung voraus (§ 182 AktG) 1 Vgl. bspw. Der Tagesspiegel v. 23.09.2019, 20 Milliarden Euro zusätzlich für die Bahn – Das Klimapaket der Regierung wird zum „größten Investitionsprogramm“ des Staatsunternehmens. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 152/19 Seite 5 und wird durch Ausgabe sogenannter junger Aktien zu einem festgelegten Emissionspreis, der nicht unter dem Nennwert liegen darf (§ 9 AktG), umgesetzt.2 2.2. Bedingte Kapitalerhöhung Die §§ 192 bis 201 AktG enthalten Vorschriften über die Voraussetzungen und Folgen einer bedingten Kapitalerhöhung. Die bedingte Kapitalerhöhung kommt nur für Aktiengesellschaften (AG) und Kommanditgesellschaften auf Aktien(KGaA) in Betracht. Die Durchführung der Kapitalerhöhung kann an eine Bedingung bzw. Voraussetzung geknüpft werden. Bedingte Kapitalerhöhungen werden ausschließlich für folgende Zwecke vorgenommen (§ 192 Abs. 2 AktG): - zur Erfüllung der Ansprüche auf Wandelung in Aktien, die aus Wandelschuldverschreibungen oder Optionsanleihen resultieren; - zur Vorbereitung von Zusammenschlüssen mehrerer Unternehmen; - zur Gewährung von Bezugsrechten an Arbeitnehmer (Belegschaftsaktien) und Mitglieder der Geschäftsführung.3 Der Beschluss der Hauptversammlung über die bedingte Kapitalerhöhung bedarf einer 3/4-Mehrheit oder einer in der Satzung festgelegten größeren Kapitalmehrheit (§ 193 Abs. 1 AktG); es kommt zu einer entsprechenden Satzungsänderung. Das mittels der bedingten Kapitalerhöhung vorgesehene Grundkapital bezeichnet man als Bedingtes Kapital. 2.3. Genehmigtes Kapital Die Voraussetzungen einer Kapitalerhöhung durch sogenanntes genehmigtes Kapitel ergeben sich aus den §§ 202 bis 206 AktG. Das genehmigte Kapital, auch zugelassenes Kapital genannt, ist der Wert oder die Anzahl von Aktien, die die Hauptversammlung einer AG zur Durchführung einer möglichen Kapitalerhöhung durch Bar- oder/und Sacheinlagen vorab 3/4-Mehrheitsbeschluss notwendig. Für die Durchführung einer Kapitalerhöhung ist es erforderlich, dass der Vorstand einer AG durch die Hauptversammlung mit einer 3/4-Mehrheit der anwesenden Stimmrechte ermächtigt wurde, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (der maximal 5 Jahre in der Zukunft liegen darf) eine Kapitalerhöhung in dem ebenfalls festgelegten Umfang (maximal 50 % des zum Zeitpunkt des Beschlusses vorhandenen Grundkapitals) durchzuführen oder die gleiche Hauptversammlung mit gleicher Mehrheit eine bedingte Kapitalerhöhung direkt beschließt. Dieses genehmigte Kapital muss ebenfalls im Handelsregister vermerkt werden. Neben dem Vorstand muss dann auch der Aufsichtsrat einer entsprechenden Kapitalerhöhung zustimmen. Die genauen Informationen über Art und Umfang des genehmigten Kapitals finden sich typischerweise in der Satzung der jeweiligen börsennotierten Gesellschaft. 2 Zum Ablauf einer Kapitalerhöhung, vgl. hierzu im Einzelnen Grigoleit/Rieder/Holzmann, 1. Aufl. 2013, AktG § 182 Rn. 1-4. 3 Vgl. im einzelnen Münchner Kommentar zum AktG , MüKoAktG/Fuchs, 4. Aufl. 2016, AktG § 192 Rn. 37-42, Grundsatz der Zweckgebundenheit. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 152/19 Seite 6 Zunächst wird die zugrunde liegende Entscheidung der Hauptversammlung darüber getroffen, ob ein genehmigtes Kapital geschaffen werden soll. Anschließend kann der Vorstand – mit Zustimmung des Aufsichtsrats nach § 202 Abs. 3 Satz. 2 AktG – im Rahmens einer Geschäftsführungskompetenz darüber entscheiden, ob der von der Hauptversammlung geschaffene Rahmen ausgenutzt werden soll oder nicht.4 2.4. Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln Die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ist in den §§ 207 bis 220 AktG geregelt. Einer AG, die eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln vornimmt, fließen keine neuen Mittel zu. Vielmehr werden Kapitalrücklagen und/oder Gewinnrücklagen in Grundkapital umgewandelt. Der gegebenenfalls Alleinaktionär erhält neue Aktien, ohne Einzahlungen leisten zu müssen (sogenannte Berichtigungs- oder "Gratisaktien"). Durch die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erhöht sich die Aktienanzahl, so dass die einzelne Aktie einen kleineren Bruchteil am Gesamtvermögen repräsentiert.5 Dabei kann sich der Kurs der Aktien entsprechend der vorgenommenen Kapitalerhöhung um einen Abschlag verringern. Der Depotwert kann aber auch für den Alleinaktionär vor und nach Abschluss der Transaktion theoretisch unverändert bleiben. 2.5. Zwischenergebnis Welche Formen der Kapitalerhöhung für die DB AG im Einzelnen in Betracht gezogen werden steht noch nicht abschließend fest, so dass sich Kontrollrechte des Bundes als Alleinaktionär noch nicht unmittelbar aus den §§ 182 bis 220 AktG ableiten lassen. Nach diesen Vorschriften dürfte ein Beschluss über eine Kapitalerhöhung auch zulässig sein, wenn die Beschlussfassung nicht unter der Voraussetzung erfolgt, dass die DB AG die Mittel nur in die Infrastruktur investiert . 3. Kontrollrechte aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung In der Vergangenheit hat der Bund als Alleinaktionär versucht, seine Kontrollrechte und das operative Geschäft des Vorstandes der DB AG durch Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen (LuFV) zu gestalten. Bei der LuFV handelt es sich um einen Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DB AG sowie den Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) der DB AG (Netz AG, DB Station&Service AG, DB Energie GmbH). 4 So unter anderem Henssler/Strohn/Hermanns, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2019, AktG § 202 Rn. 1, 2 mit weiteren Nachweisen. 5 Vgl. bspw. Hölters/Simons, 3. Aufl. 2017, AktG Kommentar, § 220 Rn. 1-2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 152/19 Seite 7 Zum 01.01.2015 ist die LuFV II mit einer Laufzeit von fünf Jahren (2015-2019) in Kraft getreten.6 Nach ihr standen in den Jahren 2015 bis 2019 insgesamt rund 20 Mrd. Euro für Ersatzinvestitionen in das Bestandsnetz zur Verfügung. Der größte Anteil wurde dabei aus dem Bundeshaushalt bestritten. Auch standen im Rahmen eines Finanzierungskreislaufs Mittel zur Verfügung, bei dem die von den EIU erwirtschafteten Beträge als Dividende an den Bund ausgeschüttet und von diesem für Investitionen in die bestehenden Schienenwege zur Verfügung gestellt wurden.7 3.1. Kontrollrechte des Bundes Die LuFV II enthält in ihrem ersten und zweiten Abschnitt Regelungen zur Mittelverwendung und Finanzierung von Maßnahmen, die der Erhaltung der Schienenwege der EIU dienen. Der dritte und vierte Abschnitt der LuFV II befasst sich mit der Infrastrukturqualität sowie mit Berichts - und Organisationspflichten. Die Rechte des Bundes sind im Einzelnen im fünften Abschnitt der LuFV II geregelt. Die Kotrollrechte ergeben sich vor allem aus dessen § 16, der folgenden Wortlaut hat: „16.1 Der Bund ist berechtigt, die Schienenwege nach vorheriger Anmeldung zu betreten und zu überprüfen, um die Erfüllung der mit dieser Vereinbarung seitens der EIU übernommenen Vertragspflichten zu kontrollieren. Er kann dieses Recht auf von ihm beauftragte Dritte übertragen. Die EIU und die für sie tätigen Personen müssen dem Bund und seinen Beauftragten dazu gestatten, (i) Grundstücke, Geschäftsräume und Betriebsanlagen innerhalb der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten zu betreten, (ii) Bücher, Geschäftspapiere und Unterlagen einzusehen, die auf geeigneten Datenträgern zur Verfügung zu stellen sind, (iii) Messfahrten auf dem Schienennetz der EIU durchzuführen, bei denen insbesondere als Parameter die Gleisgeometrie, der Zustand des Fahrdrahtes oder der Stromschienen, das Schienenquerprofil, die Schienenoberfläche, der Zustand der Signale sowie die Beschaffenheit und Tragfähigkeit des Untergrundes gemessen werden . Soweit rechtlich zulässig, werden für die Messfahrten keine Trassenentgelte erhoben . Bei der Betretung der Schienenwege sind die hierfür geltenden gesetzlichen Vorschriften und Sicherheitsbestimmungen der EIU zu beachten. 16.2 Die EIU und die für sie tätigen Personen haben dem Bund und seinen Beauftragten ohne Kostenersatz für die EIU alle für die Wahrnehmung der Befugnisse nach § 16.1 Satz 1 erforderlichen (i) Auskünfte zu erteilen, (ii) Nachweise zu erbringen, (iii) Hilfsmittel zu stellen und Hilfsdienste zu leisten. Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen zu erteilen. Auf Verlangen des Bundes oder seiner Beauftragten sind die erfragten Informationen nach Möglichkeit postalisch oder elektronisch zu erteilen. Der zur Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens wegen einer Ordnungswidrigkeit aussetzen würde. 6 Zur LuFV III (2019 – 2024) vgl. Online-Enzyklopädie Wikipedia mit zahlreichen Nachweisen, abrufbar unter (Stand: 02.10.2019): https://de.wikipedia.org/wiki/Leistungs-_und_Finanzierungsvereinbarung . 7 Eisenbahnbundeamt (EBA), LuFV - Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, abrufbar unter (Stand: 02.10.2019): https://www.eba.bund.de/DE/Themen/Finanzierung/LuFV/lufv_node.html . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 152/19 Seite 8 16.3 Verletzen die EIU ihre Verpflichtungen nach § 16.1 oder § 16.2, so wird für jeden Verstoß eine Vertragsstrafe i.H.v. € 200.000,00, jedoch maximal eine Vertragsstrafe i.H.v. € 1.000.000,00 pro Kalenderjahr fällig.“ Jedenfalls nach dem Wortlaut dieser Regelung sollen die Kontrollrechte des Bundes hinreichend gewahrt werden. Sie ist auch in der Lage die diesbezüglichen Ansprüche des Bundes durchzusetzen . Weitergehende Rechte des Bundes ergeben sich aus den §§ 16 bis 21 der LuFV II. 3.2. Rückforderungs- und Abhilfeverfahren Der Bund ist berechtigt, seinen jährlichen Infrastrukturbeitrag und die tatsächlich gezahlten Dividenden nach § 17 der LuFV II zurückzufordern, wenn die EIU beispielsweise die Zielwerte für die Infrastukturqualität verfehlen. Die Höhe der Rückforderung ist in dessen Absatz 17.3 geregelt. Der Bund kann eine Rückforderung des Infrastrukturbeitrags und der tatsächlich gezahlten Dividenden der DB AG nach Maßgabe der Regelungen in § 18 der LuFV II geltend machen, wenn die EIU die Pflicht zur Erstellung und Vorlage eines jährlichen Infrastrukturzustands- und –entwicklungsberichts (IZB) verletzen. Insgesamt lässt die LuFV II die gesetzlichen Prüfungs- und Erhebungsrechte des Bundesrechnungshofes (BRH) und seiner Prüfungsämter (externe Finanzkontrolle) unberührt und ist daher grundsätzlich geeignet die Kontrollrechte des Bundes weitgehend sicher zu stellen.8 Der BRH benennt allerdings in einer Unterrichtung an den Bundestag9 mehrere "Schwachstellen der LuFV". Dazu gehörten die "unzureichenden Informationen" über den Zustand der Eisenbahninfrastruktur . So bildeten beispielweise die bestehenden Qualitätskennzahlen den tatsächlichen Zustand nur unzureichend ab. Ihre Ausgestaltung schaffe zudem einen Fehlanreiz, vorrangig günstig zu behebende Mängel zu beseitigen, auch wenn andere Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit wichtiger wären. Der BRH verweist unter anderem darauf, es sei "nicht sichergestellt und nicht kontrollierbar", dass die auf Grundlage der LuFV gewährten Bundesmittel wirtschaftlich eingesetzt werden. Auch seien die in den LuFV bislang vorgesehenen Sanktionen "eher symbolischer Natur". 8 Vgl. § 21 LUFV II sowie der Anlage 21.1 (Konkretisierung zum § 21.1 Externe Finanzkontrolle) und Anlage 21.3 (Prüfungsablauf). 9 Unterrichtung durch den BRH, Bericht nach § 99 der Bundeshaushaltsordnung über die Ziele des Bundes bei den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn AG über eine dritte Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung für die bestehende Eisenbahninfrastruktur, BT-Drucks. 19/6200 v. 07.12.2018, abrufbar unter (Stand: 07.10.2019): http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/062/1906200.pdf . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 152/19 Seite 9 4. Gesellschaftsrechtliche Ausrichtung Der BRH stellt seit mehreren Jahren wiederholt im Ergebnis fest, dass die finanziellen Ziele der Bahnreform verfehlt worden seien. Auch der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages teilte bereits im November 2016 diese Auffassung. Nach Auffassung des Bundesrechnungshofes sollte die Bundesregierung eine Strategie entwickeln , in der sie ihre verkehrsträgerübergreifenden und bahnpolitischen Leitlinien bestimmt. Sie müsse den abstrakten Gewährleistungsauftrag des Bundes „mit Leben füllen“, d. h. den Bund in grundlegenden Fragen klar positionieren. Zunächst habe die Bundesregierung ihre Ziele zu bestimmen und durch transparente Indikatoren zu operationalisieren. Darauf aufbauend könne sie die Eignung ihrer bisherigen Handlungsansätze überprüfen, den künftigen Handlungsbedarf bestimmen und das Bundesunternehmen zielführend steuern. In diesem Zusammenhang sollte die Bundesregierung die Wettbewerbssituation zwischen den Verkehrsträgern analysieren und schlussfolgern, inwieweit sie die ordnungs- und fiskalpolitischen Rahmenbedingungen mit Blick auf die gewünschte Stärkung des Schienenverkehrs anzupassen habe. So habe der BRH im September 2018 angeregt zu erwägen, den Ausstoß des klimaschädlichen Gases CO2 zu bepreisen und damit ein Anreizinstrument für energieeffizientes Handeln, d. h. auch für Verkehrsverlagerungen auf die Schiene, zu schaffen.10 *** 10 Bundesrechnungshof (BRH), Bericht nach § 99 BHO zur strukturellen Weiterentwicklung und Ausrichtung der Deutschen Bahn AG am Bundesinteresse vom 17.01.2019, S. 24; abrufbar unter (Stand: 01.10.2019): https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/sonderberichte/langfassungen-ab- 2013/2019/2019-sonderbericht-strukturelle-weiterentwicklung-und-ausrichtung-der-deutschen-bahn-ag-ambundesinteresse .