© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 140/20 Rechtliche Einzelfragen des Mindestabstands von Windenergieanlagen zu Wohngebieten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 2 Rechtliche Einzelfragen des Mindestabstands von Windenergieanlagen zu Wohngebieten Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 140/20 Abschluss der Arbeit: 17. Dezember 2020 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Immissionsschutzrechtliche Vorgaben 4 3. Baurechtliche Vorgaben 5 3.1. Bauplanungsrecht 6 3.2. Länderspezifische Vorgaben 7 4. Fazit 14 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 4 1. Einleitung Windenergie hat sich in den vergangenen Jahren zu einer tragenden Säule der Energiewende entwickelt .1 Immer mehr Windenergieanlagen werden errichtet.2 Insbesondere vor dem Hintergrund der hierdurch mitunter entstehenden Licht- und Lärmemissionen sollen daher nachstehend überblicksartig und summarisch die rechtlichen Rahmenbedingungen etwaiger Mindestabstände von Windenergieanlagen zu Wohngebieten dargestellt werden. Diese ergeben sich vorwiegend aus dem Immissionsschutz- und dem – mitunter landesrechtlichen Besonderheiten unterliegenden – Baurecht. 2. Immissionsschutzrechtliche Vorgaben Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern bedürfen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG)3 in Verbindung mit Nr. 1.6.1 Anhang der 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV).4 Aufgrund der sogenannten Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung schließt diese Genehmigung andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen mit ein – insbesondere die Überprüfung der baurechtlichen Zulässigkeit im Rahmen der Baugenehmigung, § 13 BImSchG.5 Soweit das Immissionsschutzrecht Anwendung findet, prüft die zuständige Behörde mithin auch die im Einzelfall zur Erteilung einer Baugenehmigung notwendigen Vorgaben, § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG.6 Entscheidende Voraussetzung für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist dabei, dass von den Anlagen keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft ausgehen dürfen, § 4 BImSchG. Für die Beurteilung, ob Lärmimmissionen, die von einer Windkraftanlage ausgehen, für angrenzende Wohnbebauung als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, ist demgegenüber 1 Vgl. die Aussagen des Umweltbundesamts zu „Windenergie“ vom 14. August 2020, abrufbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/windenergie#strom (letzter Abruf dieses und aller weiteren Links am 17. Dezember 2020). 2 Vgl. Statista, Anzahl der Onshore-Windenergieanlagen in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2019, Stand Februar 2020, abrufbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/20116/umfrage/anzahl-der-Windenergieanlagen -in-deutschland-seit-1993/. 3 Bundesimmissionsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2873) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bimschg/BJNR007210974.html. 4 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 31. Mai 2017 (BGBl. S. 1440), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bimschv_4_2013/BJNR097310013.html. 5 Vgl. Giesberts, in: Beck’scher Online-Kommentar Umweltrecht, 56. Edition, Stand: 1. Oktober 2020, § 13 BIm- SchG, Rn. 13. 6 Vgl. Jarass, in: Jarass, BImSchG, 13. Auflage 2020, § 6 BImSchG, Rn. 31. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 5 die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm)7 heranzuziehen.8 Als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift ist die TA Lärm wie eine gesetzliche Regelung anzuwenden.9 Sie gibt das Beurteilungsverfahren und Richtwerte für bestimmte Anlagen je nach Gebietsart vor, sodass bestimmte Schalldruckpegel in den Einwirkungsbereichen der Anlagen nicht überschritten werden dürfen (vgl. etwa Nr. 6.1 TA Lärm - Immissionsrichtwerte für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden). Anhand einer Prüfung des Einzelfalls ist daher die Entscheidung über die nötige Abstandsflächenbestimmung zu dem jeweiligen Wohngebiet zu treffen. Beispielhaft liegen die Grenzwerte für ein reines Wohngebiet bei 35 dB(A) nachts und bei 50 dB(A) tagsüber. Hieraus kann in Abhängigkeit der Lautstärke der jeweiligen Windenergieanlage im Einzelfall der immissionsschutzrechtskonforme Mindestabstand abgeleitet werden. 3. Baurechtliche Vorgaben Das deutsche Baurecht ist nicht einheitlich geregelt, sondern setzt sich aus verschiedenen landesund bundesrechtlichen, gesetzlichen und untergesetzlichen Normierungen zusammen. Die Landesbauordnungen regeln primär das Verwaltungsverfahren rund um die Baugenehmigung, die durch die jeweils zuständige Bauaufsichtsbehörde der Bundesländer erteilt wird.10 Allerdings enthalten sie auch von Bauherren einzuhaltende sicherheitsrechtliche und technische Bestimmungen rund um das Bauwerk (z.B. Abstandsflächen).11 Dies bezeichnet man auch als Bauordnungsrecht .12 Das bundeseinheitlich geregelte Bauplanungsrecht bestimmt hingegen die bauliche 7 Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBl Nr. 26/1998 S. 503), die zuletzt durch Verwaltungsvorschrift vom 1. Juni 2017 (BAnz AT 08.06.2017 B5) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_26081998_IG19980826.htm. 8 Vgl. zur Geltung der TA Lärm für Windenergieanlagen den Parlamentarischen Beratungsdienst des Landtags Brandenburg, „Kann durch Landesrecht ein Mindestabstand zwischen WKA und Wohngebäuden festgesetzt werden?“, vom 29. Februar 2016 mit Verweis auf Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 29. August 2007, Az.: 4 C 2.07, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2008, 76, abrufbar unter: https://www.landtag .brandenburg.de/media_fast/5701/29-02-2016_Mindestabstand_Windenergieanlagen_6-21.pdf. 9 Vgl. Schulte/Michalk, in: Beck’scher Online-Kommentar Umweltrecht, 56. Edition, Stand: 1. Juli 2020, § 3 BImSchG, Rn. 24. 10 Vgl. Weber, in: Creifelds, Rechtswörterbuch, 24. Auflage 2020, Stichwort: „Baubehörden“. 11 Ebenda, Stichwort: „Bauordnungsrecht“. 12 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 6 Nutzbarkeit von Grundstücken in Bezug auf ihre Einfindung in der Umgebung.13 Das wohl wichtigste und grundlegendste Regelungswerk14 im Bauplanungsrecht ist das Baugesetzbuch (BauGB).15 Ein einheitlicher Begriff des „Wohngebietes“ besteht zudem nicht. Jedoch differenziert etwa die Baunutzungsverordnung (BauNVO)16 zwischen verschiedenen, dort näher definierten Wohngebieten in Bebauungsplänen, etwa „reinen“ oder „allgemeinen“ Wohngebieten.17 Ob ein Gebiet mit Wohnbebauung einem solchen Baugebiet entspricht, ist nach dem jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. 3.1. Bauplanungsrecht Windenergieanlagen unterliegen als Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB den bauplanungsrechtlichen Zulassungsregelungen der §§ 30 ff. BauGB. Diese differieren wiederum in Anlehnung an die gesetzlich kategorisierten Plangebiete.18 Soweit Windenergieanlagen – wie in aller Regel – außerhalb von Bebauungszusammenhängen errichtet werden, richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Windenergieanlagen nach den Regelungen für den „Außenbereich“ gemäß § 35 BauGB. Windenergieanlagen sind dort nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert.19 Hiernach sind Windenergieanlagen im Außenbereich zulässig, sofern öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Von den in § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB genannten öffentlichen Belangen sind bei Windenergieanlagen vor allem die Belange des Landschaftsschutzes, der natürlichen Eigenart und des Erholungswertes der Landschaft und des Landschaftsbildes und seit der im Jahr 2011 erfolgten Novelle des BauGB auch die Belange des Klimaschutzes und des Klimawandels von großer Bedeutung. 13 Ebenda, Stichwort: „Bauplanungsrecht“. 14 Ebenda. 15 Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bbaug/. 16 Baunutzungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2017 (BGBl. I S. 3786), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/baunvo/BJNR004290962.html. 17 Vgl. §§ 2 ff. BauNVO. 18 Vgl. Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 14. Auflage 2019, § 35 BauGB, Rn. 46 mit weiteren Nachweisen zur Zulässigkeit der Windenergieanlagen in verschiedenen Baugebieten. Siehe zur abstrakten Abstandsvorgabe aufgrund des Gebotes der Rücksichtnahme in Fällen der sogenannten optisch bedrängenden Wirkung bereits die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste zu Abstandsflächenregelungen für Windenergieanlangen vom 23. Oktober 2012, WD 7 - 3000 - 264/12, S. 20, abrufbar unter: https://www.bundestag .de/resource/blob/407680/9d7c070467d369227429c2c152b37cec/WD-7-264-12-pdf-data.pdf. 19 Vgl. Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 14. Auflage 2019, § 35 BauGB, Rn. 46. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 7 Bei der Abwägung im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung ist jedoch zu beachten, dass der Gesetzgeber die privilegierten Vorhaben ganz bewusst dem Außenbereich zugeordnet und damit zu erkennen gegeben hat, dass er die mit deren Errichtung notwendigen Beeinträchtigungen im Regelfall akzeptiert.20 Mit dem Ziel, die Akzeptanz für Windenergieanlagen in der Bevölkerung zu erhöhen, hat der Bundesgesetzgeber durch die im August 2020 erfolgte Neuregelung des § 249 Abs. 3 BauGB21 jedoch die Möglichkeit für die Länder geschaffen, diese baurechtliche Privilegierung nur unter zusätzlicher Beachtung von Mindestabständen zu Wohngebieten vorzusehen.22 Nach dieser neu gefassten Länderöffnungsklausel kann nunmehr folglich durch Landesgesetz bestimmt werden, dass die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nur dann auf Windenergieanlagen Anwendung finden soll, wenn sie bestimmte Mindestabstände zu landesgesetzlich festgelegten baulichen Wohnnutzungen einhalten. Der maximal durch die Länder festlegbare Mindestabstand wurde auf 1.000 Meter begrenzt, § 249 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Zudem können unterschiedliche Mindestabstände für unterschiedliche Wohnnutzungen festgelegt werden.23 Nach der zuvor geltenden Regelung konnten die Länder Mindestabstände nur bis zum 31. Dezember 2015 bestimmen , wobei sich diese nicht nur auf Wohnbebauung bezogen. Gleichwohl gelten Landesgesetze, die noch auf Grundlage der alten Fassung erlassen wurden, auch nach dem neuen § 249 Abs. 3 Satz 4 BauGB weiter fort. Diese sollen – je nach dem Willen des jeweiligen Landesgesetzgebers – aber auch wieder geändert werden können.24 3.2. Länderspezifische Vorgaben Kommerzielle Windenergieanlagen sind in aller Regel bauliche Anlagen im Sinne der Landesbauordnungen ; sie bedürfen folglich einer bauordnungsrechtlichen Genehmigung.25 Die in den jeweiligen Landesbauordnungen vorgesehenen allgemeinen Abstandsflächenregelungen müssen dabei auch von Windenergieanlagen eingehalten werden, sofern und soweit die Landesbauord- 20 Ebenda, Rn. 4. 21 Die am 13. August 2020 im Bundesgesetzblatt verkündete Neufassung des § 249 Abs. 3 BauGB durch das „Gesetz zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude“ gilt seit dem 14. August 2020. 22 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, Bundestagsdrucksache (BT-Drs.) 19/20148 vom 17. Juni 2020, S. 27, abrufbar unter: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/201/1920148.pdf. 23 Ebenda. 24 Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand 123. Ergänzungslieferung August 2020, § 249 BauGB, Rn. 1c. 25 Bauliche Anlagen sind nach den jeweiligen Landesbauordnungen in aller Regel als mit dem Erdboden verbundene , aus Bauprodukten hergestellte Anlagen definiert (so etwa § 2 Abs. 1 Satz 2 Berliner Bauordnung). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 8 nungen nicht zusätzlich spezielle Abstandsflächenregelungen nur für Windenergieanlagen vorsehen .26 Abstandsflächen werden nach den Vorgaben der jeweiligen Landesbauordnung berechnet und beziehen sich auf den Abstand der zu errichtenden (baulichen) Anlage zur Grenze des eigenen Grundstücks. Die Abstandsflächenbestimmungen können sich auch auf die Abstände von Windenergieanlagen zu Wohngebieten auswirken. Die Bundesländer haben zusätzlich in der Vergangenheit durch sogenannte „Windenergieerlasse “ (etwa windspezifische Leitfäden, Rundschreiben, Hinweise und Handreichungen) versucht , die behördliche Genehmigungspraxis für Windenergieanlagen zu vereinheitlichen. In diesen Erlassen werden pauschale Richtwerte für die Einhaltung von Abstandsflächen gegenüber schützenswerter Wohnbebauung bzw. Siedlungsflächen aufgrund des vorbeugenden Immissionsschutzes empfohlen. Innerhalb der Länder variieren die jeweiligen Empfehlungen bezüglich der Abstandsflächen zu Wohngebieten von 400 bis zu 1.000 Metern, soweit die Empfehlungen einen genauen Abstand enthalten und nicht nur auf eine Einzelfallprüfung oder die untergeordnete Flächenplanung verweisen. Als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften verpflichten die Windenergieerlasse die Verwaltung grundsätzlich nur intern und haben keine Außenwirkung.27 Ein Anspruch eines Bauantragsstellers auf die Einhaltung der Richtwertempfehlungen kann sich aus den Windenergieerlassen mithin nur ergeben, wenn das nach außen gegenüber dem Bürger handelnde Organ im Rahmen der Genehmigungsverfahren regelmäßig die Empfehlungen berücksichtigt hat. Denn nur in einem solchen Fall entsteht eine Selbstbindung der Verwaltung. Der Anspruch des Antragsstellers kann sich dann aus der Verwaltungspraxis in Verbindung mit Artikel 3 I Grundgesetz (GG)28 ergeben.29 Im Folgenden soll ein grober Überblick zu den jeweils einschlägigen gesetzlichen und untergesetzlichen landesrechtlichen Regelungen gegeben werden. 26 Vgl. Parlamentarischer Beratungsdienst des Landtags Brandenburg, „Kann durch Landesrecht ein Mindestabstand zwischen WKA und Wohngebäuden festgesetzt werden?“, vom 29. Februar 2016 mit Verweis auf Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 28. Juli 2009, Az.: 22 BV 08.3427, NVwZ-Rechtsprechungs-Report (NVwZ-RR) 2009, 992. 27 Vgl. hierzu Saurer, „Rechtswirkungen der Windenergieerlasse der deutschen Bundesländer“, NVwZ 2016, 203. 28 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 u. 2 Satz 2 des Gesetzes vom 29. September 2020 (BGBl. I S. 2048) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/gg/BJNR000010949.html. 29 Vgl. hierzu etwa Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 40 VwVfG, Rn. 104 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 9 Der Windenergieerlass Baden-Württemberg empfiehlt Mindestabstände von 700 Metern aus Gründen des Lärmschutzes bei der regionalplanerischen Festlegung von Vorranggebieten zu Gebieten , in denen das Wohnen nicht nur ausnahmsweise zulässig ist.30 Die Berechnung der Abstandsflächen bestimmt sich nach § 5 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 3 und Abs. 7 der Landesbauordnung für Baden-Württemberg.31 Bayern hat als einziges Bundesland von der Länderöffnungsklausel nach § 249 Abs. 3 Satz 1 BauGB alte Fassung Gebrauch gemacht. Danach sind gemäß Art. 82 Abs. 1 Bayerische Bauordnung 32 Windenergieanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich nur noch dann privilegiert , wenn sie einen Abstand vom 10-fachen ihrer Höhe zu geschützten Wohngebieten einhalten (sogenannte 10-H-Regelung). Die durch den bayerischen Landesgesetzgeber normierte Festlegung überschreitet dabei den bundesrechtlich eröffneten Gestaltungsrahmen nicht.33 Daneben ist in Bayern ein Windenergieerlass in Kraft, der Hinweise auf die Abstandsberechnung, das Naturschutzrecht , Immissionsschutzrecht, Waldrecht und andere Details enthält.34 Die Abstandsflächen berechnen sich nach Artikel 6 Abs. 4 bis Absatz 6 Bayerische Bauordnung. Die Länder Berlin und Brandenburg agieren als Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg auf dem Gebiet der Raumordnung institutionell einheitlich.35 In Brandenburg wird durch einen Erlass zur Regionalplanung ein Abstand von 1.000 Metern zur vorhandenen Wohnbebauung nach §§ 3 - 7 30 Vgl. Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft u.a. vom 9. Mai 2012, Windenergieerlass Baden-Württemberg, S. 21, abrufbar unter: https://www.lubw.baden-wuerttemberg .de/documents/10184/61110/Windenergieerlass.pdf/39e2dcc1-c5e0-47aa-a14c-16f70ca35311. Der Windenergieerlass ist am 9. Mai 2019 außer Kraft getreten und wurde durch das Themenportal Windenergie ersetzt, abrufbar unter: http://gewerbeaufsicht.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/37557/. Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere der auf dem BImSchG beruhende Abstand von 700 Metern, gelten weiterhin fort, vgl. Pressemitteilung des Regierungspräsidiums vom 18. Februar 2019, abrufbar unter: https://www.badenwuerttemberg .de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/internetportal-ersetzt-windenergieerlass-1/ sowie Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zu Abstandsregelungen zum Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg (Drucksache des Landtags Baden-Württemberg 16/8380 vom 3. Juli 2020, abrufbar unter: https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen /8000/16_8380_D.pdf. 31 Landesbauordnung für Baden-Württemberg vom 5. März 2010, das zuletzt durch Gesetz vom 18. Juli 2019 (GVBl. S. 313) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.landesrecht-bw.de/jportal /?quelle=jlink&query=BauO+BW&psml=bsbawueprod.psml&max=t%20rue&aiz=true. 32 Bayerische Bauordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2007 (GVBl. S. 588), das zuletzt durch Gesetz vom 24. Juli 2020 (GVBl. S. 381) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-bayern .de/Content/Document/BayBO?AspxAutoDetectCookieSupport=1. 33 Vgl. Bayerischer Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH), Entscheidung vom 9. Mai 2016, Az.: 14-VII-14, NVwZ 2016, 999. 34 Vgl. Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen vom 19. Juli 2016, abrufbar unter: https://www.stmwi.bayern.de/fileadmin/user_upload/stmwi/Publikationen/2016/Windenergie-Erlass_2016.pdf. 35 Verordnung über den Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg vom 13. Mai 2019, abrufbar unter: https://www.landesrecht.brandenburg.de/dislservice/public/gvbldetail.jsp?id=8141. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 10 BauNVO empfohlen.36 Die Abstandsflächen berechnen sich für Berlin nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 der Berliner Bauordnung37 und für Brandenburg nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 der Brandenburgischen Bauordnung.38 Der Flächennutzungsplan39 für Bremen stellt Ausschlusskriterien für Flächen, auf denen die Errichtung von Windenergieanlagen nach § 35 BauGB nicht möglich ist oder nicht erfolgen soll, dar.40 Für die Entwicklung des Ausschlusskriteriums zum Lärmschutz wurden die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen nach der TA Lärm für die Nachtzeit zugrunde gelegt. Daraus ergibt sich ein Abstand zu allgemeinen Wohngebieten von 420 Metern und zu reinen Wohngebieten von 620 Metern.41 Bei der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenberechnung gilt § 6 Bremische Landesbauordnung.42 Der Flächennutzungsplan Hamburgs sieht neben verschiedenen Ausschlussgebieten für Windenergieanlagen einen zusätzlichen Abstand von 500 Metern zu Siedlungsgebieten vor.43 Für die Berechnung von Abstandsflächen gilt § 6 Abs. 4 und Abs. 5 Hamburgische Bauordnung.44 36 Vgl. Erlass des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft zur Kompensation von Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch Windenergieanlagen vom 31. Januar 2018, abrufbar unter: https://mluk.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/Kompensationserlass-Windenergie.pdf. 37 Bauordnung für Berlin vom 29. September 2005, die zuletzt durch Artikel 23 des Gesetzes vom 12. Oktober 2020 (GVBl. S. 807) geändert worden ist, abrufbar unter: https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/jlr- BauOBE2005rahmen. 38 Brandenburgische Bauordnung vom 15. November 2018, abrufbar unter: https://bravors.brandenburg.de/gesetze /bbgbo_2016. 39 Ein Flächennutzungsplan ist ein vorbereitender Bauleitplan, der vor einem Bebauungsplan auf Ebene der Kommunen und Gemeinden nach den jeweiligen Ländervorgaben erstellt wird (vgl. Umweltbundesamt zu Planungsebenen , abrufbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/nachhaltigkeit-strategien-internationales /planungsinstrumente/planungsebenen-planungsraeume-stufen-der#bundesebene). 40 Vgl. Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr Bremen, Anhang zur Begründung zum Flächennutzungsplan Bremen vom 4. Dezember 2014, S. 295, abrufbar unter: http://downloads.fnp-bremen.de/20141204/Anhangband _20141204.pdf. 41 Vgl. Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr Bremen, Anhang zur Begründung zum Flächennutzungsplan Bremen vom 4. Dezember 2014, S. 298. 42 Bremische Landesbauordnung vom 4. September 2018, abrufbar unter: https://www.bauumwelt.bremen .de/bau/pla-nen_und_bauen/rechtsgrundlagen-3559. 43 Vgl. Bürgerschaft Hamburg, 130. Änderung des Flächennutzungsplans für die Freie und Hansestadt Hamburg vom 17. Dezember 2013, Anlage 1.1 mit Stand Juli 2012, Ausschlussgebiete für Windenergieanlagen in Hamburg , S. 32, abrufbar unter: https://www.hamburg.de/contentblob /4258584/5505ff8406761a2210fb09e422600ce6/data/133-windenergieanlagen-text-begruendung.pdf. 44 Hamburgische Bauordnung vom 14. Dezember 2005, die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Februar 2020 (HmbGVBl. S. 148, 155) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal /portal/page/bshaprod.psml?showdoccase=1&doc.id=jlr-BauOHA2005rahmen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 11 Nach der Handlungsempfehlung „Windenergieanlagen“ sollen durch Windenergieanlagen in Hessen mindestens 1.000 Meter Abstand zu Wohngebieten nach §§ 3 - 7 BauNVO gewahrt werden .45 Die bauordnungsrechtliche Abstandsberechnung für Windenergieanlagen richtet sich nach § 6 Abs. 5 der hessischen Bauordnung.46 Nach Hinweisen zur Festlegung von Eignungsgebieten für Windenergieanlagen soll zu Gebieten, die nach der BauNVO dem Wohnen dienen, in Mecklenburg-Vorpommern ein Abstandspuffer von 1.000 Metern eingehalten werden.47 Abstandsflächen berechnen sich nach § 6 Abs. 1 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern.48 Der Windenergieerlass für Niedersachsen sieht einen Pufferabstand von 400 Metern zu allgemeinen und reinen Wohngebieten vor.49 Dieser Pufferabstand gilt für Abstände zu Siedlungsbereichen mit Wohnnutzung nach §§ 30, 34 BauGB als „harte Tabuzonen“ und soll eine Hilfestellung für die Regionalplanung darstellen.50 Die Berechnung der Abstandsflächen bestimmt sich nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Niedersächsische Bauordnung.51 45 Vgl. Handlungsempfehlungen des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung und des Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu Abständen von raumbedeutsamen Windenergieanlagen zu schutzwürdigen Räumen und Einrichtungen für das Jahr 2010, S. 2, abrufbar unter: https://www.energieland.hessen.de/mm/Handlungsempfehlung_Windenergieanlagen_Staatsanzeiger _Nr_22_2010.pdf. 46 Hessische Bauordnung 2018 mit Änderung von Juni 2020, abrufbar unter: https://wirtschaft.hessen.de/sites /default/files/media/hmwvl/hbo_aenderungen_juni_2020_final.pdf. 47 Vgl. Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern, Hinweise zur Festlegung von Eignungsgebieten für Windenergieanlagen vom 22. Mai 2012, abrufbar unter: http://service .mvnet.de/_php/download.php?datei_id=56723. 48 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern vom 15. Oktober 2015, die zuletzt durch Gesetz vom 19. November 2019 (GVOBl. M-V S. 682) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.landesrecht-mv.de/jportal/portal /page/bsmvprod.psml?showdoccase=1&st=lr&doc.id=jlr-BauOMV2015rahmen&doc.part=X&doc.origin=bs. 49 Vgl. Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Niedersachsen, Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen an Land (Windenergieerlass) vom 24. Februar 2016, Anlage 1, S. 208, abrufbar unter: https://www.umwelt.niedersachsen.de/windenergieerlass/windenergieerlass-133444.html. 50 Ebenda, Anlage 1, S. 193. 51 Niedersächsische Bauordnung vom 3. April 2012, die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. November 2020 (Nds. GVBl. S. 384) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.nds-voris.de/jportal/portal /page/bsvorisprod.psml?quelle=jlink&query=BauO+ND&psml=bsvorisprod.psml&max=true&aiz=true. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 12 Der Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen sieht einen planerischen Vorsorgeabstand von 1500 Metern zu allgemeinen und reinen Wohngebieten vor. Dies gelte aber nicht für den Ersatz von Altanlagen (sogenanntes „Repowering“).52 Die einzuhaltenden Abstandsflächen bestimmen sich nach § 6 Abs. 13 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen.53 Das „Rundschreiben Windenergie“ von Rheinland-Pfalz sieht unter Berücksichtigung der bauordnungs - und immissionsschutzrechtlichen Anforderungen einen Vorsorgeabstand von 800 Metern zu allgemeinen Wohngebieten vor.54 Die Abstandsflächenberechnungen richten sich nach § 8 Abs. 10 der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz.55 Mit dem Landesentwicklungsplan für das Saarland wird es den Kommunen ermöglicht, auf ihrem Gemeindegebiet eigenverantwortlich die Ansiedlung von Windenergieanlagen zu steuern.56 Sofern es festgelegte Konzentrationszonen für Windenergieanlagen in den jeweiligen Flächennutzungsplänen gibt, reichen die geforderten Abstände von 650 bis 1.000 Meter, wobei ein Abstand in Höhe von 800 Metern den Regelfall darstellt.57 Für die Abstandsflächen gilt § 7 Abs. 8 Landesbauordnung Saarland.58 52 Vgl. Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie Nordrhein-Westfalen, Landesentwicklungsplan (LEP NRW), 10.2 Standorte für Nutzung erneuerbarer Energien, abrufbar unter: https://www.wirtschaft .nrw/sites/default/files/asset/document/20201104_druckversion_lep.pdf. 53 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen mit Stand vom 12. Dezember 2020, abrufbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=74820170630142752068. 54 Vgl. Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Rheinland-Pfalz, Hinweise für die Beurteilung der Zulässigkeit der Errichtung von Windenergieanlagen in Rheinland-Pfalz (Rundschreiben Windenergie ) vom 28. Mai 2013, S. 25, abrufbar unter: https://mueef.rlp.de/fileadmin/mulewf/Themen/Energie _und_Strahlenschutz/Energie/Rundschreiben_28_05_2013_.pdf. 55 Landesbauordnung Rheinland-Pfalz vom 24. November 1998, die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Juni 2019 (GVBl. S. 112) geändert worden ist, abrufbar unter: http://landesrecht.rlp.de/jportal/portal /t/l6y/page/bsrlpprod.psml?doc.hl=1&doc.id=jlr-BauORPrahmen&documentnumber=1&numberofresults =115&doctyp=Norm&showdoccase=1&doc.part=R¶mfromHL=true#focuspoint. 56 Vgl. Verordnung über die 1. Änderung des Landesentwicklungsplans Saarland, Teilabschnitt „Umwelt“ betreffend die Aufhebung der landesplanerischen Ausschlusswirkung der Vorranggebiete für Windenergie vom 27. September 2011, abrufbar unter: https://recht.saarland.de/bssl/document/jlr-LEntwPlan Umw%C3%84ndVSL1pAnlage-G3. 57 Vgl. Naturschutzbund Deutschland, Landesverband Saarland, FAQ zu Windenergie, abrufbar unter: https://nabu-saar.de/natur-landschaft/windenergie-im-saarland/faq-zu-windenergie /#:~:text=Im%20Saarland%20reichen%20die%20in,800m%20Abstand%20der%20Regelfall%20darstellt. 58 Landesbauordnung Saarland vom 18. Februar 2004, die zuletzt durch Gesetz vom 4. Dezember 2019 (Amtsbl. I 2020, 211, 760) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.saarland.de/SharedDocs/Downloads /DE/mibs/tp_bauen_und_wohnen/ba_bt_gesetze/bauordnungen/LBO.pdf?__blob=publicationFile&v=1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 13 Im Windenergieerlass Sachsens wird nicht auf starre Abstandsvorgaben gesetzt, sondern „auf flexible Regelungen, die auch das Wohl der Einwohner im Blick behalten“.59 Der Erlass sieht einen planerischen Gestaltungsspielraum der regionalen Planungsverbände für die Festsetzung von Abständen zu Wohngebieten vor.60 In besonders für die Windkraft geeigneten Gebieten (sogenannte „Vorrang- und Eignungsgebiete“) sollen die in den Regionalplänen geltenden Abstände beibehalten werden. Im Einzelfall soll eine gestaffelte Höhenbegrenzung vorgesehen werden. Beispielsweise sollten Windenergieanlagen, die sich in einem Abstand von weniger als 750 Metern zu Wohngebieten befinden, eine Gesamthöhe von 150 Metern nicht überschreiten. Die Abstandsflächen richten sich nach § 6 Abs. 1 bis Abs. 7 Sächsische Bauordnung.61 Der Landesentwicklungsplan von Sachsen-Anhalt sieht keine bestimmten Mindestabstände für Windenergieanlagen vor.62 Das Landesentwicklungsgesetz Sachsen-Anhalt gibt der Regionalplanung auf, geeignete Flächen für die Nutzung von Windenergie festzulegen, die in Eignungs- und Vorranggebieten konzentriert werden soll.63 Die Abstandsflächen für Windenergieanlagen berechnen sich außerdem nach § 6 Abs. 8 Satz 1 Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt.64 Der Landesentwicklungsplan 2010 von Schleswig-Holstein ist außer Kraft gesetzt und wird zurzeit fortgeschrieben.65 Bis zum Inkrafttreten des neuen Landesentwicklungsplans und neuer Regionalpläne gilt ein temporäres Ausbaumoratorium für Windenergieanlagen bis zum 31. Dezember 59 Vgl. Sächsisches Staatsministerium des Innern u.a., Gemeinsamer Erlass über Mindestabstände zwischen Wohngebieten und Vorrangs- und Eignungsgebieten zur Nutzung der Windenergie vom 20. November 2015, abrufbar unter: https://www.energie.sachsen.de/download/energie/Windkrafterlass_2015.pdf. 60 Ebenda. 61 Sächsische Bauordnung vom 11. Mai 2016 (SächsGVBl. S. 186), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (SächsGVBl. S. 706) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.revosax.sachsen .de/vorschrift/1779-SaechsBO. 62 Vgl. Verordnung über den Landesentwicklungsplan 2010 des Landes Sachsen-Anhalt vom 16. Februar 2011, abrufbar unter: https://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/bsst/document/jlr-LEPST2010rahmen. 63 Vgl. § 4 Nr. 16 a ) Landesentwicklungsgesetz Sachsen-Anhalt vom 23. April 2015, das zuletzt durch §§ 1 und 2 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (GVBl. LSA S. 203) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.landesrecht .sachsen-anhalt.de/bsst/document/jlr-LEntwGSTV2P1. 64 Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt vom 10. September 2013, die durch das Gesetz vom 18. November 2020 (GVBl. LSA S. 660) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.landesrecht.sachsen-anhalt .de/bsst/document/jlr-BauOST2013V3IVZ. 65 Vgl. zur Fortschreibung des Landesentwicklungsplans für Schleswig-Holstein, „Auf einen Blick“, abrufbar unter : https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/Themen/PlanenBauenWohnen/Fortschreibung _LEP/Projekt/projekt_node.html;jsessionid=861F472C93548FC553939AF93F5EC9CA.delivery2-replication . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 140/20 Seite 14 2020.66 Abstandsflächen werden nach § 6 Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein berechnet.67 Schließlich sieht auch das Land Thüringen verschiedene „harte und weiche Tabukriterien“ für die Errichtung von Windenergieanlagen vor.68 Für Windenergieanlagen, die an Wohnbebauung angrenzen, ist ein Abstand von 750 Metern anzustreben. Um der aktuellen Entwicklung von größeren Windenergieanlagen Rechnung zu tragen, wird eine Abstufung von 750 bis 1.000 Metern empfohlen, je nachdem, ob die Anlagen eine Gesamthöhe von 150 Metern übersteigen oder nicht.69 Die Abstandsflächen bemessen sich nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 Thüringer Bauordnung.70 4. Fazit Hinsichtlich einzuhaltender Abstände von Windenergieanlagen zu Wohngebieten sind mithin verschiedene Vorschriften und Empfehlungen aus dem Immissionsschutz- und Baurecht zu beachten , die unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf die einzuhaltenden Abstände nehmen können . Die Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens insgesamt bestimmt sich stets nach den Umständen des Einzelfalls. * * * 66 Vgl. § 18a Gesetz über die Landesplanung Schleswig-Holstein vom 27. Januar 2014, das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 1. September 2020 (GVOBl. Schl.-H. S. 508) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?t=160802979511411392&session ID=235068280453567867&chosenIndex=Dummy_nv_68&template ID=document&source=context&source=context&highlighting=off&xid=174438,1. 67 Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein vom 22. Januar 2009, das zuletzt durch Gesetz vom 1. Oktober 2019 (GVOBl. S. 398) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris .de/jportal/;jsessionid =0AD8D339CAFA8D3EAE85B78CD614E797.jp19?quelle=jlink&query=BauO+SH&psml=bsshoprod .psml&max=true&aiz=true#jlr-BauOSH2009V7P6. 68 Vgl. Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Erlass zur Planung von Vorranggebieten „Windenergie“, die zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten haben (Windenergieerlass) vom 21. Juni 2016, abrufbar unter: https://www.thueringen.de/mam/th9/tmblv/eler/windenergieerlass_vom_21.6.2016.pdf. 69 Vgl. Anlage 2 zum Erlass „Windenergie“ (Fn. 68), Weiche Tabuzonen, Nr. 16 Abstände zu Wohnflächen und Mischgebieten. 70 Thüringer Bauordnung vom 13. März 2014, die zuletzt durch Gesetz vom 23. November 2020 (GVBl. S. 561) geändert worden ist, abrufbar unter: https://landesrecht.thueringen.de/bsth/document/jlr-BauOTH2014rahmen.