WD 7 - 3000 - 145/18 (14. Juni 2018) © 2018 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Einleitung In der vorliegenden Kurzinformation geht es um eine Anfrage, in der Reihe von Reformen des Strafrechts und anderer Rechtsgebiete vorgeschlagen wird. 2. Reform des Privatklageverfahrens In der Anfrage wird u.a. angeregt, dass bestimmte Straftatbestände des Strafgesetzbuchs (StGB) wie Bedrohung, Beleidigung oder „einfache“ Körperverletzung im Wege der Privatklage effizienter verfolgt werden könnten. Die Polizei solle in derartigen Fällen nur die Personalien der beteiligten Personen feststellen und austauschen müssen. Der Bund könnte hier die entscheidenden Paragrafen von StGB und Strafprozessordnung (StPO) ändern. Allerdings sind die genannten Straftatbestände bereits im Katalog der Privatklagedelikte des § 374 Abs. 1 StPO enthalten. Zuletzt wurde die Nötigung (§ 240 Abs. 1-3 StGB) in diesen Katalog aufgenommen. Damit soll in Fällen, in denen die Nötigung mit anderen Privatklagedelikten zusammenfällt, ein einheitlicher Verweis auf den Privatklageweg ermöglicht werden (Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung , BT-Drs. 18/11277, S. 38). Zu einer möglichen Reform von StGB und StPO ist Fachliteratur in dieser Hinsicht nicht vorhanden. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Nordrhein-Westfalen schlägt in diesem Zusammenhang vor, dass schon die Polizei und nicht erst die Staatsanwaltschaft auf den Privatklageweg verweisen können sollte (Kriminalpolitisches Programm, April 2015, S. 59, zuletzt abgerufen am 14 Juni 2018 unter: https://www.gdp.de/gdp/gdpnrw.nsf/id/DE_Kriminalpolitisches-Programm/$file/Kriminalpolitisches _Programm.pdf). Eine Reform der Aufgaben der Polizei in Bezug auf Ermittlungen zu Privatklagedelikten wäre beispielsweise durch Änderung des § 163 StPO möglich, der die Aufgaben der Polizei im Ermittlungsverfahren regelt. Nach dessen jetziger Fassung hat die Polizei generell Straftaten zu erforschen . Eine solche Veränderung der polizeilichen Ermittlungspflichten könnte jedoch insofern problematisch sein, als dass häufig zu Beginn der Ermittlungen noch gar nicht feststeht, welche Straftatbestände letztendlich verwirklicht worden sind und ob es sich dabei ausschließlich um Privatklagedelikte handelt. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zur Reformierbarkeit des Strafgesetzbuchs und anderer Gesetze Kurzinformation Zur Reformierbarkeit des Strafgesetzbuchs und anderer Gesetze Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 3. Diebstahl bei Ersttätern als Ordnungswidrigkeit Die Anfrage enthält außerdem den Vorschlag, einen Diebstahl mit einem Schaden von unter 100 Euro bei Erstbegehung nicht als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Der Bund könnte hier den Straftatbestand des Diebstahls (§ 242 StGB) und das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OwiG) dahingehend ändern. Fachliteratur zu einer Ahndung des Diebstahls als Ordnungswidrigkeit bei erstmaliger Begehung ist nicht vorhanden. Es gibt hingegen Medienberichte über Forderungen, wonach Diebstahl in bestimmten Konstellationen nicht nur bei erstmaliger Begehung , sondern generell als Ordnungswidrigkeit geahndet werden soll, – Süddeutsche Zeitung online vom 17. April 2015, Hat die Polizei nichts Besseres zu tun?, zuletzt abgerufen am 14. Juni 2018 unter: http://www.sueddeutsche.de/panorama/schwarzfahren -und-ladendiebstahl-hat-die-polizei-nichts-besseres-zu-tun-1.2440838; Focus online vom 2. Mai 2016, SPD will Ladendiebstahl nur noch mit Bußgeld ahnden, zuletzt abgerufen am 14. Juni 2018 unter: https://www.focus.de/finanzen/recht/voellig-falsches-signal-spdvize -will-ladendiebstahl-nur-noch-mit-bussgeldern-ahnden_id_5488525.html, – Vgl. zur Diskussion um die Ahndung des „Schwarzfahrens“ als Ordnungswidrigkeit Mosbacher , Sitzen fürs Schwarzfahren, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2018, S. 1069; Antrag der Bundestagsfraktion DIE LINKE (BT-Drs. 18/7374); Gesetzesentwurf der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des StGB und des OWiG – Schwarzfahren als Ordnungswidrigkeit –(BT-Drs. 19/1690). 4. Aufnahme von Wildunfällen durch Polizisten Nach einem in der Anfrage angeregten Vorschlag sollen Wildunfälle künftig nicht mehr von Polizisten aufgenommen werden müssen. Ob und wie Wildunfälle aufgenommen werden müssen und welche Maßnahmen die Polizei dabei durchzuführen hat, ist Teil der jeweiligen landesrechtlichen (Dienst-)Vorschriften und liegt nicht innerhalb der Zuständigkeit des Bundes. 5. Begleitung von Schwertransporten Außerdem sollen Schwertransporte nach entsprechenden gesetzlichen Vorgaben in privatwirtschaftliche Hände gelegt werden. Hier ist der Bundesgesetzgeber bereits tätig geworden. Durch das „Sechste Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze“ vom 28. November 2016 (BGBl. I S. 2722) wurde ein neuer Abs. 7 an § 6 Straßenverkehrsgesetz (StVG) angefügt . Demnach soll es den Ländern durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ermöglicht werden, bestimmte Aufgaben bei der Begleitung von Schwertransporten auf natürliche oder juristische Personen des Privatrechts (als Beliehene oder Verwaltungshelfer) zu übertragen. Damit sollen bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Polizei bei der Begleitung von Groß- und Schwertransporten entlasten zu können (BT-Drs. 18/9804, S. 14). Von dieser Ermächtigungsgrundlage wurde bisher allerdings noch nicht Gebrauch gemacht (Stand: Juni 2018). ***