Deutscher Bundestag Struktur einer gemeinnützigen Stiftung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 - 3000 - 141/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 141/11 Seite 2 Struktur einer gemeinnützigen Stiftung Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 141/11 Abschluss der Arbeit: 24. Juni 2011 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 141/11 Seite 3 1. Einleitung Die vorliegende Ausarbeitung behandelt die Struktur einer gemeinnützigen Stiftung des bürgerlichen Rechts, deren Zweck die Förderung und Durchführung kultureller Veranstaltungen, die Förderung junger Künstler sowie die Pflege und Erhaltung eines Baudenkmals ist. Untersucht werden dabei zwei organisatorische Szenarien: Einmal wird der Frage nachgegangen, ob als Kontrollinstanz ein Gremium eingerichtet werden kann, dessen Mitglieder nicht namentlich benannt sind, sondern durch die Ausübung einer bestimmten Funktion, also qua Amt, diese Tätigkeit ausüben. Zum anderen wird erörtert, ob diese Kontrollfunktion von einem externen Gremium außerhalb der Stiftungssatzung wahrgenommen werden kann. 2. Einsetzung eines Kontrollorgans In der Stiftungsorganisation können neben den obligatorischen Vorstand bestimmte Kontrollorgane als fakultative Organe treten. Die Kontrollorgane werden vielfach als Kuratorium, Verwaltungsrat oder Beirat bezeichnet. Da es keine festgelegte Terminologie gibt, ist der Stifter in der Bezeichnung frei.1 Das Kontrollorgan könnte also durchaus, wie im vorliegenden Fall vorgesehen, als „Wächterrat“ bezeichnet werden. Die Einsetzung eines Kontrollorgans ist nicht notwendig und gesetzlich auch nicht vorgeschrieben 2, wird aber überwiegend grundsätzlich für sinnvoll gehalten3. Die Aufgaben des Kontrollorgans liegen typischerweise in der Bestellung, Abberufung und Entlastung des Vorstands, der Vertretung der Stiftung gegenüber Mitgliedern des Vorstands, der Mitwirkung bei „Grundlagenentscheidungen “ wie Satzungsänderungen, der Prüfung des Wirtschaftsplans, der Haushalts- und Wirtschaftsführung und der Jahresrechnung.4 Über die Wahrnehmung der typischen Aufgaben hinaus kommt speziell im Hinblick auf die Belange der Stiftung auch eine Evaluation ihrer Tätigkeit zur Erfüllung der ihr vorgegebenen Zwecke in Betracht. Maßgebende Kriterien für diese Prüfung sind diese Zwecke selbst und die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, wie sie in einigen Stiftungsgesetzen der Länder ausdrücklich festgeschrieben sind5, wie ganz allgemein die Grundsätze ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung.6 Auch kann das Kontrollorgan bei hinlänglicher Funktionstüchtigkeit und Aktivität ein Einschreiten der Stiftungsaufsicht vermeid- 1 Hof, in: Seifart/von Campenhausen, Stiftungsrechtshandbuch, 3. Auflage 2009, § 8 Rn. 77. 2 OLG Hamburg StiftRSpr. III, 106 f.; Kilian, Die Stellung des Beirats in der Stiftung, 2002, S. 52 ff. 3 Bugard, Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht, 2006, S. 267; Hof (Fn. 1), § 8 Rn. 77 Fn. 101. 4 Hof (Fn. 1), § 8 Rn. 80. 5 Z.B. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Art. 7 Satz 1 Bayerisches Stiftungsgesetz (BayStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2008 (GVBl 2008, S. 834). 6 Hof (Fn. 1), § 8 Rn. 80. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 141/11 Seite 4 bar und entbehrlich machen.7 Die Staatsaufsicht ist freilich auf die Rechtsaufsicht beschränkt, während das Kontrollorgan auch Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen kann. Erhält das Kontrollorgan zugleich Beraterfunktion, kommt es zu einem engeren Zusammenwirken mit dem Vorstand, als es der reinen Kontrolle entspricht. Dies dürfte grundsätzlich nur für besonders gewichtige Fragestellungen in Betracht kommen, die bei ad hoc oder turnusmäßigen Zusammenkünften behandelt werden können. Soll aber eine laufende Beratung staatfinden, müsste das Organ als ständig präsente Einrichtung konzipiert werden, wodurch sich der finanzielle Verwaltungsaufwand der Stiftung deutlich erhöht.8 Werden dem Kontrollorgan allerdings zugleich Entscheidungsbefugnisse eingeräumt, können Probleme insofern entstehen, als damit zum einen zwangsläufig eine Herabstufung des Vorstandes verbunden ist und zum anderen eine unbefangene Kontrolle des Vorstandes wesentlich erschwert wird. Dies wiederum eröffnet der Stiftungsaufsicht Einwirkungsmöglichkeiten, die durch eine klare Abgrenzung der Funktionen vermieden werden kann.9 So setzt beispielsweise § 8 Abs. 2 Satz baden-württembergisches Stiftungsgesetz10 bestimmte Anzeigepflichten und Aufsichtsmaßnahmen ausdrücklich aus, „wenn und solange eine ordnungsgemäße Überwachung durch ein in der Stiftungssatzung vorgesehenes unabhängiges Kontrollorgan gewährleistet erscheint “. Mehrere Stiftungsgesetze setzen der staatlichen Stiftungsaufsicht dahin gehend Grenzen , dass diese die „Entschlusskraft und Verantwortungsfreude“ der Stiftungsorgane nicht beeinträchtigen darf.11 Demgemäß wird in der stiftungsrechtlichen Literatur empfohlen, auch stiftungsintern eine Überbetonung der Kontrollfunktion zu vermeiden, um die Initiative des kontrollierten Organs nicht zu lähmen.12 3. Benennung ad personam oder qua Amt Bereits das Reichsgericht hatte es für zulässig erklärt, dass die Stiftungsverfassung den Inhaber eines bestimmten Amtes (z.B. Oberbürgermeister, Leiter einer Schule etc.) als Vertreter einer anderen juristischen Person in einem Organ der Stiftung vorsieht.13 Danach soll sogar eine in den Vorstand der Stiftung zu berufende Person in der Weise bezeichnet werden können, dass der Inhaber eines bestimmten Amtes berufen sein soll. Das muss erst recht für die Bestellung fakultati- 7 Vgl. die Behördenbefragungen von Härtl, Ist das Stiftungsrecht reformbedürftig?, 1990, S.166; Bugard (Fn. 3), S. 267.. 8 Hof (Fn. 1), § 8 Rn. 81. 9 Hof (Fn. 1), § 8 Rn. 82. 10 Stiftungsgesetz für Baden-Württemberg vom 4. Oktober 1977 (GBl. S. 408), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Stiftungsgesetzes vom 16. Dezember 2003 (GBl. S. 720). 11 So z.B. Bremisches Stiftungsgesetz vom 7. März 1989 (Brem.GBl. S. 163), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 27. Februar 2007 (Brem.GBl. S. 181). 12 Hof (Fn. 1), § 8 Rn. 83. 13 RG JW 1915, 1194 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 141/11 Seite 5 ver Organe gelten. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Rechtsprechung und sah keine Bedenken , die Berufung in ein Stiftungsorgan auf diese Weise vorzunehmen.14 Allerdings muss zweifelsfrei in der Stiftungsverfassung geklärt werden, ob der jeweilige Inhaber eines bestimmten Amtes bestellt werden oder eine Bestellung ad personam unabhängig von der weiteren Amtszugehörigkeit erfolgen soll.15 4. Externe Instanzen Außerhalb der Stiftungsorgane externe Personen oder Institutionen mit der Wahrnehmung von Mitbestimmungs-, Kontroll-und Aufsichtsfunktionen zu betrauen, ist grundsätzlich möglich. Genannt werden „Vorschlagsberechtigte bei der Verwendung der Stiftungsmittel, Benutzungsberechtigte bezüglich bestimmter Teile des Stiftungsvermögens, Verwaltungsberechtigte bezüglich des Stiftungsvermögens, Prüfungsberechtigte bezüglich der Rechnungslegung der Stiftung“.16 Teilweise werden zusätzlich auch noch Weisungs- und Vetorechte angeführt.17 Die Betrauung externer Instanzen mit Mitbestimmungs-, Kontroll-und Aufsichtsfunktionen wird vielfach als problematisch angesehen.18 Dagegen wird eingewandt, dass derartige Kompetenzzuweisungen zwangsläufig die Stellung der Stiftungsorgane schwächen und die Stiftung einer Fremdbestimmung aussetzen. Dieser Effekt kann durch korporative Elemente noch verstärkt werden. Daher geben die Kritiker einer Einbeziehung externer Instanzen einer zweigliedrigen Organisation der Stiftung mit Aufteilung aller Zuständigkeiten zwischen Vorstand und Kontrollgremium den Vorzug, um die für selbständige Stiftungen charakteristische Unverfügbarkeit für von ihren Zwecksetzungen abweichende Interessen zu wahren.19 14 BGH LM § 85 BGB Nr. 2; Werner, in: Werner/Saenger, Die Stiftung, 2008, S. 239. 15 Hof (Fn. 1), § 8 Rn. 112. 16 Neuhoff, in: Soergel, BGB, Band 1, 13. Auflage 2002, § 85 Rn. 22. 17 Bugard (Fn. 3), S. 275 f. 18 Hof (Fn. 1), § 8 Rn. 94; kritisch auch Pues/Scherbarth, Gemeinnützige Stiftungen im Zivil- und Steuerrecht , 3. Auflage 2008, S. 48. 19 Hof (Fn. 1), § 8 Rn. 94.