© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 149/17 Gewerbeschutz im Miet- und Baurecht Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 149/17 Seite 2 Gewerbeschutz im Miet- und Baurecht Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 149/17 Abschluss der Arbeit: 27. November 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 149/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Überblick 4 2. Welche gesetzlichen Wege gibt es für einen Gewerbemietspiegel, der verbindlich ist? 4 2.1. Mietspiegel im geltenden Recht 4 2.2. Übertragung auf die „Gewerbemiete“ 6 2.3. Verfassungsrechtliche Grenzen 6 3. Welche gesetzlichen Wege gibt es für eine Mietpreisbremse für Gewerbe? 7 4. Welche Möglichkeiten gibt es, soziale Einrichtungen aus dem Gewerbemietrecht auszunehmen? Welche Möglichkeiten gibt es für Sonderregelungen für soziale Einrichtungen innerhalb des Gewerbemietrechts? 9 4.1. Geltende Rechtslage 9 4.2. Sonderregelungen für soziale Einrichtungen 9 5. Gibt es die Möglichkeit einen „Gewerbeschutz“ in die Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB zu integrieren? 10 6. Welche gesetzlichen Wege gibt es für eine „Erhaltungssatzung“ für Gewerbe? 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 149/17 Seite 4 1. Überblick „Mietpreisbremse“ und „Mietspiegel“ sind Instrumente des Wohnraummietrechts, die darauf abzielen , die Miethöhe „in der Nähe“ der örtlichen Vergleichsmiete zu halten. Sie werden verfassungsrechtlich mit der hohen Bedeutung der Wohnung als Mittelpunkt der privaten Existenz des Einzelnen und seiner Familie gerechtfertigt. Für die Gewerberaummiete lässt sich eine vergleichbare Interessenlage nicht, jedenfalls nicht durchgängig, feststellen. Das schließt nicht aus, dass es auch hier Fallgestaltungen gibt, in denen dem Wohnraummietrecht vergleichbare Beschränkungen der grundrechtlich geschützten Vermieterinteressen gerechtfertigt erscheinen können. Voraussetzung für die gesetzgeberische Einführung derartiger Beschränkungen für solche Konstellationen wäre, dass die Beschränkung verhältnismäßig ist, d.h. geeignet, erforderlich und angemessen , um das verfolgte Gemeinwohlziel zu verwirklichen. Dies gilt entsprechend für die Vermietung von Räumen, die von sozialen Einrichtungen genutzt werden. Tendenziell dürften sich hier eher beschränkungsrechtfertigende Gemeinwohlgründe finden lassen als bei der Gewerbemiete, wenn auch nicht so gewichtige wie bei der Wohnraummiete. Das Instrument der Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB ist nicht unmittelbar auf den Gewerbeschutz ausgerichtet, sondern vor allem auf die Erhaltung städtebaulicher Eigenarten oder der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung. Es ist aber denkbar, dass bestimmte gewerbliche Nutzungen auch die städtebauliche Eigenart eines Gebiets prägen oder für eine bestimmte Zusammensetzung der Wohnbevölkerung mitbestimmend sind. Eine gesetzgeberische Erweiterung des Instruments der Erhaltungssatzung auf (bestimmte) gewerbliche Nutzungen ist im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen denkbar. Allerdings enthält das Bauplanungsrecht bereits jetzt eine Reihe von Vorschriften, die (auch) gewerbliche Belange berücksichtigen. Zu nennen sind hier insbesondere die Vorkehrungen zur Erhaltung sog. zentraler Versorgungsbereiche und zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung. 2. Welche gesetzlichen Wege gibt es für einen Gewerbemietspiegel, der verbindlich ist? 2.1. Mietspiegel im geltenden Recht Das Instrument des Mietspiegels kennt das geltende Recht bisher nur im Zusammenhang mit der Wohnraummiete, die in §§ 549 bis 577a BGB geregelt ist. Ein „Mietspiegel“ ist hiernach „eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden ist“ (§ 558c Abs. 1 BGB). Wurde der Mietspiegel „nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt“, handelt es sich um einen sog. qualifizierten Mietspiegel (§ 558d Abs. 1 BGB). Weder einfache noch qualifizierte Mietspiegel sind allerdings im eigentlichen Sinne verbindlich. Es handelt sich vielmehr um eine von mehreren Informationsquellen, auf die der Vermieter Bezug nehmen kann, um zu begründen, dass die vereinbarte Miete mittlerweile hinter der ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt und er deshalb einen Anspruch auf eine entsprechende Erhöhung der Miete hat (§ 558 Abs. 1 Satz 1, § 558a Abs. 2 Nr. 1 BGB). Selbst beim Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels kann er sein Anpassungsverlangen aber auch unter Bezugnahme auf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 149/17 Seite 5 andere Informationsquellen begründen. Das können z.B. sein Auskünfte aus einer Mietdatenbank , Sachverständigengutachten oder entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen (§ 558 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 BGB). Existiert ein aktueller1 qualifizierter Mietspiegel, so muss der Vermieter dessen Angaben dem Mieter allerdings zumindest zusätzlich mitteilen (§ 558a Abs. 2 BGB). Stimmt der Mieter dem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nicht zu und verklagt dieser daraufhin den Mieter auf Zustimmung (§§ 558b Abs. 2 BGB), so wird im Prozess vermutet , dass die in einem aktuellen qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben (§ 558d Abs. 3 BGB). Die Vermutung ist widerlegbar (§ 292 ZPO). Einem einfachen Mietspiegel kommt eine solche Vermutungswirkung nicht zu. Er ist aber eine von mehreren tauglichen Erkenntnisquellen bei der richterlichen Überzeugungsbildung und ein Indiz dafür, dass die in ihm angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben.2 Der Mieterhöhungsanspruch des Vermieters aus § 558 Abs. 1 BGB, in dessen Rahmen der Mietspiegel ein Rolle spielt, ist der Ausgleich für die eingeschränkten Möglichkeiten des Vermieters, das Mietverhältnis zu befristen oder zu kündigen (§ 575; § 573 ff. BGB).3 Ihm ist es verwehrt, das Mietverhältnis zum Zwecke der Mieterhöhung zu kündigen (§ 573 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dafür hat er in bestimmten Zeitabständen einen Anspruch auf Anpassung bzw. Annäherung4 der Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete. Mietverträge über sonstige Räume, einschließlich Geschäftsräume, können, ohne dass hierfür besondere Gründe vorliegen müssten, befristet werden.5 Werden sie nicht befristet, können sie, wiederum ohne dass besondere Gründe vorliegen müssten, gekündigt werden (§ 542 Abs. 1 BGB). Es muss lediglich die Kündigungsfrist beachtet werden, die bei Mietverträgen über Geschäftsräume, knapp zwei Kalendervierteljahre beträgt (§ 580a Abs. 2 BGB)6. Ein Mietanpassungsanspruch des Vermieters gegenüber dem Mieter ist außerhalb der Wohnraummiete folglich überflüssig und es gibt ihn daher auch nicht. 1 Die Aktualisierung muss den Anforderungen des § 558d Abs. 2 BGB entsprechen: Anpassung aller zwei Jahre; Neuerstellung aller vier Jahre. 2 BeckOK BGB/Schüller, 43 Ed. 15.6.2017, BGB, § 558d Rn. 18. 3 BeckOK BGB/Schüller, 43. Ed. 15.6.2017, BGB § 558 Rn. 1. 4 Zwischen den Mieterhöhungen muss mindestens ein Abstand von 15 Monaten liegen (§ 558 Abs. 1 Satz 1 BGB); innerhalb von drei Jahren darf sich die Miete nicht um mehr als 20 Prozent, unter bestimmten Umständen sogar nicht um mehr als 15 Prozent erhöhen (§ 558 Abs. 3 BGB). 5 Die Möglichkeit befristeter Mietverhältnis ergibt sich aus § 535 Abs. 1 Satz 1 („während der Mietzeit“) und § 542 Abs. 1 („Ist die Mietzeit nicht bestimmt, so kann…“), vgl. auch BeckOK BGB/Schüller, 43. Ed. 15.6.2017, BGB § 542 Rn. 1: „zeitliche Begrenzung ein Wesenselement der Miete“. 6 § 580 Abs. 2 BGB lautet: „Bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume ist die ordentliche Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres zulässig.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 149/17 Seite 6 2.2. Übertragung auf die „Gewerbemiete“ Bei einer Übertragung des beschriebenen Wohnraummietregelungsregimes auf die Gewerbemiete (also Einschränkung der Befristungs- und Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters kombiniert mit einem an der örtlichen Vergleichsmiete orientierten periodischen Mieterhöhungsanspruch des Vermieters, wobei bei der Bestimmung der örtlichen Vergleichsmiete auf einen Mietspiegel zurückgegriffen werden kann) wäre zunächst zu klären, was in diesem Zusammenhang unter „Gewerbemiete“ verstanden werden soll. Die Regelungen des BGB über den Mietvertrag (§§ 535 bis 580a) untergliedern sich in drei Untertitel , nämlich „Allgemeine Vorschriften“ (§§ 535 bis 548), „Mietverhältnisse über Wohnraum“ (§§ 549 bis 577a) und „Mietverhältnisse über andere Sachen“ (§§ 578 bis 580a). Einen speziellen Untertitel für Mietverhältnisse über Gewerberäume gibt es nicht. An einer Stelle, nämlich in der bereits erwähnten Kündigungsvorschrift des § 580a Abs. 2 BGB, ist lediglich von einem „Mietverhältnis über Geschäftsräume“ die Rede. Darunter werden Räume verstanden, die für Erwerbszwecke gemietet werden, gleichgültig ob der Erwerbszweck in Form einer gewerblichen, freiberuflichen oder sonstigen beruflichen Tätigkeit verfolgt wird.7 Der Geschäftsraumbegriff in § 580a Abs. 2 BGB ist somit weiter als der Gewerbebegriff in § 1 der Gewerbeordnung , der z.B. freiberufliche Tätigkeiten (Anwalt, Architekt etc.) nicht erfasst8. Er ist aber nicht weit genug, um auch Räume zu erfassen, in denen nichtwirtschaftliche Vereine ihrer satzungsgemäßen Tätigkeit nachgehen.9 Auch solche Räume, z.B. Büroräume einer NGO, wären hingegen erfasst, wenn man an den sehr weiten Begriff des § 578 Abs. 2 BGB („Räume, die keine Wohnräume sind“) anknüpfte. Schließlich könnte der Gesetzgeber auch – passgenau – einen neuen Begriff für diejenigen Räume kreieren, deren Mieter aus seiner Sicht den gleichen oder einen ähnlichen Schutz genießen sollen wie Wohnraummieter. 2.3. Verfassungsrechtliche Grenzen Die Frage, welche Räume aus welchen Gründen einen vergleichbaren Kündigungsschutz wie Wohnräume genießen sollen, ist aber nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Rechtsklarheit und Rechtssystematik bedeutsam, sondern auch von verfassungsrechtlicher Relevanz. Denn die gesetzliche Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters von (wie auch immer definierten) Gewerberäumen wäre eine Regelung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen 7 BeckOK BGB/Schüller, 43. Ed. 15.6.2017, BGB § 580a Rn. 19. 8 BeckOK GewO/Pielow, 39. Ed. 1.9.2017, GewO § 1 Rn. 169, 173 ff. 9 BeckOK BGB/Schüller, 43. Ed. 15.6.2017, BGB § 580a Rn. 19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 149/17 Seite 7 muss.10 Das bedeutet, dass das Interesse des Vermieters an der Privatnützigkeit seines Eigentums nur soweit beschnitten werden darf, als es geeignet, erforderlich und angemessen ist, um ein vom Gesetzgeber verfolgtes legitimes Ziel zu erreichen.11 An der Erforderlichkeit fehlt es dabei, wenn das angestrebte Ziel genauso gut auch mit einer weniger einschneidenden Maßnahme erreicht werden kann.12 Die Angemessenheit ist zu verneinen, wenn die Maßnahme zwar erforderlich ist, der durch sie zu erwartende Nutzen aber in einem krassen Missverhältnis zu dem beim grundrechtlichen Schutzgut angerichteten Schaden steht.13 Der Ausgang der Verhältnismäßigkeitsprüfung hängt somit entscheidend davon ab, aus welchen Gründen und in welchem Umfang der Kündigungsschutz des Gewerberaum-/Geschäftsraum-/Nichtwohnungsraum-Mieters dem des Wohnraummieters gleichgestellt wird. Die Gründe, welche das Bundesverfassungsgericht dazu bewogen haben, das Kündigungsschutzregime bei der Wohnraummiete als mit dem Eigentumsgrundrecht vereinbar einzustufen, dürften bei der Gewerberaum-/Geschäftsraum-/Nichtwohnungsraum-Miete allerdings nicht, jedenfalls nicht durchgängig, greifen. Ein wesentlicher Gesichtspunkt war dabei nämlich „die hohe Bedeutung , die der Wohnung für den Einzelnen und die Familie zukommt“.14 Diese „hohe Bedeutung“ hat das Bundesverfassungsgericht in einem anderen Kontext sogar dazu veranlasst, auch das Besitzrecht des Wohnungsmieters dem Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zuzuordnen15 mit der Folge, dass sich bei der Wohnungsmiete die Eigentumsgrundrechte des Mieters und des Vermieters – gewissermaßen auf Augenhöhe – gegenüberstehen. Es hat in diesem Zusammenhang ausgeführt: „Die Wohnung ist für jedermann Mittelpunkt seiner privaten Existenz. Der einzelne ist auf ihren Gebrauch zur Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse sowie zur Freiheitssicherung und Entfaltung seiner Persönlichkeit angewiesen. Der Großteil der Bevölkerung kann zur Deckung seines Wohnbedarfs jedoch nicht auf Eigentum zurückgreifen, sondern ist gezwungen, Wohnraum zu mieten. Das Besitzrecht des Mieters erfüllt unter diesen Umständen Funktionen, wie sie typischerweise dem Sacheigentum zukommen.“16 3. Welche gesetzlichen Wege gibt es für eine Mietpreisbremse für Gewerbe? Während die bei 2.1 geschilderten Regelungen in § 558 ff. BGB die Entwicklung der Miethöhe während des Mietverhältnisses steuern, betrifft die erst im Jahre 2015 eingeführte17 sog. Mietpreisbremse in § 556d BGB bereits die zu Beginn des Mietverhältnisses vereinbarte Miethöhe. Sie 10 Vgl. BVerfG, NJW 1974, S. 1499 (1499 f.) für die Wohnraummiete; allgemein BeckOK GG/Axer, 34. Ed. 15.9.2017, GG Art. 14 Rn. 88. 11 Vgl. BeckOK GG/Axer, 34. Ed. 15.9.2017, GG Art. 14 Rn. 88. 12 BeckOK GG/Axer, 34. Ed. 15.9.2017, GG Art. 14 Rn. 89. 13 BeckOK GG/Axer, 34. Ed. 15.9.2017, GG Art. 14 Rn. 89. 14 BVerfG, NJW 1974, S. 1499 (1500). 15 BVerfG, NJW 1993, S. 2035 (2035 f.). 16 BVerfG, NJW 1993, S. 2035 (Hervorhebung nicht im Original). 17 Durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz vom 21. April 2015 (BGBl. I S. 610). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 149/17 Seite 8 sieht vor, dass in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete grundsätzlich höchstens um zehn Prozent übersteigen darf (§ 556d Abs. 1 BGB).18 Anders als im Mieterhöhungsverfahren nach § 558 ff. BGB findet sich bei den Vorschriften über die Mietpreisbremse keine Bezugnahme auf einen Mietspiegel als Instrument zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Angaben eines Mietspiegels können hier daher insoweit nur als Indiz herangezogen werden.19 Bei der Einführung einer entsprechenden Regelung für Mietverträge über „gewerblich“ genutzte Räume würden sich ähnliche Fragen stellen wie bei 2.2 und 2.3. Erstens: Was ist im vorliegenden Zusammenhang unter „Gewerbe“ zu verstehen? Alle Räume, die keine Wohnräume sind? Alle Räume, die für Erwerbszwecke im weitesten Sinne genutzt werden? Nur Räume, die für die von § 1 der Gewerbeordnung erfassten Erwerbszwecke genutzt werden? Oder etwas Drittes? Zweitens: Welche Ziele sollen mit einer Mietpreisbremse im gewerblichen Zusammenhang erreicht werden? Ist eine Mietpreisbremse ein verhältnismäßiges, d.h. geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel, um diese Ziele zu erreichen?20 Für die bereits existierende Mietpreisbremse bei der Wohnungsmiete hat der Gesetzgeber (allerdings noch nicht das Bundesverfassungsgericht21) die Verhältnismäßigkeit bejaht.22 Die Mietpreisbremse sei geeignet und erforderlich, um eine „Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Mieter aus begehrten Wohnlagen zu begrenzen und Wohnraum dort für breitere Bevölkerungsschichten bezahlbar zu halten […] Für die Mieter geht es um den Erhalt erschwinglichen Wohnraums auch in angespannten Märkten. Zugleich besteht ein allgemeines gesellschaftliches Interesse am Erhalt sozialer Strukturen, die eine Vielfalt der Bewohnerschaft in den Quartieren insbesondere prosperierender Innenstädte ermöglichen.“ Das Interesse des Vermieters, sein 18 Es gibt Ausnahmen, die in § 556e und § 556f BGB geregelt sind, z.B. wenn die Vormiete bereits zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag. Die Gebiete mit einem „angespannten Wohnungsmarkt“ sollen von den Landesregierung durch Rechtsverordnung festgelegt werden (§ 556d Abs. 1 BGB). 19 BeckOK BGB/Schüller, 43. Ed. 15.6.2017, BGB § 556d Rn. 23; § 556g Rn. 5. 20 Die Verhältnismäßigkeit wäre auch zu prüfen, wenn man Art. 14 Abs. 1 GG nicht für einschlägig halten sollte, weil die Aussicht auf eine höhere Miete lediglich eine Erwerbschance und noch kein ausgeformtes Recht sei. Dann läge in der Mietpreisbremse eine Beschränkung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), jedenfalls aber der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), in die ebenfalls nur nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eingegriffen werden darf. 21 Das Bundesverfassungsgericht hat zwar eine Verfassungsbeschwerde gegen die Mietpreisbremse nicht zur Entscheidung angenommen, aber mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer zunächst auf dem Zivilrechtsweg versuchen müsse, gegen die von ihm behauptete Grundrechtsverletzung vorzugehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 1 BvR 1360/15 - , online abrufbar unter https://www.bundesverfassungsgericht .de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2015/06/rk20150624_1bvr136015.html, letzter Zugriff 22. November 2017). 22 BT-Drs. 18/3121 S. 19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 149/17 Seite 9 Eigentum wirtschaftlich nach Belieben zu nutzen, werde vor diesem Hintergrund nicht unangemessen beschränkt. „Durch die Möglichkeit, die Miete bei Neuvermietung bis auf 10 Prozent über der Vergleichsmiete anzuheben, wird sichergestellt, dass die Vermietung grundsätzlich rentabel bleibt.“23 4. Welche Möglichkeiten gibt es, soziale Einrichtungen aus dem Gewerbemietrecht auszunehmen ? Welche Möglichkeiten gibt es für Sonderregelungen für soziale Einrichtungen innerhalb des Gewerbemietrechts? 4.1. Geltende Rechtslage Ein „Gewerbemietrecht“ im Sinne eines Komplexes mehrerer Vorschriften, die sich (entsprechend den Regelungen für die Wohnungsmiete) ausschließlich auf die Vermietung von Gewerberäumen beziehen, gibt es nicht (siehe oben bei 2.2.). Die Vermietung von Gewerberäumen richtet sich nach den „Allgemeinen Vorschriften für Mietverhältnisse“ (§§ 535 bis 548 BGB) sowie den Vorschriften über „Mietverhältnisse über andere Sachen“ [als Wohnräume] (§§ 578 bis 580a BGB). Dort findet sich eine Regelung (§ 578 Abs. 2 BGB), die auf Mietverhältnisse über „Räume, die keine Wohnräume sind“, also sowohl gewerblich als auch nicht gewerblich genutzte Räume, bestimmte Vorschriften der Wohnraummiete für entsprechend anwendbar erklärt. Dazu gehören z.B. Vorschriften über das Vermieterpfandrecht und der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“.24 Die Vorschriften über die Einschränkung der ordentlichen Kündigung (oben bei 2.1) und die Mietpreisbremse (oben bei 3.) gehören aber nicht dazu. Die Verweisung in § 578 Abs. 2 BGB gilt, wie gesagt, für gewerblich und nicht gewerblich genutzte Räume gleichermaßen. Es gibt im Mietrecht nur eine einzige Vorschrift, die ausdrücklich zwischen Mietverhältnissen „über Räume, die keine Geschäftsräume sind“ und Mietverhältnissen „über Geschäftsräume“ differenziert . Das ist § 580a, der die Fristen für eine ordentliche Kündigung regelt. Während die Kündigungsfrist bei der Geschäftsraummiete fast zwei Kalendervierteljahre beträgt (§ 580 Abs. 2), beträgt sei bei der Nichtgeschäftsraummiete maximal knapp zwei Monate (§ 580 Abs. 1 Nr. 3 BGB). 4.2. Sonderregelungen für soziale Einrichtungen Sonderregelungen für soziale Einrichtungen ließen sich beispielsweise durch Aufnahme spezieller Regelungen in den Untertitel „Mietverhältnisse über andere Sachen“ in die Mietvorschriften des BGB integrieren. Bei entsprechendem Umfang böte sich auch die Schaffung eines eigenen Untertitels an. Selbstverständlich müssten auch hier die verfassungsrechtlichen Grenzen, insbesondere die Grundrechte des Vermieters, gewahrt werden. Ob das der Fall ist, hängt davon ab, wie tief in dessen grundrechtlich geschützte Belange eingegriffen wird, welchen Zwecken diese Eingriffe dienen und ob sie geeignet, erforderlich und angemessen sind, um die verfolgten Ziele zu erreichen. Tendenziell dürften Vermieterbeschränkungen zugunsten sozialer Einrichtungen 23 BT-Drs. 18/3121 S. 19. 24 §§ 562-562d (Vermieterpfandrecht); §§ 566-567b (Kauf bricht nicht Miete). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 149/17 Seite 10 sich eher verfassungsrechtlich rechtfertigen lassen als solche zugunsten von Gewerbeinteressen. Ob ihnen, jedenfalls durchgängig, ein ähnlich großes Gewicht beigemessen werden kann wie den Belangen von Wohnungsmietern erscheint hingegen fraglich. 5. Gibt es die Möglichkeit einen „Gewerbeschutz“ in die Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB zu integrieren? Gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen genehmigungspflichtig ist. Der Erlass einer solchen Erhaltungssatzung ist aber nur zu den in § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BauGB genannten Zwecken möglich, nämlich „zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt “ (Nr. 1), „zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“ (Nr. 2) und „bei städtebaulichen Umstrukturierungen“ (Nr. 3). Die Erhaltung (bestimmter) bestehender Gewerbestrukturen gehört als solche offensichtlich nicht zu den genannten Zwecken. Allerdings erscheint es nicht ausgeschlossen, dass auch bestimmte gewerbliche Nutzungen die „städtebauliche Eigenart des Gebiets“ oder die „Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“ erhaltenswert erscheinen lassen können. So hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof die „Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“ in einem Gründerzeitviertel unter anderem deshalb als erhaltenswert angesehen, weil „die zu wesentlichen Stücken gerade im Satzungsgebiet vorhandene öffentliche und private Infrastruktur […] mit markierten Radwegen, Buchläden, Galerien, Antiquariaten, politisch-literarischen Cafés usw. besonders auf die ansässige Wohnbevölkerung zugeschnitten ist und bei ihrer auch nur teilweisen Verdrängung an anderer Stelle nicht ohne weiteres ersetzbar wäre.“25 Mit Blick auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB könnte beispielsweise an eine offene Ladenzeile mit traditionellen Handwerksbetrieben gedacht werden, welche die städtebauliche Gestalt des Gebiets prägt und ihm dadurch eine erhaltenswerte städtebauliche Eigenart verleiht. Auch das Straßenbild kann nämlich das Ortsbild prägen, welches wiederum ein Element der städtebaulichen Eigenart ist.26 § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB hat, wie sich aus § 172 Abs. 3 Satz 1 BauGB ergibt, in erster Linie die optische Wirkung vor Augen – „das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild“.27 Aber auch die geschichtliche oder künstlerische Bedeutung baulicher Anlage kann einem Gebiet eine erhaltenswerte städtebauliche Gestalt verleihen.28 Ein „Gewerbeschutz“ über § 172 BauGB ist also denkbar, aber nur indirekt und partiell. 25 VGH Kassel, DVBl. 1986, S. 693 (695) zu der Vorgängerregelung in § 39h BBauG; vgl. auch Mitschang, in: Battis /Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 172 Rn. 19, 46. 26 Vgl. Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 172 Rn. 18. 27 § 172 Abs. 3 Satz 1 BauGB (Hervorhebungen nicht im Original); dazu Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 172 Rn. 39 ff. 28 Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 172 Rn. 42. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 149/17 Seite 11 6. Welche gesetzlichen Wege gibt es für eine „Erhaltungssatzung“ für Gewerbe? Eine Erweiterung des § 172 BauGB mit dem Ziel der Erhaltung bestimmter gewerblicher Nutzungen müsste zum einen beachten, dass die Errichtung weiterer Genehmigungsvorbehalte und erst recht die Schaffung neuer Genehmigungsversagungstatbestände aus Sicht des Grundstückseigentümers die Möglichkeiten der Nutzung seines Eigentums erschweren bzw. einschränken. Es handelt sich daher um Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen müssen (dazu bereits oben bei 2.3.). Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich das BauGB auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) stützt29 und daher nicht als Instrument der Wirtschaftsplanung konzipiert ist30. Die Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange als Element einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ist allerdings möglich und im geltenden Bauplanungsrecht auch vielfach bereits verwirklicht.31 So sind bei der Abwägung im Rahmen der Bauleitplanung zum Beispiel die Belange „der Wirtschaft , auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung“ zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchstabe a BauGB), ferner die Belange „der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchstabe c BauGB) sowie „die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche“32 (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB). Der letztgenannte Aspekt spielt auch bei der Genehmigung vom Vorhaben im sog. unbeplanten Innenbereich von Städten eine besondere Rolle. So dürfen hier selbst Bauvorhaben, die sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen und daher an sich zulässig wären (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB), trotzdem nicht genehmigt werden, wenn von ihnen schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in einer anderen Gemeinde zu erwarten sind (§ 34 Abs. 3 BauGB). Dafür darf die „Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs“ ausnahmsweise auch dann genehmigt werden, wenn diese sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (§ 34 Abs. 3a Nr. 1 Buchstabe a BauGB). Dies gilt allerdings wiederum nicht für „Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen 29 Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, Einleitung Rn. 10a. 30 Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, §1 Rn. 71. 31 Vgl. Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 1 Rn. 71. 32 Gemeint sind damit räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote – eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt. Sie dienen der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie von Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung, der Kultur und für soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke. Es kann sich um Innenstadtzentren von Städten mit größerem Einzugsbereich handeln , aber auch Nebenzentren in Stadtteilen sowie Grund- und Nahversorgungszentren in Stadt- und Ortsteilen (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 125. EL Mai 2017, § 34 Rn. 85 f.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 149/17 Seite 12 oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder anderen Gemeinden haben können“33 (§ 34 Abs. 3a Satz 2 BauGB). Diese bereits kraft Gesetzes bestehenden baurechtlichen Vorgaben für den Innenbereich zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche können durch planerische Vorgaben eines einfachen34 Bebauungsplanes zielgerichtet präzisiert und ergänzt werden (§ 9 Abs. 2a BauGB).35 So kann die Gemeinde unter anderem festsetzen, dass nur bestimmte Arten der an sich gesetzlich zulässigen baulichen Nutzungen zugelassen sind (§ 9 Abs. 2a Satz 1 Halbsatz 1 BauGB). Ein typisches Beispiel sind Sortimentsbeschränkungen für den Einzelhandel.36 Derartige satzungsrechtliche Festlegungen müssen nicht im gesamten Plangebiet und auch nicht im gesamten Innenbereich die gleichen sein, sondern es kann nach Teilgebieten differenziert werden (§ 9 Abs. 2a Satz 1 Halbsatz 2 BauGB).37 Existiert ein einschlägiges sog. städtebauliches Entwicklungskonzept ist dieses bei den Festlegungen zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2a Satz 2 BauGB). Als spezieller Fall (auch) des Gewerbeschutzes lässt sich § 22 BauGB begreifen. Diese Vorschrift dient der Sicherung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion. Die Gemeinde darf in solchen Gebieten z.B. die Begründung von Wohnungseigentum einer Genehmigungspflicht unterwerfen (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). Gleiches gilt für Nutzung von Räumen in Beherbergungsbetrieben als Nebenwohnung, wenn die Räume insgesamt an mehr als der Hälfte der Tage eines Jahres unbewohnt sind (§ 22 Abs. 1 Nr. 5 BauGB). Dadurch soll das Entstehen sog. Rollladensiedlungen verhindert und einer damit verbundenen Unterausnutzung der auf den Fremdenverkehr ausgerichteten Gebietsinfrastruktur begegnet werden.38 Zu beachten ist allerdings, dass das Bauplanungsrecht, auch soweit es dem Schutz bestimmter Gewerbestrukturen dient, dem einzelnen Mieter eines entsprechenden Geschäftsraumes grundsätzlich keine Handhabe gegen die Kündigung durch seinen Vermieter bietet. Der einzelne Mieter profitiert grundsätzlich nur indirekt von den bauplanungsrechtlichen Vorgaben: Diese verbieten oder erschweren eine höhere Mieteinnahmen versprechende Nutzungsumwandlung und machen dadurch eine entsprechend motivierte Kündigung wirtschaftlich unattraktiv. Die Verlängerung 33 Die Schädlichkeit beurteilt sich vor allem nach dem zu erwartenden Kaufkraftabfluss, aber auch die Sortimentsstruktur , die Handelsdichte, die Funktion als Magnetbetrieb, die Lage im Stadtgefüge, die gemeindliche Einzelhandelsstruktur können Kriterien sein (vgl. Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 34 Rn. 70). 34 Liegt ein sogenannter qualifizierter Bebauungsplan vor, richtet sich die Zulässigkeit von baulichen Vorhaben gemäß § 30 Abs. 1 BauGB ohnehin ausschließlich nach dessen Vorgaben und nicht mehr nach § 34 BauGB mit seinem Kriterium des „Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung“ (vgl. Mitschang/Reidt, in: Battis /Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 9 Rn. 171). 35 Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 9 Rn. 173. 36 Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 9 Rn. 183. 37 Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 9 Rn. 169. 38 Vgl. Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 22 Rn. 1, 5; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg /Krautzberger, BauGB, 125. EL Mai 2017, § 22 Rn. 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 149/17 Seite 13 von Miet- und Pachtverhältnissen durch die Gemeinde ist im BauGB nur an einer Stelle vorgesehen , nämlich in § 186 BauGB. Nach dieser Vorschrift kann die Gemeinde im Rahmen der Verwirklichung eines Sozialplans Miet- und Pachtverhältnisse auf Antrag des Mieters bzw. Pächters – vorübergehend – verlängern, wenn sich städtebauliche Sanierungsmaßnahmen, städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen oder Stadtumbaumaßnahmen nachteilig auf die persönlichen Lebensumstände der in dem betroffenen Gebiet wohnenden oder arbeitenden Menschen auswirken (§§ 186, 180 BauGB).39 *** 39 Vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 125. EL Mai 2017, § 186 Rn. 2 f., 7.