Deutscher Bundestag Urheberrechtsfragen bei der Gestaltung einer Homepage Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 152/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 152/11 Seite 2 Der urheberrechtliche Schutz auf einer Homepage Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 152/11 Abschluss der Arbeit: 22. August 2011 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 152/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Die urheberrechtliche Beurteilung einer Kurzzusammenfassung sowie der Verlinkung eines Presseartikels 4 2.1. Kurzzusammenfassungen 5 2.2. Surface-Links und Deep-Links 5 2.3. Frame-Links 7 2.4. Ergebnis 8 3. Urheberrechtliche Anforderungen an die Veröffentlichung von Presseartikeln auf einer Internetseite 8 3.1. Grundsatz 8 3.2. Schrankenregelungen 8 3.3. Ergebnis 10 4. Urheberrechtliche Anforderungen an die Darstellung von Fotomaterial auf einer Internetseite 10 4.1. Grundsatz 10 4.2. Besonderheiten von Bildern im Internet 11 4.3. Der Umgang mit Bildern im Internet 12 5. Schlussfolgerungen 12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 152/11 Seite 4 1. Einleitung Die vorliegende Ausarbeitung behandelt urheberrechtliche Fragen, die sich im Rahmen der Gestaltung einer Abgeordnetenhomepage ergeben können: Zunächst wird die urheberrechtliche Beurteilung von Kurzzusammenfassungen von Presseartikeln und dem Setzen des dazugehörigen Links zu anderen Internetseiten mit urheberrechtlich geschützten Inhalten erörtert. Ferner werden die urheberrechtlichen Anforderungen an die Veröffentlichung von fremden Texten und Bildern auf der eigenen Homepage dargestellt. Vorab ist anzumerken, dass die Internetpräsenz eines Abgeordneten keine Besonderheiten in urheberrechtlicher Hinsicht aufweist. Verantwortlich für eventuelle Urheberrechtsverletzungen ist stets der im Impressum genannte,1 was regelmäßig der Abgeordnete in Person sein wird. Die Pflicht zur Anbieterkennzeichnung im Internet („Impressumspflicht“) ergibt sich für die Gestaltung von Abgeordneten-Homepages in aller Regel nach dem Telemediengesetz (TMG)2 bzw. dem Staatsvertrag über Rundfunk und Telemedien (RStV)3.4 2. Urheberrechtliche Beurteilung einer Kurzzusammenfassung und Verlinkung eines Presseartikels Der Anwendungsbereich des Urheberrechts ist bei Vorliegen eines Presseartikels grundsätzlich eröffnet. Da ein Presseartikel in aller Regel auf einer persönlichen geistigen Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 Urhebergesetz (UrhG)5 beruht, untersteht er dem urheberrechtlichen Schutz als Schriftwerk gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG.6 Als Urheber gilt nach § 7 UrhG der Schöpfer des Werks; doch hat im Falle von Presseartikeln der einzelne Autor dem Verlag zumeist Nutzungsrechte eingeräumt , die diesen zur Weitergabe von Lizenzen berechtigen. Die Frage, ob Kurzzusammenfassungen von Presseartikeln sowie insbesondere die seit langem umstrittenen7 Querverweise auf fremde Werke durch Hyperlinks urheberrechtlich relevant sind, 1 Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 12. Februar 2008 – Az. 11 U 28/07, Juris, Rn. 23. 2 Telemediengesetz vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 31. Mai 2010 (BGBl. I S. 692) geändert worden ist. 3 Staatsvertrag über Rundfunk und Telemedien vom 31. August 1991 in der Fassung vom 28. Juli 2009, Juris. 4 Vgl. hierzu z.B. Ott, Impressumspflicht für Webseiten – Die Neuregelungen nach § 5 TMG, § 55 RStV, Multimedia und Recht Zeitschrift für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (MMR) 2007, S. 354 ff. 5 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz), vom 9. September 1965 (BGBl. I S 1273), zuletzt geändert durch Art. 83 FFG-Reformgesetz vom 17. Dezember 2008 (BGB. I S. 2586). 6 Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 16. Januar 1997 – Az. I ZR 9/95, Juris, Rn. 31. 7 Schulze, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 3. Auflage, 2008, § 16, Rn. 14; Ott, To link or not to link - This was (or still is?) the question - Anmerkung zum Urteil des BGH vom 17. 7. 2003 - I ZR 259/00 (Paperboy), Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP) 2004, S. 52 (54). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 152/11 Seite 5 ist durch den BGH in seiner wegweisenden sogenannten Paperboy-Entscheidung aus dem Jahre 2003 grundsätzlich negativ beantwortet worden.8 Der BGH hatte sich mit der urheberrechtlichen Zulässigkeit eines online angebotenen Suchdienstes für tagesaktuelle Nachrichten, insbesondere Zeitungsnachrichten zu befassen. Dieser Suchdienst produzierte anhand der vom Nutzer vorgegebenen Suchkriterien eine Auflistung, die als Hyperlink ausgestaltet war und eine stichwortartige Zusammenfassung des Inhalts der Veröffentlichung enthielt. Durch das Anklicken des Links wurde der Nutzer direkt auf die Webseite des Nachrichtenanbieters geleitet, auf der sich die gesuchte Information befand. Hinsichtlich der Argumentation des BGH ist zwischen der Zulässigkeit von Kurzzusammenfassungen bzw. der Wiedergabe von kleineren Textpassagen einerseits und der Zulässigkeit des Hyperlinks als solchem andererseits zu unterscheiden. 2.1. Kurzzusammenfassungen Im Falle von Zusammenfassungen von Presseartikeln ist sodann weiter nach ihrer Werkqualität zu differenzieren. Für die in der Paperboy-Entscheidung relevanten Zusammenfassungen beschreibenden Inhalts, die dem Nutzer lediglich als Orientierungshilfe dienten, war für den BGH nicht ersichtlich, dass derartige Auszüge selbst urheberrechtlich schutzfähig sein könnten.9 Anders zu beurteilen sind jedoch solche Zusammenfassungen, die aufgrund der schöpferischen Leistung des Verfassers selbst urheberrechtliche Werkqualität i.S.d. § 2 UrhG besitzen. Das sind nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH beispielsweise Zusammenfassungen urheberrechtlich geschützter Schriftwerke, auf die dann die Regelungsinstrumente des §§ 23, 24 UrhG Anwendung finden.10 Entscheidend sei, ob es sich bei der Zusammenfassung um eine der Einwilligung bedürfende Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes i.S.d. § 23 UrhG oder eine freie Nutzung i.S.d. § 24 UrhG handele. Grundsätzlich stelle eine Zusammenfassung eines Schriftwerkes in eigenen Worten aber eine urheberrechtlich unbedenkliche freie Benutzung des Schriftwerkes nach § 24 UrhG dar. Erst wenn die Zusammenfassung Formulierungen enthalte, auf denen die schöpferische Eigenart des Originalwerks beruhe, komme es im Einzelfall darauf an, ob in der Gesamtschau ein so großer Abstand zum Werk bestehe, dass die Zusammenfassung als selbständiges neues Werk anzusehen sei.11 2.2. Surface-Links und Deep-Links Intensiv setzte der BGH sich in seiner Paperboy-Entscheidung mit einer möglichen Verletzung von Vervielfältigungs-, Nutzungs- und Datenbankrechten durch das Setzen eines Hyperlinks – allerdings beschränkt auf sogenannte Surface- und Deep-Links – auseinander. In technischer Hinsicht verweist ein Deep-Link den Benutzer direkt auf den zum Abruf bereitgehaltenen Arti- 8 Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 17. Juli 2003 – Az. I ZR 259/00, Juris. 9 BGH (Fn. 8), Rn. 46. 10 BGH, Urteil vom 10. Dezember 2010 – Az. I ZR 12/08, Juris, Rn 20. 11 BGH (Fn. 10), Rn. 37. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 152/11 Seite 6 kel, während ein Surface-Link ihn lediglich auf die Startseite der verlinkten Internetseite leitet.12 Davon zu unterscheiden ist der gesondert zu behandelnde Frame-Link.13 Er argumentierte, dass es zu keiner Vervielfältigung des Werks gem. § 16 UrhG komme, da ein Link lediglich eine elektronische Verknüpfung der den Link enthaltenen Datei mit einer anderen in das Internet eingestellten Datei sei, durch welche die verknüpfte Datei nicht körperlich festgelegt werde.14 Selbst wenn der Nutzer durch das Anklicken des Links eine urheberrechtlich relevante Vervielfältigung hervorrufe, scheide eine Störerhaftung des Linksetzers aus. Die widerrechtliche Nutzung werde nämlich bereits dadurch ermöglicht, dass ein Berechtigter ein Werk im Internet ohne technische Schutzmaßnahmen zugänglich mache.15 Aus diesem Grunde stelle der Hyperlink lediglich eine technische Erleichterung dar, durch welche die sonst vorzunehmende Eingabe des URL (Uniform Resource Locator) im Adressfeld des Webbrowsers und das Betätigen der Eingabetaste ersetzt werde.16 Darüberhinaus lehnte der BGH die Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte an der Zugänglichmachung von Artikeln anderer Nachrichtenanbieter ab. Das Recht, die öffentliche Zugänglichmchung seines Werkes zu erlauben oder zu verbieten, sei als unbenanntes Recht der Verwertung des Werkes in unkörperlicher Form in dem umfassenden Verwertungsrecht des § 15 UrhG enthalten.17 Durch das Setzen des Hyperlinks werde allerdings schon keine urheberrechtliche Nutzungshandlung begangen, sondern lediglich auf das Werk in einer Weise verwiesen, die Nutzern den bereits eröffneten Zugang erleichtere.18 Da sich die Situation wie bei einem Hinweis auf ein Druckwerk oder eine Webseite in der Fußnote einer Veröffentlichung darstelle, liege kein Zugänglichmachen i.S.d. § 15 UrhG vor.19 Weiterhin betonte der BGH, dass das Setzen eines Hyperlinks auch nicht von § 19a UrhG erfasst werde, wobei diese Vorschrift auf die dem BGH vorliegenden Konstellation noch nicht zur Anwendung kam.20 In einem späteren Urteil präzisierte der BGH die Zulässigkeit von Deep-Links dann dahingehend, dass § 19a UrhG jedoch dann verletzt sei, wenn der unmittelbare Zugriff durch ein geschütztes Werk unter Umgehung einer wie auch immer ausgestalteten Schutzmaßnahme ermöglicht werde.21 12 Heckmann, Juris Praxiskommentar Internetrecht, Kapitel 3.1, 2. Auflage, 2009, Rn. 10. 13 Vgl. unten: Gliederungspunkt 2.3. 14 BGH (Fn. 8), Rn. 47. 15 BGH (Fn. 8), Rn. 51. 16 BGH (Fn. 8), Rn. 51. 17 BGH (Fn. 8), Rn. 55. 18 BGH (Fn. 8), Rn. 56. 19 BGH (Fn. 8), Rn. 56. 20 BGH (Fn. 8), Rn. 57. 21 BGH, Urteil vom 29. April 2010 – Az. I ZR 39/08, Juris, Rn 30. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 152/11 Seite 7 Schließlich lehnte der BGH in der Paperboy-Entscheidung für das Setzen von Hyperlinks auch einen Eingriff in das Datenbankrecht des § 87b UrhG ab. Ob die zugänglich gemachten Artikel tatsächlich Bestandteile von Datenbanken sind, sei nach der Auffassung des BGH unerheblich, da nach den vorherigen Darstellungen jedenfalls die Vornahme dem Datenbankhersteller vorbehaltener Rechte ausscheide.22 Gleiches gelte auch unter dem Gesichtspunkt der Übermittlung kleinerer Textausschnitte des jeweiligen verlinkten Artikels, da hierdurch die Benutzung der Datenbank nicht ersetzt, sondern allenfalls angeregt werde.23 2.3. Frame-Links Durch den BGH nicht geklärt worden ist die urheberrechtliche Zulässigkeit von sogenannten Frame-Links oder Frames. Hierbei wird die Bildschirmansicht in verschiedenen Segmente aufgeteilt und ein fremder Inhalt kann direkt von einem externen Server auf einen zugewiesenen Unterabschnitt des Bildschirms geladen werden.24 Ob dieses Vorgehen einen Verstoß gegen das Urheberrecht bedeutet, ist weiterhin umstritten, wobei im Wesentlichen drei Auffassungen zu unterscheiden sind: Zum einen wird argumentiert, dass framende Links stets eine unzulässige öffentliche Zugänglichmachung i.S.d. § 19a UrhG darstellten, da für den Nutzer in der Regel nicht erkenntlich sei, dass er auf eine verlinkte Webseite zugreife und er folglich davon ausgehen müsse, der Linksetzer halte das Werk bereit.25 Innerhalb dieser Grundposition besteht mittlerweile eine starke Strömung, die weiter dahingehend unterscheidet, ob der Frame-Anbieter deutlich mache, dass er die in dem Frame dargestellten Inhalte nicht zu verantworten habe.26 In diesem Umfang seien dann auch framende Links urheberrechtlich nicht relevant. Eine zweite Auffassung interpretiert die Paperboy-Entscheidung des BGH dergestalt, dass ein Frame-Link lediglich ein spezieller Fall eines Hyperlinks sei und daher die gleiche rechtliche Behandlung erfahren müsse.27 Schließlich wird die Anwendbarkeit des § 19a UrhG zwar verneint, gleichzeitig aber ein Verstoß gegen das Nutzungsrecht des § 15 Abs. 2 UrhG dadurch angenommen, dass der Anbieter eines framenden Links sein eigenes Angebot mit Inhalten der verlinkten Webseite erst vervollständigt oder ergänzt.28 22 BGH (Fn. 8), Rn. 61. 23 BGH (Fn. 8), Rn. 63. 24 Heckmann (Fn. 12), Rn. 10. 25 Landgericht München, Urteil vom 10. Januar 2007 – AZ. 21 O 20028/05, Juris, Rn. 36; Schulze, Aspekte zu Inhalt und Reichweite von § 19a UrhG, Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM) 2011, S. 2 (11). 26 Landgericht Hamburg, Urteil vom 26. September 2008 – AZ 308 O 42/06, Juris, Rn. 59; Wolff, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Rechtsfragen des elektronischen Geschäftsverkehrs, Teil 11Werberecht im Internet , Rn. 74 (Stand: April 2011, 28. Ergänzungslieferung). 27 Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 24. Februar 2009 – AZ 36a C 224/08; Beck-Rechtsprechung (BeckRS) 2009, 08341; Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Auflage, 2009, § 19a UrhG, Rn. 29; Heckmann (Fn. 12), Rn. 132. 28 Ott, Die urheberrechtliche Zulässigkeit des Framing nach der BGH-Entscheidung im Fall „Paperboy“, ZUM 2004, 357, 364. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 152/11 Seite 8 2.4. Ergebnis Es ist nach dem Urheberrecht ohne Einwilligung des Urhebers möglich, auf einer Homepage einen Presseartikel mit eigenen Worten kurz zusammenzufassen und mittels eines Deep-Links auf die Internetseite zu verweisen, auf der sich die Information befindet. Hingegen wird die Zulässigkeit eines mittlerweile ohnehin eher unüblichen Frame-Links von verschiedenen Gerichten und in der Literatur unterschiedlich bewertet, so dass von der Verwendung eines solchen Links unter urheberrechtlichen Gesichtspunkten abzuraten ist. 3. Urheberrechtliche Anforderungen an die Veröffentlichung von Presseartikeln auf einer Internetseite 3.1. Grundsatz Derjenige, der vorbestehende Werke Dritter in Webseiten integriert, muss grundsätzlich entsprechende Nutzungsrechte von den Urhebern dieser Werke oder deren Berechtigten erwerben.29 Allerdings werden in §§ 44a ff. UrhG Schranken des Urheberrechts geregelt, um die Interessen zwischen Urheber und Nutzer auszugleichen. Die nachfolgende Analyse zeigt jedoch, dass im Ergebnis keine der Ausnahmevorschriften auf die Übernahme vollständiger Presseartikel auf eine Homepage anzuwenden ist. 3.2. Schrankenregelungen Im Zusammenhang mit der Übernahme von vollständigen Presseartikeln ist insbesondere die Schrankenregelung des § 49 UrhG relevant, die explizite Regelungen über Zeitungsartikel und Rundfunkkommentare enthält. Demnach ist nach § 49 Abs. 1 UrhG die Vervielfältigung und Verbreitung einzelner Artikel sowie mit ihnen im Zusammenhang veröffentlichter Abbildungen aus Zeitungen und anderen lediglich Tagesinteressen dienenden Informationsblättern in anderen Zeitungen und Informationsblätter dieser Art zulässig, wenn sie politische, wirtschaftliche oder religiöse Tagesfragen betreffen und nicht mit einem – in der Praxis seltenen30 – Vorbehalt der Rechte versehen sind. Allerdings besteht ein durch eine Verwertungsgesellschaft geltend zu machender Vergütungsanspruch fort (§ 49 Abs. 1 S. 3 UrhG). Ein Artikel in diesem Sinne ist jegliche eigenständige Ausführung, die den Umfang einer bloßen Tatsachenübermittlung übersteigt, wobei auch ein Interview nach § 49 UrhG privilegiert sein kann.31 Allerdings ist weiterhin klärungsbedürftig, ob sich die Übernahme von Artikeln aus dem Internet und deren erneutes Einstellen in das Internet, vorausgesetzt, es handelt sich ausschließlich um solche mit tagesaktuellem politischen Inhalt, um eine zulässige Vervielfältigung im Sinne des § 49 UrhG handeln kann. 29 Koch, in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Auflage, 2010, § 78 Internetverträge, Rn. 33. 30 Dreier, in: Dreier/Schulze (Fn. 7), § 49, Rn. 10. 31 Lüft, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 27), § 49 UrhG, Rn. 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 152/11 Seite 9 Angesichts der wachsenden Bedeutung von online angebotenen Nachrichtendiensten wird heute ganz überwiegend davon ausgegangen, dass jedenfalls für den Vorgang die Übernahme in die klassischen Medien in analoger Anwendung des § 49 Abs. 1 UrhG im Internet veröffentlichte Presseartikel Zeitungsartikeln und Artikeln aus Informationsblättern gleichzusetzen sind.32 Eine davon zu trennende Frage ist, ob ein Artikel, unabhängig ob aus dem Internet oder einem der klassischen Medien, auch auf eine Homepage übernommen werden darf. Das ist nicht der Fall. Zwar ist es grundsätzlich möglich, § 49 Abs. 1 UrhG auch als Ausnahmevorschrift so auszulegen , dass neue und alternative Nutzungen, wie etwa eine Homepage, von dem Wortlaut „Zeitungen und Informationsblätter dieser Art“ erfasst werden.33 Doch ist eine solche Auslegung in Bezug auf die Übernahme von Presseartikeln ins Internet nicht mit der Rechtssprechung des BGH zu elektronischen Pressespiegeln vereinbar. Im Jahre 2002 hat der BGH entschieden, elektronische Pressespiegel im Wesentlichen herkömmlichen Pressespiegeln in Papierform gleichzustellen 34 und sie somit potentiell dem Anwendungsbereich des § 49 Abs. 1 UrhG als „Informationsblätter “ zu unterstellen.35 Voraussetzung dieser Gleichstellung sei allerdings, dass es sich um einen betriebs- oder behördeninternen Pressespiegel handele, der sich nicht zu einer Volltextrecherche eigne.36 Diese Voraussetzungen treffen für die Übernahme eines Artikels ins Internet erkenntlich nicht zu: Das Internet kann weltweit genutzt werden und eine Beschränkung auf einen bestimmten Adressatenkreis ist nicht möglich.37 Nicht einschlägig ist darüber hinaus regelmäßig auch die Schrankenregelung des § 49 Abs. 2 UrhG. Diese erlaubt die vergütungsfreie Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von vermischten Nachrichten tatsächlichen Inhalts und von Tagesneuigkeiten, die durch Presse oder Funk verbreitet worden sind. Da es sich bei dieser Art von Mitteilungen in der Regel bereits nicht um dem Schutz des Urheberrechts nach § 2 UrhG unterfallende Werke handeln wird, ist der Anwendungsbereich dieser Vorschrift begrenzt.38 Nach der herrschenden Meinung gilt § 49 Abs. 2 UrhG daher nur für Nachrichten, die aufgrund ihrer besonderen Formulierung, Stil oder Diktion ausnahmsweise urheberrechtlich geschützt sind. 39 Bei Presseartikeln handelt es sich in 32 Dreier, in: Dreier/Schulze (Fn. 7), § 49, Rn. 7; Lüft, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 27), § 49 UrhG, Rn. 7; Heckmann (Fn. 12), Rn. 196. 33 BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 – Az. I ZR 255/00, Juris, Rn 30. 34 Zu der vormals umstrittenen Frage: z.B. Lüft, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 27), § 49 UrhG, Rn. 12. 35 BGH (Fn. 33), Rn. 21 ff. m.w.N. 36 BGH (Fn. 33), Rn. 37 ff. 37 Koch (Fn. 29), Rn. 49a.; so auch das Amtsgericht (AG) Heilbronn, Urteil vom 24. April 2001 – AZ. 10 C 5419/00, Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht – Rechtsprechungsdienst (ZUM-RD) 2002, 27, 29, allerdings noch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung, dass der Schutzbereich für elektronische Pressespiegel grundsätzlich nicht eröffnet sei. 38 Lüft, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 27), § 49 UrhG, Rn. 19. 39 Lüft, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 27), § 49 UrhG, Rn. 19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 152/11 Seite 10 der Regel aber um über reine Nachrichteninformation hinausgehende Werke, die daher von der Ausnahme des § 49 Abs. 2 UrhG nicht erfasst werden. Auch handelt es sich bei der Aufnahme eines Presseartikels auf eine Webseite nicht um einen nach § 53 UrhG privilegierten privaten oder eigenen Gebrauch. Das ergibt sich bereits aus der technischen Besonderheit des Internets, die in der Regel eine weltweite Nutzung der auf einer Webseite befindlichen Informationen ermöglicht.40 Insbesondere handelt es sich nicht um ein nach § 53 Abs. 2 UrhG privilegiertes eigenes Archiv, wenn der Zugriff durch außenstehende Dritte , wie im Internet stets, ermöglicht wird.41 3.3. Ergebnis Die Übernahme eines gesamten Artikels auf eine Homepage ist urheberrechtlich bedenklich, da ein Presseartikel in der Regel ein urheberrechtlich geschütztes Werk darstellt und die Benutzung nicht durch eine der Schrankenregelungen gerechtfertigt werden kann. Die Angabe der Quelle ändert diese Beurteilung nicht, sie ist nach § 63 Abs. 1 UrhG vielmehr ein den Urheber schützendes Recht, das auch bei einer Nutzung des Werks innerhalb der Schrankenbestimmungen beachtet werden muss. Da im Einzelfall nur schwierig zu beurteilen ist, ob ein Presseartikel ausnahmsweise nicht dem Schutz des Urheberrechts nach § 2 UrhG unterliegt, sollte stets beim Urheber oder dem Berechtigten um die entsprechenden Nutzungsrechte nach § 31 UrhG ersucht werden. 4. Urheberrechtliche Anforderungen an die Darstellung von Fotomaterial auf einer Internetseite Schließlich ist zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen fremdes Fotomaterial in die eigene Homepage eingebunden werden kann. 4.1. Grundsatz Aus verwandtem Schutzrecht sind gemäß § 72 Abs. 1 UrhG Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden, in entsprechender Anwendung der für Lichtbildwerke geltenden Vorschriften des ersten Teils des Urheberrechtsgesetzes geschützt. Zu den Lichtbildern zählen grundsätzlich alle Fotografien, die von natürlichen Personen angefertigt wurden, ohne Rücksicht darauf, ob den Fotografien ein besonderer künstlerischer Wert zukommt42. Lichtbilder werden zu den Lichtbildwerken nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG dahingehend abgegrenzt, dass letztere das Ergebnis einer schöpferischen Tätigkeit sind. Den Lichtbildnern stehen auch im Internet entsprechend die Verwertungsrechte gemäß §§ 15 ff. UrhG zu, so dass eine Einspeisung in das Internet grundsätzlich rechtswidrig ist.43 40 Koch (Fn. 29), Rn. 49a f. 41 Koch (Fn. 29), Rn. 50; Dreier, in: Dreier/Schulze (Fn. 7), § 53, Rn. 27. 42 Heckmann (Fn. 12), Rn. 333. 43 Heckmann (Fn. 12), Rn. 130. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 152/11 Seite 11 Während das Urheberrecht gem. § 64 UrhG grundsätzlich erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt, findet sich in Art. 72 Abs. 3 UrhG eine Sonderregel für Lichtbilder. Danach erlischt das Recht an einem Lichtbild 50 Jahre nach dem Erscheinen des Lichtbildes bzw. nach der ersten erlaubten öffentlichen Wiedergabe, falls diese vorher erfolgt ist. Ist das Lichtbild nicht erschienen , erlischt das Recht bereits fünfzig Jahre nach der Herstellung. Während der Dauer der Schutzzeit bedarf es für die Verwendung eines Lichtbildes also der Lizenz des Urhebers. Erst nach dessen Ablauf sind Lichtbilder gemeinfrei und können von jedermann zustimmungs- und vergütungsfrei genutzt werden.44 Ergänzend sind Bildnisse einer abgebildeten Person nach § 22 Kunsturhebergesetz (KUG)45 geschützt und ihr Verbreiten ist nur mit Einwilligung des Abgebildeten zulässig. 4.2. Besonderheiten bei Lichtbildern im Internet Um den Besonderheiten des Internets Rechnung zu tragen und eine kostenfreie Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Werken zu ermöglichen, existiert im Internet mittlerweile eine Vielzahl sogenannter „freier“, also kostenfrei,46 zur Verfügung gestellter Werke. Während im Software-Bereich von Open-Source-Lizenzen gesprochen wird, hat sich für den Bereich anderer Werkgattungen die Bezeichnung Open-Content-Lizenz durchgesetzt.47 Dieses bedeutet bezogen auf Lichtbilder, dass auch nicht gemeinfreie Bilddateien von Internetnutzern hochgeladen werden und dann gemäß der Lizenzvereinbarungen von Dritten genutzt werden können. Hierin liegt jedoch kein Verzicht auf Urheberrechte, sondern die Einräumung des nichtausschließlichen Nutzungsrechts soll vielmehr die Verwendung im Sinne des Lizenzgebers sicherstellen.48 Zu den bekanntesten Open-Content-Lizenzen gehören die GNU-Lizenz für freie Dokumentation sowie einige der Creative-Commons-Lizenzen, bei denen der Urheber aus verschiedenen Modellen wählen und damit den Umfang der freien Nutzung bestimmen kann.49 Die genauen Benutzungsbedingungen ergeben sich für den potentiellen Benutzer dann aus den unter dem Foto angegebenen Symbolen, über deren Bedeutung er sich auf der Internetseite von Creative Commons50 informieren kann. Daneben existieren online zugängliche Mediensammlungen, die sich, wie Wikimedia Commons51, zur Aufgabe gemacht haben, gemeinfreie und frei-lizenzierte Medieninhalte zu archivieren. 44 Lüft, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 27), § 64 Rn. 1. 45 Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 440-3, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 3 § 31 des Gesetzes vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) geändert worden ist. 46 Jaeger/Metzger, Open Content-Lizenzen nach deutschem Recht, MMR 2003, S. 431. 47 Heckmann (Fn. 12), Rn. 301. 48 Dreier, in Dreier/Schulze (Fn. 7), § 69c UrhG, Rn. 38. 49 Heckmann (Fn. 12), Rn. 306. 50 Die deutsche Seite ist abrufbar unter: http://de.creativecommons.org/. (Stand: 16. August 2011). 51 Abrufbar unter: http://commons.wikimedia.org/wiki/Hauptseite?uselang=de. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 152/11 Seite 12 Auch in der deutschsprachigen Wikipedia dürfen nur Inhalte verwendet werden, die entweder gemeinfrei sind oder unter einer freien Lizenz stehen.52 Ferner existiert bei der google- Bildersuchfunktion eine Einstellung, mit der nur solche Bilder aufgelistet werden, die zur freien Wiederverwendung gekennzeichnet sind. 4.3. Der Umgang mit Bildern im Internet Im Grundsatz unterstehen online verfügbare Bilder dem Schutz des Urheberrechtsgesetzes. Allerdings existieren auch zahlreiche Bilder, die entweder als gemeinfrei oder im Rahmen der Lizenzbedingungen frei genutzt werden können. Problematisch an einer solch freien Nutzung ist jedoch, dass keine Garantie dafür besteht, dass die angegebene Lizenz von dem Hochladenden richtig wiedergegeben worden ist. Aus diesem Grund ist es bei der Übernahme jeder Art von Bildern aus dem Internet weiterhin empfehlenswert , sich um eine ausdrückliche Einräumung der entsprechenden Nutzungsrechte durch den Urheber zu bemühen. Andernfalls haftet der Übernehmende verschuldensunabhängig gem. § 97 Abs. 1 UrhG auf Unterlassung und Beseitigung bzw. im Falle von Verschulden auch auf Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG UrhG. Ob die Übernahme eines mit einer freien Lizenz markierten Bildes eine fahrlässige Verletzungshandlung darstellt wird dann anhand des Einzelfalles zu entscheiden sein. 5. Schlussfolgerungen Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Zusammenfassung eines fremden Presseartikels sowie das Setzen eines dazugehörigen Links auf die Webseite mit der entsprechenden Information urheberrechtlich zulässig ist. Hingegen ist die Übernahme eines ganzen Artikels, unabhängig davon, ob auf die Quelle verwiesen wird, nur dann zulässig, wenn der Urheber der entsprechenden Nutzung zugestimmt hat. Gleiches gilt im Grundsatz für Bilder aus dem Internet, doch existiert hier eine Vielzahl von Bildern, die zur freien Nutzung innerhalb der Lizenzbedingungen zur Verfügung stehen und als solche gekennzeichnet sind. Da es im Internet jedoch leicht zu einem Missbrauch kommen kann, sollten auch als lizenzfrei gekennzeichnete Bilder nur übernommen werden , wenn die Richtigkeit der Kennzeichnung feststeht. In anderen Fällen sollte weiterhin um die Nutzungsrechte bei dem Urheber ersucht werden. 52 vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Bildrechte (Stand: 16. August 2011).